Koronare Herzkrankheit und akuter Myokardinfarkt [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, August 2006]
[Heft 32: Bürger- und Patientenorientierung im Gesundheitswesen] [Heft 34: Doping beim Freizeit- und Breitensport] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]
Heft 33 - Koronare Herzkrankheit und akuter Myokardinfarkt
aus der Reihe "Gesundheitsberichterstattung des Bundes"
Autorin: | Dr. med Hannelore
Löwel
GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in der Helmholtz-Gemeinschaft Insitut für Epidemiologie Neuherberg |
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Redaktion: | Robert Koch-Institut
Gesundheitsberichterstattung Anne Starker, Dr. Thomas Ziese Seestraße 10 13353 Berlin |
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Herausgeber: | Robert Koch-Institut
(August 2006) |
Einleitung
Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit der koronaren Herzkrankheit stark an. In Deutschland sinkt jedoch – ebenso wie in den USA und in den meisten westeuropäischen Ländern – seit Beginn der 1980er Jahre die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit. Dieser Rückgang ist nicht über alle Altersgruppen gleich verteilt, in den höheren Altersgruppen steigt die Sterblichkeit.
Über alle Altersgruppen hinweg sterben mehr Männer als Frauen an einer koronaren Herzkrankheit. Während vor allem im jüngeren Alter eine deutlich höhere KHK-Sterblichkeit der Männer gegenüber den Frauen besteht, kommt es in den höheren Altersgruppen zu einer Angleichung.
Die gegenwärtige Veränderung der Bevölkerungsstruktur mit einer Zunahme des Anteils älterer Personen infolge von steigender Lebenserwartung und niedriger Geburtenrate (demografischer Wandel) kann zu einem weiteren zahlenmäßigen Anstieg der koronaren Herzkrankheit in der Bevölkerung führen.
Krankheitsentstehung und Krankheitsbild der koronaren Herzkrankheit
Die klinischen Ausprägungsformen der koronaren Herzkrankheit sind: die stabile Angina pectoris (Brustenge, belastungsabhängige Beschwerden/ Schmerzen), die stille Myokardischämie (Mangeldurchblutung ohne Schmerzwahrnehmung), die instabile Angina Pectoris (Auftreten der Beschwerden/Schmerzen auch schon in Ruhe), der akute Myokardinfarkt (Verschluss einer Herzkranzarterie), die durch die KHK bedingte Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) und der plötzliche Herztod.
Über viele Jahre wurde die instabile Angina pectoris als Übergangsstadium zum Herzinfarkt (»Präinfarktsyndrom«) betrachtet. In den letzten Jahren wurde jedoch nachgewiesen, dass auch die instabile Angina pectoris mit einem Untergang von Herzmuskelgewebe verbunden ist und sich nur durch das Ausmaß der Schädigung vom akuten Herzinfarkt unterscheidet. Deshalb werden seit dem Jahr 2000 beide Krankheitsbilder wegen derselben Behandlungskonsequenzen als »Akutes Koronarsyndrom« zusammengefasst [1].
Verbreitung
Datenquellen
In der Studienregion Augsburg, als eine von drei deutschen MONICA-Regionen, führt das GSF-Forschungszentrum als Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) die Herz-Kreislauf-Forschung seit 1996 auch nach Abschluss des WHO-Projektes weiter [2]. Bislang liegen die Daten aus vier Surveys und dem Herzinfarktregister für die Altersgruppen 25 bis 74 Jahre für den Zeitraum von 1985 bis 2003 vor. Zudem werden alle MONICA/ KORA-Studienteilnehmer lebenslang weiter beobachtet, um – z.B. analog zur US-amerikanischen Framingham- Studie [3] – prospektiv den Zusammenhang zwischen bekannten und neu zu identifizierenden Risikofaktoren/Biomarkern und der Krankheitsentstehung modellhaft für Deutschland zu ermitteln [4]. Für Deutschland repräsentative Daten zu gesundheitsrelevanten Fragestellungen, so auch zum Vorkommen von Risikofaktoren für Herz- Kreislauf-Erkrankungen, liegen aus dem Nationalen Gesundheitssurvey 1990/1991 und dem Bundes- Gesundheitssurvey 1998 vor [5].
Sterblichkeit durch koronare Herzkrankheit
Im altersstandardisierten Durchschnitt 4 für das Jahr 2003 beträgt die Zahl der Sterbefälle an einem akuten Myokardinfarkt 32 je 100.000 Einwohner bei den Frauen und 71 bei den Männern. Bei der Gesamtgruppe der koronaren Herzkrankheit beträgt der altersstandardisierte Durchschnitt 88 Sterbefälle je 100.000 Einwohner bei den Frauen und 162 bei den Männern.
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Sterbeziffern für die deutschen Bundesländer
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Die größte Differenz der Sterblichkeit bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt betrug bei den Frauen 31% und bei den Männern fast 40% (beide Hamburg gegenüber Sachsen-Anhalt). Die Differenz bei den restlichen, nichtkardialen Todesursachen (andere Todesursachen) betrug bei beiden Geschlechtern maximal 24%. Die bestehenden stärkeren regionalen Unterschiede bei der Todesursache akuter Myokardinfarkt können sowohl durch echte Risikounterschiede als auch durch unterschiedliche Zuverlässigkeit der Daten der monokausalen Todesursachenstatistiken bedingt sein (d.h. es wird nur das Grundleiden der Gestorbenen erfasst, nicht die möglicherweise zusätzlich existierenden Krankheiten) und bedürfen stärkerer Aufmerksamkeit. Gegebenenfalls sollten sich daraus geschlechtsspezi.sch präventive oder therapeutische Strategien in den benachteiligten Regionen ableiten.
Registerbasierte Daten
Alters- und Geschlechtsunterschiede
Tabelle 1
Altersgruppe | Frauen | Männer | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Morbidität* | Mortalität** | Letalität*** | Morbidität* | Mortalität** | Letalität*** | ||
25 bis 29 Jahre | 1,8 | 1,8 | 100,0% | 1,8 | 0,0 | - | |
30 bis 34 Jahre | 1,4 | 0,0 | - | 23,5 | 11,1 | 47,2% | |
35 bis 39 Jahre | 4,9 | 1,2 | 24,5% | 43,8 | 13,8 | 31,5% | |
40 bis 44 Jahre | 22,8 | 6,7 | 29,4% | 120,7 | 26,7 | 22,1% | |
45 bis 49 Jahre | 39,5 | 7,9 | 20,0% | 202,2 | 51,3 | 25,4% | |
50 bis 54 Jahre | 95,1 | 25,5 | 26,8% | 392,0 | 102,8 | 26,2% | |
55 bis 59 Jahre | 143,2 | 54,2 | 37,8% | 527,9 | 149,7 | 28,4% | |
60 bis 64 Jahre | 201,3 | 59,1 | 29,4% | 741,0 | 312,7 | 42,2% | |
65 bis 69 Jahre | 349,8 | 135,6 | 38,8% | 987,9 | 444,4 | 45,0% | |
70 bis 74 Jahre | 669,6 | 363,8 | 54,3% | 1.637,8 | 889,3 | 54,3% | |
altersstand. Rate | 109 | 43 | 39,4% | 356 | 141 | 39,6% | |
95 % KI1) | (101 bis 117) | (39 bis 48) | (341 bis 371) | (132 bis 151) |
* alle Herzinfarktereignisse
** tödlich verlaufene Herzinfarktereignisse
*** Verhältnis der Rate der tödlich verlaufenen Herzinfarktereignisse (Mortalität) durch die Rate aller
Herzinfarktereignisse (Morbidität) x 100
1) KI: Abkürzung für Konfidenzintervall, statistischer Vertrauensbereich
Zeitliche Trends
Tabelle 2
Altersgruppe | inzidente Herzinfarkt-Raten* | Re-Infarkte-Raten | |||
---|---|---|---|---|---|
1985 bis 1987 | 2001 bis 2003 | 1985 bis 1987 | 2001 bis 2003 | ||
Frauen | n=653 | n=613 | n=170 | n=158 | |
25 bis 54 Jahre | 16,5 | 23,0 | 1,8 | 2,7 | |
55 bis 64 Jahre | 167,0 | 134,7 | 27,8 | 40,3 | |
65 bis 74 Jahre | 513,8 | 389,3 | 162,9 | 107,2 | |
alterstand. Rate | 102 | 87 | 25 | 22 | |
95% KI | (94 bis 110) | (80 bis 94) | (22 bis 29) | (19 bis 25) | |
Prozent | 100,0% | 85,3% | 100,0% | 88,0% | |
Männer | n=1.503 | n=1.701 | n=620 | n=542 | |
25 bis 54 Jahre | 110,3 | 104,1 | 27,6 | 17,8 | |
55 bis 64 Jahre | 651,0 | 502,5 | 260,7 | 140,6 | |
65 bis 74 Jahre | 1.212,7 | 875,9 | 638,4 | 390,4 | |
alterstand. Rate | 340 | 271 | 142 | 85 | |
95% KI | (323 bis 357) | (258 bis 284) | (131 bis 153) | (77 bis 92) | |
Prozent | 100,0% | 79,7% | 100,0% | 59,9% |
* nur erste Infarkte im Leben der Patienten
Der beobachtete Anstieg bei den Frauen korreliert mit der Zunahme und dem früheren Beginn des Zigarettenrauchens in der weiblichen Bevölkerung (siehe dazu auch Risikoprofil der Herzinfarktpatienten). Ein weiterer Aspekt ist sicher eine inzwischen intensivierte Aufmerksamkeit für das Thema Herzinfarkt bei Frauen, infolgedessen auch mehr Herzinfarkt-Fälle bei den Frauen diagnostiziert werden. Dies war lange Zeit nicht der Fall, da der Herzinfarkt als typische Männerkrankheit galt, die bei Frauen sehr selten und nur in höherem Alter auftreten würde.
