Fernreisen [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, 2001]
[Heft 2: Sterbebegleitung] [Heft 4: Armut bei Kindern und Jugendlichen] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]
Heft 3 - Gesundheitsprobleme bei Fernreisen in tropische und subtropische Regionen
aus der Reihe "Gesundheitsberichterstattung des Bundes"
Autoren: |
PD Dr. Klaus Stark
PD Dr. Gundel Harms Institut für Tropenmedizin und Charité , Humbold-Universität Berlin |
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Redaktion: |
Robert Koch-Institut
Gesundheitsberichterstattung Dr. Thomas Ziese (v.i.S.d.P.) Seestraße 10 13353 Berlin |
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Herausgeber: |
Robert Koch-Institut
(2001) |
Einleitung
Reisende in tropische und subtropische Regionen sind erhöhten Gesundheitsgefahren ausgesetzt.
Vor dem Hintergrund des wachsenden internationalen Reiseverkehrs und der steigenden Zahl berufsbedingter
Auslandsaufenthalte ist damit zu rechnen, dass diese reiseassoziierten Risiken zunehmen. Dabei kommt vor allem den
Infektionskrankheiten, verursacht durch bereits bekannte und neu entdeckte Erreger, zentrale Bedeutung zu. Häufig
handelt es sich um Erkrankungen wie den klassischen Reisedurchfall, der in der Regel einen unkomplizierten Verlauf nimmt,
aber dennoch für einige Zeit das Wohlbefinden und damit das Reiseerlebnis oder die Arbeitsfähigkeit erheblich
beeinträchtigen kann. Andere in warmen Ländern verbreitete Infektionserreger rufen schwere, unter Umständen
lebensbedrohliche Krankheiten wie Malaria, Virushepatitis, Gelbfieber oder Typhus hervor. Manche Infektionskrankheiten
existieren nur in bestimmten tropischen und subtropischen Regionen (z.B. Malaria, Bilharziose, Gelbfieber), andere
kommen weltweit vor, haben aber unter den klimatischen und teilweise eingeschränkten hygienischen Bedingungen bessere
Möglichkeiten sich auszubreiten.
In einigen Regionen hat sich die epidemiologische
Situation für bestimmte Infektionskrankheiten wie etwa die Malaria in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Die
potenziellen Gefahren, die insbesondere Reisen in entlegene tropische Gegenden in sich bergen, haben in dramatischer
Weise die beiden in Deutschland zu verzeichnenden Todesfälle von Gelbfieber (1999) bzw. Lassafieber (2000) verdeutlicht.
Aber auch die importierte Malaria fordert in Deutschland jedes Jahr mehrere Todesopfer. Prinzipiell sind die meisten
reiseassoziierten Infektionen durch gezielte prophylaktische Maßnahmen (Impfungen, Nahrungsmittelhygiene,
Malariaprophylaxe etc.) weitgehend verhütbar. Viele Reisende unterlassen jedoch die entsprechenden Maßnahmen, weil sie
nicht ausreichend informiert sind oder die Risiken vernachlässigen.
Neben den Infektionskrankheiten sind auch andere gesundheitliche Gefahren etwa durch
starke Sonneneinwirkung (Sonnenstich, Sonnenbrand) oder Herzkreislaufprobleme durch klimatische Belastungen vor allem
bei bestehenden Vorerkrankungen zu berücksichtigen. Erwähnenswert sind außerdem Unfälle im Reiseland und Thrombosen
(Verstopfung von Blutgefäßen) bei Langzeitflügen.
Die Reisemedizin wird in
Deutschland in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Dies betrifft die medizinische Ausbildung, die Datenerhebung und
Infektionsüberwachung sowie die Aufklärung, Beratung und Versorgung der Reisenden.
Reiseaktivität der
Bevölkerung Deutschlands
Die in Deutschland lebende Bevölkerung ist sehr reisefreudig. Nach einer repräsentativen
Erhebung der »Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen« haben die Einwohner Deutschlands im Jahre 1999 insgesamt 44,5
Millionen Urlaubsreisen unternommen, davon knapp die Hälfte in den europäischen Mittelmeerraum und die Türkei, und etwa
4 Millionen in subtropische und tropische Regionen. In der Mehrzahl der Fälle handelte es sich um Kurzzeitreisen von bis
zu 4 Wochen. Etwa ein Viertel der Reisen war selbst organisiert und erfolgte zum Teil unter sehr einfachen Bedingungen.
In der Reiseanalyse wurde auch untersucht, wie viele Personen in den letzten 3 Jahren als Touristen zum Teil mehrfach in
bestimmte Zielregionen gereist waren. Die Hochrechnungen auf die Gesamtbevölkerung Deutschlands ergeben folgende Zahlen.
Nach Schätzungen des Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienstes (BAD) reisen jährlich zusätzlich zu den
Touristen etwa 1,5 Millionen Menschen aus Deutschland aus beruflichen Gründen in Gebiete, in denen mit erhöhten
Infektionsrisiken für bestimmte tropenspezifische, aber auch weltweit vorkommende Erreger (wie z.B. enterotoxische
Kolibakterien, Salmonellen, Shigellen und Hepatitisviren) zu rechnen ist.
Tabelle 1
Reiseziele | Anzahl Reisende |
---|---|
Ägypten | 1,4 Mio. |
Ost- und Westafrika | 800.000 |
Südliches Afrika | 600.000 |
Karibik | 2 Mio.. |
Mexico | 800.000 |
Lateinamerika (ohne Mexico) | 800.000 |
Südostasien | 1 Mio.. |
Südasien (v.a. indischer Subkontinent) |
900.000 |
Fernostasien | 450.000 |
Spektrum und Häufigkeit von reiseassoziierten Gesundheitsproblemen
In einigen Industrienationen sind in den letzten Jahren Studien zu Erkrankungsrisiken bei Reisen in tropische und
subtropische Regionen durchgeführt worden. Zumeist handelte es sich um große, unselektierte Stichproben von
Flugpassagieren auf dem Rückflug aus bestimmten Urlaubsgebieten. Zwar sind die Daten nicht repräsentativ für alle
Reisende und Reiseländer. Sie liefern aber eine solide Basis, um die Häufigkeit und das Spektrum reiseassoziierter
Gesundheitsprobleme abschätzen zu können. Es zeigte sich, dass gesundheitliche Probleme während Reisen in warme Länder
ein ausgesprochen häufiges Phänomen darstellen. Die überwiegende Mehrheit (75%) der Reisenden aus Industrienationen
berichtete über gesundheitliche Beschwerden irgendwelcher Art, wobei es sich häufig um spontan ausheilende
Bagatellbeschwerden handelte. Jedoch geben in mehreren Untersuchungen in Abhängigkeit von Reiseziel und -dauer immerhin
zwischen 20 und 50% der Befragten an, unter einer stärkeren gesundheitlichen Beeinträchtigung gelitten zu haben.
Etwa 5% mussten im Reiseland einen Arzt aufsuchen und bei 0,4% wurde ein stationärer Krankenhausaufenthalt notwendig.
Die mit Abstand häufigsten Gesundheitsprobleme sind Durchfallerkrankungen (Reisedurchfall), die etwa bei einem Drittel
aller Reisenden auftreten. Die Häufigkeit variiert allerdings stark in Abhängigkeit von der Reiseregion. So liegt das
Risiko eines Reisedurchfalls bezogen auf zwei Wochen Reisedauer in Westafrika, Süd und Südostasien oder Zentralamerika
deutlich höher und erreicht teilweise Werte von über 50%. In einer groß angelegten Studie war bei 22% der in diesen
Regionen Erkrankten sogar von einer Darminfektion mit Fieber und/oder blutigen Durchfällen auszugehen. Stärker gefährdet durch Durchfallerkrankungen und andere, zum Teil schwerwiegende Erkrankungen (Malaria, Bauchtyphus, Hepatitis, Viruserkrankungen) sind Personen, die über längere Zeiträume unter einfachen Bedingungen unterwegs sind (Rucksacktouristen), wohingegen das Risiko bei kurzzeitigen Pauschalreisen in die Haupttouristengegenden deutlich geringer ist.
Die folgende Tabelle zeigt auf der Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Daten die geschätzte Häufigkeit bestimmter reiseassoziierter Gesundheitsprobleme und Infektionskrankheiten.
Tabelle 2
Art der Gesundheitsstörung | Häufigkeit pro Reisemonat |
---|---|
Durchfallerkrankung | 20 bis 65% |
Akute fieberhafte Atemwegserkrankung |
1,5% |
Malaria (Westafrika, ohne Medikamentenprophylaxe) |
2% |
Hepatitis A | 0,3% |
Sexuell übertragbare Infektion (Gonorrhoe etc.) davon HIV |
0,2% 0,01% |
Bisse von Tieren mit Tollwutrisiko | 0,2% |
Hepatitis B | 0,08% |
Typhus abdominalis (Bauchtyphus)
Indischer Subkontinent, einzelne Länder Nord-/ West-Afrikas und Südamerikas Andere Regionen |
0,03% 0,003% |
Unter den Infektionskrankheiten sind vor allem die Malaria (vgl. auch Abbildung 1), akute Atemwegsinfektionen, die fäkaloral übertragenen Erkrankungen Hepatitis A und Bauchtyphus, aber auch sexuell übertragbare Infektionen zu berücksichtigen. Während die meisten Gesundheitsprobleme und Erkrankungen infektionsbedingt sind, spielen die Infektionserreger als Ursache für
Todesfälle, die während Reisen auftreten, nur eine untergeordnete Rolle.
Wie die Daten aus den großen tropenmedizinischen Ambulanzen in Deutschland zeigen, stellt sich der größte Teil der
Patienten (40 bis 60%) wegen Durchfall und anderen Darmbeschwerden vor, die während oder nach der Reise aufgetreten sind.
