HIV und AIDS [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, Juni 2006]
[Heft 30: Gesundheitsbedingte Frühberentung] [Heft 32: Bürger- und Patientenorientierung im Gesundheitswesen] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]
Heft 31 - HIV und AIDS
aus der Reihe "Gesundheitsberichterstattung des Bundes"
Autor und Aurorin | Dr. Ulrich Marcus
Abt. Infektionsepidemiologie Anne Starker Abt. Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung Robert Koch-Institut |
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Redaktion: | Robert Koch-Institut
Gesundheitsberichterstattung Anne Starker, Dr. Thomas Ziese Seestraße 10 13353 Berlin |
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Herausgeber: | Robert Koch-Institut
(Juni 2006) |
Einleitung
Die weltweite HIV/AIDS -Epidemie hat sich innerhalb von 20 Jahren zu einem der größten Gesundheitsprobleme der heutigen Zeit entwickelt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnete Ende 2005 mit weltweit knapp 40 Millionen HIV-Infizierten, bei einer jährlichen Zahl von fünf Millionen Neuinfektionen und drei Millionen Todesfällen [1]. In Subsahara-Afrika, wo derzeit fast zwei Drittel aller HIV- Infizierten leben und wo in mehreren Ländern inzwischen bereits 20-40% der Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren mit dem HI-Virus infiziert sind, stellt die Epidemie eine Bedrohung für die wirtschaftliche, soziale und politische Stabilität dar und wird zu einem erheblichen Entwicklungshemmnis. In vielen anderen Regionen befindet sich die Epidemie noch im Anfangsstadium, und wenn in den kommenden Jahren dort keine wirksamen Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen werden, kann sich die Zahl der HIV-Infizierten weltweit noch vervielfachen.Ende Juni 2001 fand eine Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen zum Thema AIDS statt. Die Weltgemeinschaft hat die HIV/ AIDS- Epidemie als globale Herausforderung erkannt, der nur durch solidarische, gemeinsame Anstrengung von reichen und armen Ländern begegnet werden kann. Ein Beleg dafür ist unter anderem die Schaffung eines globalen Fonds, um mit zusätzlichen Mitteln die Ausweitung erfolgreicher Programme und neue Initiativen zur Bekämpfung von HIV/AIDS, aber auch der beiden anderen bedrohlichen Epidemien Tuberkulose und Malaria zu unterstützen (The Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria, GFATM). Auch die Bundesregierung ist den internationalen Zielen bei der Bekämpfung von HIV/AIDS verpflichtet. Sie hat dies mit der Verabschiedung (Juli 2005) einer eigenen »HIV/AIDS -Bekämpfungsstrategie « [2] bekräftigt.
Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland stellt sich im europäischen und internationalen Vergleich relativ günstig dar. Dies kann nicht zuletzt den früh begonnenen und effektiv durchgeführten Präventionsmaßnahmen angerechnet werden. Die geschätzte Zahl der HIV- Neuinfektionen lag im Jahr 2004 bezogen auf die Gesamtbevölkerung bei 2,7 pro 100.000 Einwohner [3]. Die HIV-Infektion bzw. AIDS-Erkrankung ist jedoch in der Bevölkerung sehr ungleich verteilt und führt daher regional - und hier in bestimmten Altersgruppen - zu einer erheblichen Morbidität und Mortalität. Obwohl sich die Möglichkeiten für eine Behandlung der HIV-Infektion seit 1996 deutlich verbessert haben, sterben in Deutschland derzeit immer noch circa 750 Menschen jährlich mittelbar oder unmittelbar an den Folgen einer HIV-Infektion [3].
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Die Tatsache, dass die HIV-Infektion in Deutschland vorwiegend in den Altersgruppen der 25- bis 40-jährigen jungen Erwachsenen auftritt, eine Heilung nicht möglich ist, sondern nur eine lebenslange, mit hohen Medikamentenkosten, therapiebedingten Folgeerkrankungen und erheblichem medizinischen Betreuungsaufwand verbundene Therapie, bestimmt die gesundheitspolitische Relevanz dieser Erkrankung.
Krankheitsbild und Verlauf der HIV-Infektion
Die Infektion mit dem Human Immunodeficiency Virus (HIV), das zur Gruppe der Retroviren gehört, führt aufgrund einer schweren Schädigung vor allem der zellulären Immunität zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Hauptzielzelle des HI-Virus ist die T-Helferzelle, die eine entscheidende Rolle in der Koordinierung der Immunabwehr spielt. Wenn das Virus in den Körper gelangt, kommt es zwar zu einer Abwehrreaktion, die dabei gebildeten Antikörper können das Virus aber nicht vollständig entfernen. Das HI-Virus vermehrt sich, indem die Erbinformation in den Kern der befallenen Zellen eingebaut wird. Die Wirtszelle wird dadurch umprogrammiert und produziert neue Viren. Die Erbinformation des HI-Virus wird auch bei einer Zellteilung weitergegeben und verbleibt somit lebenslang im Körper des infizierten Menschen, was eine Heilung (bislang) unmöglich macht. Mit voranschreitender Erkrankung nimmt die Zahl und die Funktionsfähigkeit der T-Helferzellen ab, was dazu führt, dass das Immunsystem immer weniger in der Lage ist, seine Schutzfunktion zu erfüllen. Dies geht mit einer dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes einher und führt unbehandelt zum Tod.
Akute HIV-Krankheit
Tage bis wenige Wochen nach einer Infektion mit HIV tritt bei circa der Hälfte der Neuinfizierten eine akute HIV- Krankheit auf. Die häufigsten klinischen Symptome dieser Akuterkrankung sind Fieber, Lymphknotenschwellung, allgemeines Krankheitsgefühl, Entzündung des Rachenraumes (Pharyngitis), ein flüchtiger Hautausschlag (Exanthem), Durchfall (Diarrhö), Kopf- und Gliederschmerzen. Die Konzentration von HIV im Plasma ist während der Akuterkrankung in der Regel sehr hoch, die T-Helferzellzahl im Blut deutlich erniedrigt. Die genannten Symptome verschwinden spontan nach drei bis vier Wochen, parallel dazu geht die Viruskonzentration zurück und die T-Helferzellzahl steigt wieder an.
Symptomfreies Stadium
Nach dieser Akutphase ist die Mehrheit der Patienten über individuell unterschiedlich lange Zeiträume von einigen Monaten bis zu vielen Jahren frei von HIV- bedingten Krankheitserscheinungen, obwohl die Virusvermehrung (Replikation) anhält und die Zahl der T-Helferzellen im Blut allmählich zurückgeht. Zwischen der Infektion mit HIV und dem Auftreten AIDS-definierender Erkrankungen vergeht eine individuell unterschiedlich lange Zeit, ohne therapeutische Intervention im Mittel etwa 10 Jahre. Der Übergang von der asymptomatischen Phase in das AIDS-Stadium (Acquired Immunode ficiency Syndrome) kann abrupt erfolgen, bei der Mehrzahl der Patienten kündigt er sich aber durch eine allmähliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes an.
Symptomatisches Stadium
Verminderte Leistungsfähigkeit, ungewollte Gewichtsabnahme, Fieberschübe ohne erkennbare Ursache, Diarrhöen ohne nachweisbare darmpathogene Erreger und trockene Haut sind die in dieser Phase am häufigsten berichteten Symptome. Die meisten objektivierbaren Krankheitserscheinungen spielen sich an Haut und Schleimhäuten ab. Zudem werden orale Infektionen mit dem Pilz Candida albicans häufig beobachtet.Die nach den amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) benannte Klassifikation der HIV-Stadien gilt seit 1993.. Sie beinhaltet drei klinische (A, B, C) und drei Laborkategorien (I, II, III), anhand derer das Stadium der Erkrankung beschrieben werden kann (siehe Tabelle 1). Das Klassifizierungsschema ist unidirektional- nur in eine Richtung gehend, d.h. Rückstufungen werden nicht vorgenommen und die jemals erreichte Klassifizierung bleibt gültig, auch wenn z.B. die T-Helferzellzahl durch therapeutische Intervention wieder deutlich ansteigt.
Tabelle 1 [4]
Klinische Kategorie der CDC-Klassifikation | ||
---|---|---|
A | B | C |
Asymptomatische HIV-Infektion | Erkrankungen, die auf eine Störung der
zellulären Immunität hinweisen, z.B - Orale Candidose u.a. |
AIDS definierende Erkrankungen, z.B:
- Pneumocystis-Pneumonie - zerebrale Toxoplasmose u.a. |
Laborkategorien der CDC-Klassifikation | ||
I | II | III |
Anzahl der Helferzellen/ml.
größer gleich 500 |
Anzahl der Helferzellen/ml.
|
Anzahl der Helferzellen/ml.
kleiner 200 |
Krankheitsbild AIDS
Als AIDS wird nach der in Europa gültigen Falldefinition eine definierte Gruppe von Erkrankungen bezeichnet, die charakteristisch für ein fortgeschrittenes Stadium der chronisch verlaufenden HIV- Erkrankung sind. Folge der fortschreitenden Zerstörung des Immunsystems sind insbesondere lebensbedrohende opportunistische Infektionen und bösartige Neubildungen. Bei den opportunistischen Infektionen handelt es sich um neu erworbene oder auch reaktivierte Infektionskrankheiten mit Erregern, die in der natürlichen Umgebung weit verbreitet sind und die für das intakte Immunsystem keine Gefahr darstellen. Zu den häufigsten Erkrankungen zählen dabei die Pneumocystis-Pneumonie (PCP) (Lungenentzündung durch den Erreger Pneumocystis jiroveci, früher: carinii), die Candidose des Ösophagus (entzündlicher Befall der Speiseröhre durch den Hefepilz Candida albicans) und die zerebrale Toxoplasmose (Abszesse im Gehirn verursacht durch Toxoplasma gondii). Unter den bösartigen Neubildungen treten das Kaposi-Sarkom (Wucherungen von Blutgefäßzellen der Haut und der inneren Organe), B-Zell-Lymphome (bösartige Vermehrung der B-Zellen der Lymphknoten, der Abwehrzellen des speziifschen Immunsystems) sowie mit Humanen Papilloma-Viren ( HPV) assoziierte Zervix- und Analkarzinome (bösartige Krebsgeschwulst des Gebärmutterhalses bzw. am Analrand oder Analkanal) gehäuft auf.Der Befall des zentralen Nervensystems (HIV-Enzephalopathie) kann zu psychischen, vegetativen und motorischen Ausfällen führen. Das Wasting-Syndrom, ein HIV-bedingter Gewichtsverlust von mehr als 10% des Ausgangsgewichts, verbunden mit chronischen Durchfällen oder Schwäche und Fieber (HIV-Kachexiesyndrom), kann insbesondere in Verbindung mit anderen Erkrankungen zu lebensbedrohlichen Zuständen führen.
Ohne therapeutische Intervention führt die HIV- Erkrankung zum Tod. Ergebnisse großer Kohortenstudien zeigen, dass ohne Therapie 14 Jahre nach der Infektion bei 69% der Patienten die Erkrankung zum Endstadium (AIDS) fortgeschritten ist oder sie bereits verstorben sind [5].
Übertragungswege und Risikofaktoren
Jeder mit HIV infizierte Mensch ist lebenslang potentiell ansteckungsfähig. Die Ansteckungsfähigkeit ist in den ersten Wochen nach der Infektion, bevor sich die körpereigene Abwehr entwickelt hat, besonders hoch. Mit dem Rückgang der Viruskonzentration im Blut sinkt die Infektiosität deutlich, nimmt aber beim fortgeschrittenen Immundefekt und dem Auftreten klinischer Symptome wieder zu.Die Infektion mit HIV erfolgt über stark virushaltige Körperflüssigkeiten wie Blut, Samen- oder Scheidenflüssigkeit, eine Übertragung durch Muttermilch ist ebenfalls möglich. Die Hauptübertragungswege einer HIV-Infektion sind:
- Schleimhautkontakte mit virushaltigen Körperflüssigkeiten bei ungeschütztem Geschlechtsverkehrr
- Einbringen von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn
- Mutter-Kind-Übertragung.
Sexuelle Übertragung
Entsprechend den Übertragungswegen haben Personen mit HIV- infizierten Sexualpartnern und Personen mit häufiger wechselnden Sexualpartnern ein deutlich erhöhtes Risiko, sich mit HIV zu infizieren, wenn sie sich nicht schützen (safer sex). Dabei stellt der Analverkehr ein höheres Risiko dar als Vaginalverkehr und dieser wiederum ein deutlich höheres Risiko als orogenitale Kontakte. Bei Schleimhautkontakten können zudem lokale entzündliche Veränderungen in der Kontaktregion zu einer höheren HIV-Konzentration führen. Das heißt, dass z.B. Begleitinfektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern als Kofaktoren eine HIV- Übertragung bei Sexualkontakten begünstigen. Als Risikogruppen der sexuellen Übertragung galten zu Beginn der HIV/AIDS Epidemie zunächst vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Es sind jedoch alle Personen, also auch Heterosexuelle, von einer Infektion mit HIV bedroht, die ungeschützt sexuelle Kontakte haben, ohne etwas über den HIV-Status der Geschlechtspartner zu wissen. Weltweit, so auch in Deutschland, wird HIV am häufigsten durch sexuelle Kontakte übertragen.
Übertragung durch erregerhaltiges Blut/ Blutprodukte
Infektionen durch Bluttransfusionen/Blutpräparate
Als infektiöse Körper.üssigkeit spielte Blut bei der Übertragung des HIV in der Vergangenheit eine große Rolle. HIV-Infektionen durch Blutkonserven traten vor allem bei Patienten auf, die aufgrund einer Krankheit oder Verletzung eine größere Anzahl von Blutkonserven benötigten. Vor der Einführung der Spendertestung auf HIV im Jahr 1985 und der Virusinaktivierung bestimmter Plasmaprodukte bestand in Deutschland ebenfalls ein HIV-Infektionsrisiko bei Behandlung mit Blut oder Blutprodukten (siehe dazu auch Prävention der Übertragung durch erregerhaltiges Blut/Blutprodukte). Vorsicht ist weiterhin bei Bluttransfusionen in Ländern geboten, in denen eine Kontrolle überhaupt nicht bzw. nicht lückenlos durchgeführt wird.
Infektionen im medizinischen Bereich
Auch der medizinische und paramedizinische Einsatz von Spritzen und Instrumenten kann bei Nichteinhaltung der erforderlichen Hygienestandards oder durch Unfallereignisse Infektionsrisiken bergen. So stellen Nadelstichverletzungen ein Risiko für beruflich bedingte Infektionen mit HIV dar. Das Risiko einer HIV-Übertragung durch eine Nadelstichverletzung ist aber deutlich niedriger als z.B. das Risiko einer Übertragung von Hepatitis B. Die Empfehlungen zur HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) [6] beinhalten neben Sofortmaßnahmen die Bestimmungen für eine medikamentöse Postexpositionsprophylaxe und sollen somit die Etablierung einer persistierenden (fortdauernden) Infektion im Organismus und die Vermehrung eingedrungener Viren verhindern. Je früher die Prophylaxe beginnt, desto wirksamer ist sie.
Infektionen durch intravenösen Drogenkonsum
Bei intravenös drogenkonsumierenden Personen bergen verschiedene Formen der gemeinschaftlichen Verwendung von Injektionsutensilien, vor allem Spritzen und Kanülen, HIV-Übertragungsrisiken. Diese werden unter anderem davon beeinflusst, wie viele Personen dieselben Utensilien benutzen.