Für die beobachtete Abnahme der Herzinfarktraten bei den Männern und älteren Frauen konnte festgestellt werden, das dies in stärkerem Maß durch einen Rückgang der Re-Infarkte infolge verbesserter medizinischer Akutbehandlung zu erklären ist und nicht durch einen (präventionsbedingten) Rückgang der Erstinfarktereignisse infolge positiver Beeinflussung der Risikofaktoren.
Tageszeitliche Verteilung
Sterblichkeit der Herzinfarkterkrankten (Letalität)
- die vor Eintreffen notfallmedizinischer Hilfe bzw. vor Erreichen eines Krankenhauses (prähospital) Verstorbenen;
- die am 1. Krankenhaustag Verstorbenen
- die zwischen dem 2. bis 28. Tag nach dem Akutereignis Verstorbenen und
- die 28-Tage Überlebenden.
Tabelle 3
Herzinfarktregisterfälle | 1985 bis 1987 | 2001 bis 2003 | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Anzahl |
Anteil an allen Fällen |
Anteil an allen Verstorbenen |
Anzahl |
Anteil an allen Fällen |
Anteil an allen Verstorbenen |
||
Frauen | n=812 | n=527 | n=762 | n=318 | |||
prähospital Verstorbene | 318 | 39,2% | 60,3% | 183 | 24,0% | 57,6% | |
am 1. Kliniktag Verstorbene | 163 | 20,1% | 30,9% | 93 | 12,2% | 29,2% | |
am 2. bis 28. Tag Verstorbene | 46 | 5,7% | 8,7% | 42 | 5,5% | 13,2% | |
alle Verstorbenen | 527 | 64,9% | 100,0% | 318 | 41,7% | 100,0% | |
28-Tage-Überlebende | 285 | 35,1% | 444 | 58,3% | |||
alle Registerfälle | 812 | 100,0% | 762 | 100,0% | |||
Männer | n=2.088 | n=1.131 | n=2.225 | n=908 | |||
prähospital Verstorbene | 668 | 32,0% | 59,1% | 537 | 24,1% | 59,1% | |
am 1. Kliniktag Verstorbene | 346 | 16,6% | 30,6% | 257 | 11,6% | 28,3% | |
am 2. bis 28. Tag Verstorbene | 117 | 5,6% | 10,3% | 114 | 5,1% | 12,6% | |
alle Verstorbenen | 1.131 | 54,2% | 100,0% | 908 | 40,8% | 100,0% | |
28-Tage-Überlebende | 957 | 45,8% | 1.317 | 59,2% | |||
alle Registerfälle | 2.088 | 100,0% | 2.225 | 100,0% |
Im Zeitraum 1985 bis 1987 verstarben deutlich mehr Frauen und Männer mit einem Herzinfarkt vor Erreichen eines Krankenhauses als im Zeitraum 2001 bis 2003. Auch überlebten weitaus weniger Patientinnen und Patienten den 1. Kliniktag. Der Anteil der am 2. bis 28. Tag nach dem Akutereignis Verstorbenen war über die Jahre konstant niedrig. Die höhere Sterblichkeit in den ersten 24-Stunden nach dem Infarkt trug zur niedrigeren 28-Tage-Überlebensrate im Zeitraum 1985 bis 1987 gegenüber 2001 bis 2003 bei. Sie war damals vor allem bei den Frauen höher (Odds Ratio 1,52 [95% KI 1,24 bis 1,86]). Im Zeitraum 2001 bis 2003 überlebten im Vergleich zu 1985 bis 1987 prozentual deutlich mehr Frauen und mehr Männer den akuten Herzinfarkt; es waren keine Geschlechtsunterschiede im Krankheitsverlauf mehr nachweisbar. Die Veränderungen sind in allen Stadien signifikant.
Ab dem Jahr 2000 ist eine Abnahme der prähospitalen und frühen Krankenhausletalität zu verzeichnen, die mit dem raschen Anstieg der frühzeitig durchgeführten Stentimplantationen (Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung mit der Einbringung eines Draht- oder Plastikröhrchens in die betroffene Herzkranzarterie) bei Frauen und Männern assoziiert ist (siehe medizinische Akutbehandlung). Dass dennoch, bei insgesamt stark rückläufiger Letalität, fast 90% der koronaren Todesfälle während des ersten Tages nach dem Herzinfarktereignis eintreten, unterstreicht die vorrangige Bedeutung der Prävention.
Risikoprofil der Herzinfarktpatienten
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Die Daten der Verstorbenen basieren auf den Angaben der befragten behandelnden Ärzte, die Daten der Krankenhauspatientinnen und -patienten auf den Interview- und Krankenaktenangaben.
Die Mehrzahl der Verstorbenen hatte einen dokumentierten Bluthochdruck. Eine Fettstoffwechselstörung war bei ca. 50 % der verstorbenen Herzinfarktpatientinnen und -patienten und bei über 75 % der weiblichen und männlichen Krankenhauspatienten dokumentiert. Dieser Unterschied deutet auf eine noch zu geringe Diagnoserate in der ambulanten Versorgung hin. Der geringere Anteil von Patientinnen und Patienten mit einer KHK, Diabetes, Angina pectoris und Schlaganfall bei den Krankenhauspatienten resultiert u.a. aus einer Übersterblichkeit dieser Patientengruppe in der prähospitalen und frühen Krankenhausphase.
Belastbare Daten zur Raucheranamnese waren nur von den befragten Krankenhauspatientinnen und -patienten zu erheben. Im Zeitraum 2001 bis 2003 hat sich der Anteil der Zigarettenraucher bei Frauen und Männern weiter angeglichen (Männer: 32 % [95 % KI 29 bis 34], Frauen: 28 % [95 % KI 24 bis 32]. 1985 bis 1987 betrug er bei den Männern 37 % [95 % KI 34 bis 41] und bei den Frauen 23 % [95 % KI 18 bis 28]. Die zunehmende Bedeutung des Zigarettenrauchens bei Frauen zeigt sich jetzt in dem stark zurückgegangenen Anteil der Nie-Raucherinnen auf 42 %; 1985 bis 1987 waren das noch 58 % der weiblichen Erstinfarktpatienten, während fast unverändert circa ein Viertel der männlichen Patienten angaben, nie Zigaretten geraucht zu haben (siehe auch Punkt Risikofaktoren für die Entstehung der koronaren Herzkrankheit).
Zu beachten ist, dass bei einem Teil der Verstorbenen bzw. Erkrankten (drei bis zehn Prozent) keiner der aufgeführten Risikofaktoren einschließlich der Vorerkrankungen bekannt war.
Besonderheiten der prähospital Verstorbenen
Seit 1985 werden in der Region Augsburg bei koronaren Todesfällen die zuletzt behandelnden und die Leichenschauärzte zu den Todesumständen befragt. Danach ereignet sich ohne wesentliche Änderungen über die Zeit der prähospitale Herztod hauptsächlich zu Hause, bei Frauen auf dem Land häufiger als bei Männern. Der Tod am Arbeitsplatz oder auf der Straße war und ist dagegen relativ selten.
Tabelle 4
Situation | Landkreise Augsburg u. Aichach Friedberg | Stadt Augsburg | |||
---|---|---|---|---|---|
1985 bis 2000 | 2001 bis 2003 | 1985 bis 2000 | 2001 bis 2003 | ||
Frauen | n=734 | n=77 | n=931 | n=106 | |
Ort des Todes | |||||
zu Hause | 89,3 | 91,6 | 87,8 | 82,5 | |
Arbeitsplatz | 0,6 | 1,4 | 0,3 | 1,0 | |
Straße | 2,9 | 1,4 | 2,7 | 1,0 | |
Krankenwagen | 2,0 | 0,0 | 2,5 | 0,0 | |
sonstiger Ort | 5,1 | 5,6 | 6,6 | 15,5 | |
Zeuge | |||||
Arzt/Rettungssanitäter | 7,1 | 3,1 | 6,5 | 3,2 | |
Laie | 43,2 | 64,6 | 38,8 | 40,4 | |
keine Zeuge | 49,7 | 32,3 | 54,7 | 56,4 | |
Männer | n=1.718 | n=267 | n=1.798 | n=270 | |
Ort des Todes | |||||
zu Hause | 80,3 | 79,8 | 79,8 | 84,7 | |
Arbeitsplatz | 2,0 | 2,8 | 1,7 | 0,8 | |
Straße | 7,0 | 8,9 | 6,2 | 5,8 | |
Krankenwagen | 2,4 | 1,6 | 3,6 | 1,2 | |
sonstiger Ort | 8,4 | 6,9 | 8,7 | 7,4 | |
Zeuge | |||||
Arzt/Rettungssanitäter | 10,2 | 6,9 | 9,2 | 2,3 | |
Laie | 56,0 | 58,2 | 52,2 | 51,2 | |
keine Zeuge | 33,8 | 34,9 | 38,6 | 46,5 |
Zwei bis zehn Prozent der prähospital Verstorbenen konnten trotz Anwesenheit einer Ärztin/ eines Arztes nicht gerettet werden. Auf dem Land waren medizinische Laien bei Eintritt des Todes häufiger anwesend als in der Stadt. Dementsprechend häufiger verstarben in der Stadt lebende Frauen und Männer allein. Im Zeitraum März 2000 bis Februar 2002 hat auch in Nürnberg eine Ärztebefragung für alle koronaren Todesfälle stattgefunden. Diese, im Rahmen einer Aktion »Stopp dem Herztod«, ergab eine vergleichbare Situation für Nürnberg und Augsburg.