Bei etwa 20% der Patienten ist Fieber der Anlass der Konsultation, und bei etwa 15% bestehen Hautprobleme
(z.B. infizierte Insektenstiche, Hautausschläge).
Eine definitive tropenspezifische bzw. infektiologische Erkrankung kann bei etwa 30% der Patienten diagnostiziert werden
(Durchfall mit Nachweis von spezifischen Erregern, Malaria, spezifische Viruskrankheiten). Bei den übrigen Patienten
bestehen zumeist nur kurzdauernde Gesundheitsprobleme, bei denen ein Erregernachweis nicht mehr möglich ist oder auf
eine intensive Diagnostik verzichtet werden kann.
Reiseassoziierte Todesfälle
Die Wahrscheinlichkeit, während einer Reise in warme Länder zu sterben, ist gering. So beträgt die Mortalität
bezogen auf alle Reisenden etwa 1/100.000. In höheren Altersgruppen und bei vorbestehenden Erkrankungen wie
Bluthochdruck oder Diabetes mellitus steigt das Risiko beträchtlich an. In den entsprechenden Studien sind mit bis zu
70% der Todesfälle Herz-Kreislauf-Erkrankungen (vor allem Herzinfarkt) die häufigste Todesursache. Reisende mit
kardiovaskulären oder anderen Vorerkrankungen sind unter Reisebedingungen wie Hitze, vermehrte körperliche Anstrengung
oder mangelnde Flüssigkeitszufuhr stärker gefährdet. Bei bestimmten Vorerkrankungen ist das Risiko einer Reise nach
Konsultation des behandelnden Arztes und eines Tropenmediziners genau abzuwägen. In jedem Fall ist eine vorherige
Tropentauglichkeitsuntersuchung sinnvoll.
Ein relativ großer Anteil der Todesfälle (etwa 25%) ist durch Unfälle bedingt, wobei vor allem Verkehrsunfälle, aber
auch Bade und Tauchunfälle eine Rolle spielen. Diese Todesursachen betreffen überproportional häufig jüngere Reisende.
Bei berufsbedingten Auslandsaufenthalten stehen Unfälle an erster Stelle der Ursachen für Todesfälle oder vorzeitige
Rückkehr ins Heimatland. Zum Thema »Unfälle in Reiseländern« ist eine verstärkte Aufklärung der Reisenden durch
Reiseveranstalter und Ärzte notwendig. Soweit möglich sollte vor allem in Entwicklungsländern vor längeren
Überlandfahrten der Zustand von Reisefahrzeugen (insbesondere auch von Mietfahrzeugen, Motorrädern etc.) unter dem
Sicherheitsaspekt sorgfältig überprüft werden. Fahrten bei Nacht sind zu vermeiden und Sicherheitsgurte oder
Motorradhelme sollten unbedingt angelegt werden.
Infektionskrankheiten sind im
Durchschnitt nur für etwa 2% der reiseassoziierten Todesfälle verantwortlich.
Datenquellen zur Häufigkeit einzelner importierter Infektionskrankheiten in Deutschland
Es existieren verschiedene Datenquellen zu
importierten Infektionskrankheiten. Dabei sind insbesondere zu nennen: Statistik der meldepflichtigen, übertragbaren
Krankheiten (Robert Koch-Institut), Krankenhausdiagnosenstatistik (Statistisches Bundesamt), Daten der Tropeninstitute,
Infektionsabteilungen und niedergelassenen Tropenmediziner zum Diagnosenspektrum der behandelten Patienten.
Eine wichtige Daten und Informationsquelle stellt die Statistik der meldepflichtigen, übertragbaren Krankheiten dar,
die beim Robert Koch-Institut nach dem Bundesseuchengesetz und seit dem 1.1.2001 nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG)
geführt und ausgewertet wird. Die Statistik weist allerdings gewisse Lücken auf, da unter den importierten
Infektionskrankheiten vor allem diejenigen meldepflichtig sind, die aufgrund ihrer Übertragungswege eine besondere
Gefährdung der Bevölkerung in Deutschland bedeuten. Leider wird bei einigen Krankheiten ein erheblicher Teil der Fälle
nicht gemeldet. Es ist davon auszugehen, dass sich mit dem IfSG das Meldeverhalten der Ärzte aufgrund verstärkter
Aufklärung über Sinn und Zweck der Meldungen und schneller Information der Ärzte über Veränderungen der epidemiologischen Situation bei einzelnen Krankheiten verbessern wird. Mit dem Inkrafttreten des IfSG wird die Liste der meldepflichtigen Erreger erweitert und die Datenerhebung detaillierter. Insbesondere werden für einige Infektionen umfassendere Informationen über Reiseländer und relevante Risikoverhaltensweisen erhoben.
Als eine weitere Datenquelle zur Häufigkeit importierter Infektionskrankheiten ist prinzipiell die Diagnosenstatistik der Krankenhäuser nutzbar. Von allen vollstationär versorgten Patienten in Deutschland werden die Entlassungsdiagnosen entsprechend der internationalen Klassifikation der Krankheiten (
International Classification of Diseases
in der 10. Fassung) an das Statistische Bundesamt gemeldet. Diese Statistik hat den Vorteil, dass für jeden Patienten ein entsprechender Meldebogen ausgefüllt werden muss. Allerdings sind erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten angebracht.
Eine Analyse der Daten ergibt selbst dann,
wenn man eine gewisse Überschätzung der Patientenzahlen aufgrund von Mehrfachmeldungen berücksichtigt, für einige
Tropenkrankheiten (z.B. Leishmaniose, Afrikanische Trypanosomiasis (Schlafkrankheit), Rickettsiosen (Fleckfieber)) im
Vergleich zu den Daten der tropenmedizinischen und infektiologischen Fachabteilungen unrealistisch hohe Fallzahlen.
Bei einem Teil der entsprechenden Meldungen handelt es sich offensichtlich um Fehlklassifikationen. Eine weitere
Schwäche liegt darin, dass keinerlei Angaben zur Reiseanamnese und zu Risikofaktoren verfügbar sind. Hier wären nach
Vorliegen erster Erfahrungen mit dem IfSG Studien zur wissenschaftlichen Verwertbarkeit der Diagnosenstatistik
empfehlenswert.
Jedes Jahr werden in Deutschland alleine in den spezialisierten
Abteilungen für Tropen und Infektionsmedizin der Tropeninstitute und Krankenhäuser etwa 20.000 bis 25.000 Reiserückkehrer
im Anschluss an Reisen in tropische und subtropische Regionen untersucht. In diesen Einrichtungen werden Daten zum
Krankheitsspektrum, zu den diagnostizierten Krankheiten und zu den möglichen Ansteckungsrisiken erhoben. Leider ist die
Sammlung und Dokumentation dieser Daten teilweise recht lückenhaft, wie eine eigene Umfrage bei den maßgeblichen
Institutionen gezeigt hat. Dennoch liefern die routinemäßig vorhandenen Daten wertvolle Hinweise auf Häufigkeit und Art
der reiseassoziierten Infektionskrankheiten.
Inzwischen wurde unter Koordination
des Tropeninstituts in München ein europäisches Netzwerk klinischer Zentren mit infektiologischem und
tropenmedizinischem Schwerpunkt (TropNetEurop) zur besseren Erfassung importierter Infektionskrankheiten etabliert. Dies
stellt einen wichtigen Schritt auf dem Wege zu einer verbesserten systematischen Krankheitsüberwachung (Surveillance)
dar.
Insgesamt besteht aber für Deutschland die klare Notwendigkeit einer weiterhin
verbesserten Surveillance, die nicht nur die Tropeninstitute,sondern auch die betroffenen Infektionsabteilungen und
niedergelassenen Ärzte einschließt. Darüber hinaus sind gezielte epidemiologische Studien zu Häufigkeit und
Risikofaktoren bestimmter Infektionskrankheiten sowie zum Risikoverhalten der Reisenden wünschenswert.
Ausgewählte Krankheiten
Im folgenden werden Krankheiten dargestellt, die aufgrund ihrer Häufigkeit oder ihres besonderen
Gefährdungspotenzials bei Reisen in tropische und subtropische Regionen die größte Bedeutung haben.
Reisedurchfall
Der Reisedurchfall ist gekennzeichnet durch mehrmals täglich auftretende Stuhlentleerungen, häufig assoziiert mit
Übelkeit, Erbrechen und krampfartigen Bauchbeschwerden und insbesondere bei den invasiven Formen, d.h., wenn der Erreger
die Barriere der Darmschleimhaut überwindet, auch mit Fieber. Die Krankheitsschwere reicht von milden, spontan
ausheilenden Verläufen bis zu schweren Formen, die neben einer spezifischen antibiotischen Therapie auch Elektrolyt und
Flüssigkeitsinfusionen erforderlich machen, und unter Umständen tödlich enden können.
In diversen Studien litten etwa ein Drittel der Reisenden in tropischen und subtropischen Regionen an Durchfällen und
ein Drittel der so Erkrankten war kurzfristig reiseunfähig. Das Erkrankungsrisiko variiert in Abhängigkeit von
Reisezielen und Reiseart (Rucksacktourismus). Die Erreger werden auf fäkaloralem Wege in der Regel durch kontaminierte
Nahrungsmittel oder Getränke übertragen. Das Erregerspektrum umfasst Bakterien, Viren und Parasiten und ist abhängig vom
Reiseland.
Der Reisedurchfall wird zu 60 bis 80% von Bakterien (die wichtigsten Erreger sind enterotoxische Escherichia coli, Shigellen,
Salmonellen, Campylobacter jejuni), zu 5 bis 10% von Parasiten (Giardia lamblia, Entamoeba histolytica/dispar etc.) und zu
etwa
5-20% von Viren (Rotavirus, Caliciviren) verursacht.