Mutter-Kind-Übertragung
Bei HIV-infizierten Schwangeren besteht ein erhebliches Risiko der Übertragung des Virus auf das Neugeborene, falls keine risikovermindernden medizinischen Maßnahmen ergriffen werden. Kinder können durch ihre infizierten Mütter im Mutterleib, während der Geburt und beim Stillen angesteckt werden.
Verbreitung
Meldeverfahren und epidemiologische Erhebungsinstrumente
Nachdem 1981 aus den USA Berichte über die ersten Fälle des später als AIDS bezeichneten Krankheitsbildes eintrafen, wurden auch in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1982 die ersten AIDS-Fälle aus Frankfurt am Main, München und Berlin berichtet. In den folgenden Jahren stieg die Zahl der jährlich neu diagnostizierten Patienten rasch an, was eine Erfassung der Situation und der Entwicklung in Deutschland erforderlich machte. Die Überwachung der HIV/AIDS-Epidemie in Deutschland basiert auf verschiedenen Instrumenten, die beiden wichtigsten sind das AIDSFallregister und die HIV-Labormeldepflicht.
AIDS-Fallregister
Seit 1982 werden die freiwilligen und anonymen Fallberichte der behandelnden Ärzte über AIDS Erkrankungs- und -Todesfälle in der Bundesrepublik Deutschland in einem zentralen Fallregister zusammengetragen und ausgewertet. Grundlage der Meldungen ist die jeweils geltende AIDS-Falldefinition zur epidemiologischen Überwachung in Europa. Das AIDS-Fallregister liefert die Daten für die Abschätzung des Ausmaßes der AIDS Epidemie. Schlussfolgerungen über Ausmaß und Verlauf der HIV-Epidemie lassen sich für die ersten Jahre der Epidemie aus Rückrechnungsmodellen auf Grundlage der beobachteten AIDS- Fälle ziehen. Seit Einführung hochwirksamer antiretroviraler Kombinationstherapien Mitte der 1990er Jahre spiegelt die AIDS-Fallstatistik jedoch nicht mehr den natürlichen Verlauf der HIV-Infektion (mit Zeitverzögerung) wider. Daher gewinnen die Meldungen über diagnostizierte HIV- Infektionen (siehe HIV-Labormeldepflicht) für die Einschätzung des Verlaufs und der Dynamik der HIV- Epidemie erheblich an Gewicht.
HIV-Labormeldepflicht
Ab 1987 wurden nach der Laborberichtsverordnung (LabVO) von dem die Untersuchung durchführenden Laborarzt alle in einem Bestäti- gungstest HIV-positiven Befunde anonym an das AIDS-Zentrum im Bundesgesundheitsamt bzw. später an das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet. Ein besonderes Problem bei der Interpretation dieser Daten zeigte sich darin, dass ein zuverlässiger Ausschluss von Mehrfachmeldungen auf der Basis der unkodierten, nichtnamentlichen Meldungen nicht möglich war. Im Jahr 1993 wurde die Labormeldung um eine freiwillige Meldung des behandelnden Arztes ergänzt, die eine Unterscheidung in wahrscheinliche Erstdiagnosen, Mehrfachmeldungen und Meldungen ohne Angaben zum Meldestatus erlaubte. Die Zahl der Neuinfektionen wird mangels direkter Messmöglichkeit näherungsweise als Summe der Erstdiagnosen und des wahrscheinlichen Anteils an Erstdiagnosen unter den Meldungen ohne Angaben zum Meldestatus kalkuliert. Seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Jahr 2001 [7] müssen HIV-Diagnosen anonymisiert, aber mit einer fallbezogenen Verschlüsselung gemäß §7 Absatz 3 des IfSG durch das diagnostizierende Labor direkt an das RKI gemeldet werden. Der einsendende Arzt ist zur Ergänzung der Labormeldung um demographische, klinische und anamnestische Angaben auf einer Durchschrift des Labormeldebogens verpflichtet.Ergänzt wurden die beiden Erhebungsinstrumente unter anderem durch Ergebnisse des Anonymen Unverknüpften Testens (AUT) bei Neugeborenen ( 1993-1999) - ein anonymes Screening auf HIV-Antikörper bei allen Neugeborenen in Berlin, Niedersachsen und Bayern (1994/95). Screening bezeichnet eine auf bestimmte Kriterien (z.B. Tests, Laborwerte) ausgerichtete, orientierende Suche nach bisher nicht bekannten Erkrankten bzw. Betroffenen.
Aktuell werden im Rahmen der »Klinischen Surveillance der HIV-Erkrankung« (KlinSurv HIV) regelmäßig Daten zum klinischen Verlauf, zu Laborparametern und zur Therapie der HIV Erkrankung bei HIV-Patienten in Deutschland erhoben. Daneben werden die bei der routinemäßigen Testung aller Blutspender ermittelten Daten über die Häufigkeit von HIV bei allen Erst- und Mehrfachspendern in Deutschland vierteljährlich an das RKI gemeldet und ausgewertet (Blutspender- Screening).
Seit 1991 wurde in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin die HIV- Messstellenstudie zur Ergänzung der im AIDS-Zentrum gewonnenen Daten genutzt. In größeren Fachambulanzen für Geschlechtskrankheiten und HIV/AIDS-Beratungsstellen in Großstädten wurden Daten über neu als HIV- positiv diagnostizierte Personen erhoben und monatlich in anonymisierter Form an die Studienzentrale im RKI übermittelt. Seit 1995 werden in dieser Studie auch weitere diagnostizierte sexuell übertragbare Krankheiten differenziert. Diese Erhebung zusätzlicher Daten zu HIV- Infektionen und sexuell übertragbaren Krankheiten (STD) wurde ab dem Jahre 2002 ausgeweitet und mit einem modifizierten Erhebungsinstrumentarium bundesweit im Rahmen des STD-Sentinelsystems, fortgeführt [8]. Niedergelassene Ärzte, STD- und HIV- Beratungstellen der Gesundheitsämter und Fachambulanzen teilen dem RKI als Sentinels (lateinisch für Wachposten) alle neu aufgetretenen STD`s mit.
Das RKI stellt regelmäßig die aktuellen Daten zur Entwicklung von HIV- Infektionen und AIDS Erkrankungen in Deutschland zur Verfügung, die auf den Internetseiten des RKI abrufbar sind ( www.rki.de/ ).
Entwicklung bei den HIV-Infektionen in Deutschland
Die Gesamtzahl der Ende 2004 lebenden, mit HIV infizierten Personen (d.h. abzüglich der bereits Verstorbenen) wird auf circa 46.500 geschätzt, davon sind circa 83% Männer, 17% Frauen und unter ein Prozent Kinder. Die Schätzung für die Zahl der HIV-Neuinfektionen (Inzidenz) beläuft sich, bei einem Frauenanteil von 13%, gegenwärtig auf etwa 2.600 für das Jahr 2005, bei seit 2002 ansteigender Tendenz. Diese Schätzung gilt für Infektionen in Deutschland bzw. bei zum Zeitpunkt der Infektion in Deutschland wohnhaften Personen, d.h. Infektionen bei Migranten aus so genannten Hochprävalenzregionen sind hierbei nicht berücksichtigt. Die Gesamtzahl der seit Beginn der HIV- Epidemie bis Ende 2004 infizierten Personen wird auf circa 73.000 geschätzt.Da die Zahl der HIV-Neuinfektionen nur geschätzt werden kann (siehe HIV-Labormeldepflicht), stützen sich die Angaben zum Zeitverlauf der HIV- Inzidenz in erster Linie auf Ergebnisse von Modellrechnungen [9]. Nach diesen hatte in Deutschland die Ausbreitungsgeschwindigkeit der HIV-Epidemie bereits in den Jahren 1983/1984 ihren Höhepunkt erreicht.
Insbesondere unter homo- bzw. bisexuellen Männern breitete sich die HIV- Infektion durch ungeschützten Geschlechtsverkehr schnell aus. Die höchste HIV-Inzidenz unter den intravenös (i. v.) Drogenabhängigen ist später eingetreten, doch wie bei den homo- bzw. bisexuellen Männern bereits seit Mitte der 1980er Jahre aufgrund von Verhaltensänderungen (aber auch Sättigungsprozessen) rückläufig. Der Anteil der Frauen unter den i. v. Drogengebrauchern liegt bei knapp 30%. Wiederum mit ein- bis zweijähriger Verzögerung kam es zu einem Anstieg der über heterosexuelle Kontakte erworbenen Infektionen. Der Anteil der Frauen unter den Personen, die ein heterosexuelles Infektionsrisiko angeben, liegt bei 45%.
Trends in den verschiedenen Betroffenengruppen
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der HIV- Erstdiagnosen in den einzelnen Betroffenengruppen.zur Tabelle mit Werten
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Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)
In Deutschland bleibt die Gruppe der MSM die Gruppe, die das Bild der HIV-Epidemie am stärksten prägt. Gegenwärtig kommt es unter den MSM zu etwa 1.800 Neuinfektionen pro Jahr. Der Trend bei den HIV-Erstdiagnosen in der Gruppe der MSM war zunächst seit 1993 rückläufig. Seit etwa 2002 wird eine sich im Zeitverlauf beschleunigende Zunahme der HIV-Erstdiagnosen registriert. Von 2002 bis 2004 nahm die Meldung von HIV-Erstdiagnosen bei MSM um 50% zu. Zeitgleich wurde eine deutliche Zunahme von Syphilisinfektionen bei MSM beobachtet. An zugrunde liegenden Verhaltensänderungen lassen sich ein Rückgang des Kondomgebrauchs sowohl mit dem festen Partner als auch mit nicht festen Partnern und eine Zunahme der Zahl riskanter Kontakte feststellen.Die Altersverteilung bei HIV-Erstdiagnosen unter MSM hat sich in den letzten Jahren nur wenig verändert: der Anteil der unter 30-jährigen und der 40- bis 50-jährigen Männer hat sich leicht erhöht. Die meisten HIV-Erstdiagnosen werden aber weiterhin in der Altersgruppe der 30- bis 39-jährigen Männer diagnostiziert. Wiederholungsbefragungen [10] zur Reaktion homosexueller Männer auf AIDS legen nahe, dass der Anteil von Personen mit niedrigerem Bildungsniveau unter den HIV-Infizierten in den letzten Jahren angestiegen ist. Der Anteil von Personen nichtdeutscher Herkunft unter den Männern, die sich über gleichgeschlechtliche Sexualkontakte infiziert haben, entspricht zwar vordergründig deren Anteil an der Allgemeinbevölkerung, die Verteilung der Herkunftsländer ist allerdings nicht proportional zu den Herkunftsländern von Ausländern in der Gesamtbevölkerung. HIV- infizierte MSM nichtdeutscher Herkunft stammen meist aus anderen westeuropäischen Ländern sowie aus Nord- und Südamerika.
Intravenöse Drogengebraucher (IVDA)
Gegenwärtig infizieren sich etwa 200 bis 250 i.v. Drogenkonsumenten pro Jahr mit HIV. Der Anteil der Frauen liegt aktuell bei 28%. Verhaltensänderungen haben vor allem bei i.v. Drogenabhängigen in erheblichem Ausmaß stattgefunden. Während die Wiederverwendung bzw. der gemeinsame Gebrauch von unzureichend gereinigten Spritzen und Nadeln - unterstützt durch Spritzenaustauschprogramme - im allgemeinen deutlich eingeschränkt wurde, bleibt deren mehrfache Benutzung von verschiedenen Personen an Orten, wo saubere Spritzbestecke nicht uneingeschränkt verfügbar sind (u.a. Justizvollzugsanstalten), eine erhebliche Infektionsgefahr [11].Der Anteil von i.v. Drogengebrauchern an den erstmals diagnostizierten HIV-Infektionen ist von 13,2% im Jahre 1994 auf 5,6% im Jahr 2004 zurückgegangen. Dieser Rückgang war in den Großstädten stärker ausgeprägt als in den übrigen Regionen. Der Anteil von Personen nichtdeutscher Herkunft ist jedoch in dieser Betroffenengruppe besonders hoch (2001-2004 bei 38% der Meldungen mit Herkunftsangabe). Unter den weiblichen Drogengebraucherinnen ist der Anteil der Personen nichtdeutscher Herkunft dabei deutlich geringer (18%) als unter den männlichen Drogengebrauchern (46%). Die dramatische Ausbreitung von HIV unter Drogengebrauchern in Osteuropa (ehemalige Sowjetunion), die Ende der 1990er Jahre einsetzte, schlägt sich auch in einem steigenden Anteil von aus dieser Region stammenden Drogengebrauchern unter den HIV Erstdiagnosen in Deutschland nieder. In den Jahren 2003 und 2004 wurde erstmals seit 1993 in einigen Bundesländern eine Zunahme von HIV Erstdiagnosen bei Drogengebrauchern berichtet. Es handelte sich um die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Zeitgleich erhöhte sich der Anteil der Drogengebraucher mit Herkunft aus Osteuropa. Die Zunahme repräsentiert daher wahrscheinlich eine Welle von HIV-Infektionen bei Drogengebrauchern mit engen Kontakten nach Osteuropa, die parallel zur dort ablaufenden HIV-Epidemie bei Drogengebrauchern verlief. Ob sich damit bereits eine über diese Teilgruppe hinaus weisende Trendwende in dieser Betroffenengruppe abzeichnet oder ob es sich um eine auf diese Teilpopulation beschränkt bleibende Infektionswelle handelt, lässt sich derzeit noch nicht absehen.
Heterosexuelle Transmission (Hetero; ohne Personen aus Hochprävalenzländern)
In der Gruppe der über heterosexuelle Kontakte In.zierten begann die HIV-Epidemie gegenüber den anderen Betroffenengruppen mit einer deutlichen Verzögerung, da es sich in erster Linie um sekundäre Infektionen über Partner aus den anderen - primär betroffenen - Gruppen handelt. In den letzten Jahren wurden in dieser Gruppe in Deutschland gleich bleibend etwa 200 bis 250 Erstdiagnosen pro Jahr registriert. Der Anteil der Frauen lag bei 45%. Auch wenn es bislang keine Hinweise dafür gibt, dass HIV sich außerhalb der primären Betroffenengruppen ( MSM; IVDA) in größerem Umfang eigenständig in der heterosexuellen Bevölkerung ausbreitet, kann eine Zunahme der heterosexuellen Transmission bei Veränderungen des Risikoverhaltens und der Rahmenbedingungen ( z.B. größere heterosexuelle HIV- Epidemie in Osteuropa) in den nächsten Jahren auch nicht ausgeschlossen werden. Die Entwicklung der Zahl der HIV-Infizierten, bei denen eine Infektion über heterosexuelle Kontakte als wahrscheinlich angenommen wird, wurde in der Vergangenheit mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Obwohl die HIV-Infektionen in dieser Gruppe bisher insgesamt lediglich einen kleinen Teil aller HIV-Neudiagnosen in Deutschland darstellen, sind hier in den letzten Jahren die stärksten prozentualen Zunahmen zu verzeichnen gewesen. So hat der Anteil der Fälle mit vermuteter heterosexueller Transmission von 2,3% für die Jahre vor 1988 auf 12,8% im Jahr 2004 deutlich zugenommen.