Der nach wie vor sehr hohe Anteil der zu Hause Verstorbenen und der relativ große Anteil von Todesfällen mit anwesenden Zeugen unterstreicht die Notwendigkeit einer verstärkten Aufklärung über die Symptome eines Herzinfarktes. Darüber hinaus müssen Risikopatientinnen und patienten und deren Angehörige wissen, dass bei Einsetzen der akuten Beschwerden sofort notfallmedizinische Hilfe, in der Regel Rettungsdienst und Notärztin/Notarzt, gerufen werden muss. Durch stärkere Motivation der Bevölkerung zur Teilnahme an einer Ausbildung in Erster Hilfe und in lebensrettenden Sofortmaßnahmen, abgesehen von einer verpflichtenden Teilnahme im Rahmen des Führerscheinerwerbs, würden mehr Laien als bisher in die Lage versetzt werden, im Notfall eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Herzdruckmassage und Atemspende einzuleiten. Hierdurch kann die Zeitspanne bis zum Eintreffen von Rettungsdienst und Notärztin/Notarzt, die unter anderem mit technischen Hilfsmitteln wie z.B. mit einem Defibrillator sowie mit Notfallmedikamenten ausgerüstet sind, entscheidend überbrückt werden siehe Erste Hilfe).
Langzeitüberleben
Dabei hat sich die 5-Jahres-Überlebensrate bei den Männern von 80 % (Zeitraum 1985 bis 1989) auf 89 % (Zeitraum 1994 bis 1998) und bei den Frauen von 73 % auf 84 % erhöht. Die im Vergleich zu den Männern ungünstigere Langzeitprognose der Frauen erklärt sich in erster Linie durch deren insgesamt schlechteren Gesundheitszustand bereits bei Eintritt des Infarktes (wie in Abbildung 3 gezeigt).
Wird jedoch die Gesamtzahl aller akuten Koronarereignisse betrachtet, d.h. auch alle Herzinfarktpatientinnen und -patienten, die bis zum 28. Tag nach dem Akutereignis verstorben sind, relativiert sich der Behandlungserfolg. Danach ist die die 5-Jahres-Überlebensrate für Frauen und Männer infolge des hohen Anteils an Frühverstorbenen (vor dem 28. Tag) nur um drei Prozent angestiegen.
Eine weitere Zunahme der 5-Jahres-Überlebensrate wird über die noch laufenden Langzeiterhebungen der häufig frühinvasiv behandelten Herzinfarktpatientinnen und -patienten der letzten Jahre erwartet.
Risikofaktoren für die Entstehung der koronaren Herzkrankheit
In den Gesundheitssurveys von 1990/1992 und 1998 wurden alle teilnehmenden Frauen und Männer hinsichtlich des Vorkommens bestimmter Risikofaktoren untersucht und befragt. Die Verteilung der Risikofaktoren in der 25- bis 69- jährigen Bevölkerung in Deutschland (siehe Tabelle 5) zeigt, dass vor allem erhöhte Cholesterinwerte und erhöhte Blutdruckwerte häufig ermittelt wurden. Zu beiden Untersuchungszeitpunkten rauchten Männer häu.ger als Frauen und wiesen vermehrt erhöhte Blutdruckwerte auf.
Tabelle 5
Risikofaktoren |
1990/1992 |
1998 |
|||
---|---|---|---|---|---|
Frauen |
Männer |
Frauen |
Männer |
||
Befragen in Westdeutschland | |||||
Rauchen | 28,3 | 39,2 | 28,9 | 36,5 | |
erhöhtes Gesamt-Cholesterin
200 bis 249 mg/dl |
41,4 | 41,6 | 40,4 | 42,8 | |
250 bis 299 mg/dl | 25,8 | 26,7 | 26,3 | 24,9 | |
≥ 300 mg/dl | 10,6 | 8,5 | 9,6 | 7,8 | |
erhöhter Blutdruck
≥ gleich 140/90 mm Hg |
38,1 | 46,6 | 42,5 | 51,4 | |
Adipositas
BMI ≥ 30 kg/m2 |
19,6 | 17,4 | 20,9 | 19,4 | |
Befragten in Ostdeutschland | |||||
Rauchen | 20,5 | 40,6 | 29,1 | 40,5 | |
erhöhtes Gesamt-Cholesterin
200 bis 249 mg/dl |
41,8 | 41,7 | 42,3 | 41,5 | |
250 bis 200 mg/dl | 24,2 | 29,8 | 26,1 | 28,3 | |
≥ 300 mg/dl | 10,3 | 10,2 | 7,3 | 10,3 | |
erhöhter Blutdruck
≥ 140/90 mm Hg |
50,2 | 65,3 | 47,5 | 61,4 | |
Adipositas
BMI ≥ 30 kg/m2 |
25,8 | 20,6 | 24,2 | 21,8 |
Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Depressionen als Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit gelten [10]. Außerdem ist das Risiko für tödliche Verläufe der KHK bei depressiven Personen erhöht. Anhand zusammenfassender Analysen mit mehr als 40.000 Studienteilnehmern wurde ein 64 % höheres Risiko für einen tödlichen Herzinfarkt bei depressiven Personen nach Einbeziehung aller bedeutsamen KHK-Risikofaktoren ermittelt [11, 12]. Bei dieser Personengruppe ist das Risiko für einen ungünstigen Verlauf nach akutem Infarkt 2,5-mal höher als bei Infarktpatienten ohne Depression [13]. Deshalb ist der psychischen Verfassung in der medizinischen Behandlung von Risikopersonen verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen.
Bedeutung der einzelnen Risikofaktoren für einen Herzinfarkt
In der Kohorte ergaben sich im Untersuchungszeitraum bei den Männern insgesamt 3,4-mal mehr akute Herzinfarkte als bei Frauen. In den Kategorien der einzelnen Risikofaktoren haben Männer und Frauen mit Diabetes mellitus die höchste Herzinfarktinzidenz, gefolgt von denen, die zum Zeitpunkt der Basisuntersuchung regelmäßig Zigaretten rauchten und denen mit erhöhten Cholesterinwerten 6. Interessanterweise ist die Herzinfarktinzidenz bei den Männern im Vergleich zu den Frauen auch dann etwa 3-fach höher, wenn die Werte der einzelnen Risikofaktoren im Normbereich liegen. Zusätzlich ist zu beachten, dass der Anteil an Personen ohne einen einzigen der vier klassischen Risikofaktoren (Zigarettenrauchen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Adipositas), bei den Männern mit 22 % nur halb so häufig ist wie bei den Frauen mit 42 %. Aber auch bei Vorliegen der jeweiligen Risikofaktoren kann das erhöhte Risiko der Männer für einen inzidenten Herzinfarkt nur zum Teil mit der Häufung der Risikofaktoren erklärt werden; 14 % der Augsburger Männer und nur 7 % der Frauen wiesen mindestens drei der vier Risikofaktoren auf. Werden die Normwerte überschritten, reduziert sich der Geschlechtsunterschied. Das Vorhandensein der klassischen Risikofaktoren führt bei den Frauen zu einer relativ stärkeren Zunahme der Neuerkrankungsrate an Herzinfarkt, allerdings auf deutlich geringerem Niveau als bei den Männern.
Bei beiden Geschlechtern besteht demnach ein großes Potenzial, durch gezielte Intervention die Risikofaktoren der KHK zu reduzieren. Von besonderer Bedeutung für die Prävention ist die Berücksichtigung des kombinierten Vorkommens von Risikofaktoren, wie sie in den Risikoscores für die Berechnung des 10-Jahresrisikos gegeben ist (siehe Ermittlung des individuellen Herzinfarktrisikos).
Prävention
Die Realität zeigt jedoch auch für Deutschland, dass viele betroffene Personen völlig unzureichend über vorliegende Risikofaktoren informiert sind. Obwohl 80 % der männlichen und 90 % der weiblichen Teilnehmer des Augsburger Surveys von 1999 bis 2001 (KORA-Survey 2000) in den zurückliegenden zwölf Monaten mindestens einmal eine Ärztin/einen Arzt aufgesucht hatten, war jeder zweite Diabetiker unentdeckt [16] und etwa 70 % der Männer und 50 % der Frauen wussten nichts von ihrer stark ausgeprägten Fettstoffwechselstörung. Ein aktueller Vergleich der Daten des KORA-Surveys 2000 und der ebenfalls bevölkerungsrepräsentativen SHIP (Study of Health in Pomerania)-Studie erbrachte, bei insgesamt signifikant höheren Bluthochdruckraten 7 in Vorpommern (Männer 60 %, Frauen 39 %) im Vergleich zu Süddeutschland (Männer 41 %, Frauen 29 %), dass in beiden Regionen etwa 45 % der Männer und 30 % der Frauen nichts von ihren hohen Blutdruckwerten wussten [17].