In einer jüngeren Untersuchung
bei über 67.000 näherungsweise repräsentativ ausgewählten Reisenden in die Länder Brasilien, Indien, Jamaika und Kenia
lag die Häufigkeit
von Durchfall-Attacken bei Reisenden nach Indien und Kenia bei über 50%, bei Reisenden nach Jamaika und Brasilien
hingegen bei
12% bzw. 5%. Unter den Durchfallpatienten in Indien waren 46% stark in den Urlaubsaktivitäten eingeschränkt. Ärztliche
Hilfe
während der Reise benötigten zwischen 17% (Brasilien) und 7% (Jamaika) der Durchfallpatienten.
Bei unkompliziertem Verlauf dauert der Reisedurchfall etwa 3 bis 5 Tage, jedoch können insbesondere die
parasitenbedingten Durchfallerkrankungen über mehrere Wochen anhaltende Beschwerden verursachen. Nach Angaben der
großen tropenmedizinischen Einrichtungen in Deutschland gelingt ein Erregernachweis bei etwa einem Drittel der
Patienten mit Durchfällen. Bei anhaltenden Durchfällen ist vor allem an Lamblien (Giardia lamblia) zu denken,
die immerhin bei etwa einem Drittel der in den Tropeninstituten untersuchten Durchfallpatienten mit Erregernachweis
gefunden werden. Infektionen mit G. lamblia treten signifikant häufiger auf bei längerer Reisedauer und insbesondere
bei Reisen auf dem Indischen Subkontinent und in Westafrika. Nicht selten wird auch eine Infektion mit Entamoeba
histolytica diagnostiziert, die in ihrer klassischen Form als Amöbenruhr mit blutigschleimigen Durchfällen verläuft
und als seltene Komplikation einen Amöbenleberabszess verursachen kann. Da viele Durchfallerkrankungen spontan
abklingen, kann nicht immer ein Erreger identifiziert werden.
Die Shigellenruhr ist mit 1.610 im Jahre 1999 gemeldeten Fällen eine in Deutschland relativ häufige Infektionskrankheit.
Die Meldezahlen waren in den letzten Jahren relativ stabil. Leider liegen nähere epidemiologische Angaben zum Einzelfall
nur aus den neuen Bundesländern und Berlin vor. 86% der dort gemeldeten Fälle hatten ihren Ursprung in anderen Ländern
(Ägypten: 120, Tunesien: 115, Dominikanische Republik: 31, Türkei: 30, Balkanländer: 26).
Der Reisedurchfall ist theoretisch durch geeignete Maßnahmen bei der Lebensmittelaufnahme vermeidbar. Es gilt die
Grundregel »
Boil it, peel it, or forget it
« (Koche es, schäle es oder vergiss es). In der Praxis zeigt sich jedoch,
dass nur eine Minderheit von maximal 5% der Reisenden bereit oder in der Lage ist, konsequent strenge
Ernährungsmaßregeln zu befolgen. In der oben erwähnten Studie hatten je nach Reiseland nur zwischen 0,5% und 3,3% aller
Reisenden keine potenziell risikobehafteten Speisen und Getränke zu sich genommen. Die Gefahr eines Reisedurchfalls
steigt mit der Anzahl der Ernährungsfehler deutlich an. Der Reisende kann das Risiko deutlich reduzieren, indem er auf
Hochrisikonahrung und getränke wie beispielsweise Leitungswasser, Eiswürfel, unzureichend gegarte Meeresfrüchte und
Fleisch, Salate, sowie Speisen aus Straßenküchen verzichtet.
Malaria
Der Malaria kommt unter den
reiseassoziierten Infektionskrankheiten besondere Bedeutung zu. Die gefährlichste Variante Malaria tropica kann
innerhalb kurzer Zeit tödlich enden, falls sie nicht oder inadäquat behandelt wird. Es existieren jedoch gut wirksame
prophylaktische Maßnahmen und bei rechtzeitigem Beginn einer geeigneten Therapie ist auch nach Ausbruch der Erkrankung
eine Heilung immer möglich. In der Prophylaxe stehen neben den moskitoabwehrenden Methoden eine Reihe von Medikamenten
zur Verfügung, die vor, während und noch einige Zeit nach der Reise eingenommen werden müssen. Die Auswahl der richtigen
Medikamente für den Reisenden muss von erfahrenen Ärzten unter Berücksichtigung von Reiseziel, Reisedauer, lokalen
epidemiologischen Bedingungen für die Malariaübertragung, Resistenzsituation und Vorerkrankungen getroffen werden.
In einigen Regionen der Erde hat sich die Malariasituation in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Der Erreger
ist in wachsendem Maße in bisher nicht oder nur sporadisch betroffene Gebiete eingedrungen, etwa in bestimmte
Siedlungsbereiche großer Städte (urbane Malaria), in klassische Tourismusressorts an der Küste oder in Höhenlagen auch
über 1.500 m. Außerdem ist vielerorts eine zunehmende Resistenz der Erreger gegen bisher wirksame
Antimalaria-Medikamente zu registrieren. Ein Teil der Erreger ist inzwischen gegen mehrere Medikamente resistent
(Multiresistenz). In stark belasteten Gebieten kann sich die Resistenz gegen neue Medikamente innerhalb weniger Jahre
entwickeln, wie die ausgedehnte Verbreitung der Mefloquin(Lariam(r)) Resistenz in
bestimmten Gegenden Thailands und Kambodschas zeigt. Glücklicherweise liegen diese Multiresistenz-Gebiete gegenwärtig
noch fernab der üblichen Touristenpfade. Eine sorgfältige, individuell angepasste Beratung zur Malariaprophylaxe ist
für alle Reisenden in malariagefährdete Gebiete unverzichtbar. In der Regel kommt man dabei ohne eine medikamentöse
Prophylaxe zusätzlich zu moskitoabwehrenden Maßnahmen nicht aus.
Die amtliche Meldestatistik der nach Deutschland importierten und hier diagnostizierten und therapierten Malariafälle
erlaubt eine relativ gute epidemiologische Charakterisierung. Allerdings lässt sie zwangsläufig die schon während der
Reise aufgetretenen und behandelten Malariaerkrankungen unberücksichtigt. Das Gesamterkrankungsrisiko bei Reisen in
Malariaendemiegebiete kann somit nur geschätzt werden.
Auf der Basis der verfügbaren
Daten lässt sich das Malariarisiko bei inadäquater Malariaprophylaxe (keine oder ineffiziente medikamentöse Prophylaxe,
unzureichende Moskitoschutzmaßnahmen) pro Monat Reisedauer in Endemiegebieten orientierend einschätzen (Tabelle 3).
Das Risiko kann örtlich und jahreszeitlich stark variieren.
Tabelle 3
Reiseregion | Häufigkeit pro Reisemonat |
---|---|
Tropisches Afrika | 1/50 bis 1/500 |
Indien | 1/1.000 bis 1/2.000 |
Südostasien | 1/1.000 bis 1/4.000 |
Zentralamerika | etwa 1/10.000 |
Südamerika | etwa 1/5.000 |
In einzelnen Ländern Westafrikas liegt das Risiko einer Malariaerkrankung für Reisende ohne medikamentöse
Prophylaxe bei bis zu 2% pro Reisemonat.
Die Gesamtzahl der jährlich nach
Deutschland importierten und gemeldeten Malariafälle bewegte sich in den letzten 10 Jahren zwischen 800 und 1.000.
Im Jahr 1999 wurden in der Meldestatistik auf der Basis des Bundesseuchengesetzes 931 Fälle erfasst. Darüber hinaus
muss von einer gewissen Anzahl nicht gemeldeter Malariaerkrankungen ausgegangen werden. In der bundesweiten
Diagnosenstatistik aller Krankenhäuser in Deutschland für das Jahr 1998 tauchen 1.864
Malariafälle auf im Vergleich zu 1.008 Fällen in der Meldestatistik. Da die Aussagekraft der Krankenhausstatistik aus
den weiter oben genannten Gründen eingeschränkt ist, dürfte die tatsächliche Anzahl der importierten Malariaerkrankungen
näher bei der in der Meldestatistik des Robert Koch-Instituts ausgewiesenen Zahl liegen.

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Der überwiegende Teil der Malaria-Erkrankungen wurde in Afrika erworben (80%), gefolgt von Asien (9%), Lateinamerika (5%) und Ozeanien (2%). Die Reiseländer, in denen es am häufigsten zu Infektionen kam, waren Kenia, Ghana, Gambia, Nigeria und Kamerun.
Tabelle 4
Reiseziele | Anzahl der Fälle |
---|---|
Afrika
Kenia Ghana Nigeria Kamerun Gambia Togo Elfenbeinküste |
964 782 430 240 220 141 138 |
Ozeanien
Papua-Neuguinea |
103 |
Europa
Türkei |
68 |
Asien
Indien Indonesien Pakistan Thailand Sri Lanka Afghanistan Philippinen |
205 127 81 64 48 16 16 |
Amerika
Dominikanische Republik Brasilien Ecuador Mexiko Nicaragua |
39 26 17 16 16 |
Für die Reisemedizin waren 1999 gewisse epidemiologische Entwicklungen bedeutsam. Eine Reihe von Erkrankungen an Malaria tropica traten bei Reisenden in die klassischen Touristengebiete im Südosten der Dominikanischen Republik auf, die bisher und inzwischen wieder als malariafrei gelten. Verschärft hat sich die Situation in einigen Ländern Westafrikas. Reisende insbesondere nach Gambia und Senegal infizieren sich zunehmend in den Küstenregionen, in denen das Malariarisiko bisher als gering eingeschätzt wurde. Diese Entwicklungen unterstreichen die Notwendigkeit eines zuverlässigen, reaktionsfähigen Infektionsüberwachungssystems in Deutschland, das auch die schnelle Anpassung von Prophylaxe-Empfehlungen an veränderte epidemiologische Gegebenheiten erlaubt (IfSG, TropNetEurop).