Personen aus Hochprävalenzländern (HPL)
Personen, die aus Ländern mit einer hohen HIV Prävalenz (Erkrankungshäufigkeit) stammen, in denen die heterosexuelle Transmission der vorherrschende Übertragungsweg ist, stellen epidemiologisch eine gesonderte Gruppe dar. Zu den Hochprävalenzregionen zählen definitionsgemäß alle Regionen, in denen mehr als 1% der erwachsenen Bevölkerung im Alter zwischen 14 und 49 Jahren mit HIV infiziert ist. Dies umfasst derzeit alle Länder in Subsahara-Afrika, drei Länder in Indochina und einige Staaten in der Karibik und Mittelamerika. Bisher (Stand Anfang 2004) fallen osteuropäische Staaten noch nicht in die Kategorie der Hochprävalenzländer, obwohl in einigen Ländern der Anteil von 1% Infizierten an der Gesamtbevölkerung bereits erreicht wird. Die meisten dieser Personen, bei denen in Deutschland eine HIV-Infektion diagnostiziert wird, dürften diese Infektion bereits in ihrem Heimatland erworben haben. Die HIV-Infektion kann aber auch bei Besuchen im Heimatland oder bei Sexualkontakten mit Partnern aus derselben Herkunftsregion in Deutschland erworben worden sein. Das HIV-Erfassungssystem (siehe Meldeverfahren) kann angesichts der Tatsache, dass in den meisten Fällen das Infektionsdatum unklar ist, zwischen diesen Möglichkeiten nicht differenzieren. Die Anzahl der aus diesen Regionen stammenden, in Deutschland lebenden Personen ist nicht genau bekannt. Sie dürfte sich in einer Größenordnung von circa 500.000 Personen bewegen, mit vermutlich leicht steigender Tendenz. Der Anteil der Frauen an den aus Hochprävalenzländern stammenden HIV- Infizierten in Deutschland lag in den letzten fünf Jahren (2000-2004) bei knapp über 60%. Bei der Teilgruppe der Asylbewerber ist in den letzten Jahren eher ein leichter Rückgang von Personen aus Hochprävalenzländern zu verzeichnen.Die Fälle bei Personen aus HPL machen in Deutschland aktuell circa 20% aller HIV-Erstdiagnosen aus. In welchem Ausmaß sich HIV-Übertragungen innerhalb von Migrantenpopulationen in Deutschland oder bei Heimatbesuchen bereits länger in Deutschland lebender Migranten ereignen, ist aus den bereits genannten Gründen und mangels spezieller Untersuchungen derzeit nicht bekannt. Insbesondere in den neuen Bundesländern (aber auch in den Gebieten der alten Bundesländer außerhalb der Epizentren) wo die Zahl der HIV- Infizierten insgesamt relativ gering ist, kann der Anteil der Personen aus Hochprävalenzregionen unter den HIV- Erstdiagnosen bis zu 60% erreichen.
Die steigende Zahl von HIV-Diagnosen bei Personen aus Hochprävalenzregionen spiegelt zum einen eine bessere Erfassung und Meldung der Herkunftsregionen wider, zum anderen die noch weitgehend ungebremste Zunahme der HIV Prävalenz in den jeweiligen Herkunftsregionen. Die Bildung von mehr oder weniger geschlossenen Gemeinschaften der in Deutschland lebenden Personen aus diesen Ländern, der eingeschränkte Zugang zum deutschen Gesundheitswesen vor allem bei illegalen Migranten aus diesen Regionen und die schlechtere Erreichbarkeit für die üblichen Präventionsbotschaften begünstigen auch die Infektion in Deutschland und machen spezielle Präventionsstrategien erforderlich.
Unklar ist, wie hoch der Anteil der in Deutschland mit einer HIV-Infektion diagnostizierten Personen aus Hochprävalenzregionen ist, der noch vor der Diagnose einer AIDS-Erkrankung Deutschland wieder verlässt. Die behandlungsbedürftige HIV- Infektion ist nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein Abschiebehindernis für eine Abschiebung in Länder ohne Verfügbarkeit einer adäquaten HIV-Behandlung.
Die besondere Situation von Frauen
Während bei den HIV- infizierten Männern der Anteil der heterosexuell Infizierten etwa gleich groß ist wie der Anteil der Männer mit Herkunft aus einer Hochprävalenzregion (13% versus 11% bei den HIV- Meldungen im Zeitraum 2001 bis 2004), sind bei den mit HIV infizierten Frauen in Deutschland heterosexuelle Kontakte mit knapp über 30% als Infektionsursache deutlich geringer vertreten als die Herkunft aus einer Hochprävalenzregion (knapp 60%). Das vergleichsweise höhere Infektionsrisiko von Frauen in Hochprävalenzregionen hat verschiedene Ursachen. Biologisch gesehen ist für Frauen der ungeschützte Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Mann mit einem höheren Infektionsrisiko verbunden als für Männer der ungeschützte Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Frau. Zusätzlich wird das Infektionsrisiko von Frauen in vielen Ländern außerhalb Europas durch ihre gesellschaftliche Stellung und Machtlosigkeit erhöht. Je stärker Frauen von Männern emotional oder wirtschaftlich abhängig sind, desto schwerer fällt es ihnen, ihre gesundheitlichen Interessen durchzusetzen. Durch die ungleiche Machtposition in sexuellen Beziehungen sind Mädchen und Frauen meist nicht in der Lage zu bestimmen, ob und unter welchen Bedingungen Sexualverkehr stattfindet und z.B. auf dem Gebrauch von Kondomen zu bestehen. Ziel muss es daher in diesen Ländern sein, die soziale und ökonomische Stellung der Frauen zu verbessern und Männer durch Prävention gezielt zu erreichen, damit sie sich und ihre Frauen vor einer Infektion schützen.Frauen und Mädchen sind im Alltagsleben, vor allem aber in Kriegs- und Konfliktsituationen der Gefahr sexueller Gewalt ausgesetzt, was das Risiko einer HIV-Infektion erhöht. Daneben sind Frauen, vor allem in Entwicklungsländern, stärker von den indirekten Folgen der Immunschwächekrankheit betroffen. Da Frauen den größten Anteil der Betreuung und die Pflege von chronisch kranken, an AIDS erkrankten Angehörigen übernehmen, kommt es zu einer höheren Arbeitsbelastung der Frauen und Mädchen. Durch die Übernahme der Pflege können Mädchen nicht mehr die Schule besuchen. Bildung ist aber ein Faktor, um der Ausbreitung von HIV und AIDS zu begegnen [12].
Die Situation von in Deutschland lebenden HIV-infizierten Frauen ist von sozialer Isolation, Diskriminierung und schwierigen ökonomischen Verhältnissen geprägt. Besonders dramatisch ist die Situation von HIV-infizierten akut drogenabhängigen Frauen, bei denen sich die psychischen, physischen und sozialen Probleme der Drogenabhängigkeit mit den Belastungen der HIV-Infektion verbinden. Bei HIV-infizierten Müttern bedroht die Krankheit nicht nur die eigene, sondern möglicherweise auch die Existenz der Kinder [13]. Die Lage von Migrantinnen mit HIV, bei denen neben den oftmals kulturellen und sprachlichen Barrieren eine teilweise migrationsbedingte Benachteiligung besteht (siehe Personen aus Hochprävalenzländern), ist besonders schwierig. Demzufolge sind unterschiedliche und verschieden strukturierte frauenspezifische Hilfsangebote erforderlich, um die jeweilige Zielgruppe unter den Frauen zu erreichen.
Weltweit sind nahezu die Hälfte aller von HIV und AIDS betroffenen Menschen Mädchen und Frauen. Die UN-Initiative ( The Global Coalition on Women and Aids) vereinigt deshalb ein breites Spektrum von Aktivitäten, um die verheerende Wirkung von AIDS auf Frauen und Mädchen weltweit zu verringern [14].
Kinder (prä-/perinatale Infektionen; PPI)
Die über die HIV-Labormeldepflicht gesammelten Daten geben bis 1998 keine genaue Auskunft über die tatsächliche Anzahl der HIV-infizierten Kinder in Deutschland. Schätzungen belaufen sich auf eine Zahl von zwischen 300 und 500. Auf der Basis von anonym durchgeführten Untersuchungen an Restblutproben (AUT) von Neugeborenen in Berlin, Niedersachsen und Bayern in den Jahren 1993 bis 1998 kann angenommen werden, dass in Deutschland damals pro Jahr etwa 80-100 Kinder von HIV-infizierten Müttern zur Welt gebracht wurden. Ab etwa 1993/1994 konnte sukzessive die Übertragungsrate von der Mutter auf das Kind durch eine Kombination verschiedener präventiver Maßnahmen (siehe Prävention) auf unter 2% gesenkt werden. Bei gleich bleibender Zahl HIV infizierter Schwangerer und optimaler medizinischer Betreuung wäre daher aktuell pro Jahr mit nicht mehr als 2 HIV-infizierten Neugeborenen zu rechnen. Die tatsächliche Zahl von HIV-Infektionen bei Neugeborenen ist jedoch deutlich höher. Dies hat mehrere Ursachen:Die Zahl der Schwangerschaften bei HIV- infizierten Frauen hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Von den HIV-Behandlungszentren für Schwangere wird die Zahl der dort betreuten pro Jahr ausgetragenen Schwangerschaften bei HIV-infizierten Frauen auf aktuell circa 200 geschätzt.
Nicht alle HIV-Infektionen bei Schwangeren werden rechtzeitig erkannt und dadurch unterbleiben alle oder ein Teil der transmissionsverhindernden Maßnahmen.
Bei im Ausland geborenen Kindern wird eine HIV-Infektion oft erst nach der Einreise Deutschland diagnostiziert.
Der Anteil der deutschen Kinder (Geburtsland und Herkunftsland der Mutter Deutschland) an den HIV-Infektionen bei Kindern liegt (unter Hinzunahme des Anteils »unbekannter« Herkunft der Mutter) bei maximal 20%. Recherchen auf Grundlage der Daten des HIV-Melderegisters haben gezeigt, dass auch offenbar peripartal erworbene HIV-Infektionen nicht selten erst im Rahmen der Differentialdiagnose bei klinisch auffälligen Kindern beim Pädiater diagnostiziert werden. Selbst Frauen, die in Deutschland Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, wird offenbar nicht immer ein HIV-Test angeboten, der eine Infektion der Mutter aufdecken und eine Übertragung auf das Kind verhindern könnte.
Hämophile
Hämophilie (Bluterkrankheit) ist eine Erbkrankheit, bei der die Blutgerinnung gestört ist. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung erfolgt eine Behandlung durch die Gabe von so genannten Faktorenpräparaten (Blutpräparate). Vor der Einführung der Virusinaktivierung von Blutprodukten kam es Anfang der 1980er Jahre zur Übertragung von Virusinfektionen auf die Hämophilie-Patienten. Um die HIV-Epidemie bei Hämophilen nachzuzeichnen, ist man auf Modelle angewiesen, die - ausgehend von den Daten dokumentierter Fälle und Annahmen über den Zeitraum von der Infektion bis zur Erkrankung an AIDS - versuchen, wahrscheinliche Zeitpunkte der Infektion zu errechnen. Danach kann davon ausgegangen werden, dass der Höhepunkt der HIV-Inzidenz bei Blutern bereits während des Jahres 1982 erreicht wurde und dass 66-81% aller letztendlich HIV-infizierten Hämophilen (in Deutschland und Österreich) die Infektion vor Januar 1983 erworben haben [14].Auf der Basis der Erhebungen der Deutschen Hämophilie-Gesellschaft, der Daten des AIDS Fallregisters und Meldungen nach der Laborberichtsverordnung lässt sich die Gesamtzahl der HIV-infizierten Bluter in Deutschland auf maximal 1.300 schätzen. Die Zahl der nach dem Gesetz über die humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen ( HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995) Entschädigung suchenden HIV infizierten Hämophilen sowie deren Hinterbliebenen liegt mit etwas weniger als 800 Personen noch deutlich darunter. Durch die Einführung virusinaktivierter Präparate und die routinemäßige Testung aller Spender seit Oktober 1985 konnten HIV-Neuinfektionen in dieser Betroffenengruppe nahezu vollständig ausgeschlossen werden.
Empfänger von Bluttransfusionen oder Blutprodukten
Das höchste Risiko, eine HIV- Infektion durch eine Bluttransfusion zu erwerben, bestand wahrscheinlich in den Jahren 1982/1984. Es ist anzunehmen, dass in diesen Jahren je etwa 200 Personen auf diesem Weg infiziert wurden. Nach 1985 - dem Jahr der Einführung der Pflichttestung aller Spender - ist diese Zahl fast auf Null gesunken [16]. Aufgrund des so genannten diagnostischen Fensters können aber Infektionen über Bluttransfusionen bis heute nicht mit allerletzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Insgesamt sind nach Einführung des Spender-Screenings in Deutschland im Jahre 1985 noch 11 HIV-Übertragungen durch Blut oder Blutprodukte bekannt geworden. Nicht genau feststellbar ist die Zahl der Patienten, die über eine Bluttransfusion oder Behandlung mit Blutprodukten außerhalb Deutschlands infiziert wurden, weil die Angaben zum Infektionsrisiko in diesen Fällen in der Regel nicht überprüft werden können.
Entwicklung bei den AIDS-Fällen in Deutschland
Dem AIDS-Fallregister sind von 1982 bis zum 31.12.2004 insgesamt 23.546 Fälle berichtet worden. Davon sind 55,9% als bereits verstorben bekannt. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der AIDS-Neuerkrankungen (AIDS-Inzidenz) nach Halbjahr der Diagnose sowie die Zahl der nach Adjustierung für den Meldeverzug noch zu erwartenden Berichte.zur Tabelle mit Werten
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Korrigiert man die Zahl der gemeldeten Fälle für den zu erwartenden Meldeverzug sowie zusätzlich für eine regional unterschiedlich stark ausgeprägte Untererfassung (Fälle, die nie gemeldet werden), erhält man eine geschätzte Gesamtzahl von 31.000 AIDS-Erkrankungen bis zum Ende des Jahres 2004. Nach dieser Schätzung sind bis Ende 2004 insgesamt circa 74%, d.h. etwa 23.000 aller bisher an AIDS erkrankten Patienten verstorben. Die Zahl der Ende 2004 lebenden Patienten, bei denen zu irgendeinem Zeitpunkt eine AIDS-definierende Erkrankung diagnostiziert worden ist, kann somit auf etwa 8.000 geschätzt werden. Anfang der 1990er Jahre wurden Höchstwerte von ungefähr 2.000 AIDS-Erstdiagnosen pro Jahr erreicht. Mit der Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten und einer daraus resultierenden Vorverlegung des Behandlungsbeginns sank die Zahl der AIDS-Diagnosen ab Mitte der 1990er Jahre drastisch auf derzeit etwa 850 Fälle pro Jahr ab. Auch die Zahl der Todesfälle bei HIV-Infizierten ist von circa 2.000 pro Jahr in der ersten Hälfte der 1990er Jahre auf derzeit etwa 750 gesunken.