Aus Public Health Sicht gilt es, die Bevölkerung über Angebote der gesetzlichen Krankenversicherung zur Früherkennung von Krankheiten zu informieren und zur Inanspruchnahme zu motivieren. So haben Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen ab einem Alter von 35 Jahren im zweijährigen Turnus Anspruch auf eine kostenlose Gesundheitsuntersuchung (Check-up 35) [18]. Ziel dieser Untersuchung ist das frühzeitige Erkennen häufig auftretender Krankheiten, wie Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit beziehungsweise ihrer Risikofaktoren. Sie umfasst die Anamnese (Erhebung der Eigen-, Familien- und Sozialanamnese, Erfassung des Risikoprofils), klinische und Laboruntersuchungen (Ganzkörperstatus, Untersuchungen von Parametern aus Blut und Urin) sowie eine abschließende Beratung über die Ergebnisse der Untersuchungen und ggf. die Einleitung weitergehender Untersuchungen und Behandlungen.
Aus hausärztlicher Sicht müssen die Früherkennungsuntersuchungen aktiv an die Patientinnen und Patienten herangetragen werden. Liegen genaue Angaben zu den einzelnen Risikofaktoren vor, ist es den behandelnden Ärzten heute möglich, eine patientenbezogene Risikokalkulation vorzunehmen (siehe auch Ermittlung des individuellen Herzinfarktrisikos) und danach die Therapieziele auszurichten. Die nationalen und internationalen Fachgesellschaften für Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems fordern eine gezielte medikamentöse Risikoprävention, wenn das kalkulierte individuelle Risiko, innerhalb von 10 Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, mindestens 20 % beträgt [19]. Dabei wird Diabetikern generell und unabhängig von dem sonstigen Risikoprofil ein 20 %iges Risiko und damit eine unbedingte kardiovaskuläre Behandlungsbedürftigkeit zugeschrieben.
Als sekundäre Prävention aus kardiologischer Sicht gelten Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, bei Patientinnen und Patienten mit einem nichttödlichen Herzinfarkt bzw. akuten koronaren Komplikationen Folgeinfarkte zu vermeiden. Basis jeder Behandlung bereits erkrankter Personen ist der Abbau von Risikofaktoren. Bei gegebener Indikation ist der zusätzliche Einsatz von Medikamenten erforderlich (siehe Behandlungsmöglichkeiten).
Epidemiologische Daten zeigen einen altersabhängigen Anstieg kardiovaskulärer Erkrankungen bei Frauen. Ein davon zu trennender Effekt durch den Mangel an weiblichen Geschlechtshormonen in und nach der Menopause konnte aber nicht nachgewiesen werden. Es gibt geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit kardiovaskulärer Risikofaktoren. Die Ursachen dafür sind noch nicht abschließend geklärt, hormonelle Unterschiede spielen anscheinend eine Rolle. Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass die Einnahme von Hormonpräparaten in und nach den Wechseljahren ungeeignet ist, Frauen vor einer KHK zu schützen [20]. Die Einnahme von Geschlechtshormonen ausschließlich zur Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen wird von den internationalen Fachgesellschaften, wie auch von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ausdrücklich nicht empfohlen [21].
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) initiiert und fördert Aktivitäten zur Entwicklung und Umsetzung von nationalen Gesundheitszielen ( http://www.gesundheitsziele.de). Zu den Zielthemen mit Krankheitsbezug wurde neben anderen Erkrankungen auch der Herzinfarkt ausgewählt. Mit der Vereinbarung von Gesundheitszielen setzen die beteiligten gesundheitspolitischen Akteure (Angehörige der Heilberufe, Krankenkassen, Versicherungen, Bürger und Patienten, Politiker, Wissenschaftler) gemeinsam Schwerpunkte, wo sie Bedarf zur Verbesserung festgestellt haben und entwickeln auch Verfahren und Verantwortlichkeiten zur Umsetzung und Evaluation. Die Anforderungen an die Entwicklung von Gesundheitszielen berücksichtigen dabei folgende Bereiche: Bürger- und Patientenorientierung, Wahrung der gesundheitlichen Chancengleichheit, Gender Mainstreaming, Evidenzbasierung von Maßnahmen, Verzahnung und Integration der Leistungs- und Versorgungsbereiche sowie Stärkung der Selbsthilfe. Gesundheitsziele mit Krankheitsbezug schließen explizit auch präventive Aspekte mit ein.
Ermittlung des individuellen Herzinfarktrisikos
Bis vor kurzem bildete die US-amerikanische Framingham-Studie – eine im Jahre 1948 begonnene Langzeitbeobachtung von etwa 5.000 Einwohnern und deren Nachkommen aus dem Ort Framingham – weltweit die Grundlage für die individuelle Risikoabschätzung. Über den so genannten Framingham-Risiko-Score wird unter Einbeziehung des individuellen Risikofaktorstatus (Geschlecht, Alter, Raucherstatus, Gesamt- und HDL-Cholesterin, Blutdruck) das prozentuale Risiko berechnet, innerhalb von zehn Jahren einen tödlichen oder nichttödlichen Herzinfarkt zu erleiden oder an einer KHK zu erkranken [22]. Das WHO- MONICA-Projekt hat jedoch gezeigt, dass Häufigkeiten und 10-Jahrestrends des Herzinfarktrisikos in Bevölkerungen aus den beteiligten 26 Ländern aus vier Kontinenten sehr unterschiedlich sind [23].
Deutschlandspezifische Risikoschätzungen für die Herzinfarktinzidenz stehen vorerst nur aus der prospektiven PROCAM-Studie (Prospective Cardiovascular Münster) zur Verfügung. In dieser Studie werden berufstätige 35- bis 64-jährige Männer und 45- bis 64-jährige Frauen untersucht, jedoch nicht höhere Altersgruppen. Im PROCAM Score werden folgende Merkmale in die Berechnung einbezogen [24]: Geschlecht, Alter, LDL- und HDL-Cholesterin, Triglyzeride (nüchtern), Blutzucker (nüchtern), systolischer Blutdruck, Zigarettenrauchen in den letzten zwölf Monaten (ja/nein), Diabetes mellitus sowie in der Familie aufgetretene Herzinfarkte vor dem 60. Lebensjahr.
Die Berechnungstabelle für das prozentuale Risiko anhand des Framingham- oder PROCAM- Scores ist im Internet zugänglich (www.chd-taskforce.de). Je nach errechnetem prozentualen Risiko werden auf die individuelle Situation ausgerichtete Hinweise zu Lebensstilveränderungen (z.B. Gewichtsabnahme, Intensivierung der körperlichen Aktivität, Ernährungsumstellung) gegeben.
Das durch das Punktesystem berechnete individuelle Risiko wird von zwei Faktoren beeinflusst. Das sind zum einen Anzahl und Ausprägung der in den jeweiligen Score eingehenden Risikofaktoren. So ist der PROCAM- Score neueren Datums und bezieht mehr Risikofaktoren als der Framingham- Score in die Berechnung ein. Zum anderen spielt das dem Score zugrunde liegende Risiko für koronare Herzkrankheiten der jeweiligen Population eine Rolle. Die Grundlagen für die Risikoberechnung des Framingham-Scores stammen aus den 1970er Jahren, als die Inzidenz von akuten Koronarereignissen noch deutlich höher als heute war. Deshalb liefert ein für eine bestimmte Population entwickelter Score bei Übertragung auf eine andere Bevölkerung möglicherweise keine genaue Risikoabschätzung [4]. Eine Validierung des PROCAM- Scores an einer bevölkerungsrepräsentativen deutschen Stichprobe (z.B. MONICA/ KORA Augsburg- Kohorte) steht noch aus.
Von besonderer praktischer Relevanz ist jedoch, dass das individuelle Risiko möglichst korrekt eingeschätzt wird, damit dann gezielte Empfehlungen zur Umstellung der Lebensweise bzw. Therapiemaßnahmen erfolgen können.
Anhand der im KORA-Survey 2000 ermittelten Werte der Risikofaktoren wurden die Risikokategorien für einen Herzinfarkt innerhalb der nächsten zehn Jahre auf Basis des Framingham- und des PROCAM-Scores berechnet.
Tabelle 6
Risikokategorien | PROCAM Risiko-Kategorie | ||||
---|---|---|---|---|---|
Frauen (n=880) | |||||
Framingham Risiko-Kategorie | unter 10% | 10 bis unter 15% | 15 bis unter 20% | größer gleich 20% | Summe |
unter 10% | 833 | 1 | 1 | 0 | 835 (94,9%) |
10 bis unter 15% | 17 | 7 | 2 | 6 | 32 (3,6%) |
15 bis unter 20% | 2 | 0 | 1 | 6 | 9 (1,0%) |
größer gleich 20% | 0 | 0 | 0 | 4 | 4 (0,5%) |
Summe | 8 (0,9%) | 4 (0,5%) | 16 (1,8%) | ||
Männer (n=1.256) | |||||
Framingham Risiko-Kategorie | unter 10% | 10 bis unter 15% | 15 bis unter 20% | größer gleich 20% | Summe |
unter 10% | 614 | 1 | 1 | 0 | 615 (49,0%) |
10 bis unter 15% | 234 | 35 | 9 | 2 | 280 (22,3%) |
15 bis unter 20% | 79 | 60 | 24 | 14 | 177 (14,1%) |
größer gleich 20% | 15 | 39 | 37 | 93 | 184 (14,6%) |
Summe | 135 (10,7%) | 70 (5,6%) | 109 (8,7%) |
Während nach der Framingham-Risikobewertung 50 % der Männer und 95 % der Frauen ein 10-Jahres-Herzinfarktrisiko von weniger als 10 % haben, erhöht sich dieser Anteil nach PROCAM bei den Männern auf 75 % und bei den Frauen auf 97 %.