Bei 80% der im Jahr 1999 gemeldeten 931 Fälle und bei 87% der Fälle aus Afrika handelte es sich um die
lebensbedrohliche Malaria tropica. 20 Patienten sind trotz zum Teil intensiver therapeutischer Bemühungen verstorben,
was bezogen auf alle Fälle mit Malaria tropica einem Anteil von immerhin 2,7% entspricht. Diese Letalitätsrate blieb im
Zeitraum der letzten Jahre relativ konstant. Aufgrund einer gewissen Dunkelziffer nicht gemeldeter, leicht verlaufender
Malariafälle liegt die tatsächliche Malarialetalität in Deutschland etwas niedriger. Dennoch sind die Sterbefälle
angesichts der prinzipiellen Verhütbarkeit der Malaria bzw. ihrer effizienten Therapierbarkeit im frühen Stadium nicht
akzeptabel. Eine entscheidende Ursache für die Letalität liegt im Zeitverzug zwischen Beginn der Symptome, bei denen in
aller Regel Fieber im Vordergrund steht, und der Einleitung einer wirkungsvollen Behandlung. Häufig haben die Patienten
selbst die ersten Symptome nicht ernst genommen und zu spät medizinische Hilfe gesucht oder die behandelnden Ärzte nicht über ihre Reise in ein Malariarisikogebiet informiert. Mit einer Ausnahme einer tödlich verlaufenden Malaria bei einem Urlauber in der Dominikanischen Republik und Haiti, wurden die letalen Malariaerkrankungen in Afrika und dabei insgesamt 11 mal in Kenia erworben. Über zwei Drittel der Malariapatienten hatten sich zwischen einer und vier Wochen im Risikogebiet aufgehalten. Den größten Teil der Erkrankten machten Urlauber aus, während 17% die Malaria während beruflich bedingter Reisen erworben hatten. Ein besonderes Problem stellen ausländische Reisende dar, die seit mehreren Jahren in Deutschland leben und aus touristischen, familiären oder beruflichen Gründen wieder einige Zeit in ihrem ursprünglichen Heimatland verbringen. Diese Personen neigen dazu, das Malariarisiko zu unterschätzen, da sie früher eine Teilimmunität gegen die Malaria entwickelt hatten, die sie aber während ihres Aufenthaltes in Deutschland verloren haben.
Bei etwa 90% der Malariapatienten sind Daten
über durchgeführte vorbeugende Maßnahmen verfügbar. Eine sogenannte Expositionsprophylaxe (mückenabwehrende Maßnahmen)
wurde von den Patienten kaum praktiziert. Nur 7% der Erkrankten hatten Moskitonetze verwendet, 5% benutzten Repellentien (mückenabwehrende Substanzen zum Einreiben der unbedeckten Hautpartien), und 6% beide Methoden. Erschreckend hoch ist mit 61% der Anteil der Patienten, die keinerlei medikamentöse Prophylaxe durchgeführt hatten. Von denjenigen mit einer solchen Prophylaxe hatten nur 14% die empfohlenen Medikamente regelmäßig eingenommen. Bei einem Teil der Patienten waren die Medikamente der Resistenzsituation nicht optimal angepasst. In Deutschland wird die Malaria zumeist in der ersten Woche nach Auftreten der Symptome diagnostiziert und behandelt, jedoch war in einzelnen Fällen der Zeitverzug deutlich länger und bedeutete eine erhebliche Gefährdung des Patienten.
Diejenigen Malariaerkrankungen, die bereits während der Reise auftraten und wirksam behandelt wurden, tauchen in keiner Meldestatistik auf. Eine Abschätzung des Expositionsrisikos ist durch den Nachweis von Antikörpern gegen den Malariaparasiten im Blut von Reisenden möglich. Nach Reisen in Malariaendemiegebiete lag der
Anteil der Personen, die entsprechende Antikörper aufwiesen und damit Kontakt mit dem Erreger hatten ohne in jedem
Falle zu erkranken, bei bis zu 5%. Deutlich höhere Werte wurden bei Rucksacktouristen in afrikanischen Ländern
beobachtet.
Impfpräventable Erkrankungen
1
Gegen einige Infektionskrankheiten, die in warmen Ländern gehäuft auftreten, existieren wirksame, gut verträgliche Impfungen (Tabelle 5).
Grundsätzlich sind Fernreisen eine gute Gelegenheit, den Impfschutz zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren.
Dies gilt für alle von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) generell oder für spezielle
Risikogruppen (z.B. die Influenza- und die Pneumokokken-Schutzimpfung bei >60jährigen und Personen mit bestimmten
Grundkrankheiten) empfohlenen Impfungen. Besonders erwähnenswert ist der Tetanus-Diphtherie-Impfschutz der Erwachsenen
sowie die Impfung von Kindern und Jugendlichen gegen MMR (Masern, Mumps, Röteln). Eine Influenza-Impfung sollte auch
vorgenommen werden, wenn im Reiseland eine Epidemie bekannt ist.
In den letzten
Jahren sind nur vereinzelte Fälle von Diphtherie und Polio (Poliomyelitis, Kinderlähmung) nach Deutschland importiert
worden. In vielen tropischen und subtropischen Ländern sind die Erreger aber immer noch verbreitet; ein ausreichender
Impfschutz gegen diese Krankheiten ist daher für alle Reisenden in solche Gebiete notwendig. Die Polio-Infektionsgefahr
bei Reisen in Risikoregionen (z.B. Südostasien und Afrika) wird auf 20/1.000.000 geschätzt. Auch in Gegenden, die
bereits als poliofrei gelten, kann bei unzureichender Impfung der einheimischen Bevölkerung die Infektion aufflackern,
wie das Beispiel der im Jahr 2000 von Mutanten des Impfvirus verursachten Poliofälle in Haiti und der Dominikanischen
Republik zeigt. In einigen Ländern des tropischen Afrika und Südamerikas stellt das durch bestimmte Moskitoarten
übertragene Gelbfiebervirus eine Bedrohung für Reisende dar. Da die Erkrankung nicht selten tödlich verläuft, sollten
Reisende in entsprechende Endemiegebiete unbedingt geimpft werden. Der einzige in Deutschland dokumentierte Erkrankungs-
und Sterbefall trat 1999 auf bei einem ungeimpften Patienten, der sich in Westafrika aufgehalten hatte. Die Impfung wird
nur in Gelbfieberimpfstellen durchgeführt, die von den zuständigen Behörden der jeweiligen Bundesländer autorisiert
werden.
Bei Reisen in tropische und subtropische Regionen besteht ein nicht zu
unterschätzendes Risiko einer Hepatitis A (Gelbsucht). Das Virus wird wie die Erreger des Reisedurchfalls unter
ungünstigen hygienischen Bedingungen fäkal-oral durch erregerhaltige Speisen und Getränke übertragen. In der
wissenschaftlichen Literatur wird das Risiko bei Kurzzeitreisen (Dauer bis 3 Wochen) in warme Länder mit 1 bis 10/1.000
ungeimpfte Reisende angegeben. Bei Reisen unter sehr einfachen Bedingungen und mit vernachlässigter Ernährungshygiene
kann das Risiko auf 20/1.000 ansteigen. Nach begründeten Schätzungen werden bis zu 50% der in Deutschland jährlich
auftretenden ca. 30.000 Erkrankungen an Hepatitis A im Ausland erworben. Die Hepatitis A zählt damit zu den häufigen
reiseassoziierten Infektionskrankheiten und eine Immunisierung ist für die meisten Reisenden empfehlenswert.
Das Risiko einer Hepatitis-B-Virus-Infektion, die auf dem Blutwege (z.B. durch Bluttransfusion, Tätowierung,
Piercing
,
kontaminierte medizinische Instrumente bei notwendiger Behandlung im Reiseland) oder durch sexuelle Kontakte
übertragen wird, ist für Kurzzeitreisende eher gering. Die Erkrankung ist dennoch von Bedeutung, da sie bei 5 bis 10%
der Patienten chronisch verläuft und in vielen Ländern ein hoher Bevölkerungsanteil Virusträger ist. Mit länger
dauerndem Aufenthalt und möglicher beruflicher Exposition erhöht sich das Infektionsrisiko beträchtlich. So haben
sich beispielweise Anfang der 90er Jahre 11% von ungeimpften US-amerikanischen Entwicklungshelfern in Afrika innerhalb
der ersten zwei Jahre infiziert. Die Hepatitis-B- Impfung ist somit vor allem für Personen mit Langzeitaufenthalten in
Risikogebieten und bei sexuellen Übertragungsrisiken empfehlenswert. Diese Indikationen treffen auch auf jüngere
Reisende zu, die aber häufig vor den hohen Kosten der Impfung zurück schrecken. Seit 1995 wird die
Hepatitis-B-Schutzimpfung für Kinder und Jugendliche von der STIKO allerdings generell empfohlen und von den
Krankenkassen für diese Altersgruppe grundsätzlich auch finanziert. Es existieren ebenfalls geeignete
Kombinationsimpfstoffe gegen Hepatitis A und B.