Entwicklung der Fallzahlen bei den Frauen
Der Anteil der Frauen an allen bisher an AIDS erkrankten Personen beträgt derzeit 13% (siehe Abbildung 4). Dieser Anteil hat sich im Laufe der Jahre von 6,6% für die Jahre vor 1988 auf einen Anteil von über 20% für die in den Jahren 2003 bis 2004 diagnostizierten AIDS-Fälle erhöht.zur Tabelle mit Werten
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Das Anwachsen des Anteils der Frauen an der Gesamtzahl der AIDS-Fälle reflektiert die Zunahme von AIDS-Fällen in Betroffenengruppen mit einem höheren Anteil von Frauen. Bis 1989 war der Anstieg des prozentualen Anteils der Frauen an den AIDS-Fällen in erster Linie durch die Zunahme des Anteils der Drogenabhängigen bedingt, von denen circa ein Drittel Frauen sind. Seit 1990 wird die Vergrößerung des Anteils der Frauen in erster Linie durch einen steigenden Anteil von AIDS-Fällen mit heterosexueller Transmission hervorgerufen, von denen mehr als die Hälfte (55%) Frauen sind. Die Mehrzahl der AIDS-Patienten mit heterosexueller Transmission stammt zudem aus Hochprävalenzregionen und der therapiebedingte Rückgang der AIDS-Fallzahlen seit 1996 fällt in dieser Betroffenengruppe deutlich geringer aus als in den anderen Gruppen mit definierbarem Infektionsrisiko.
Knapp die Hälfte (41%) aller bisher an AIDS erkrankten Frauen haben sich über i. v. Drogenkonsum infiziert. Der Anteil der an AIDS erkrankten Frauen, die sich über heterosexuelle Kontakte infiziert haben, hat sich von 20% für die Jahre vor 1990 auf 44% in den Jahren nach 1998 mehr als verdoppelt.
Entwicklung der Fallzahlen nach Infektionsrisiko
Die AIDS-Epidemie in der Bundesrepublik Deutschland wird jedoch hauptsächlich durch die Erkrankungsfälle in der Gruppe der homo- bzw. bisexuellen Männer und der i. v. Drogenabhängigen geprägt, die zusammen knapp 80% aller Fälle ausmachen.Der Anteil der Fälle mit vermuteter heterosexueller Transmission (inklusive Personen mit Herkunft aus Hochprävalenzregionen) hat aber in den letzten Jahren überproportional zugenommen und wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren noch weiter leicht zunehmen. Bei den aktuell diagnostizierten Fällen (in den Jahren 2003-2004) beträgt der Anteil etwa 20%. Das ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Fallzahlen bei Personen aus HPL mit vermutlich heterosexueller Transmission seit Mitte der 1990er Jahre nicht abgenommen haben. Personen aus HPL stellen derzeit etwa zwei Drittel der auf heterosexuellem Wege infizierten AIDS-Patienten.
AIDS-Fälle bei Kindern spielen in der Bundesrepublik aus epidemiologischer Sicht nur eine untergeordnete Rolle.
Nach wie vor bestimmen wenige Großstädte das epidemiologische Geschehen. Über die Hälfte aller an AIDS Erkrankten leben in den Großstädten Berlin, Frankfurt am Main, München, Köln, Düsseldorf und Hamburg, vor 1987 betrug der Anteil noch 60%. Aus dem übrigen Bereich der alten Bundesländer (ohne die Zentren) stammten 48% der in den letzten Jahren (2001-2004) diagnostizierten Fälle. Der Anteil der Patienten, die aus den neuen Bundesländern stammen (ausgenommen Berlin), erhöhte sich von unter 1% bis 1990yy auf 2% im Zeitraum 2001-2004.
Altersverteilung
Das durchschnittliche Alter aller Patienten (über 12 Jahre) zum Zeitpunkt der AIDS-Diagnose beträgt 39,1 Jahre (Männer: 39,7 Jahre; Frauen 35,5 Jahre). Anhand der Altersverteilung der AIDS- Patienten (siehe Tabelle 2) zeigt sich, dass zum Zeitpunkt der Diagnose die Mehrzahl der Patienten zwischen 25 und 49 Jahre alt sind.
Tabelle 2
Altersgruppe | männlich | weiblich |
---|---|---|
unter 1 Jahr | 0,0% | 0,5% |
1 bis 4 Jahre | 0,1% | 0,9% |
5 bis 9 Jahre | 0,1% | 0,3% |
10 bis 12 Jahre | 0,0% | 0,2% |
13 bis 14 Jahre | 0,1% | 0,0% |
15 bis 19 Jahre | 0,4% | 0,7% |
20 bis 24 Jahre | 2,5% | 5,9% |
25 bis 29 Jahre | 11,1% | 21,1% |
30 bis 39 Jahre | 40,8% | 45,0% |
40 bis 49 Jahre | 27,3% | 15,4% |
50 bis 59 Jahre | 13,7% | 6,2% |
60 bis 69 Jahre | 3,2% | 2,9% |
über 69 Jahre | 0,5% | 1,0% |
Gesamt | 100% | 100% |
Diese unterschiedliche Altersverteilung erklärt sich in erster Linie durch die unterschiedliche Verteilung auf die einzelnen Betroffenengruppen bei Männern und Frauen sowie durch die verschiedene Altersverteilung innerhalb dieser Gruppen. Homosexuelle Männer sind mit durchschnittlich 40 Jahren - mit Ausnahme der Transfusionsempfänger (49,4 Jahre) und der Fälle ohne Angaben zum Infektionsweg (43,2 Jahre) - zum Zeitpunkt der AIDS- Diagnose die Gruppe mit dem höchsten Durchschnittsalter. Bei allen Betroffenengruppen sind die Frauen im Durchschnitt um 2 bis 4 Jahre jünger als die Männer.
Prävention
Angesichts des Fehlens einer kurativen Behandlung und eines vor der Infektion schützenden Impfstoffes bleibt die wirksamste Maßnahme zur Begrenzung der HIV-Epidemie die Verhütung von Neuinfektionen. Dazu muss der oder die Nichtinfizierte die Infektionsrisiken kennen, vermeiden oder sich entsprechend schützen. Die mit HIV infizierten Personen müssen wissen, wie sie sich zu verhalten haben, um die Weitergabe der Infektion zu verhindern und dieses Wissen problemgerecht umsetzen.Die herkömmlichen Maßnahmen des Infektionsschutzes zur Eindämmung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten (Identifikation von Infizierten, Verhaltensregeln für In.zierte, Quarantänemaßnahmen und Behandlung) sind bei der HIV-Infektion nur sehr begrenzt anwendbar und wirksam. Dies liegt u.a. an der langen Inkubationszeit zwischen Infektion und klinisch manifester Erkrankung und an der Möglichkeit der Übertragung der Infektion durch symptomlose In.zierte, wobei die besonders hohe Infektiösität frisch infizierter, aber meist noch nicht diagnostizierter Personen, das Risiko einer weiteren Verbreitung von HIV noch erhöht.
Da in Deutschland wie in den meisten anderen entwickelten Industriestaaten Infektionsrisiken innerhalb der Bevölkerung sehr ungleich verteilt sind, müssen neben Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen, die an die gesamte Bevölkerung adressiert sind, besonders gefährdete Gruppen durch entsprechende zielgruppenspezifische Maßnahmen erreicht werden. Solche zielgruppenspezifischen Maßnahmen können nur dann erfolgreich sein, wenn sie ausgehend von der Akzeptanz unterschiedlicher Lebensstile und unterschiedlicher sexueller Präferenzen entwickelt werden. Bei der Umsetzung bedarf es einer Kombination massenmedialer Kampagnen und personalkommunikativer Strategien vor Ort, der Kombination verhaltenspräventiver und verhältnispräventiver Vorgehensweisen und der Kooperation staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen. Präventionsbotschaften müssen sich dabei an der Lebenswirklichkeit orientieren und die sozialen, kulturellen und religiösen Hintergründe der Zielgruppen berücksichtigen. Moralisierende Botschaften mit Absolutheitsanspruch erfüllen solche Kriterien in aller Regel nicht.
In Deutschland gibt es im Kampf gegen HIV/AIDS und andere sexuell übertragbare Krankheiten schon seit Mitte der 1980er Jahre eine erfolgreiche Arbeitsteilung zwischen der staatlichen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die sich mit ihren Maßnahmen in der Präventions- Kampagne »Gib AIDS keine Chance« an die Allgemeinbevölkerung richtet, und nichtstaatlichen Organisationen, wie z.B. der Deutschen AIDS-Hilfe, die Präventionsangebote für besonders bedrohte und betroffene Gruppen entwickelt. Daneben ist die Arbeit der einzelnen Selbsthilfeorganisationen unverzichtbar, weil sie den besten Zugang zu ihren Zielgruppen haben. Informations- und Aufklärungskampagnen für die gesamte Bevölkerung sind aber nicht zuletzt die Voraussetzung für die breite gesellschaftliche Akzeptanz der Präventionsbotschaften und dafür, dass die Prävention in einem Klima der Solidarität und ohne Diskriminierung wirksam werden kann. Ergänzt werden die Aktivitäten durch die Deutsche AIDS-Stiftung, die sich vor allem mit der sozialen Dimension von HIV/AIDS befasst, etwa indem sie Einzelfallhilfen für Betroffene in Not leistet sowie Projekte für Menschen mit HIV und Aids in Deutschland und anderen Ländern unterstützt.
Entsprechend der Übertragungswege sind folgende Präventionsmaßnahmen zu nennen:
Prävention der sexuellen Übertragung von HIV:
Als präventive Maßnahmen zum Schutz vor der sexuellen Übertragung von HIV gilt, dass insbesondere bei neuen oder wechselnden Sexualpartnern Kondome verwendet werden sollten (safer sex). Vor dem Verzicht auf die Verwendung von Kondomen in auf Dauer angelegten Partnerschaften sollte gegebenenfalls der HIV-Status abgeklärt werden.
Prävention der Übertragung durch erregerhaltiges Blut/Blutprodukte:
Das Risiko, in Deutschland eine HIV-Infektion durch Bluttransfusionen zu erwerben ist heute verschwindend gering geworden. Neben der Untersuchung auf Hepatitis-C- und Hepatitis-B-Virusinfektionen sowie Syphilis müssen seit 1985 alle Spenden auf das Vorliegen von Antikörpern gegen HIV untersucht werden. Dies ist auch im § 5 Transfusionsgesetz verankert. Seit dem 01.05.2004 ist die Testung auf das Vorliegen von HIV- Erbmaterial, die eine Erkennung auch sehr frischer HIV Infektionen ermöglicht, ebenfalls als Pflichttest im Blutspendewesen eingeführt worden. Diese Testung war in den Jahren zuvor bereits sukzessiv von der Mehrzahl der Blutspendedienste eingeführt worden. Hierdurch wird das ohnehin schon minimale Restrisiko einer HIV- Übertragung noch weiter verkleinert und wird derzeit auf kleiner als 1 in 1,5 Millionen Transfusionen geschätzt.Dennoch können theoretisch in der sehr frühen Phase der Infektion alle HIV- Tests noch negativ (»Fensterphase«) ausfallen, eine dann geleistete Blutspende kann aber bereits infektiös sein. Daher werden die Blutspender noch zu möglichen Risikofaktoren für den Erwerb einer HIV Infektion befragt und, falls diese vorliegen, von der Blutspende ausgeschlossen. Eine Blutspende sollte daher auch nie dazu dienen, einen HIV-Test durchführen zu lassen, weil dies zu einer Gefährdung der Patienten führen kann, die auf Transfusionen angewiesen sind.
Neben Testung und Spenderauswahl dient weiterhin die Quarantänelagerung von Frischplasma für vier Monate der Infektionssicherheit. Das Plasma darf erst dann transfundiert (übertragen) werden, wenn der Spender vier Monate nach der eigentlichen Spende weiterhin HIV-negativ getestet wird. Hierdurch wird im Bereich der Plasmaspenden ein Restrisiko durch »Fensterphasespenden« praktisch ausgeschaltet. Plasma, das zur Herstellung von Plasmaprodukten, z.B. Gerinnungsfaktoren für Bluterkranke, verwendet wird, wird im Hinblick auf HIV nach den gleichen Kriterien gewonnen wie normale Blutspenden. Darüber hinaus müssen bei der Herstellung mindestens zwei zur Inaktivierung/Eliminierung von HIV wirksame Verfahren eingesetzt werden. Hierdurch ist die Übertragung von HIV durch diese Produkte nahezu ausgeschlossen. Dass diese Vorschriften eingehalten werden, wird durch die Zulassung und die regelmäßige Überwachung der Blutspendedienste und deren Produkte durch die zuständigen Behörden der Länder und durch das Paul-Ehrlich-Institut gewährleistet. Das Robert Koch-Institut erfasst nach § 22 des Transfusionsgesetzes außerdem vierteljährlich anonymisiert die entdeckten HIV- Infektionen unter Blutspendern, um Veränderungen in dieser Bevölkerungsgruppe schnell zu erfassen und zu bewerten.
Prävention der Mutter-Kind-Übertragung von HIV:
Eine Kombination verschiedener präventiver Maßnahmen ermöglicht es, die Übertragung von HIV von der Mutter auf ihr Kind zu verhindern. Dazu zählen eine antiretrovirale Therapie in der Schwangerschaft, eine Kaiserschnittentbindung, eine antiretrovirale Prophylaxe beim Neugeborenen und der Verzicht auf Stillen. Voraussetzung dafür, dass diese Maßnahmen erfolgreich eingesetzt werden können, ist, dass der HIV-Status der Schwangeren bekannt ist. Dazu sollte allen Schwangeren ein HIV-Antikörpertest mit einer kompetenten Beratung angeboten werden. Falls erforderlich, sollten ein Dolmetscherdienst und eine Vermittlungsstelle einbezogen werden, um die Schwangere gegebenenfalls an entsprechende Beratungseinrichtungen weiter verweisen zu können. Die Rate der Mutter-Kind-Übertragung liegt mit diesen Maßnahmen und einer optimalen Betreuung der Schwangeren bei unter zwei Prozent. Ohne medizinische Betreuung in.zieren sich circa 20-40% der Kinder von HIV-positiven Müttern, was vor allem in ärmeren Ländern der Fall ist. Dort fehlt es vielerorts an Medikamenten, der medizinischen Infrastruktur (Labordiagnostik, Kaiserschnitt) und sauberem Wasser für die Flaschennahrung. Weitere Hindernisse sind neben unzureichenden Schwangerenvorsorgeleistungen mit entsprechender Beratung die unzureichende Kenntnis über den HIV-Status der Schwangeren.