Die internationalen kardiologischen Fachgesellschaften gehen gegenwärtig davon aus, dass bei Personen mit einem mehr als 20 %igen 10-Jahres- Herzinfarktrisiko, zusätzlich zur Verbesserung des Lebensstiles und bei gegebener individueller Indikation, unbedingt auch präventiv wirksame Medikamente zu verordnen sind. Die empfohlene zusätzliche medikamentöse Risikoprävention beträfe nach Framingham 15 % der Männer und 0,5 % der Frauen. Unter Anwendung des PROCAM- Scores reduziert sich dieser Anteil auf 9 % der männlichen Einwohner und erhöht sich, aufgrund der Einbeziehung von Diabetes mellitus in die Risikoschätzung, bei den Frauen auf 1,8 %.
Zu beachten ist, dass insgesamt nur 61 % der Männer, aber 96 % der Frauen nach beiden Scores derselben Risikogruppe zugeteilt wurden.
Die Tatsache, dass für 95 % resp. 97 % der 45- bis 64-jährigen Frauen aufgrund der Risikoberechnung kein therapiebedürftiges Risiko nachzuweisen ist, obwohl die Erkrankungshäu- figkeit der Frauen ein anderes Bild zeigten, lässt schlussfolgern, dass für den medizinischen Alltag die klassischen Risikofaktoren zur Identifizierung von herzinfarktgefährdeten Frauen unzureichend sind. Es gilt zusätzliche Parameter zu identifizieren, die den frauenspezifischen Besonderheiten besser Rechnung tragen. Dafür ist die Etablierung einer prospektiven Kohortenstudie an einer ausreichend großen Zahl von Frauen erforderlich.
Diagnostik
- plötzlich auftretender Brustschmerz (Leitsymptom der Herzinfarktsymptomatik)
- ein Anstieg herzmuskelspezi.scher Eiweißstoffe (Enzyme) im Blut
- spezi.sche Veränderungen im Elektrokardiogramm (EKG)
Herzinfarktsymptomatik
Damit frühzeitig notfallmedizinische Hilfe hinzugezogen werden kann, ist es für die Betroffenen und deren Angehörige bzw. für anwesende Laien von besonderer Wichtigkeit, die mit dem akuten Herzinfarkt verbundenen Symptome zu kennen. Bei neun von zehn Infarktpatienten, unabhängig vom Geschlecht, beginnt der Herzinfarkt mit plötzlich einsetzenden Brustschmerzen, die als stechend, brennend oder drückend beschrieben werden, mehr als fünf Minuten andauern und auch in Ruhe oder nach Einnahme von Nitratspray nicht abklingen. Diese Schmerzen können (müssen aber nicht) in unterschiedliche Regionen ausstrahlen. Der Herzinfarktdiagnose liegen für Frauen und Männer dieselben Kriterien zugrunde. Es existieren aber geschlechtsspezifische Unterschiede in der Herzinfarktsymptomatik.
- Schwere, länger als fünf Minuten anhaltende Schmerzen im Brustkorb, die in Arme, Schulterblätter, Hals, Kiefer, Oberbauch ausstrahlen können
- Starkes Engegefühl, heftiger Druck im Brustkorb, Angst
- Zusätzlich zu Brustschmerzen: Luftnot, Übelkeit, Erbrechen
- Schwächeanfall (auch ohne Schmerz), evtentuell Bewusstlosigkeit
- Blasse, fahle Gesichtsfarbe, kalter Schweiß
Achtung: Bei Frauen sind Luftnot, Übelkeit, Schmerzen im Oberbauch, Erbrechen nicht selten alleinige Alarmzeichen!
Anhand der Angaben der Augsburger Herzinfarktpatientinnen und -patienten, die während des Krankenhausaufenthaltes befragt wurden, ist eine Übersicht über die häufigsten Symptome auch im Zeitvergleich möglich.
Tabelle 7
Herzinfarktsymptomatik | 1985 bis 1987 | 2001 bis 2003 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Frauen n=269 |
95 % KI |
Männer n=834 |
95 % KI |
Frauen n=486 |
95 % KI |
Männer n=1.436 |
95 % KI |
|
Schmerzlokalisation und -ausstrahlung | ||||||||
hinter dem Brustbein | 82% | 77 bis 87 | 83% | 80 bis 86 | 88% | 85 bis 91 | 88% | 86 bis 90 |
linker Arm | 61% | 55 bis 68 | 56% | 52 bis 60 | 57%* | 52 bis 61 | 47% | 45 bis 50 |
rechter Arm | 34% | 28 bis 41 | 32% | 28 bis 35 | 27% | 23 bis 31 | 25% | 22 bis 27 |
Rücken/linkes Schulterblatt | 39%* | 33 bis 46 | 23% | 19 bis 26 | 33%* | 29 bis 38 | 19% | 17 bis 21 |
Kiefer- Halswinkel | 34% | 28 bis 41 | 27% | 23 bis 30 | 28% | 24 bis 32 | 22% | 20 bis 24 |
Oberbauch | 12% | 7 bis 16 | 17% | 14 bis 20 | 10% | 7 bis 12 | 8% | 6 bis 9 |
Begleitbeschwerden | ||||||||
kalter Schweiß | 54% | 47 bis 60 | 57% | 53 bis 61 | 47% | 43 bis 52 | 47% | 44 bis 49 |
Atemnot | 57% | 50 bis 63 | 53% | 49 bis 47 | 52%* | 47 bis 56 | 43% | 41 bis 46 |
Todesangst/Vernichtungsgefühl | 46%* | 39 bis 53 | 35% | 31 bis 39 | 34%* | 29 bis 38 | 18% | 16 bis 20 |
Übelkeit ohne Erbrechen | 18% | 13 bis 22 | 21% | 18 bis 24 | 25% | 21 bis 29 | 19% | 16 bis 21 |
Übelkeit mit Erbrechen | 34%* | 28 bis 40 | 18% | 14 bis 21 | 17%* | 14 bis 21 | 8% | 7 bis 9 |
* signifikant häufiger bei Frauen im Vergleich zu Männern im gleichen Zeitraum
Frauen geben häufiger als Männer Ausstrahlungen in den linken Arm, in den Rücken und in den Kiefer-Halswinkel sowie Todesangst an. Weitere Begleitsymptome sind oft auch Atemnot sowie plötzlich einsetzende Übelkeit, die 1985 bis 1987 noch bei 34 %, aber 2001 bis 2003 nur noch bei 17 % der Frauen mit Erbrechen verbunden ist (Männer 18 % resp. 8 %). Nicht selten lenken die genannten Symptome die Betroffenen – und damit Frauen häu.ger als Männer – von der Diagnose Herzinfarkt ab, so dass die notfallmedizinische Hilfe oft zu spät oder gar nicht gerufen wird. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass bei etwa 50 % der Frauen und Männer der Herzinfarkt von kaltem Schweiß begleitet war, was sich durch eine Körperberührung leicht überprüfen lässt.
In Ausnahmefällen kommt es auch vor, dass keines oder nur eines der Symptome auftritt. Aber nahezu alle Patientinnen und Patienten berichten, dass es ihnen »ganz plötzlich sehr schlecht gegangen sei«.
Im Vergleich zu 1985 bis 1987 hat im Zeitraum 2001 bis 2003 bei beiden Geschlechtern die Häufigkeit von den Symptomen (Todesangst, Erbrechen) abgenommen, die auf drohende Komplikationen hinweisen. Eine Erklärung könnte in der Zunahme der medikamentösen Vorbehandlung der Risikofaktoren liegen (bis zu 25 %). Außerdem zeichnet sich seit dem Jahr 2001 zunehmend eine frühzeitige nach dem Auftreten erster Beschwerden beginnende Behandlung ab. Demzufolge werden mehr Patientinnen und Patienten mit jetzt weniger schweren Herzinfarkten (noch ohne nachweisbare EKG-Veränderungen) einer frühinvasiven Behandlung zugeführt, womit vermutlich dem Auftreten von Komplikationen insbesondere in der Prähospitalphase vorgegriffen wird (siehe auch Tabelle 3).
Erhöhung herzmuskelspezifischer Enzyme
12-Kanal-Elektrokardiogramm (EKG)
Es ist zu beachten, dass fehlende EKG Veränderungen einen Herzinfarkt nicht ausschließen, wenn das klinische Bild und/oder die Enzymwerte für einen Infarkt sprechen. Darüber hinaus können im EKG bei Routineuntersuchungen Zeichen eines abgelaufenen Herzinfarktes nachgewiesen werden, der von den Betroffenen aufgrund nicht vorhandener oder fehl gedeuteter Symptome nicht wahrgenommen wurde (stumme Infarkte).
Herzkatheterisierung als zusätzliche diagnostische Maßnahme
Therapie
Erste Hilfe
Nach dem sofortigen Notruf (112 oder örtliche Notrufnummer des Rettungsdienstes) ist die Patientin bzw. der Patient zu beruhigen und bequem, mit erhöhtem Oberkörper zu lagern, beengende Kleidung ist zu öffnen.