Die Wahrscheinlichkeit einer
reiseassoziierten Erkrankung an Typhus oder Paratyphus liegt in Entwicklungsländern allgemein bei etwa 4/100.000,
kann aber bei Personen, die unter einfachen Bedingungen nach Indien oder West- und Nordafrika gereist sind, immerhin
auf 30/100.000 ansteigen. Im Jahre 1999 wurden in Deutschland insgesamt 193 Fälle (1998: 137) von Typhus oder Paratyphus
an das RKI gemeldet (Typhus 109, Paratyphus 84). Diese Zahlen unterschätzen sicher die Erkrankungshäufigkeit, da alle
während der Reise aufgetretenen und behandelten Fälle unberücksichtigt bleiben. 87% der Typhus-Fälle wurden im Ausland
erworben, und zwar am häufigsten in der Türkei (20) , Pakistan (15), Indien (13) und Tunesien (9). Bezogen auf die
letzten vier Jahre stammte fast die Hälfte der in Deutschland aufgetretenen Typhus-Erkrankungen aus Asien
(164 von 352 Fällen), ein weiteres Fünftel aus Afrika (71 Fälle). Fokale Krankheitsausbrüche kommen immer wieder vor,
wie etwa das Beispiel eines Ausbruchs in der Westtürkei im Sommer 1999 zeigt. Die verfügbaren Schutzimpfungen gegen
Typhus bieten eine Wirksamkeit von 60 bis 80% und werden als Schluckimpfung und in injizierbarer Form angeboten. Eine
Impfung wird bei länger dauernden Reisen unter einfachen Bedingungen empfohlen.
Die Cholera kommt bei Reisenden selbst während Cholera-Epidemien in den entsprechenden Ländern äußerst selten vor.
Die Erkrankungswahrscheinlichkeit beträgt höchstens 1/500.000. Angesichts des geringen Risikos, der unzureichenden
Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen der verfügbaren Impfstoffe ist eine Impfung nur vertretbar, wenn es die
Einreisebestimmungen verlangen. Im Jahr 1999 wurden in Deutschland 3 importierte Fälle gemeldet, zwei Fälle aus Indien,
einer aus Pakistan. Eine Weiterverbreitung des Erregers in Deutschland durch fäkal-orale Übertragung ist zwar möglich,
fand aber nicht statt.
Gut wirksame Impfstoffe sind gegen die durch Meningokokken
der Gruppe A und C verursachte Meningitis ( Hirnhautentzündung), die Japanische B Encephalitis (Hirnentzündung) und
die Tollwut verfügbar. Die Impfindikation orientiert sich an den spezifischen Reisebedingungen. Impfungen gegen
Meningokokken sind beispielsweise bei Reisen während der Trockenzeit (Wintermonate) in Länder des Meningitisgürtels
sinnvoll, in denen immer wieder Epidemien grassieren. Der sogenannte Meningitisgürtel erstreckt sich von der arabischen
Halbinsel in einem breiten, südlich der Sahara verlaufenden Band bis ins äußerste Westafrika. Für Mekka-Pilger ist sie
eine Voraussetzung für die Einreise nach Saudi-Arabien.
Die Japanische B
Encephalitis kommt vor allem in bestimmten landwirtschaftlichen Gebieten (Reisanbau) Süd- und Südostasiens vor. Für den
Durchschnittstouristen ist das Infektionsrisiko jedoch als sehr gering einzuschätzen (kleiner als 1/1.000.000), so dass
die Impfung nur in Einzelfällen erforderlich ist. Anders kann sich die Situation bei Personen mit Langzeitaufenthalt in
gefährdeten Regionen (Entwicklungshelfer, Militär) darstellen. In einer US-amerikanischen Untersuchung betrug das Risiko
für Militärpersonal in einem ländlichen Endemiegebiet immerhin 1/5.000 pro Monat Expositionsdauer.
Die Tollwut (Rabies) wird durch den Biss infizierter Tiere übertragen. In Entwicklungsländern spielen dabei streunende
Hunde die entscheidende Rolle. Das Infektionsrisiko ist zwar insgesamt gering, jedoch wegen des ausnahmslos letalen
Verlaufes nach Ausbruch der Erkrankung nicht zu vernachlässigen. Bei etwa 0,2-0,4% der Reisenden in Entwicklungsländer
ist mit einer Verletzung durch einen Tierbiss zu rechnen. Im Verletzungsfall bei nicht auszuschließendem Tollwutverdacht
beim Tier ist so schnell wie möglich eine postexpositionelle Impfung einzuleiten, die bei frühzeitigem Beginn
zuverlässig wirksam ist. Falls die Impfung zunächst versäumt wurde, ist sie auch zu einem späteren Zeitpunkt generell
noch sinnvoll. Eine präexpositionelle Impfung empfiehlt sich bei länger dauerndem Aufenthalt in Ländern mit hohem
Tollwut-Risiko. Sie kann auch bei Kurzzeitreisenden sinnvoll sein, falls im Reiseland selbst kein adäquater Impfstoff
verfügbar ist und/oder bei unzureichender medizinischer Versorgung selbst für Touristen.
Impfschutz und Infektionsprophylaxe
2
Durch adäquate
prophylaktische Maßnahmen lässt sich das Risiko reiseassoziierter Infektionskrankheiten deutlich reduzieren. Die Säulen
der Infektionsprophylaxe sind ein ausreichender Impfschutz, die Einhaltung bestimmter Regeln bei der Aufnahme von
Speisen und Getränken und eine effiziente Malariaprophylaxe. Diverse Studien belegen, dass die entsprechenden Maßnahmen
von vielen Reisenden vernachlässigt werden.
Nach Ergebnissen des
Bundesgesundheitssurveys (einer repräsentativen Erhebung bei in Deutschland lebenden Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren)
gaben 11% der Befragten an, in den letzten 3 Jahren Fernreisen nach Asien (ohne Türkei), Afrika oder Süd- und
Mittelamerika unternommen zu haben. Drei Viertel der Reisenden waren Pauschaltouristen. Zwar wiesen Reisende im
Vergleich zu Nicht-Reisenden signifikant häufiger einen Impfschutz gegen Tetanus und Polio auf, dennoch war der a
ktuelle Impfschutz mit 76% für Tetanus und 51% für Poliomyelitis unbefriedigend. Obwohl das Risiko für diese
Infektionen bei den Durchschnittstouristen relativ gering ist, muss aufgrund des potenziell schweren Krankheitsverlaufes
eine Verbesserung der Immunitätslage angestrebt werden. Noch gravierender sind die Defizite bei den Impfungen gegen
Hepatitis A und Gelbfieber. Nur 38% der Reisenden waren gegen Hepatitis A geimpft, obwohl diese Impfung bei Reisen in
die oben aufgeführten Regionen grundsätzlich empfohlen wird (Empfehlungen der STIKO). Ein Impfschutz gegen Gelbfieber
bestand sogar nur bei 31% der Reisenden in die entsprechenden Endemiegebiete. Selbst wenn man aufgrund einer gewissen
Unzuverlässigkeit dieser Selbstangaben der Befragten eine Unterschätzung des tatsächlichen Durchimpfungsgrades annimmt,
ist die Situation unbefriedigend und muss verbessert werden.
Der Anteil der
Reisenden, der in Risikogebieten eine konsequente medikamentöse Malariaprophylaxe durchgeführt hatte, war mit 31%
ebenfalls unzureichend. Zwar genügt es für einige Gebiete mit relativ niedrigem Infektionsrisiko, neben der stets
erforderlichen Expositionsprophylaxe zusätzlich ein Notfallmedikament zur wirksamen Malaria-Behandlung in der
Reiseapotheke zu haben (»
Stand-by
Prophylaxe«), doch sogar in ausgewiesenen Hochrisikogebieten wie Kenia führen
manche Touristen keine kontinuierliche medikamentöse Prophylaxe durch. Dieser Anteil kann bis zu 15% erreichen.
Darüber hinaus setzen viele Reisende die Malariaprophylaxe nach der Rückkehr nach Deutschland zu früh (
< 4 Wochen) ab.
Laut einer Untersuchung bei Fernreisenden (Reiseziele Kenia, Südostasien, Dominikanische Republik) hatten etwa 70% vor
Reiseantritt eine fachmedizinische Beratung (niedergelassene Ärzte und/oder Tropeninstitute) in Anspruch genommen.
Dieser Anteil variierte in Abhängigkeit vom Reiseland (Kenia 86%, Südostasien 72%, Dominikanische Republik 60%). Dies
unterstreicht die Rolle der niedergelassenen Ärzte in der reisemedizinischen Beratung und Versorgung.
Tabelle 5
Empfehlung | Krankheit |
---|---|
Impfschutz sollte immer vorhanden sein |
Diphterie Tetanus Poliomyelitis |
Impfschutz empfehlenswert unter Berücksichtigung der Infektionsrisiken im Reiseland |
Gelbfieber Hepatitis A und B Typhus Meningokokken- Meningitis Japanische B Encephalitis Tollwut Masern, Mumps, Röteln (MMR) Influenza |
Andere tropenspezifische Erkrankungen
Bilharziose/Schistosomiasis
Die Bilharziose oder
Schistosomiasis ist eine Trematoden (Saugwürmer)-Infektion, die bei frühzeitiger Diagnose einfach zu behandeln ist.
Die Infektion wird in der Regel durch Hautkontakt mit Süßwasser erworben, in dem bestimmte Schneckenarten als
Zwischenwirte des Erregers leben. Je nach Sitz der Würmer im Körper und Ablagerung der Wurmeier äußert sich die
Bilharziose in Veränderungen der Urogenitalorgane (Blasenbilharziose) oder des Darmes (Darmbilharziose). Bei
unbehandelter Infektion kann es durch auf dem Blutwege in andere Organe verschleppte Wurmeier zu Entzündungsreaktionen
und vor allem bei Befall von Gehirn oder Rückenmark zu bedrohlichen Komplikationen kommen.