Präventionsmaßnahmen in den Hauptbetroffenengruppen
Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten
Nach dem Aufkommen von AIDS haben Männer, die sexuelle Kontakte mit Männern haben ( MSM), in bis dahin nicht bekanntem Ausmaß die Verwendung von Kondomen beim Analverkehr zur Gewohnheit gemacht. Mittlerweile wird ungeschützter Analverkehr als Hauptübertragungsweg für HIV in dieser Betroffenengruppe mehrheitlich entweder ganz gemieden, findet innerhalb fester Partnerschaften statt oder wird sporadisch auf Grundlage mehr oder weniger zutreffender Risikoabwägungen mit ausgewählten Partnern praktiziert. Dass trotzdem noch immer mehr als die Hälfte der HIV-Neuinfektionen in Deutschland bei MSM stattfinden, hängt in erster Linie mit den vergleichsweise hohen Partnerfrequenzen und der mittlerweile erreichten HIV-Prävalenz in dieser Betroffenengruppe zusammen. Seit Mitte der neunziger Jahre ist zudem ein allmählicher Rückgang des Kondomgebrauchs zu beobachten. Dazu mag auch eine durch verminderte Sterblichkeit und verbesserte Lebensqualität steigende Zahl sexuell aktiver HIV-infizierter Männer beitragen. Vor allem in Großstädten, in denen eine größere Zahl HIV- infizierter Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten lebt, haben sich subkulturelle Szenen gebildet, in denen ungeschützter Analverkehr unter der Annahme praktiziert wird, dass die Beteiligten ihren Infektionsstatus kennen und damit evtentuell verbundene Risiken bewusst in Kauf nehmen. Übertrieben optimistische Einschätzungen der Behandlungsmöglichkeiten sowie ein im Umgang mit neu auftretenden Risiken zu erwartender Übergang von Risikovermeidungs- auf Risikominimierungsstrategien spielen anscheinend ebenfalls eine wichtige Rolle für die rückläufige Bereitschaft, sich konsequent durch Kondomgebrauch zu schützen.
i. v. Drogengebraucher
Durch Wegfall von Zugangsbarrieren zu sterilen Einmalspritzen und -Kanülen, die Möglichkeit niedrigschwelliger Spritzenaustauschprogramme sowie durch die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen (Besitz von Spritzen bei potentiellen Drogenkonsumenten wird von Strafverfolgungsbehörden nicht mehr gegen die Drogengebraucher verwendet) konnte die gemeinschaftliche Verwendung von Spritzen als HIV-Übertragungsrisiko bei i. v. Drogengebrauchern in Deutschland deutlich reduziert werden. Auch die Ausweitung von Substitutionsangeboten hat zu einer Reduktion von HIV-Neuinfektionen beigetragen. Schwachpunkte der HIV- Prävention bei Drogengebrauchern sind die unbefriedigende Situation in Haftanstalten, wo die wenigen, hinsichtlich der Infektionsprävention durchaus erfolgreichen Pilotprojekte zum Spritzenaustausch nicht etwa weiter ausgebaut, sondern aus finanziellen Gründen wieder eingestellt werden. Als schwierig erweisen sich die für Präventionsangebote schwerer zugänglichen, eher privat organisierten ländlichen Drogenszenen. Ein weiterer Problembereich ist der intravenöse Drogenkonsum bei Migranten aus Osteuropa, die wenig oder gar keinen Kontakt mit dem etablierten Drogenhilfesystem in Deutschland haben.
Notwendigkeit grenzüberschreitender Prävention
HIV-relevante Probleme in Grenzregionen, insbesondere in Grenzregionen mit starkem Wohlstandsgefälle, sind Prostitution, Menschen- und Drogenhandel. Durch polizeiliche Maßnahmen alleine sind diese Probleme nicht zu beseitigen. Sie sollten daher durch niedrigschwellige und aufsuchende Präventions- und Behandlungsangebote ergänzt werden. Eine Koordination solcher Angebote und Maßnahmen mit denen von Polizei und Grenzschutzbehörden ist unabdingbar, um die Wirksamkeit dieser Hilfsangebote nicht zu beeinträchtigen und Hilfesuchende durch zu starken Verfolgungsdruck nicht von derartigen Angeboten fernzuhalten. Neben mehrsprachigen Präventions- und Aufklärungsmaterialien gehören anonyme Beratungs- und Testangebote sowie Möglichkeiten der Therapie von sexuell übertragbaren Infektionen inklusive der HIV-Infektion für Nichtkrankenversicherte und Personen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus zum Spektrum der notwendigen Angebote, die möglichst auf beiden Seiten einer Grenze vorhanden sein sollten.Eine Zunahme der HIV -Problematik ist in den kommenden Jahren insbesondere an den östlichen Grenzen der Europäischen Union durch die Entwicklung der HIV-Epidemie in Osteuropa zu erwarten. Dort ist seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre die Zahl der HIV-Neuinfektionen dramatisch angestiegen. Bislang erfolgte dies vorwiegend unter intravenös Drogen konsumierenden Personen, zunehmend werden mittlerweile aber auch HIV- Übertragungen auf heterosexuellem Wege berichtet. Außerdem konsumiert ein erheblicher Teil der im Prostitutionssektor tätigen Frauen auch intravenös Drogen, so dass für diese ein doppeltes Risiko für eine HIV-Infektion besteht. Aufgrund der geringen politischen Aufmerksamkeit, die dem Problem HIV/AIDS in dieser Region bislang gewidmet wird, sind durchgreifende Präventionserfolge nicht absehbar und es muss mit einer weiteren Zunahme der Infizierten gerechnet werden. Es ist möglich, dass sich in den Staaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten ( GUS) eine Situation vergleichbar der in Subsahara- Afrika und Südostasien entwickelt, bei der eine versäumte rechtzeitige HIV- Primärprävention in besonders gefährdeten Populationen wie i. v. Drogengebrauchern und Prostituierten zu einer eigenständigen, die heterosexuelle Allgemeinbevölkerung betreffenden Epidemie führt. Durch den im Rahmen der EU-Osterweiterung zu erwartenden verstärkten Austausch von Menschen und Dienstleistungen zwischen Deutschland und Zentral- und Osteuropa wird eine solche Entwicklung zweifellos auch Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der HIV-Epidemie in Deutschland haben. Bereits jetzt (Ende 2004) ist bei den HIV-Erstdiagnosen in Deutschland ein steigender Anteil von Personen mit Herkunft aus Ost- und Zentraleuropa vor allem bei Drogengebrauchern und Personen mit heterosexuellem Übertragungsrisiko erkennbar (siehe Abbildung 5).
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Folgen
Gesundheitliche Beschwerden, Folgekrankheiten
Die Manifestation AIDS-definierender Erkrankungen kann heute durch eine rechtzeitig begonnene, erfolgreiche antiretrovirale Therapie weitgehend verhindert werden (siehe Therapie). Wird eine antiretrovirale Therapie erst nach einer AIDS- Manifestation begonnen, kann, sofern diese Erstmanifestation therapeutisch beherrschbar ist und überlebt wird, in den meisten Fällen mit einer deutlichen Verbesserung der virologischen und immunologischen Parameter und auch des klinischen Zustandes sowie der Überlebenszeit durch die Therapie gerechnet werden.Ein Problem können AIDS-definierende bösartige Neubildungen sowie Koinfektionen darstellen. Diese weisen, auch bei erfolgreicher antiretroviraler Therapie, eine höhere Progressionsrate, d.h ein Fortschreiten bzw. eine Verschlechterung des Krankheitszustandes, bei HIV-Infizierten als bei nicht HIV- Infizierten auf. Zu nennen sind hier vor allem chronische Hepatitis C- (HCV) und Hepatitis B- (HBV) Infektionen sowie genitale oder anale Infektionen mit onkogenen ( krebserzeugenden) Humanen Papillomavirustypen (HPV). Die Therapieerfolgsraten sind zudem bei bestehender HIV- Infektion niedriger, Nebenwirkungen der Therapie häufiger und schwerer (bei HCV, HBV) bzw. die Rückfallraten sind höher (bei HPV). Bei HIV- Patienten mit Hepatitis C als Koinfektion hat die HCV-bedingte Leberzirrhose mittlerweile AIDS als Todesursache überholt.
Völlig anders ist die Situation, wenn eine antiretrovirale Therapie aufgrund von Resistenzentwicklung gegen die verfügbaren Medikamente oder aufgrund einer Infektion mit bereits resistentem HIV nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich ist. In diesen Fällen kann zwar noch auf vorbeugende Behandlungen zur Verhütung der wichtigsten opportunistischen Infektionen zurückgegriffen werden, aber nicht gegen alle opportunistischen Infektionen stehen wirksame Prophylaxen zur Verfügung und eine medikamentöse Prophylaxe gegen AIDS-definierende bösartige Neubildungen gibt es nicht. Verlauf und Prognose einer AIDS-Manifestation hängen mittlerweile also wesentlich von der antiretroviralen Behandlungsgeschichte ab.
Die antiretrovirale Kombinationstherapie selbst kann sowohl akut beim Beginn einer Therapie als auch nach monate- bis jahrelanger Dauertherapie zu gesundheitlichen Beschwerden und Folgeerkrankungen führen. Die akuten, überwiegend gastrointestinalen Beschwerden bei Aufnahme einer Therapie treten nur vorübergehend auf oder können durch Austausch einzelner Medikamente beherrscht werden. Bei den Langzeitnebenwirkungen spielen mitochondriale Toxizität Nervenschädigungen, Störungen der Blutneubildung, Störungen der Fettspeicherung und der Zellatmung) und Lebertoxizität der Medikamente sowie Veränderungen im Fett- und Kohlehydratstoffwechsel eine wichtige Rolle. Die häufigsten und bedeutsamsten Folgeschäden der antiretroviralen Kombinationstherapien sind:
Das Lipodystrophie-Syndrom (Fettverteilungsstörung), eine Zunahme der Blutfettwerte, die Entwicklung von Insulinresistenz (Stoffwechselzustand mit hohen Insulinwerten trotz normaler oder erhöhter Blutzuckerkonzentration), Bluthochdruck, Nervenleiden, toxische Hepatitiden (Leberentzündungen) und Laktatazidosen (Übersäuerung des Blutes durch eine Anhäufung von Milchsäure (Laktat), welche in ausgeprägten Fällen zum Versagen der Nierenfunktion führen können). Noch ist unklar, in welchem Ausmaß die auftretenden Stoffwechselveränderungen als Risikofaktoren die Entwicklung von Gefäßerkrankungen (Koronare Herzerkrankung, Schlaganfall) beschleunigen.
Studien der letzten Jahre [17] belegen geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Erkrankung und bei der Therapie der AIDS-Infektion. Dennoch wurden in der AIDS-Forschung die medizinischen und psychosozialen Besonderheiten von Frauen lange nicht berücksichtigt. Es besteht jedoch Forschungsbedarf hinsichtlich einer Reihe von Fragestellungen. Diese betreffen unter anderem das unterschiedliche Nebenwirkungsspektrum der medikamentösen Therapie und ihre Auswirkungen auf die Einhaltung der Therapie (Compliance). Aber auch die Einflüsse und Wechselwirkungen der medikamentösen Therapie auf das Hormonsystem der Frauen sowie die psychosozialen Aspekte der Erkrankung sind Gegenstand von Untersuchungen (eine Übersicht findet sich auf den Seiten der Deutsche AIDS-Gesellschaft unter ( www.daignet.de/ ).
In der Verteilung der zur Diagnose AIDS führenden Erkrankungen konnten in den vergangenen Jahren Verschiebungen beobachtet werden. Die Verbesserung der Behandlungssituation seit 1996 schlägt sich jedoch kaum auf die prozentuale Verteilung der Diagnosen nieder (siehe Abbildung 6). Dies ist dadurch erklärbar, dass die überwiegende Mehrheit der aktuell noch an AIDS erkrankenden Personen vor der AIDS-Manifestation noch nicht antiretroviral behandelt wurde, meist weil die HIV-Infektion noch gar nicht diagnostiziert war. Die Mehrzahl der heutigen AIDS Patienten sind Personen, die von ihrer HIV-Infektion erst zusammen mit der AIDS-Manifestation erfahren haben. Die Zahl derjenigen, die trotz antiretroviraler Therapie an AIDS erkranken, ist im Vergleich dazu gering.
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Besonders auffällig ist die relative Abnahme von Fällen mit Kaposi-Sarkom als Erstmanifestation von AIDS (einschließlich der Fälle, bei denen ein Kaposi-Sarkom in Kombination mit einer opportunistischen Infektion aufgetreten ist) von 30% in den Jahren vor 1987 auf unter 10% in den Jahren nach 1995.
Da für die häufigste opportunistische Infektion, die Pneumocystis-Pneumonie, seit 1989 eine effektive Chemoprophylaxe etabliert ist, hätte man erwarten können, dass der Gesamtanteil der opportunistischen Infektionen an den Erstmanifestationen in der Folge abnehmen würde. Dieser ist aber im Verlauf der Jahre bei etwa 75% weitgehend konstant geblieben.
Als ein deutliches Zeichen für die Wirksamkeit der PCP-Prophylaxe ist jedoch die Abnahme des Anteils der PCP unter den Fällen mit opportunistischen Infektionen als Erstmanifestation seit 1989 zu beobachten (siehe Abbildung 7). Der Anteil der PCP verringerte sich insgesamt von 60% im Jahr 1987 auf Anteile zwischen 25 und 30% in den Jahren nach 1993. Infektionen aufgrund von Herpes-Simplex-Virus ( HSV), die eine Erkrankung der Haut und der Schleimhäute hervorrufen, verringerten sich ebenfalls seit den 1980er Jahren. Dafür nahmen andere opportunistische Infektionen, für die eine vergleichbar wirkungsvolle Prophylaxe bisher nicht etabliert ist, anteilmäßig zu. Zu nennen sind hier insbesondere die zerebrale Toxoplasmose, die Zytomegalie, eine Erkrankung, die durch das Zytomegalie-Virus (CMV) verursacht wird und bei der verschiedene Organe ( z.B, Augen, Darm, Lunge) betroffen sein können, sowie Mykobakteriosen, worunter Krankheiten verstanden werden, die durch Mycobakterien, wie z.B, dem Erreger der Tuberkulose ( TBC) verursacht werden. Es muss aber bedacht werden, dass auch ein Wandel in der Diagnostik Veränderungen im Spektrum der diagnostizierten Erkrankungen bedingen kann.
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Überlebenszeiten und Sterbealter
Ein offensichtlicher Effekt der verbesserten therapeutischen Möglichkeiten sind die im Verlauf der Epidemie deutlich länger gewordenen Überlebenszeiten nach der Diagnose AIDS. Bei der Interpretation der Überlebenszeiten nach AIDS Diagnose ist jedoch folgendes zu beachten: eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeiten kann bei Personen erwartet werden, die erst nach Auftreten einer AIDS-definierenden Erkrankung eine antiretrovirale Therapie beginnen. Mit deutlich kürzeren Überlebenszeiten nach AIDS-Diagnose müssen dagegen diejenigen Patienten rechnen, bei denen die AIDS-Manifestation eine Folge des virologischen, immunologischen und klinischen Versagens der antiretroviralen Therapie darstellt.In Tabelle 3 sind die mittleren Überlebenszeiten nach den jeweiligen Sterbejahren dargestellt. Die hier dargestellten Berechnungen der Zeit zwischen AIDS-Diagnose und Tod beziehen sich nur auf Patienten, die dem Robert Koch-Institut bis Ende 2004 mit bekanntem Sterbedatum als verstorben gemeldet worden sind (N=13.064).
Die mittlere Zeit zwischen AIDS-Diagnose und Tod hat sich für die nach dem Jahr 1995 Verstorbenen mit 27,9 Monaten im Vergleich zu den vor dem Jahr 1991 Verstorbenen mit 10,8 Monaten mehr als verdoppelt. Die Überlebenszeiten nach der AIDS-Diagnose sind, wie oben bereits angedeutet, nur ein Maß für die Fortschritte in der Behandlung der fortgeschrittenen HIV-Krankheit. Der Erfolg des früheren Einsatzes der antiretroviralen Therapie liegt in erster Linie in der Verlängerung der symptomfreien Zeit vor AIDS. Da jedoch nur in seltenen Fällen der genaue Zeitpunkt der Infektion bekannt ist, sind derartige Effekte anhand der Daten des AIDS-Fallregisters nicht quantifizierbar.