In vielen Fällen kommt es bereits in den ersten Sekunden bis Stunden nach dem Koronararterienverschluss zu dem gefürchteten Herzkammer- flattern / Herzkammerflimmern. Das Herz schlägt dann unrhythmisch bis zu 300-mal pro Minute und kann keine Pumpleistung mehr erbringen (Kammer flimmern: Frequenz über 300-mal pro Minute). Schon nach vier bis fünf Minuten beginnen infolge des Sauerstoffmangels Gehirnzellen abzusterben; nach zehn Minuten ist mit dem Hirntod zu rechnen. Eine rechtzeitig durchgeführte Herz-Lungen- Wiederbelebung durch Herzdruckmassage und Atemspende durch einen Laien oder Ersthelfer und – wenn und wo möglich – die gezielte Anwendung eines Elektroschocks mittels Defibrillator kann das Herz wieder in einen normalen Rhythmus bringen [30]. In jüngster Zeit werden auch in Deutschland an öffentlichen Plätzen und viel besuchten Gebäuden Defibrillatoren (in den USA Public Access Defibrillator PAD) positioniert [31]. Diese können von speziell dafür geschultem Personal und von geschulten Laien bedient werden. So erhofft man sich, das Leben von Personen retten zu können, die in der Öffentlichkeit einen akuten Herzstillstand erleiden und somit dazu beizutragen, die hohe Sterblichkeit von Herzinfarktpatienten vor Erreichen des Krankenhauses zu senken. Dennoch ist es unabdingbar, dass zufällig Anwesende im Falle eines plötzlichen Herztodes den Rettungsdienst (mit Notarzt) alarmieren, da dieser mittels vorhandener notfallmedizinischer technischer und medikamentöser Ausstattung weitergehende, effiziente Hilfe leisten und den Transport in ein geeignetes Krankenhaus organisieren kann.
Medizinische Akutbehandlung
Für den Erfolg der Maßnahmen zur Wiedereröffnung der verschlossenen Herzkranzarterie ist der Zeitpunkt der Durchführung am wichtigsten, bei der mechanischen Intervention sind zudem die Ergebnisse umso besser, je erfahrener das Team ist [32]. Daneben besteht die Möglichkeit einen aortokoronaren Venen-Bypass (ACVB) zu legen. Das ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem ein Umgehungskreislauf zwischen der Hauptschlagader und einer Herzkranzarterie hergestellt wird. Dieser herzchirurgische Eingriff kann inzwischen schon minimal-invasiv, das heißt ohne Brustkorböffnung und Einsatz der Herz-Lungen-Maschine, erfolgen.
Anhand der Augsburger Register-Daten lässt sich die Entwicklung bei der Akutbehandlung des Herzinfarktes aufzeigen. Im Zeitraum 1985 bis 1987 begann sich die medikamentöse Thrombolysetherapie durchzusetzen und erreichte 1995 bis 1997 mit 47 % [95 % KI 43 bis 51] bei den Männern und 39 % [95 % KI 33 bis 45] bei den Frauen ihre größte Häufigkeit. Die PTCA ohne Koronar-Stent- Implantation wurde seit Beginn der 1990er Jahre zunehmend häu.ger als Alternative zur medikamentösen Thrombolyse eingesetzt. Seit Ende der 1990er Jahre hat sich die zusätzliche Implantation von Koronar-Stents durchgesetzt. Klinische Studien haben gezeigt, dass von dieser Behandlungsmethode Frauen und Männer gleichermaßen mehr profitieren als nur von der Ballonaufdehnung der Koronararterie. In der Region Augsburg waren im Zeitraum 2001 bis 2003 bereits 52 % [95 % KI 50 bis 55] der männlichen und 47 % [95 % KI 43 bis 52] der weiblichen Herzinfarktüberlebenden mit einem Koronar-Stent versorgt. Darüber hinaus benötigten auch noch weitere 18 % [95 % KI 16 bis 20) der männlichen und 14 % [95 % KI 11 bis 17] der weiblichen Erstinfarktpatienten eine aorto-koronare Bypass-Operation; aktuell bestanden in den bevölkerungsbasierten Analysen nach Altersstandardisierung keine signifikanten Geschlechtsunterschiede in der reperfundierenden Therapie.
Es gibt aber Hinweise aus krankenhausbasierten Statistiken unter Einbeziehung aller Altersgruppen, dass Unterschiede zwischen Männern und Frauen in den angewandten Behandlungsmethoden als ein Indiz für Unter- bzw. Fehlversorgung der Frauen zu sehen sind [33]. Es zeigt sich, dass das Geschlecht insbesondere bei älteren Patienten Einfluss auf die Art der Therapie hat und die Versorgung von Frauen und Männern mit KHK auch in Deutschland nicht überall einheitlich ist. Wie z.B. die Daten des Berliner Herzinfarktregisters zur stationären Versorgung von Herzinfarktpatienten 1999 bis 2002 zeigen konnten, erhielten mit 50 % signifikant weniger Frauen (unter 75 Jahre 63 %; größer gleich 75 Jahre 34 %) eine leitliniengerechte Reperfusionstherapie als Männer mit 69 % (72 % resp. 43 %). Auch bei der leitliniengerechten medikamentösen Therapie wurden in Berlin noch Unterschiede in der Behandlung von Frauen und Männern mit akutem Myokardinfarkt beobachtet [34]. Die Gründe für Geschlechterunterschiede in der Behandlung sind noch nicht abschließend geklärt. Frauen und Männer unterscheiden sich in einigen Merkmalen, die Einfluss auf die Art der Behandlung haben können. Dazu zählen das höhere Alter der Patientinnen, eine höhere Komorbidität bei Frauen, d.h. das gleichzeitige Vorkommen von zwei oder mehr diagnostisch unterschiedlichen Krankheiten neben der KHK, sowie eine längere Dauer vom Auftreten akuter Beschwerden bis zur Behandlung im Krankenhaus. Die Daten des Berliner Herzinfarktregisters zeigen aber unhabhängig von diesen Faktoren, dass das Risiko für Frauen an ihrem akuten Myokardinfarkt im Krankenhaus zu versterben, höher ist als für Männer. Ebenso konnte festgestellt werden, dass die Reperfusionstherapie (unter der Annahme, dass alle anderen Einflussfaktoren bei Männern und Frauen gleich sind) die Sterblichkeit bei den Männern stärker senkt als bei den Frauen [34]. Das unterstreicht die Notwendigkeit geschlechtsspezifischer Vorgehensweisen und entsprechender Kriterien bei der Versorgung. Der deutschen Arbeitsgemeinschaft der leitenden Krankenhauskardiologen (ALKK) kommt das große Verdienst zu, seit Beginn der 1990er Jahre zunehmend mehr Kliniken zur freiwilligen Dokumentation des Behandlungsverlaufes jeder Patientin und jedes Patienten mit akutem Koronarsyndrom und der Berichterstattung an die Datenzentrale (Register) motiviert zu haben. Dadurch ist es möglich, die Behandlungsqualität der Kliniken zu überwachen und die Versorgung datenbasiert zu optimieren [32].
Medikamentöse Langzeittherapie
Kardiologische Rehabilitation
Herzgruppen
Für die Teilnahme an einer Herzgruppe müssen sich Herzpatienten eine ärztliche Verordnung bei ihrer behandelnden Ärztin/ ihrem Arzt holen und damit bei der Krankenkasse oder Rentenversicherung den Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport vorlegen. Die einzelnen Herzgruppen sind über die Landesverbände der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation (DGPR) zu erreichen (siehe Anhang).
Folgen
Für Infarktüberlebende besteht ein hohes Risiko für eine dauerhafte Invalidität, die häufig mit Pflegebedürftigkeit und Einschränkung der Lebensqualität verbunden ist. In den meisten Fällen ist eine ständige ambulant-medizinische Versorgung zur Verhinderung eines erneuten Infarktes (Re-Infarkt) nicht zu umgehen. Dabei sind die Anforderungen an einen eigenverantwortlichen Umgang mit der Erkrankung je nach Schwere der Erkrankung und Therapieform unterschiedlich.
Als weitere Folgen, auch für die Gesellschaft, sind Arbeitsunfähigkeit und Berentung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu nennen. Zahlen zur Arbeitsunfähigkeit (AU) liegen für die Pflichtmitglieder der AOK für das Jahr 2003 vor. Für die Diagnose Herzinfarkt waren bei den Männern 20 und bei den Frauen 5 Arbeitsunfähigkeitsfälle pro 10.000 Pflichtmitglieder (ohne Rentner) zu verzeichnen. Mit durchschnittlich 64 AU-Tagen für Männer und 63 AU-Tagen für Frauen liegt die Dauer im Vergleich zu anderen Krankheiten des Herz- Kreislauf-Systems relativ hoch 8. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass nur ein geringer Teil der vor dem Herzinfarkt noch Berufstätigen nach dem Herzinfarkt die Arbeit wieder aufnehmen kann. Verlässliche Daten zur Invalidisierungsrate wegen Herzinfarkt liegen aber gegenwärtig für Deutschland nicht vor. Die Statistik des Rentenzugangs belegt für das Jahr 2003 bei 4.780 Männern und bei 759 Frauen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die Diagnose koronare Herzkrankheiten (hier werden nur Personen vor Eintritt in die Altersrente aufgeführt) 9. Darunter waren 233 Fälle mit der Diagnose akuter Myokardinfarkt bei den Männern und 36 Fälle bei den Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei Männern und Frauen bei 54 Jahren.
Es wurden demnach 4,8 % aller Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei den Männern und 1,0 % bei den Frauen aufgrund der Diagnose koronare Herzkrankheit bewilligt.