Insgesamt wird die Zahl der Bilharziosefälle, die jährlich an deutschen tropenmedizinischen Institutionen diagnostiziert
werden, auf 200 geschätzt. Laut deutscher Krankenhausstatistik wurde 1998 bei 267 stationären Patienten eine Bilharziose
als Haupt- oder Nebenbefund diagnostiziert. Zuverlässige Daten zum Anteil von Reisenden aus Deutschland bzw. von I
mmigranten aus den Verbreitungsgebieten sind nicht verfügbar.
In einer Analyse von
40 deutschen Reisenden mit importierter Bilharziose hatten sich 95% der Betroffenen die Infektion in Afrika zugezogen.
Die durchschnittliche Reisezeit war mit 112 Tagen relativ lang. Hauptinfektionsgebiete waren die Volta- und
Nigerzuflüsse, vor allem das Dogongebiet in Westafrika und der Lake Malawi und Sambesi in Südostafrika. Gefährdet sind
Reisende, die bei rekreativen Aktivitäten wie Baden, Tauchen, Schnorcheln und Bootsfahren Kontakt mit infiziertem
Süßwasser haben. Eine verbesserte Aufklärung über mögliche Infektionsgebiete ist anzustreben.
Leishmaniose
Als Leishmaniosen werden durch verschiedene Leishmanienarten verursachte Krankheitsbilder zusammengefasst.
Leishmanien sind Protozoen, die in der Regel von Mücken übertragen werden und im Wirt (z.B. Mensch, Hund)
Gewebsfresszellen befallen. Das Krankheitsspektrum reicht von Hautbefall (kutane Leishmaniose) über Schleimhautbefall
(mukokutane und mukosale Leishmaniose) bis zu tödlich verlaufenden Organformen (viszerale Leishmaniose, Kala Azar).
Über importierte Leishmaniosen liegen bisher nur Einzelfallbeschreibungen vor. Es ist jedoch von einer Zunahme von
importierten Formen aufgrund der verstärkten Reiseaktivität auszugehen. Darüber hinaus hat sich durch den Einfluss der
Immunschwächekrankheit AIDS- die Epidemiologie, Klinik und Therapie der Leishmaniosen verändert. In Südeuropa werden
seit 1990 zunehmend Fälle von viszeraler Leishmaniose in Assoziation mit HIV-Infektionen beobachtet. Das Risiko, sich
bei vorliegender HIV-Infektion in einem Endemiegebiet eine Leishmaniose zuzuziehen ist 100 bis 1.000 mal höher als bei
normal funktionierender Immunabwehr. Bei den in Deutschland aufgetretenen Fällen von HIV/Leishmanien-Koinfektionen
handelt es sich meist um ehemalige Drogenabhängige, die in Südeuropa ihren Hauptaufenthaltsort haben.
Am Institut für Tropenmedizin Berlin werden die in Deutschland auftretenden Leishmaniosefällen dokumentiert und
analysiert. Gemeldet wurden im Jahr 2000 21 Fälle, davon 7 viszerale und 14 kutane Formen. Bis auf eine viszerale
Infektion bei einem Patienten mit Lebensmittelpunkt in Südeuropa und eine kutane Form bei einem Patienten mit
berufsbedingtem Langzeitaufenthalt in Libyen waren alle Infektionen reiseassoziiert. Die anderen viszeralen Formen
wurden bei Urlaubsreisen im Mittelmeergebiet (Italien, Spanien und Griechenland) erworben. Die kutanen Leishmaniosen wurden
bei Aufenthalten in Mittel- und Südamerika (Belize, Guyana, Ecuador, Peru, Brasilien), sowie im Mittelmeergebiet
(Mallorca, Malta) und Afrika (Kenia) erworben.
Leishmaniosen werden oft als typische Infektionen der Tropen angesehen. Dabei wird vergessen, dass sie auch in
beliebten Urlaubsgebieten in Südeuropa verbreitet sein können. Insbesondere Reisende mit eingeschränkter Immunabwehr
sollten auf das erhöhte Risiko einer Infektion in diesen endemischen Regionen aufmerksam gemacht werden.
Trypanosomiasis (Afrikanische Schlafkrankheit)
Die Trypanosomiasis ist eine von Tsetse-Fliegen ausschließlich auf dem afrikanischen Festland übertragene
Erkrankung, die mit Fieber, Kopfschmerzen und Lymphknotenschwellungen ein-her geht und letztendlich zu einer schwer
behandelbaren Beteiligung des zentralen Nervensystems führt.
Während die
afrikanische Schlafkrankheit in endemischen Gebieten bei der einheimischen Bevölkerung, besonders in den Krisengebieten
Sudan, DR Kongo, Angola und Uganda zunimmt, stellt sie für Reisende ein sehr geringes Risiko dar. Die seltenen
Erkrankungsfälle bei Touristen wurden alle durch Trypanosoma brucei rhodesiense verursacht. Dieser Erreger kommt vor
allem im östlichen Afrika vor und hat sein Tierreservoir hauptsächlich in Antilopen. Folglich wurden alle Infektionen
in ostafrikanischen Tierparks erworben. In Deutschland sind in den letzten Jahren keine importierten Fälle bekannt
geworden, wohl aber vereinzelt in anderen europäischen Ländern. Deshalb sollte in der reisemedizinischen Beratung auf
die potenzielle Gefahr von Tsetse-Fliegen in Tierreservaten aufmerksam gemacht werden.
Dengue-Fieber
Dengue-Fieber ist eine akute, durch Mücken übertragene Viruserkrankung, die sich mit Fieber, Kopf- und
Gliederschmerzen und einem typischen Hautausschlag äußert.
Bei 8% der Personen,
die während oder nach Kurzzeitaufenthalten in endemischen Regionen an Fieber und Kopfschmerzen erkrankten, konnte eine
Denguevirus-Infektion diagnostiziert werden. In anderen Studien ließen sich bei 5 bis 7% der beschwerdefreien Personen,
die sich mehrere Jahre in endemischen Regionen aufgehalten hatten, Antikörper nachweisen. Die Durchseuchung stieg mit
der Aufenthaltsdauer an.
Die Anzahl der jährlich an deutschen tropenmedizinischen
Institutionen diagnostizierten Dengue-Infektionen mit typischen Beschwerden wird auf 300 geschätzt. Da viele
Erkrankungen während der Reise ablaufen, ist von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen. Am Institut für Tropenmedizin
Berlin wurden im Jahr 2000 28 Dengue-Infektionen diagnostiziert. 40% der Patienten hatten die Infektion in Südostasien
oder in Indien, 40% in Mittel- oder Südamerika und 20% in Afrika erworben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Risiko einer Denguevirus-Infektion insbesondere bei Aufenthalten in
Südostasien (Thailand und Indonesien) und Indien, Mittel- und Südamerika, in der Karibik und in West- und Ostafrika
besteht. Zum Schutz gegen die Infektion stehen zur Zeit nur moskitoabwehrende Maßnahmen zur Verfügung. Ein Impfstoff
befindet sich in der Entwicklung.
Zeckenbissfieber
Das afrikanische Zeckenbissfieber ist eine
durch Rickettsien (R. conori) verursachte Erkrankung, die mit Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschlag einhergeht. Eine
typische Zeckenbissstelle findet sich meist an einer unteren Extremität. Insgesamt handelt es sich um eine seltene
importierte Infektionskrankheit.
Jedes Jahr werden in Deutschland bei
Reiserückkehrern einige Fälle von Zeckenbissfieber durch R. conori diagnostiziert. Diese Infektionen werden zumeist
von Touristen im Krüger Nationalpark in Südafrika erworben. Nur wenige Patienten erinnern sich an einen Zeckenbiss.
Für Reisende besteht somit ein Infektionsrisiko in Nationalparks und anderen Zeckenverbreitungsgebieten im südlichen
Afrika (Zimbabwe, Südafrika). Gefährdet sind vor allem Jäger wie Hobby-Großwildjäger, Reiter und Teilnehmer von
Fuß-Safaris in Wildparks im südlichen Afrika.
Sexuell übertragbare Infektionen (Sexually transmitted infections, STI)
Als klassische sexuell übertragbare Infektionen gelten Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle (weicher Schanker),
Chlamydieninfektionen und die Trichomoniasis. Virale Infektionen wie Herpes genitalis, Hepatitis B, genitale Warzen,
HIV/AIDS, aber auch Infektionen durch Krätzemilben, Filzläuse und viele andere Erreger werden zu den Auslösern von STI
gezählt. Um der großen Zahl von asymptomatisch verlaufenden Infektionen Rechnung zu tragen, hat sich im internationalen
Sprachgebrauch der Begriff sexuell übertragbare Infektionen (STI) gegenüber sexuell übertragbaren Krankheiten (STD)
durchgesetzt. Während in der industrialisierten Welt die o.g. klassischen STI aufgrund ihrer guten Behandelbarkeit an
Bedeutung verloren haben, gehören sie in vielen Ländern der Dritten Welt zu den bedeutendsten Gesundheitsproblemen.
In Deutschland bestand bisher eine anonyme Meldepflicht für Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle und Lymphogranuloma
venereum (Chlamydieninfektion). Während die offiziellen Meldungen für Gonorrhoe bei 2.200 im Jahr 1999 lagen, wurde vor
einigen Jahren mit Hilfe eines anonymen Meldesystems über Meldepraxen die Anzahl der Behandlungen von Gonorrhoe auf
über 50.000/Jahr und von Syphilis auf etwa 8.000/Jahr geschätzt. 70% der Behandelten sind Männer. Die Anzahl der
Erkrankungsfälle von akuter Hepatitis B in Deutschland liegt bei etwa 25.000 pro Jahr. Hochrechnungen auf der Basis
von Blutuntersuchungen gehen jedoch von über 50.000 Infektionen pro Jahr aus
3
.