Tabelle 3
Sterbejahr | N |
Mediane Überlebensdauer (in Monaten) |
---|---|---|
1984 | 47 | 2 |
1985 | 148 | 4 |
1986 | 270 | 4 |
1987 | 451 | 5 |
1988 | 570 | 7 |
1989 | 805 | 11 |
1990 | 1.052 | 13 |
1991 | 1.161 | 14 |
1992 | 1.308 | 13 |
1993 | 1.453 | 15 |
1994 | 1.496 | 14 |
1995 | 1.364 | 14 |
1996 | 1.052 | 17 |
1997 | 498 | 18 |
1998 | 312 | 24 |
1999 | 263 | 27 |
2000 | 241 | 25 |
2001 | 193 | 24 |
2002 | 166 | 28 |
2003 | 140 | 60 |
2004 | 74 | 53 |
Gesamt | 13.064 | 13 |
Das durchschnittliche Sterbealter aller AIDS Patienten (über 12 Jahre) beträgt 41,2 Jahre (Männer 41,5 Jahre/Frauen 37,9 Jahre). Im Zeitverlauf hat das Sterbealter geringfügig von 40,1 Jahren für die bis 1990 Verstorbenen (Männer 40,3/Frauen 37,3) auf 42,8 Jahre für die seit 1996 Verstorbenen (Männer 43,5/Frauen 39,4) zugenommen. Analog der Altersverteilung in den verschieden Betroffenengruppen ist auch das Sterbealter für Personen aus Hochprävalenzregionen mit 34,4 Jahren (Männer 35,6/Frauen 33,1) und für die i. v. Drogenabhängigen mit 35,6 Jahren (Männer 36,2/Frauen 34,5) geringer als für die homo- bzw. bisexuellen Männer (42,1 Jahre) und die heterosexuell Infizierten (42,5 Jahre: Männer 46,3/Frauen 39,7) 1
Bezogen auf die Gesamtbevölkerung hat verbesserte Behandelbarkeit der HIV-Infektion bzw. -Erkrankung zu einem Rückgang der Todesursache HIV/AIDS in der Mortalitätsstatistik von 2,6 Sterbefällen pro 100.000 Einwohner im »Spitzenjahr « 1994 auf 0,6 Sterbefälle pro 100.000 im Jahre 2003 geführt. Der Rückgang ist bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen (siehe Abbildung 8). Trotz des deutlichen Rückgangs der HIV- bedingten Mortalität bleibt die HIV- Infektion bzw. AIDS vor allem bei Männern in Großstädten in mittleren Altersgruppen eine bedeutsame Todesursache. Beispielsweise in Berlin war die HIV-Infektion im Jahre 2003 bei 20- bis 30-Jährigen die zehnthäufigste Todesursache2.
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Auswirkungen auf die Lebensqualität
Auch wenn die HIV-Infektion durch die Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten in den letzten Jahren mehr und mehr zu einer chronischen Erkrankung geworden ist, beeinträchtigt sie nach wie vor in beträchtlichem Umfang die Lebensqualität. Zu nennen ist dabei vor allem die permanente Sorge um das mögliche Versagen der Therapie. Zukunftsängste, soziale Isolation, sexuelle Probleme und mögliche berufliche wie finanzielle Schwierigkeiten tragen zur Minderung der Lebensqualität bei und führen oft zu Depressionen und Stimmungsschwankungen bei den Betroffenen. Die psychische Situation der Betroffenen kann zudem die Fähigkeit beeinträchtigen, die verschriebenen Medikamente regelmäßig in der erforderlichen Dosierung und zum erforderlichen Zeitpunkt einzunehmen (Medikamenten-Adhärenz). Hinzu kommt das Erleben oder die Angst vor Nebenwirkungen, insbesondere solchen, die wie Durchfall und Fettverteilungsstörungen das partnerschaftliche und soziale Miteinander beeinträchtigen und die Krankheit wieder nach außen sichtbar machen. Depressionen und mangelndes Selbstwertgefühl stellen auch bedeutsame Risikofaktoren für das Praktizieren ungeschützter Sexualkontakte dar.Die regelmäßige Medikamenteneinnahme ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg der antiretroviralen Therapie, da das Absinken der Medikamentenspiegel bei unregelmäßiger Einnahme zur Vermehrung des HI-Virus und zur Selektion von resistenten Viren führt. Nach Gründen für die Nichteinnahme von Medikamenten befragt, werden häufig das Vergessen, sich in Gesellschaft anderer befinden, vor denen die Erkrankung geheim gehalten werden soll, die unvorhergesehene Abwesenheit von zu Hause und Medikamentennebenwirkungen aufgeführt [18]. Situationen oder Ereignisse, die eine regelmäßige Medikamenteneinnahme erschweren können, sind dem zufolge Abweichungen von der täglichen Routine sowie Depressionen und andere psychische Schwierigkeiten. Die Tablettenmenge, mehrmalige tägliche Einnahme und Diätvorschriften, die in den Anfangsjahren der antiretroviralen Kombinationstherapie Hindernisse für eine gute Einhaltung der gemeinsam von Patient und Arzt gesetzten Therapieziele darstellten, spielen bei den heute bevorzugt eingesetzten Medikamentenkombinationen keine entscheidende Rolle mehr.
Behandlung
Diagnostik und Nachweisverfahren
Die Diagnostik der HIV-Infektion stützt sich im Wesentlichen auf den Nachweis spezifischer Antikörper. Diese können in der Regel erst vier Wochen bis drei Monate nach der Infektion nachgewiesen werden. Nach etwa drei Monaten kann mit hoher Sicherheit gezeigt werden, ob HIV-Antikörper gebildet wurden (positives Testergebnis) oder nicht (negatives Testergebnis). Der Nachweis der Antikörper erfolgt in zwei Schritten: mit einem Antikörpersuchtest und bei positiver Reaktion in diesem Test mit einem nachfolgenden Bestätigungstest. Ein negatives Testergebnis ist nur aussagekräftig, wenn das letzte Infektionsrisiko mindestens drei Monate zurückliegt. Bei einem positiven Testergebnis des Such- und des Bestätigungstestes muss von einer HIV- Infektion ausgegangen werden.Neben dem HIV-Antikörper-Test ist auch der direkte Nachweis des Virus selbst oder seiner Bestandteile möglich. Von wachsender Bedeutung ist der Nachweis von HIV-Genom mittels Nukleinsäureampli fikationsverfahren (NAT), sowohl im Rahmen der Diagnose der akuten HIV- Infektion, als auch zur Verlaufs- und Therapiekontrolle. Eine nachgeordnete Rolle spielt die Virusanzucht aus Blut oder Lymphozyten der Infizierten. Dieses Verfahren ist experimentell und zeitlich aufwendig und daher für die Routinediagnostik ungeeignet. Die Einleitung einer HIV-Diagnostik ist nur nach vorheriger Aufklärung und Beratung der Patienten und mit deren Zustimmung zulässig.
Ein negatives Testergebnis nach einer Risikosituation bedeutet nicht, dass die betreffende Person immun oder besonders widerstandsfähig gegen HIV wäre - sondern nur, dass er oder sie Glück hatte. Das Einhalten der Präventionsregeln bleibt oberstes Gebot, um sich vor einer Infektion mit HIV zu schützen. Der HIV-Test selbst ist keine Schutzmaßnahme gegen eine spätere HIV Infektion.
Therapie
Die HIV-Erkrankung kann medikamentös behandelt werden, eine Heilung ist jedoch bislang nicht möglich. Nach derzeitigem Stand ist eine lebenslange Einnahme der antiretroviralen Medikamente notwendig. Die heute verfügbaren Medikamente setzen an verschiedenen Punkten des Vermehrungszyklus von HIV an. Bis Mitte der 1990er Jahre standen nur Substanzen aus einer Medikamentenklasse (Nukleosidanaloga) zur Verfügung, die zunächst als Einzelsubstanzen oder in Zweierkombinationen zur Behandlung eingesetzt wurden. Damit konnte die Viruskonzentration im Blut vorübergehend reduziert werden, was sich in einer Lebensverlängerung von circa ein bis drei Jahren niederschlug. Aufgrund der meist unvollständigen Hemmung der Virusreplikation entwickelten sich relativ rasch Resistenzen gegen die eingesetzten Medikamente, d.h. dass die Empfindlichkeit des Virus gegenüber antiretroviralen Hemmstoffen herabgesetzt ist.Mit der Entwicklung und Zulassung einer neuen Medikamentenklasse (Proteaseinhibitoren) wurde 1995/1996 das Konzept der »hochaktiven antiretroviralen Therapie« (HAART) entwickelt. Diese Behandlung besteht aus einer Kombinationstherapie mit in der Regel drei oder mehr Einzelsubstanzen, deren Ziel eine möglichst vollständige Unterdrückung der Virusreplikation ist. Solange das behandelte Virus noch keine Resistenzen gegen einzelne oder mehrere Substanzen aufweist, gelingt es mit solchen Kombinationstherapien meist, die Viruskonzentration im Blut auf Werte unterhalb der Nachweisgrenze der aktuell verfügbaren kommerziellen Testverfahren zu senken, welche derzeit bei 20 bis 50 Virusgenomkopien/ ml Blut liegt. Es handelt sich dabei um eine reine Suppressionstherapie, d.h. bei Absetzen der Medikamente kommt es innerhalb weniger Tage zum Wiederanstieg der Viruskonzentration.
Mittlerweile stehen mehr als 16 Einzelsubstanzen aus vier Medikamentenklassen sowie einige Kombinationspräparate für die antiretrovirale Kombinationstherapie zur Verfügung. Aufgrund von zahlreichen Wechselwirkungen mit synergistischen und antagonistischen, d.h. zusammenwirkenden bzw. gegensätzlichen Effekten, können nicht alle Substanzen wahllos miteinander kombiniert werden. Die Erkenntnisse zu Vor- und Nachteilen bestimmter Kombinationen befinden sich im ständigen Fluss. In von Expertengremien erarbeiteten und fortlaufend aktualisierten nationalen und internationalen Behandlungsempfehlungen werden die jeweils neuesten Erkenntnisse zusammengefasst.
Als Therapieziele gelten eine weitgehende Unterdrückung der Virusreplikation, welche auch eine Resistenzentwicklung möglichst lange verhindern soll, sowie eine Verbesserung und Stabilisierung der Immunkompetenz. Dazu werden in regelmäßigen Abständen die T-Helferzellzahlen und die Viruskonzentration im Blut bestimmt. Die Unterdrückung der Virusreplikation gelingt aber nicht vollständig und die zunächst gehegte Hoffnung, das Virus durch diese Suppressionstherapie aus dem Körper zu eliminieren, hat sich als unrealistisch erwiesen. Unter erfolgreicher Therapie geht die Viruskonzentration im Blut drastisch zurück und die T-Helferzellzahl steigt wieder an. Durch HIV selbst oder durch den HIV-bedingten Immundefekt verursachte Symptome verschwinden größtenteils, einige funktionelle Veränderungen und Defekte des Immunsystems bleiben aber bestehen. Je wirksamer die Virusvermehrung durch die Therapie unterdrückt wird, desto geringer ist die Gefahr, dass das Virus durch Mutationen gegen die eingesetzten Medikamente Resistenzen ausbildet. Daraus resultiert die Notwendigkeit, permanent ausreichend hohe Medikamentenwirkspiegel aufrecht zu erhalten. Durch neue Medikamente und Weiterentwicklung der Therapiestrategien sind in den letzten Jahren Therapieschemata entwickelt worden, bei denen mit einer zweimaligen bis einmaligen Medikamenteneinnahme pro Tag dieses Ziel erreicht werden kann. Es hat sich gezeigt, dass Frauen auf einzelne Medikamente der antiretroviralen Therapie anders reagieren als Männer, was eine geschlechtsspezifische Forschung hinsichtlich der Wirksamkeit und der Nebenwirkungen von Medikamenten erforderlich macht.
Die medizinische Behandlung und Betreuung von HIV-Infizierten sollte gemäß den DeutschÖsterreichischen Leitlinien zur Antiretroviralen Therapie (siehe Anhang) in der Hand spezialisierter Ärzte und Kliniken oder zumindest in enger Kooperation mit erfahrenen Behandlern erfolgen. In den meisten deutschen Großstädten gibt es inzwischen spezialisierte Klinikambulanzen oder HIV-Schwerpunktpraxen niedergelassener Ärzte.
Behandlungsbedarf bei verschiedenen Krankheitsstadien
Solange eine HIV-Infektion keine klinischen Beschwerden verursacht und noch keine Indikation für den Beginn einer antiretroviralen Behandlung vorliegt, beschränkt sich die medizinische Betreuung auf die Aufklärung des Patienten über Krankheitsverlauf, Behandlungsmöglichkeiten und Übertragungsrisiken sowie die Durchführung prophylaktischer Maßnahmen (Impfungen) und regelmäßige Kontrollen von Routineparametern, T-Helferzellzahl und Viruslast. Nicht-medizinische Betreuung ist in diesem Stadium vor allem in Form von Beratung zu gesellschaftlichen, beruflichen und psychischen Konsequenzen der Infektion für den Einzelnen und Hilfen zur Bewältigung entstehender Probleme notwendig.Nach Behandlungsbeginn ist eine regelmäßige Kontrolle des Behandlungserfolgs sowie die Beachtung von möglichen Nebenwirkungen der Behandlung erforderlich. Wichtig sind dabei auch die Unterstützung des Patienten bei der Aufrechterhaltung einer möglichst hohen Compliance (kooperatives Verhalten des Patienten beim konsequenten Befolgen der Therapie) und die Beachtung möglicher Medikamentenwechselwirkungen nicht nur der antiretroviralen Substanzen untereinander, sondern auch der antiretroviralen Medikamente mit anderen verschreibungspflichtigen und nicht-verschreibungsp.ichtigen Medikamenten, die zur Behandlung von Begleiterkrankungen eingesetzt werden.
Die symptomatische HIV-Erkrankung führt neben erhöhtem diagnostischem, medizinischem und p.egerischem Betreuungsaufwand auch verstärkt zu beruflichen, finanziellen und sozialen Problemen bei den Betroffenen. Der Bedarf für arbeits- und sozialrechtliche Beratung nimmt in diesem Stadium deutlich zu. Die durch verbesserte Behandlungsmöglichkeiten neu geschaffenen Lebensperspektiven für HIV-Infizierte eröffnen auch neue Problemfelder wie z.B. den Wiedereinstieg in das Berufsleben und die Durchführung medizinischer und psychosozialer Rehabilitationsmaßnahmen.