Versorgungsstruktur
Strukturierte Behandlungsprogramme
Ziel der Disease Management Programme ist es, durch die regelmäßige und ineinander greifende Betreuung das Fortschreiten der Erkrankung und deren Folgen zu verhindern oder rechtzeitig zu behandeln und so die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Im Rahmen der Disease Management Programme erfolgt die Behandlung der koronaren Herzkrankheit nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien bzw. nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz. Die Kommunikation zwischen Hausärztin/ Hausarzt, Fachärzten, Kliniken, Pflegepersonal und sonstigen Therapeuten wird verbessert, um so die Versorgung über den gesamten Behandlungsverlauf zu optimieren. Aber auch die Rolle der Patientinnen und Patienten wird gestärkt. Sie werden über ihre Erkrankung umfassender informiert und in Schulungen zum Umgang mit ihrer Erkrankung befähigt. Interessierte Patientinnen und Patienten können sich bei ihrer Krankenkasse informieren und dort, sobald ein zugelassenes Programm angeboten wird, für ein DMP eintragen lassen. Die Teilnahme ist freiwillig. Über die vorgeschriebene begleitende Qualitätssicherung und Evaluation soll die Einhaltung der vorgegebenen Qualitätsanforderungen sichergestellt und das Ergebnis der Programme im Hinblick auf die Verbesserung der medizinischen Versorgung bewertet werden.
Geschlechterforschung in der Medizin
Inanspruchnahme von Leistungen
Inanspruchnahme stationärer Versorgung wegen akutem Myokardinfarkt
Es bestätigen sich die Geschlechtsunterschiede, die auch anhand der Morbiditätsdaten des MONICA/ KORA-Herzinfarktregisters Augsburg gezeigt wurden.
Inanspruchnahme von Rehabilitationsmaßnahmen wegen akutem Myokardinfarkt
Im Jahr 2003 existierten deutschlandweit 167 Rehabilitationseinrichtungen für die Anschlussheilbehandlungen bzw. Anschlussrehabilitationen von Krankheiten des Herzens und des Kreislaufs, mit denen von den jeweils zuständigen Kostenträgern Verträge zur Erbringung von ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen abgeschlossen wurden. Es liegen nicht alle Daten der Leistungsträger der Rehabilitation nach Diagnosen aufgeschlüsselt vor. Laut Statistik des Verbandes der Rentenversicherungsträger (VDR) 11 lag die Zahl der Anschlussheilbehandlungen (AHB) im Jahr 2003 für die 1. Diagnose akuter Myokardinfarkt für Männer bei 3.552 und für Frauen bei 719. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug dabei 50 Jahre bei den Männern und 51 Jahre bei den Frauen. Nach den Daten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) wurden im Jahr 2003 insgesamt 104.437 Anschlussheilbehandlungen durchgeführt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach orthopädischen und onkologischen Krankheiten die dritthäufigste Indikation für AHB-Maßnahmen (ca. 12.000 Einzeldiagnosen). Innerhalb dieser Diagnosegruppe waren akute Herzinfarkte die zweithäufigste Indikation für eine AHB sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Der Anteil der Bewilligungen für eine kardiologische AHB, die in ambulanter Form durchgeführt wurde, stieg in den letzten Jahren und lag im Jahr 2003 bei 3,6 % [45].
Kosten
In der Gesundheitsausgabenrechnung des Statistischen Bundesamtes werden Höhe und Struktur der im Gesundheitswesen anfallenden Kosten nach Leistungs- und Einrichtungsart ermittelt. Die aktuellen Berechnungen ergeben für das Jahr 2003 laufende Gesundheitsausgaben von rund 240 Milliarden Euro. In der Krankheitskostenrechnung [46] ist die Darstellung der Gesundheitsausgaben um die krankheits- und personenbezogene Sichtweise erweitert. Damit wird deutlich, wie stark bestimmte Krankheiten und deren Folgen (Arbeitsunfähigkeit, Invalidität oder vorzeitiger Tod) die Volkswirtschaft im Einzelnen belasten. Die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch die koronare Herzkrankheit und deren Folgen entstehen, können in direkte und indirekte Kosten eingeteilt werden.
Direkte Kosten
Im Jahr 2002 wurden insgesamt 35,4 Milliarden Euro für Krankheiten des Kreislaufsystems aufgewendet, die damit an der Spitze der Krankheitskosten stehen (15,8 %). Ca. 7 Milliarden Euro entfielen auf die koronare Herzkrankheit, darunter 1,2 Milliarden Euro auf den akuten Myokardinfarkt. Nach Einrichtungen betrachtet, fielen die meisten Kosten für die koronare Herzkrankheit im stationären/ teilstationären Bereich an (54,3 %), hierbei vor allem in Krankenhäusern. Im ambulanten Bereich, wie z.B. Arztpraxen und ambulante Pflegeeinrichtungen, fielen ca. 30 % der Kosten an. Des Weiteren ergaben sich Kosten bei den Rettungsdiensten (6 %), in der Verwaltung (5,6 %) und in sonstigen Einrichtungen/privaten Haushalten.
Die Kosten für die koronare Herzkrankheit betrafen zu 60,1 % Männer (beim akuten Myokardinfarkt zu 62,8 %). Pro Kopf ergaben sich im Jahr 2002 Kosten von 100 Euro bei den Männern und 80 Euro bei den Frauen für die Behandlung koronarer Herzerkrankungen. Der Schwerpunkt der Kosten für die koronare Herzkrankheit/akuten Myokardinfarkt nach Alter lag bei Frauen und Männern in der Altersklasse der 65- bis 85-Jährigen. Bei den Männern entstanden 46,3 % der Kosten für akuten Myokardinfarkt in dieser Altersgruppe, bei den Frauen waren es 58,3 %. Bei der Kostenverteilung nach Geschlecht und Art der Einrichtungsart fällt auf, dass die Mehrzahl der Kosten für die koronare Herzkrankheit in den Krankenhäusern durch Männer verursacht wird (65,8 %), die Mehrzahl der Kosten durch stationäre und teilstationäre P.ege durch Frauen (71,9 %). Das deckt sich mit den Erfahrungen, dass Frauen einen Großteil der ambulanten Pflegeleistung männlicher Angehöriger, zum Teil auch ehrenamtlich, erbringen, während sie selbst auf professionelle und, häufiger als Männer, auch auf stationäre Pflegeleistungen angewiesen sind.
Indirekte Kosten
Im Jahr 2002 wurden 0,9 % aller durch Arbeitsunfähigkeit, Invalidität und vorzeitigen Tod verlorenen Erwerbstätigkeitsjahre durch akuten Myokardinfarkt verursacht. Das entspricht 48.000 Jahren, die zu 85,4 % auf die Männer entfielen. Dies ergibt sich aus der Zusammensetzung der Gruppe der Erkrankten hinsichtlich Alter und Geschlecht. Ein anderes Bild zeigt sich, wenn auch die nichterwerbstätige Bevölkerung mit einbezogen wird. Der krankheitsbedingte Verlust an Lebensjahren in der Gesamtbevölkerung lag im Jahr 2002 bei 17,0 Millionen Jahren. Dabei waren 3,4 % auf den akuten Myokardinfarkt zurückzuführen. Hierbei entfielen 63,0 % auf die Männer.
Schlussbetrachtungen und Ausblick
Für die Forschung bildet die Geschlechtsspezifik bei der Entstehung der KHK einen wichtigen Schwerpunkt. Dabei sollte die Ermittlung der Faktoren von besonderem Interesse sein, die einerseits das geringere Herzinfarktrisiko der Frauen bewirken und die andererseits die bei Frauen relativ höhere schädigende Wirkung der Risikofaktoren verursachen. Weitere Forschungsaktivitäten sind u.a. für die so genannte Auslöserforschung geplant, z.B. wird der mögliche Einfluss von ultrafeinen Partikeln in der Außenluft auf die Ingangsetzung von infarktauslösenden Entzündungsprozessen im Blut bei dafür (genetisch) anfälligen Personen im Rahmen einer vom US-amerikanischen Health Effects-Institut finanzierten Studie [47] und in zwei multizentrischen EU-Projekten näher untersucht [48]. Seit 2003 untersucht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 175 Millionen Euro geförderte Nationale Genom- Forschungsnetz (NGFN) als einen Schwerpunkt die Rolle der Gene bei der Entstehung der Herzkreislauf- Krankheiten mit dem Ziel, Weichenstellungen für neue Therapien herauszufinden. Das Bundesministerium für Gesundheit hat Disease Management Programme gesetzlich eingeführt, um die Verhütung und Behandlung von Herz- Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern. Außerdem fördert das Bundesministerium für Gesundheit Initiativen (gesundheitsziele.de), um die Prävention koronarer Herzkrankheit zu stärken.
Denn zusammenfassend bleibt festzustellen, dass – bei allem Fortschritt der Wissenschaft – die Nutzung aller individuellen präventiven Reserven und einer optimalen Langzeitversorgung die besten Chancen bietet, gesund alt zu werden und damit auch einem weiteren Kostenanstieg im Gesundheitswesen entgegen zu wirken.
Fußnoten
1 Diagnosedaten der Krankenhauspatienten liefern jährlich Angaben
über die erbrachten Leistungen der Krankenhäuser.
2 Die Todesursachenstatistik liefert Informationen über die im
Berichtsjahr Gestorbenen auf Grundlage der von den Ärzten ausgestellten
Leichenschauscheine sowie die von den Standesämtern ausgestellten
Sterbefallzählkarten.