Als Risikofaktoren für eine sexuell erworbene Infektion mit Hepatitis B-Viren stehen Auslandsreisen mit 16% an erster
Stelle.
Nach IfSG erfolgt eine Meldung nur noch durch das Labor bei Nachweis einer
Infektion mit HIV, Hepatitis B und D Virus und dem Syphilis-Erreger. Der Schwerpunkt liegt nicht mehr auf der
Identifikation von Infizierten und Vorschriften für den Umgang mit ihnen, sondern in der Prävention.
Die Gesamtzahl der HIV-Infizierten in Deutschland seit Beginn der Epidemie wird auf 50.000 bis 60.000 geschätzt. Von den
etwa 2.000 Neuinfektionen/ Jahr betreffen etwa 20% Personen, die aus Ländern mit einer hohen HIV-Prävalenz stammen.
Der Anteil dieser Personengruppe an den HIV-Neudiagnosen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen
(1993: 6%, 1996: 13% , 2000: 20%). Dies ist aber zumindest teilweise durch eine verbesserte Datenerhebung begründet.
Frauen aus außereuropäischen Endemiegebieten sind dabei seit 1997 deutlich häufiger betroffen als Männer.
Sexualkontakte auf Reisen und Sextourismus
In einer repräsentativen Befragung des »Studienkreises für Tourismus« von 6.484 Personen in Deutschland gaben 8.5%
der Reisenden an, in ihrem Urlaub sexuelle Kontakte mit Personen gehabt zu haben, die sie auf der Reise oder im
Ferienland kennengelernt hatten. Dies würde einer Zahl von 2.2 Millionen deutscher sexaktiver Reisender im Jahr
entsprechen. Ein Drittel der Reisenden hatte Sexualkontakte mit Personen aus dem Ferienland. 11% hatten für diese
Sexualkontakte und 6% für Sexualkontakte mit anderen Urlaubern bezahlt. Sex gegen Geld hatten somit etwa 200.000
deutsche Urlauber im Jahr 1992. Als hochpromisk (vier oder mehr Partnerinnen im Urlaub) wurden in dieser Untersuchung
etwa 300.000 männliche Urlauber geschätzt. Wichtigste Reiseziele für deutsche Sextouristen sind Thailand, die
Philippinen, Kenia, Brasilien und die Dominikanische Republik. Die Anzahl der deutschen männlichen Touristen, die mit
der Absicht von Sexualkontakten jährlich nach Thailand reisen, wird auf 40.000 bis 60.000 geschätzt, was etwa 30% aller
deutschen Thailandreisenden entspricht.
In einer umfangreichen, im Auftrag des
Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführten, Untersuchung wurden 807 deutschsprachige Urlauber und Sextouristen
befragt. Als Sextouristen wurden hier alle Personen aus der Bundesrepublik Deutschland definiert, die in einem Land der
Dritten Welt, in dem sie sich befristet zum Urlaub oder Geschäftsreisen aufhielten, Sex mit einheimischen Frauen/Männern
gegen Geld oder andere Sachleistungen hatten.
In der genannten Untersuchung unterschieden sich Sextouristen von anderen Urlaubern durch eine überdurchschnittlich
lange Aufenthaltsdauer im Ferienland, große Fernreiseerfahrung, hohen Anteil an Alleinreisenden, sowie Urlaubsmotive,
die auf Spaß, Bekanntschaften, Sex und Erlebnisse ausgerichtet sind und sexuelle Kontakte zu einheimischen Frauen als
selbstverständliche Reiseaktivität einschließen. Die Mehrheit der Sextouristen (etwa 70%) hatte sexuelle Kontakte
bereits geplant; 75% der Männer hatten Kondome mitgebracht. Insgesamt verhielten sich die Männer promisker und sexuell
aktiver als im Heimatland. 50% hatten Sexualkontakte mit 2 bis 3 Frauen, 20% mit 5 und mehr Frauen. 12 bis 18% der Sextouristen
hatten auch Sexualkontakte zu anderen Urlauberinnen. Obwohl die Mehrheit der Männer (65%) ihre Sexualpartnerinnen mit
Geld entlohnt hatten, verstanden sich nur 20% als Sextouristen. Die Befragten sahen sich nicht als Freier sondern als
Freunde oder vorübergehende Partner der Frauen. Die Befragung der wenigen Frauen (n=24), die Sexualkontakte mit
Personen im Ferienland hatten, ergab, dass diese Kontakte nicht vorrangig durch Sexualität geprägt waren. Die 122
befragten homosexuellen Sextouristen waren älter, hatten ein höheres Bildungsniveau, waren promisker
(durchschnittlich 6 Partner) und deutlich sexuell aktiver als die heterosexuellen Sextouristen während des Urlaubs.
Die Kondomnutzungsraten waren in der genannten Untersuchung bei Sextouristen insgesamt gering. 56% der heterosexuellen
Männer hatten immer, 23% nie Kondome benutzt. Männer, die seltener Kondome benutzten, reisten eher allein, waren älter,
hatten eher Sexualkontakte mit jungen Frauen, und hatten die Sexualkontakte vor Beginn der Reise geplant. Sie waren
länger mit den Frauen zusammen und wählten einen privateren Rahmen. Männer, die zum ersten Mal im Land waren, mit
Freunden reisten, sexuelle Kontakte nicht vorausgeplant hatten, die Kondome als Schutz vor STI und vor HIV sahen und
die den Anteil von HIV-Infektionen in der Bevölkerung hoch einschätzten, benutzten deutlich häufiger Kondome.
Homosexuelle hatten generell eine positivere Einstellung gegenüber Kondomen, hatten die Verwendung aktiv geplant und
Kondome entsprechend häufiger benutzt (um 80%). Jeder dritte heterosexuelle Sextourist und 66% der homosexuellen
Sextouristen hatten bereits eine oder mehrere STI gehabt, am häufigsten eine Gonorrhoe.
Daten über den Anteil der durch Sextourismus verursachten HIV-Neuinfektionen sind nicht vorhanden, jedoch muss das
Risiko einer HIV-Ausbreitung in Deutschland durch Sextourismus als nicht unerheblich eingeschätzt werden. Bei einer
Kondomnutzerrate von durchschnittlich 60% ist mindestens jeder dritte Sexualkontakt mit dem Risiko einer sexuell
übertragbaren Infektion inklusive HIV-Infektion verbunden. Die Gefahr einer Weiterverbreitung ist nicht nur bei anderen
Sex-Reisen sondern auch im Heimatland gegeben.
Aufklärung zum STI/HIV-Risiko durch
Sexualkontakte wird bisher in der reisemedizinischen Beratung nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere die Gruppe
der »erfahrenen« Sextouristen, die einer Kondombenutzung negativ gegenüber steht, muss deutlich über das Risiko, das
für sie selbst besteht und von ihnen ausgeht, aufgeklärt werden.
Reisemedizinische Beratung und
Versorgung in Deutschland
In Deutschland sind nach Angaben der »Bundesärztekammer« 286 Ärzte mit der
Zusatzbezeichnung »Tropenmedizin« tätig (Stand: Ende 2000). Davon sind 134 in Praxen niedergelassen, 79 in
Krankenhäusern, 27 in Behörden und 46 in anderen Einrichtungen tätig. Darüber hinaus gibt es etwa 750 Ärzte
(meist Arbeits- oder Betriebsmediziner), die ermächtigt sind, Tropentauglichkeits- und Rückkehreruntersuchungen bei
»Arbeitsaufenthalt im Ausland« nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz 35 (G35) durchzuführen.
Es existieren 5 Tropeninstitute mit universitärer Anbindung (Berlin, Hamburg, Heidelberg, München, Tübingen), die mit
unterschiedlicher Schwerpunktsetzung das Spektrum der Tropenmedizin abdecken (tropen- und reisemedizinische Beratung,
arbeitsmedizinische Vor- und Nachuntersuchungen bei Auslandseinsatz, ambulante Versorgung und Akutversorgung von schwer
erkrankten Patienten, Diagnostik tropenspezifischer Erreger, Aus- und Fortbildung, Forschung und Lehre). Zwei
kirchliche tropenmedizinische Einrichtungen und eine Reihe von infektiologischen und tropenmedizinischen Abteilungen
an Universitätskliniken und anderen Krankenhäusern stellen ebenfalls den Versorgungsbedarf sicher. Isolierbetten für
hochansteckende Infektionen wie hämorrhagische Fieber stehen in Berlin (
Charité
), Hamburg (Bernhard-Nocht- Institut),
München (Krankenhaus Schwabing) und Leipzig (Städtisches Krankenhaus St. Georg) zur Verfügung (Stand Dezember 2000).
Ende 2001 wird auch die Universitätsklinik in Frankfurt/Main ein entsprechendes Bettenkontingent zur Verfügung haben.
Das Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg und die Universität Marburg verfügen über ein Sicherheitslabor der Stufe 4 für
die Isolierung von hochansteckenden Erregern.
Reisemedizinische Beratung und
Impfungen werden auch von vielen niedergelassenen Ärzten und vor allem außerhalb der Großstadtregionen teilweise von
Gesundheitsämtern angeboten. Autorisierte Gelbfieberimpfstellen sind in Deutschland flächendeckend vorhanden. Als
Fachgesellschaft fungiert die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG), die unter
anderem für die Erarbeitung von Leitlinien für die Prophylaxe und Therapie von Tropenkrankheiten und für
Fortbildungsveranstaltungen zuständig ist. Eine Reihe von Organisationen bieten
online
, telefonisch und in gedruckter
Form reisemedizinische Informationen an.