Versorgungsstrukturen und Ressourcen
Allein aufgrund der heute verbesserten therapeutischen Möglichkeiten und der dadurch bedingten Zunahme der Zeit zwischen HIV-Infektion und der Diagnose von AIDS bzw. dem Tod, würde - selbst bei gleichbleibenden HIV- Neuinfektionszahlen - seit Mitte der 1990er Jahre die Zahl der zu versorgenden HIV- bzw. AIDS-Patienten um circa 1.000 pro Jahr ansteigen. Auf Grundlage der von Kliniken und Schwerpunktpraxen mitgeteilten Patientenzahlen kann angenommen werden, dass sich derzeit circa 35.000 von geschätzten insgesamt 46.500 HIV- Patienten in Deutschland in regelmäßiger medizinischer Betreuung befinden. Davon werden zwischen 22.000 und 24.000 mit antiretroviralen Kombinationstherapien behandelt. Als überproportional hoch wird der Anteil noch unerkannter HIV-Infektionen bei Personen mit heterosexuellem Übertragungsrisiko angenommen. So auch bei Migranten aus Hochprävalenzregionen, ausgenommen derjenigen, die im Rahmen des Asylverfahrens auf HIV untersucht werden. Aufgrund von Restriktionen bei der medizinischen Behandlung, die das Asylbewerber- Leistungsgesetz vorgibt, entspricht die Qualität der medizinischen Betreuung von HIV-infizierten Asylbewerbern nicht immer derjenigen anderer HIV-Patienten.Die Versorgung HIV-Infizierter war gerade zu Beginn der Epidemie vor schwierige Probleme gestellt, da wenig über die Erkrankung und ihre Übertragungswege bekannt war. Zudem waren damals vorwiegend homosexuelle Männer und Drogengebraucher betroffen, was Berührungsängste auslöste und eine Diskriminierung von HIV- Infizierten in Krankenhäusern zur Folge hatte. In Berlin etablierte sich in den 1980er Jahren zwischen den niedergelassenen Ärzten und zwei Krankenhausabteilungen eine für Deutschland beispielhafte Kooperation, das »Schöneberger Modell«. Hauptanliegen war es, diese Berührungsängste zu überwinden. Darüber hinaus sollte durch die enge Zusammenarbeit zwischen den ambulanten und stationären Behandlern ein rascher Informationsaustausch erreicht werden, das stetige Anwachsen des Wissens über HIV und AIDS und die Behandlungsmöglichkeiten verarbeitet und weitergegeben werden und damit möglichst kurze Krankenhausaufenthalte für die Betroffenen erreicht werden. Das Konzept der Vernetzung von spezialisierten Schwerpunktpraxen, behandelnden Haus- und Fachärzten sowie Pflegediensten und stationären Einrichtungen hat sich bei der Betreuung und Behandlung von HIV/AIDS-Patienten durchgesetzt.
Psychosoziale Betreuung
Eine HIV-Infektion ist oftmals mit vielfältigen psychischen und sozialen Problemen verknüpft, welche professionelle und semiprofessionelle Hilfe erforderlich machen. Dafür können sich Betroffene an die ebenfalls in größeren Städten arbeitenden lokalen AIDS-Hilfen, an die HIV/AIDS-Beratungsstellen in den Gesundheitsämtern oder an die Beratungsstellen freier Träger wenden (eine Auswahl von Adressen befindet sich im Anhang). Bereits zu Beginn der HIV-Epidemie in Deutschland entstanden zuerst in Großstädten AIDS Selbsthilfegruppen, die vorwiegend von homosexuellen Männern gegründet wurden. Im Laufe der Jahre erweiterte sich das Spektrum sowohl der betreuten Personen als auch der Mitarbeiter der Selbsthilfegruppen um Drogengebraucher und Heterosexuelle. Die Selbsthilfeinitiativen sind in den Bereichen HIV-Aufklärung und -Prävention sowie in der psychischen und sozialen Beratung und Betreuung von Betroffenen tätig geworden und haben wesentliche Beiträge zur Eindämmung der HIV-Epidemie in Deutschland, zur individuellen und kollektiven Krankheitsbewältigung und zur Etablierung neuer Betreuungs- und Versorgungsstrukturen für HIV-Patienten geleistet. Zu nennen ist hier die Deutsche AIDS-Hilfe mit circa 120 Mitgliedsorganisationen (regionale AIDS-Hilfen, sonstige Mitgliedsorganisationen) und verschiedenen Netzwerken, die Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen auch vor Ort informieren und beraten (persönlich, telefonisch oder per E-Mail). Die Deutsche AIDS-Stiftung, hilft seit 1987 HIV-positiven und an AIDS erkrankten Menschen in materiellen Notlagen und unterstützt Projekte für Betroffene.
Kompetenznetz der Medizin HIV/AIDS
Das Kompetenznetz der Medizin HIV/AIDS (KompNet HIV/AIDS) ist eines von derzeit 17 Kompetenznetzen in der Medizin, welche vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Das primäre Ziel des KompNet HIV/AIDS besteht darin, möglichst alle in Deutschland im Bereich HIV und AIDS vorhandenen Kompetenzen in einem gemeinsamen Forschungs- und Kommunikationsverbund zu bündeln und somit günstigere Voraussetzungen für die Verbesserung der Behandelbarkeit der HIV-Erkrankung, der damit verbundenen Steigerung der Lebensqualität und der Verlängerung der Lebenserwartung von HIV-infizierten Patienten zu schaffen. Mit dem Aufbau von KompNet HIV/AIDS wurde eine Struktur geschaffen, die medizinische und wissenschaftliche Fragestellungen und Entwicklungen wesentlich rascher und ef.zienter aufnehmen und umsetzen kann, als dies aus der Summe einzelner Studien und Expertengruppen möglich wäre. Darüber hinaus bietet das Komp- Net HIV/AIDS als nationaler Forschungsverbund die Möglichkeit zu ef.zienter Kooperation mit europäischen und anderen internationalen Forschungsverbünden [19].
Kosten
Direkte Kosten
In der Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 20023 werden die laufenden Gesundheitsausgaben den einzelnen Krankheitsarten zugerechnet. Direkte Kosten berücksichtigen unter anderem Ausgaben für die ambulante und stationäre Versorgung, für Arzneimittel sowie für Präventions-, Rehabilitations- oder P.egemaßnahmen im Gesundheitswesen. Danach ent.elen auf die HIV-Krankheit (ICD 10: B20-B24) 140 Millionen Euro, das entspricht 0,06% der Gesamtkosten für dieses Jahr. Die Kosten .elen zu 76% bei den Männern an. Die Mehrzahl der Kosten lag bei beiden Geschlechtern auf der Altersgruppe der 30- bis 45-Jährigen.Aufgrund der schnellen Veränderungen in der Therapie der HIV-Infektion liegen für Deutschland nur wenige aktuelle Berechnungen der Therapiekosten pro Fall vor. Zu den aussagekräftigsten Berechnungen gehört eine in Hannover vorgenommene monozentrische Abschätzung der Krankheitskosten aus dem Jahre 1997, die im Jahre 2000 nochmals aktualisiert wurde und damit auch eine Aussage über den zeitlichen Verlauf zulässt [20]. Die anhand eines Kollektivs von 201 Patienten für das Jahr 1997 berechneten direkten Kosten betrugen durchschnittlich pro Patient 35.858 Euro. Der Hauptanteil der direkten Kosten (circa 50%) entfiel auf die antiretrovirale Therapie, gefolgt von Hospitalisierungskosten, Begleitmedikation, Laborkosten, Arztkosten und bildgebenden Verfahren. Die Ermittlung der Kosten für eine Patientenkohorte von 156 Patienten im Jahre 2000 zeigte überraschenderweise einen Rückgang der direkten Kosten in allen wesentlichen Bereichen (durchschnittliche Kosten 26.017 Euro), obwohl der Anteil der antiretroviral behandelten Patienten und die Intensität der Behandlung zugenommen hatten. Die Kostenreduktion beruhte im Wesentlichen auf der häufigeren Verwendung Kosten sparender Therapieschemata, die außerdem klinisch effektiver waren und dadurch auch Begleitmedikation, Arztbesuche und Laborkosten verminderten. Die Kosten pro Jahr schwanken je nach Erkrankungsstadium zwischen knapp 19.000 Euro für einen Patienten im CDC-Stadium I, etwa 25.000 Euro für einen Patienten im CDC-Stadium II bis zu durchschnittlich 34.000 Euro für einen Patienten im CDC-Stadium III. In der Studienpopulation sind symptomatische und fortgeschrittene Krankheitsstadien überrepräsentiert. Bei der Übertragung der übermittelten Werte auf die Gesamtheit aller HIV-Infizierten werden daher wahrscheinlich die direkten Kosten überschätzt.
Indirekte Kosten
Indirekte Kosten drücken den Ressourcenverlust für die Gesellschaft durch Arbeitsunfähigkeit, Invalidität und vorzeitigen Tod von Erwerbstätigen aus. Dabei kann der Schwerpunkt der Betrachtung auf den verlorenen Erwerbstätigkeitsjahren oder auf den verlorenen Lebensjahren liegen, wodurch auch die nichterwerbstätige Bevölkerung einbezogen wird. Eine Gesamtschätzung der indirekten Kosten der HIV-Infektion liegt derzeit nicht vor.
Arbeitsunfähigkeit
Zahlen zu HIV/AIDS bedingten Arbeitsunfähigkeitsfällen und -tagen liegen für Pflichtmitglieder der AOK vor (zum Stichtag 1.7.2004 circa 33% der Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung). Für die Diagnose HIV/AIDS waren im Jahr 2004 bei den Männern 1,2 und bei den Frauen 0,8 Fälle je 10.000 Pflichtmitglieder zu verzeichnen. Die durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit je Fall betrug 34 Tage bei den Männern und 28 Tage bei den Frauen und hat sich nach Etablierung verbesserter Therapien deutlich verkürzt 4.
Frühberentung
Die Zahl der Frühberentungen bei HIV/AIDS war in den 1990er Jahren aufgrund der vor allem therapiebedingten Veränderungen des Krankheitsverlaufes deutlichen Schwankungen unterworfen. Von 586 Rentenzugängen infolge AIDS oder HIV Erkrankung im Jahre 1992 5 stiegen die Zahlen auf einen Spitzenwert von 1.179 Rentenzugängen im Jahre 1996. In den Folgejahren sank die Zahl der Rentenzugänge bis zum Jahr 2004 auf 385 ab (334 Männer und 51 Frauen) 6. Das Durchschnittsalter bei Rentenbeginn betrug bei den Männer 44 Jahre und bei den Frauen 41 Jahre.
Verlorene Lebens- und Erwerbstätigkeitsjahre
Im Jahr 2002 lag der Verlust an Lebensjahren durch die HIV-Krankheit bei den Männern insgesamt bei 23.000 Jahren und bei den Frauen bei 6.000 Jahren. Insgesamt gingen 10.000 Erwerbstätigkeitsjahre bei den Männern durch die HIV-Krankheit verloren, bei den Frauen waren es 2.000.Je nach Berechnungsart ergeben sich sehr unterschiedliche indirekte Kosten der HIV-Infektion. Die Unterschiede beruhen dabei im Wesentlichen darauf, dass verschiedene Berechnungsmodelle die ökonomische Situation auf dem Arbeitsmarkt verschieden berücksichtigen. Nach dem Humankapitalansatz [21] ergeben sich durchschnittliche indirekte Kosten pro Patient und Jahr von 27.781 Euro, nach dem Friktionsansatz [22] jedoch nur ein Zehntel dieser Kosten (2.730 Euro). Der Humankapitalansatz überschätzt tendenziell die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten längerer Abwesenheit vom Arbeitsplatz, da er kein Korrekturelement dafür enthält, dass durch Umorganisation und/oder Einstellung neuer Arbeitskräfte der volkswirtschaftliche Schaden gerade in Zeiten mit hohem Angebot an Arbeitskräften niedriger liegt. Dem trägt der Friktionsansatz Rechnung, indem der volkswirtschaftliche Verlust durch krankheitsbedingten Produktionsausfall höchstens für die Dauer bis zur (durchschnittlichen) Neubesetzung der vakanten Stelle berechnet wird. Diese Periode wurde in der oben wiedergegebenen Berechnung mit sechs Monaten angenommen.
Durch die heute zur Verfügung stehenden verbesserten therapeutischen Möglichkeiten und die sich dadurch verlängernden Überlebenszeiten, nimmt sowohl die Behandlungsdauer als auch die Zahl der behandelten Patienten weiter zu. Im Vergleich mit der Situation vor Einführung der antiretroviralen Kombinationstherapien haben sich zwar die direkten und indirekten Kosten der Behandlung eines HIV-Infizierten pro Jahr vermindert, da aber auch die Mortalität erfolgreich gesenkt werden konnte, fallen die Kosten pro Patient länger an. Insgesamt erhöhen sich daher die Kosten der HIV-Infektion für das Gesundheitsbudget.
Handlungsbedarf, Perspektiven, Ziele
In Deutschland ist es durch eine frühzeitig begonnene, pragmatisch durchgeführte und arbeitsteilig organisierte HIV-Prävention gelungen, die Zahl der HIV-Infektionen auf ein vergleichsweise niedriges Niveau zu begrenzen. Der daraus resultierende geringe gesellschaftliche Problemdruck hat jedoch dazu geführt, dass nach der anfänglich großzügigen Finanzierung von HIV-Prävention die Mittel für Präventionsmaßnahmen deutlich reduziert worden sind. Während auf Bundesebene die Ausgaben für Aufklärungsmaßnahmen seit 1996 immerhin weitgehend stabil geblieben sind (für 2005: 9,2 Millionen Euro), wurden Ausgaben für AIDS-Prävention auf Bundesland- und kommunaler Ebene in den letzten Jahren zum Teil erheblich reduziert. Eine Weiterentwicklung der HIV-Prävention, die sich auch den veränderten Gegebenheiten kontinuierlich anpassen muss, wird dadurch erschwert. Gleichzeitig führen die verminderte soziale Wahrnehmbarkeit von HIV und AIDS, der Verlust des Neuigkeitsaspektes, der soziale Abwärtstrend der Epidemie und die mögliche medikamentöse Behandlung des Problems HIV/AIDS zu einer verminderten Attraktivität des Bereiches für ehrenamtliches Engagement und Selbsthilfe. Es ist daher dringend erforderlich, die finanzielle Unterstützung der HIV-Prävention fortzusetzen und vor allem die Infrastruktur von Einrichtungen, die personalkommunikative Aufklärung, Beratung und Betreuung anbieten, aufrecht zu erhalten.Selbstzufriedenheit über das Erreichte wäre im Bereich der HIV-Prävention fatal. Es hat sich gezeigt, dass gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen, vor allem in Osteuropa, zu einer explosiven Ausbreitung der HIV-Epidemie seit Mitte der 1990er Jahre geführt haben, nachdem es dort über ein Jahrzehnt hinweg nur zu sporadischen Infektionen gekommen war. Auch die aktuell in Deutschland zu registrierende Zunahme von HIV-Neudiagnosen bei Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten muss als ernst zu nehmende Warnung vor einer weiteren Vernachlässigung der HIV-Präventionsanstrengungen verstanden werden.
Bei der Entwicklung und Umsetzung präventiver Maßnahmen ist zu beachten, dass mit zunehmender Dauer der Bedrohung durch HIV auf der individuellen und kollektiven Ebene Strategien der Risikominimierung zunehmend die zunächst vorherrschenden Strategien der Risikovermeidung ersetzen. Als Folge dieser Entwicklung ist u.a. ein erneuter Anstieg sexuell übertragbarer Infektionen (STD) in den letzten Jahren insbesondere bei homosexuellen Männern zu beobachten, was nicht zuletzt auf eine Zunahme der Partnerfrequenzen hinweist. Nachdem in den 1980er und 1990er Jahren die Meinung herrschte, die HIV Prävention mache eine gesonderte Präventionsarbeit für andere sexuell übertragbare Infektionen überflüssig, muss diese Ansicht zumindest für ho- mosexuelle Männer revidiert werden. Eine breiter angelegte, integrierte HIV- und STD-Prävention sollte neu konzipiert werden. Dies erfordert eine Stärkung der lokalen Präventionsarbeit und die Schaffung niedrigschwelliger STD-Präventions- und Behandlungsangebote, bei gleichzeitiger Fortführung massenmedialer Aufklärung und Motivierung.