3 Statistisches Bundesamt, Todesursachenstatistik 2003
4 Art der Standardisierung: Alte Europastandardbevölkerung
6 hier das Verhaltnis von Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin größer gleich 5,0
7 hier systolischer Blutdruck größer gleich 140 und diastolischer
Blutdruck größer gleich 90 oder antihypertensive Medikation
8 AOK Bundesverband,
Krankheitsartenstatistik 2003
9 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger,
VDR Statistik Rentenzugang des Jahres 2003
10 Statistisches Bundesamt, Diagnosedaten der Krankenhauspatienten 2003
11 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger,
VDR Statistik Rehabilitation des Jahres 2003
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Adipositas | generalisierte Vermehrung des Fettgewebes und übermäßige Körpergewichtserhöhung infolge positiver Energiebilanz. Die Richtwerte für das Körpergewicht orientierten sich am Body Mass-Index: Übergewicht: 25,0 bis 29,9 kg/m2; Adipositas: >29,9 kg/m2 | ||
Altersstandardisierung | Rechenverfahren, um zeitliche Schwankungen in der Altersstruktur einer Population bzw. bestehende Unterschiede in der Altersstruktur zu vergleichender Populationen zu berücksichtigen | ||
Arbeitsunfähigkeit | liegt vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht in der Lage sind, ihre Beschäftigung auszuüben. | ||
Arbeitsunfähigkeitstage | bezeichnet die Anzahl der Arbeitstage, die aufgrund einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht geleistet werden können. | ||
Bluthochdruck | nach Definition der WHO liegt Bluthochdruck vor, wenn der systolischen Wert über 139, der diastolische Wert über 89 millimeter Quecksilbersäule beträgt | ||
Body Mass-Index | Verhältniszahl zur Beurteilung des Körpergewichts, ergibt sich aus dem Quotienten des Körpergewichts (in Kilogramm) und dem Quadrat der Körpergröße (in Meter) (Gewicht/Größe2 [kg/m2]). | ||
Cholesterin | wichtiger Grundbaustein des Körpers, der vom Menschen mit der Nahrung aufgenommen oder endogen produziert wird. Im Blut liegt Cholesterin überwiegend in Form von Lipoproteinen vor, die sich hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften unterscheiden, vor allem Lipoproteine mit geringerer (LDL) und höherer (HDL) Dichte, HDL gilt als Schutzfaktor vor Arteriosklerose | ||
Depression | psychische Störung, die durch die Hauptsymptome: gedrückte Stimmung, gehemmter Antrieb, Interesselosigkeit und Freudlosigkeit sowie ein gestörtes Selbstwertgefühl gekennzeichnet ist. | ||
Diabetes mellitus | chronische Erkrankung, bei der es entweder durch einen Mangel an Insulin (Typ-I-Diabetes) oder durch eine gestörte Insulinwirksamkeit (Typ-2-Diabetes) zu einer Störung des Kohlenhydratstoffwe chsels kommt. | ||
Herzinsuffizienz | krankhaft verminderte Pumpfunktion des Herzens, das dann nicht mehr in der Lage ist, eine den Anforderungen entsprechende Leistung zu erbringen | ||
Herz-Kreislauf-Krankheiten | Krankheiten des Herzens und der Blutgefäße | ||
invasiv | das Eindringen von ärztlichen Instrumenten in den Körper zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken | ||
Inzidenz | Häufigkeit von Neuerkrankungen | ||
Ischämie | ungenügende Durchblutung und daraus entstehender Sauerstoffmangel in einem Gewebe oder Organ | ||
kardiovaskulär | Herz und Gefäße betreffend | ||
Kohorte | feststehende Gruppe von Personen, die über einen bestimmten Zeitraum hinweg hinsichtlich des Auftretens bestimmter Ereignisse (zum Beispiel Erkrankungen) untersucht/beobachtet wird | ||
Lebenserwartung | Zahl der Jahre, die ein neugeborenes Kind oder eine Person bestimmten Alters unter der Annahme der gegenwärtigen Sterblichkeitsverhältnisse im Durchschnitt erleben würde | ||
Menopause | Zeitpunkt der letzten Monatsblutung der Frau | ||
Odds Ratio | Maß zur Risikoabschätzung | ||
Pflegebedürftigkeit | besteht laut Pflegeversicherungsgesetz bei Personen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Erkrankung mindestens sechs Monate lang nicht in der Lage sind, regelmäßig wiederkehrende Tätigkeiten des täglichen Lebens auszuführen. Der Grad der Pflegebedürftigkeit wird in drei Pflegestufen unterteilt. | ||
prospektive Studie | über längere Zeit angelegte Untersuchung zur Erfassung der Auswirkungen von Risikofaktoren |
Internetquellen
Deutschen Gesellschaft für Prävention und
Rehabilitation:
www.dgpr.de
Deutsche Herzstiftung
e.V.:
www.herzstiftung.de
Nationales Genomforschungsnetz:
www.ngfn.de
Tabelle mit Werten aus Abbildungen 1, 2a, 2b und 3
Altersgruppe | Frauen | Männer | |||
---|---|---|---|---|---|
1990 | 2003 | 1990 | 2003 | ||
35 bis 39 Jahre | 3,0 | 2,0 | 14,0 | 8,0 | |
40 bis 44 Jahre | 5,7 | 4,5 | 33,0 | 22,0 | |
45 bis 49 Jahre | 12,2 | 9,3 | 66,0 | 46,5 | |
50 bis 54 Jahre | 22,2 | 16,7 | 121,0 | 83,0 | |
55 bis 59 Jahre | 54,9 | 29,8 | 250,0 | 137,0 | |
60 bis 64 Jahre | 123,0 | 60,5 | 445,0 | 234,5 | |
65 bis 69 Jahre | 255,1 | 131,5 | 746,0 | 417,1 | |
70 bis 74 Jahre | 484,0 | 314,9 | 1.155,0 | 761,5 | |
75 bis 79 Jahre | 988,3 | 662,1 | 1.900,0 | 1.259,6 | |
80 bis 84 Jahre | 1.738,7 | 1.372,1 | 2.777,0 | 2.176,7 | |
85 bis 89 Jahre | 2.851,7 | 2.927,9 | 3.826,0 | 3.835.8 | |
größer gleich 90 Jahre | 4.410,4 | 5.284,2 | 5.176,0 | 5.261,8 |
Weitere/aktuellere Informationen zu dieser Tabelle finden Sie hier:
Bundesland | MI | sonstige KHK | sonstige HKK | andere TU |
---|---|---|---|---|
Saarland | 35,6 | 77,2 | 143,3 | 341,1 |
Mecklenburg-Vorpommern | 37,6 | 89,3 | 143,5 | 285,9 |
Brandenburg | 48,9 | 70,5 | 154,6 | 281,2 |
Sachsen-Anhalt | 41,6 | 87,7 | 157,5 | 268,4 |
Thüringen | 36,3 | 83,2 | 163,3 | 267,2 |
Nordrhein-Westfalen | 32,9 | 54,2 | 172,6 | 286,2 |
Schleswig-Holstein | 39,0 | 52,1 | 137,1 | 313,6 |
Rheinland-Pfalz | 33,4 | 41,2 | 160,7 | 304,7 |
Berlin | 7,9 | 62,2 | 133,2 | 336,0 |
Niedersachsen | 36,9 | 54,7 | 139,7 | 304,4 |
Sachsen | 37,0 | 79,4 | 146,7 | 259,1 |
Hamburg | 28,9 | 50,3 | 116,2 | 326,6 |
Bayern | 31,1 | 49,7 | 149,5 | 284,2 |
Hessen | 25,8 | 53,4 | 139,6 | 294,6 |
Bremen | 20,7 | 38,2 | 154,1 | 297,3 |
Baden-Württemberg | 29,4 | 38,4 | 138,2 | 282,5 |
Deutschland insgesamt | 32,4 | 55,7 | 150,7 | 290,6 |
Bundesland | MI | sonstige KHK | sonstige HKK | andere TU |
---|---|---|---|---|
Mecklenburg-Vorpommern | 84,7 | 129,3 | 174,2 | 594,4 |
Sachsen-Anhalt | 102,8 | 127,3 | 208,4 | 536,6 |
Brandenburg | 107,8 | 112,3 | 186,7 | 549,7 |
Thüringen | 87,3 | 138,0 | 203,7 | 510,2 |
Saarland | 64,3 | 122,9 | 177,1 | 566,9 |
Bremen | 57,1 | 80,8 | 200,7 | 551,6 |
Sachsen | 87,2 | 122,3 | 188,9 | 490,8 |
Nordrhein-Westfalen | 70,9 | 86,6 | 214,5 | 486,8 |
Niedersachsen | 78,6 | 90,6 | 173,0 | 502,5 |
Rheinland-Pfalz | 73,7 | 72,9 | 196,7 | 495,9 |
Berlin | 21,5 | 106,9 | 169,4 | 539,6 |
Schleswig-Holstein | 83,5 | 83,5 | 165,8 | 485,3 |
Hamburg | 54,7 | 75,9 | 133,5 | 548,6 |
Hessen | 57,1 | 96,8 | 167,1 | 487,1 |
Bayern | 68,7 | 83,2 | 176,3 | 474,5 |
Baden-Württemberg | 63,9 | 67,6 | 163,5 | 454,3 |
Deutschland insgesamt | 71,4 | 90,5 | 184,1 | 494,9 |
Risikoprofil | prähospital oder am 1. Kliniktag Verstorbene | Herzinfarkterkrankte (Erstinfarkt) | prähospital oder am 1. Kliniktag Verstorbene | Herzinfarkterkrankte (Erstinfarkt) |
---|---|---|---|---|
Frauen | Männer | |||
Bluthochdruck | 70 | 81 | 67 | 73 |
gestörter Fettstoffwechsel | 50 | 78 | 46 | 76 |
KHK | 58 | 18 | 63 | 15 |
Angina pectoris | 36 | 18 | 38 | 15 |
Diabetes mellitus | 43 | 33 | 38 | 29 |
Schlaganfall | 13 | 10 | 13 | 7 |
aktuelle Raucher | 28 | 32 | ||
Nie-Raucher | 42 | 23 |