Bei Personengruppen wie Schwangeren,
Kleinkindern, Personen mit bestimmten chronischen Erkrankungen oder eingeschränkter Immunitätslage sollte aufgrund der
erhöhten gesundheitlichen Gefährdung das Für und Wider von Fernreisen sorgfältig abgewägt werden. Die entsprechende
reisemedizinische Beratung und Versorgung erfordert von den betreuenden Ärzten besondere Kenntnisse und Erfahrungen.
Ausbildung, Lehre und Forschung
In den letzten Jahren wird aufgrund der stark gestiegenen Reiseaktivität und des größeren Bedarfs an
reisemedizinischer Beratung vor und Versorgung nach Rückkehr von Aufenthalten in den Tropen und Subtropen eine
zunehmende Zahl von Veranstaltungen für Ärzte angeboten, die sich fachlich in reisemedizinischer Beratung fortbilden
wollen.
Voraussetzung für die von den Landesärztekammern verliehene
Zusatzbezeichnung »Tropenmedizin« ist eine einjährige Tätigkeit an einem Krankenhaus in einem Entwicklungsland,
eine einjährige Tätigkeit in einer für die Ausbildung zugelassenen Institution in Deutschland und der erfolgreiche
Abschluss eines anerkannten mindestens 3monatigen Diplomkurses in Tropenmedizin. Dieser Diplomkurs wird in Deutschland
an den Instituten für Tropenmedizin in Berlin und Hamburg angeboten.
Die universitäre Lehre in Tropenmedizin und Internationaler Gesundheit in Deutschland gilt als unzureichend. Während
in anderen Ländern diese Themenbereiche zum universitären Pflichtcurriculum gehören, bieten 45% der deutschen
medizinischen Fakultäten keine speziellen Veranstaltungen zum Thema Tropenmedizin und/oder Internationale Gesundheit
an. Ausnahmen bilden die Universitäten, an denen tropenmedizinische Institute oder Abteilungen bestehen.
Aufbaustudiengänge (Masterprogramme) für spezielle Ausrichtungen wie z.B. »
Community Health
in Entwicklungsländern«,
»Tropenophthalmologie«, »Internationale Gesundheit« werden, in Zusammenarbeit mit Institutionen in Entwicklungsländern,
an den Universitäten Heidelberg, München und Berlin angeboten.
Während die
tropenmedizinische Forschung in angelsächsischen Ländern und in Frankreich immer einen hohen Stellenwert hatte, wurde
in Deutschland eine Förderung von Forschung und Lehre zum Nutzen des tropenmedizinischen und entwicklungspolitischen
Engagements der Bundesrepublik nur eingeschränkt betrieben. 1992 begann eine Förderung der tropenmedizinischen
Forschung durch das Bundesministerium für Forschung an den Standorten Hamburg und Heidelberg. Die übrigen Institutionen
sind zur Finanzierung ihrer Forschungsaktivitäten auf Drittmitteleinwerbung, etwa bei der Deutschen
Forschungsgemeinschaft, der Europäischen Union, der pharmazeutischen Industrie oder bei Stiftungen (VW-Stiftung,
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Deutsches Aussätzigen Hilfswerk u.a.) angewiesen. Die G8-Staaten haben
sich zu einer wesentlich stärkeren finanziellen Beteiligung in der Erforschung und Bekämpfung wichtiger Krankheiten
(namentlich der Malaria, Tuberkulose und HIV-Infektion) in den Entwicklungsländern bekannt. Daher ist zu hoffen, dass
der Förderumfang für tropenmedizinische Forschungsprojekte zukünftig zunehmen wird. Das Spektrum der
Forschungsaktivitäten der tropenmedizinischen Institutionen in Deutschland reicht von der Grundlagenforschung über
klinische und epidemiologische Studien bis zur Gesundheitssystemforschung.
Perspektiven
Die Reisemedizin wird in Deutschland in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Die aktuell verfügbaren
Datenquellen liefern wichtige Informationen zur Bedeutung reiseassoziierter Infektionskrankheiten, erlauben aber keine
umfassende Beurteilung von Häufigkeit und Risikofaktoren der entsprechenden Krankheiten und eines eventuell nötigen
zusätzlichen Bedarfes an qualifizierter reisemedizinischer Versorgung. Eine solidere Datenlage trägt dazu bei, die
zielgerichtete Aufklärung und Beratung der Reisenden und die effiziente Versorgung von erkrankten Reiserückkehrern zu
verbessern. Das IfSG wird für einige Infektionskrankheiten (z.B. Virushepatitis, bestimmte Darminfektionen) eine
bessere Einschätzung des Anteils der im Ausland erworbenen Infektionen erlauben. Bei bestimmten Erkrankungen mit
lückenhafter Datenlage können zusätzlich gezielte Erhebungen unter Beteiligung von repräsentativ ausgewählten
niedergelassenen Ärzten und Institutionen durchgeführt werden (
Sentinel Surveillance
).
Im Bereich der Kontrolle importierter Infektionskrankheiten sind in Deutschland in den letzten Jahren verstärkte
Anstrengungen unternom-men worden. Dies betrifft vor allem hochkontagiöse, potenziell lebensbedrohliche Erkrankungen
(z.B. virale hämorrhagische Fieber, Cholera, Pest), die nach ihrer Einschleppung auch für die Allgemeinbevölkerung in
Deutschland eine Bedrohung darstellen. Das Robert Koch-Institut hat ein detailliertes Konzept zur Seuchenabwehr
entwickelt. Sowohl die Datenerfassung wie auch die Kontrolle von Infektionskrankheiten erfordert aufgrund der häufig
grenzüberschreitenden Ausbreitung der Erreger eine gute internationale Zusammenarbeit.
Das präventive Verhalten vieler Reisender ist unzureichend. Dies betrifft insbesondere die Impfungen gegen gefährliche
Infektionserreger, die Malariaprophylaxe, das Ernährungsverhalten und sexuelle Kontakte. Zu diesen Themen sind zum einen
breit angelegte Aufklärungsmaßnahmen und Beratungsangebote erforderlich, um möglichst viele Reisende zu erreichen.
Zum anderen besteht ein Bedarf an Informationskampagnen für besondere Zielgruppen (z.B. Rucksacktouristen, Sextouristen).
Eine enge Kooperation von Reiseveranstaltern, niedergelassenen Ärzten, Tropeninstituten und anderen reisemedizinischen
Instituten, Medien und Institutionen, die gesundheitliche Aufklärung zu ihren Aufgaben zählen, bietet die besten
Voraussetzungen für wirkungsvolle Aktivitäten.
Inzwischen existiert ein breites
Angebot an reisemedizinischen Informationssystemen, deren Qualität allerdings noch ziemlich heterogen ist. Für die
Zukunft ist eine Vereinheitlichung der Empfehlungen wünschenswert. Der Ausschuss Reisemedizin der DTG hat sich für den
gesamten deutschsprachigen Raum in Abstimmung mit den Fachgesellschaften in Österreich und der Schweiz eine
Standardisierung der Empfehlungen zumindest bezüglich der Reiseimpfungen und der Malariaprophylaxe zum Ziel gesetzt.
Aufgrund ihrer zahlreichen Patientenkontakte kommt den niedergelassenen Ärzten sowohl im Bereich der Prävention als
auch in der Versorgung besondere Bedeutung zu. Wie Studien gezeigt haben, besteht allerdings bei einem Teil der
Ärzteschaft noch Fortbildungsbedarf in der Reisemedizin. Während die niedergelassenen Ärzte für erkrankte Reisende die
erste Anlaufstelle bilden, wo die entscheidenden diagnostischen und therapeutischen Weichen gestellt werden, sollten
die Tropeninstitute und tropenmedizinischen Abteilungen noch stärker als bisher die Rolle von Referenz- und
Fortbildungszentren wahrnehmen. Für die kontinuierliche Vorhaltung der entsprechenden Expertise wie auch beispielsweise
die rasche Anpassung der verfügbaren Labormethoden an bessere Nachweisverfahren und neue Erreger ist die klinische
Arbeit auch in Entwicklungsländern und die Durchführung von tropenmedizinischen Forschungsprojekten erforderlich.
Fußnoten
1
Vgl. Heft 01/00 GBE des Bundes "Schutzimpfung"
2
Vgl. Heft 01/00 GBE des Bundes "Schutzimpfung"
3
Vgl. Kapitel "Hepatitis B" im Gesundheitsbericht für Deutschland
Weiterführende Literatur
DuPont HL, Steffen R (1997) Textbook of Travel Medicine and Health. BC Decker inc. Hamilton,Canada
Fock R, Koch U, Wirtz A, Peters M, Ruf B,Grünewald T (2001) Erste medizinische und anti-epidemische Maßnahmen bei Verdacht auf virales hämorrhagisches Fieber. Med Welt 52: 126 bis 132
Fock R, Koch U, Finke EJ, Niedrig M, Wirtz A, Peters M, et al. (2000) Schutz vor lebensbedrohenden importierten Infektionskrankheiten:Strukturelle Erfordernisse bei der behandlung von Patienten und antiepidemische Maßnahmen. Bundesundeinheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 43: 891 bis 899
Kretschmer H, Kusch G, Scherbaum H (1999) Reisemedizin - Beratung in der ärtzlichen Praxis. Urban & Fischer Verlag, München
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Tabelle mit Werten aus Abbildung 1
Jahr | Zahl der Erkrankungen |
---|---|
1990 | 976 |
1991 | 900 |
1992 | 773 |
1993 | 732 |
1994 | 830 |
1995 | 941 |
1996 | 1.021 |
1997 | 1.017 |
1998 | 1.008 |
1999 | 931 |
2000 | 803 |
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