Zwar war auch bei den i. v.-Drogenkonsumenten die Zahl neu diagnostizierter HIV-Infektionen in den letzten Jahren rückläufig, aber auch hier gibt es erste Indizien für eine Trendwende und ein zweites großes Infektionsproblem, die Hepatitis C-Virusinfektion, welche bislang kaum beachtet wird. Neue Drogenhandelsrouten durch Osteuropa, die eine dramatische HIV-Epidemie unter Drogengebrauchern in dieser Region zur Folge hatten, sowie eine zunehmende Verbreitung synthetischer Drogen sind Elemente sich verändernder Rahmenbedingungen, welche die Risikosituation auch in Deutschland rasch ändern können.
Für die heterosexuelle Ausbreitung von HIV in Deutschland ergeben sich aus der Entwicklung der HIV-Epidemie in Osteuropa damit ebenfalls neue Risiken.
Erhebliche De.zite in allen Bereichen von Prävention, Betreuung und Behandlung gibt es in den Bereichen der legalen und illegalen Migration. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern mit vergleichbarem oder sogar höherem Migrationsdruck fehlen in Deutschland z.B. Möglichkeiten, illegal hier lebende Migranten adäquat medizinisch zu betreuen. Bislang wird die HIV/AIDS-Problematik nur in wenigen Ausnahmefällen in die Ausländerarbeit integriert. Es gibt keine einheitliche Regelung für HIV-Test- und Beratungsangebote für Asylsuchende, für die Berücksichtigung des HIV-Status und der lokalen Existenz von Behandlungskompetenz bei der Zuweisung von Aufenthaltsorten. Das Gebot, behandlungsbedürftige Personen nicht in Länder abzuschieben, in denen eine Behandlung der HIV-Infektion nicht möglich ist, wird durch unzutreffende Auskünfte über und Einschätzungen der Behandlungsmöglichkeiten unterlaufen.
Fußnoten
1
Robert Koch-Institut, AIDS-Fallregister
2
Todesursachenstatistik, Statistisches Bundesamt
3
Statistisches Bundesamt (2004) Krankheitskosten 2002. Wiesbaden
4
Krankheitsartenstatistik 2004, AOK
5
Statistik des Rentenzugangs 1992, VDR
6 Statistik des Rentenzugangs 2004, VDR
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Anhang
Beratung
Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
Unter
www.aidshilfe.de
sind Kontaktadressen,
Telefonnummern und E-Mail-Adressen lokaler
AIDS-Hilfeeinrichtungen recherchierbar.
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Unter
www.aidsberatung.de
sind Kontaktadressen
für eine persönliche AIDS-Beratung und
Telefonnummern für telefonische Beratungsangebote
zu finden.
Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte
in der Versorgung
HIV-Infizierter e.V.
Kontaktadressen von Ärzten, die auf die Behandlung
der
HIV-Infektion spezialisiert sind
finden sich unter
www.dagnae.de
Behandlungsleitlinien
Die jeweils aktuellen HIV-Behandlungs-Leitlinien werden u.a. auf den Webseiten der Deutschen AIDS-Gesellschaft www.daignet.de und des Robert Koch-Instituts www.rki.de > Infektionskrankheiten A-Z > HIV > Therapie > Leitlinien publiziert.
Epidemiologische Situation von HIV/AIDS
weltweit
über das Portal des
HIV/AIDS Programms der
Vereinten Nationen:
www.unaids.org
und/oder der Weltgesundheitsorganisation:
www.who.int
europaweit
über das Portal der
HIV/AIDS Überwachung in
Europa (EuroHIV)
unter
www.eurohiv.org/
deutschlandweit
über das Portal des Robert Koch-Instituts unter:
www.rki.de
> Infektionskrankheiten A-Z > HIV
> Epidemiologie
Spenden, Hilfen für Betroffene
Die Deutsche AIDS-Stiftung
hilft betroffenen Menschen
und fördert Hilfsprojekte in Deutschland
und seit dem Jahr 2000 auch weltweit
www.aidsstiftung.de
Tabellen mit Werten aus Abbildungen 1 bis 8
Diagnosejahr | HIV-Inzidenz |
AIDS-Inzidenz |
HIV/AIDS Todesfälle |
---|---|---|---|
1979 | 29 | ||
1980 | 875 | ||
1981 | 3.138 | ||
1982 | 6.300 | ||
1983 | 7.400 | 61,3 | |
1984 | 6.707 | 122,8 | |
1985 | 5.070 | 317,8 | 179 |
1986 | 3.524 | 594,4 | 329 |
1987 | 2.475 | 1.102,2 | 683 |
1988 | 2.025 | 1.336,0 | 815 |
1989 | 2.100 | 1.669,7 | 1.184 |
1990 | 2.213 | 1800,1 | 1.626 |
1991 | 2.000 | 1.976,9 | 1.996 |
1992 | 2.000 | 2.219,3 | 2.225 |
1993 | 2.000 | 2.347,6 | 2.538 |
1994 | 2.050 | 2.440,8 | 2.654 |
1995 | 2.000 | 2.331.8 | 2.551 |
1996 | 1.650 | 2.159,7 | 1.979 |
1997 | 1.750 | 1.555,0 | 1.161 |
1998 | 1.750 | 1.553,1 | 851 |
1999 | 1.550 | 1.322,2 | 839 |
2000 | 1.500 | 1.334,5 | 829 |
2001 | 1.700 | 1.341,5 | 780 |
2002 | 1.700 | 1.238,2 | 740 |
2003 | 1.950 | 1.029,1 | 724 |
2004 | 2.250 | 833,5 | 724 |
2005 | 2.600 | 833,5 | 724 |
die zum Zeitpunkt der Infektion ihren Wohnsitz in Deutschland hatten.
AIDS-Inzidenz: Anzahl der in Detuschland diagnostizierten AIDS-Fälle
HIV/AIDS Todesfälle: alle Todesfälle bei Personen, die mit HIV infiziert
waren, unabhängig von der konreten Todesursache.
Diagnosejahr | MSM |
IVDA |
Hetereo |
HPL |
PPI |
Hämophile/Empfänger Bluttransfusion |
k.A. |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1993 | 656 | 249 | 257 | 147 | 11 | 48 | 992 |
1994 | 695 | 282 | 233 | 200 | 6 | 19 | 830 |
1995 | 723 | 238 | 225 | 233 | 5 | 11 | 794 |
1996 | 722 | 189 | 183 | 255 | 16 | 6 | 500 |
1997 | 762 | 245 | 246 | 322 | 7 | 12 | 476 |
1998 | 760 | 202 | 276 | 323 | 7 | 3 | 352 |
1999 | 647 | 197 | 261 | 331 | 10 | 0 | 306 |
2000 | 648 | 170 | 277 | 312 | 18 | 4 | 261 |
2001 | 530 | 113 | 227 | 270 | 12 | 2 | 271 |
2002 | 654 | 101 | 222 | 344 | 21 | 1 | 292 |
2003 | 785 | 123 | 226 | 327 | 15 | 0 | 351 |
2004 | 982 | 116 | 271 | 335 | 13 | 0 | 341 |
Diagnose- halbjahr |
davon als verstor- ben gemeldet |
Fälle nach Diagnose- zeitraum |
erwartete Fälle |
---|---|---|---|
1985/1 | 112 | 20 | 0 |
1985/2 | 147 | 33 | 0 |
1986/1 | 224 | 37 | 0 |
1986/2 | 270 | 42 | 0 |
1987/1 | 392 | 78 | 0 |
1987/2 | 472 | 96 | 0 |
1988/1 | 496 | 108 | 0 |
1988/2 | 549 | 115 | 0 |
1989/1 | 633 | 150 | 0 |
1989/2 | 655 | 154 | 0 |
1990/1 | 582 | 146 | 0 |
1990/2 | 650 | 172 | 0 |
1991/1 | 721 | 171 | 0 |
1991/2 | 666 | 209 | 0 |
1992/1 | 768 | 243 | 0 |
1992/2 | 667 | 286 | 0 |
1993/1 | 712 | 283 | 0 |
1993/2 | 702 | 321 | 0 |
1994/1 | 689 | 392 | 0 |
1994/2 | 575 | 442 | 0 |
1995/1 | 521 | 514 | 0 |
1995/2 | 396 | 497 | 0 |
1996/1 | 299 | 615 | 0 |
1996/2 | 203 | 525 | 0 |
1997/1 | 134 | 496 | 0 |
1997/2 | 105 | 356 | 0 |
1998/1 | 104 | 416 | 0 |
1998/2 | 73 | 353 | 0 |
1999/1 | 86 | 361 | 0 |
1999/2 | 70 | 338 | 0 |
2000/1 | 65 | 335 | 0 |
2000/2 | 68 | 287 | 0 |
2001/1 | 54 | 305 | 0 |
2001/2 | 42 | 295 | 0 |
2002/1 | 35 | 279 | 11 |
2002/2 | 21 | 262 | 29 |
2003/1 | 21 | 257 | 57 |
2003/2 | 20 | 214 | 91 |
2004/1 | 11 | 138 | 157 |
2004/2 | 0 | 25 | 169 |
Diagnosejahr | männlich | weiblich | gesamt |
---|---|---|---|
1982 | 8 | 0 | 8 |
1983 | 39 | 1 | 40 |
1984 | 109 | 7 | 116 |
1985 | 298 | 14 | 312 |
1986 | 526 | 47 | 573 |
1987 | 967 | 71 | 1.038 |
1988 | 1.165 | 103 | 1.268 |
1989 | 1.458 | 134 | 1.592 |
1990 | 1.390 | 160 | 1.550 |
1991 | 1.584 | 183 | 1.767 |
1992 | 1.727 | 237 | 1.964 |
1993 | 1.750 | 268 | 2.018 |
1994 | 1.840 | 258 | 2.098 |
1995 | 1.656 | 272 | 1.928 |
1996 | 1.388 | 254 | 1.642 |
1997 | 882 | 209 | 1.091 |
1998 | 779 | 167 | 946 |
1999 | 687 | 168 | 855 |
2000 | 628 | 127 | 755 |
2001 | 539 | 157 | 696 |
2002 | 474 | 123 | 597 |
2003 | 406 | 106 | 512 |
2004 | 137 | 37 | 174 |
Herkunftsregion | IVDA | Hetero |
---|---|---|
Deutschland | 590 | 226 |
Westeuropa | 50 | 34 |
Zentraleuropa | 67 | 16 |
Osteuropa | 39 | 70 |
Afrika | 4 | 4 |
Südostasien | 23 | 7 |
Nordafrika/Nahost | 9 | 3 |
Nordamerika | 3 | 1 |
Lateinamerika | 9 | 1 |
unbekannt | 171 | 111 |
Diagnosejahr | opport. Infek- tionen |
Karposi- Sarkom |
Lymphome |
Wasting- Syndrom |
HIV-Enze- phalopathie |
übrige |
---|---|---|---|---|---|---|
1982 | 87,5 | 12,5 | 0,0 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
1983 | 65,0 | 35,0 | 0,0 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
1984 | 71,5 | 25,9 | 2,6 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
1985 | 67,8 | 28,3 | 3,9 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
1986 | 76,6 | 19,8 | 3,0 | 0,0 | 0,0 | 0,7 |
1987 | 74,3 | 15,5 | 3,4 | 1,9 | 4,6 | 0,2 |
1988 | 76,2 | 12,5 | 3,8 | 3,3 | 3,9 | 0,2 |
1989 | 75,5 | 13,6 | 3,5 | 4,0 | 3,3 | 0,1 |
1990 | 73,5 | 13,4 | 4,2 | 4,7 | 4,2 | 0,1 |
1991 | 75,0 | 14,7 | 3,5 | 3,9 | 2,8 | 0,1 |
1992 | 75,5 | 13,1 | 3,8 | 5,1 | 2,4 | 0,2 |
1993 | 75,0 | 11,1 | 4,1 | 5,9 | 3,7 | 0,1 |
1994 | 76,8 | 9,4 | 4,5 | 5,8 | 3,2 | 0,2 |
1995 | 77,1 | 10,3 | 4,6 | 4,4 | 3,4 | 0,1 |
1996 | 77,2 | 7,7 | 5,1 | 6,4 | 3,5 | 0,1 |
1997 | 76,1 | 7,8 | 5,8 | 6,8 | 3,3 | 0,3 |
1998 | 77,5 | 7,1 | 5,7 | 5,9 | 3,6 | 0,2 |
1999 | 72,6 | 11,4 | 6,5 | 5,0 | 4,4 | 0,1 |
2000 | 77,7 | 9,2 | 3,8 | 6,1 | 2,9 | 0,3 |
2001 | 74,5 | 8,0 | 5,3 | 9,0 | 3,1 | 0,2 |
2002 | 76,0 | 9,8 | 5,5 | 5,7 | 3,1 | 0,0 |
2003 | 81,0 | 12,7 | 3,2 | 2,5 | 0,6 | 0,0 |
2004 | 79,3 | 8,0 | 4,0 | 4,6 | 4,0 | 0,0 |
Diagnosejahr | PCP | Toxoplasmose | Candidose | CMV | HSV | TBC | übrige |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1982 | 37,5 | 25,0 | 12,5 | 12,5 | 12,5 | 0,0 | 0,0 |
1983 | 30,8 | 3,8 | 23,1 | 15,4 | 26,9 | 0,0 | 0,0 |
1984 | 41,0 | 15,7 | 21,7 | 4,8 | 8,4 | 3,6 | 4,8 |
1985 | 54,5 | 7,1 | 19,9 | 2,8 | 5,2 | 5,2 | 5,2 |
1986 | 59,7 | 10,2 | 15,6 | 4,1 | 2,9 | 2,5 | 5,0 |
1987 | 58,3 | 10,9 | 16,9 | 3,1 | 2,3 | 5,0 | 3,5 |
1988 | 57,1 | 10,5 | 16,5 | 2,8 | 1,9 | 6,3 | 4,8 |
1989 | 57,6 | 11,9 | 15,9 | 3,5 | 2,3 | 5,6 | 3,2 |
1990 | 46,7 | 13,4 | 20,5 | 5,5 | 3,3 | 6,8 | 3,7 |
1991 | 42,8 | 17,0 | 19,9 | 5,5 | 2,3 | 6,7 | 5,8 |
1992 | 40,6 | 15,8 | 20,2 | 7,6 | 2,3 | 7,2 | 6,2 |
1993 | 39,5 | 13,4 | 19,3 | 7,6 | 2,5 | 10,5 | 7,2 |
1994 | 36,3 | 13,7 | 19,1 | 5,9 | 3,8 | 13,0 | 8,2 |
1995 | 36,7 | 10,1 | 20,5 | 7,4 | 3,3 | 12,9 | 9,1 |
1996 | 36,5 | 11,8 | 20,3 | 6,2 | 3,8 | 12,7 | 8,8 |
1997 | 36,4 | 12,1 | 22,0 | 5,6 | 4,3 | 12,7 | 7,0 |
1998 | 36,0 | 10,7 | 22,3 | 4,0 | 3,5 | 12,8 | 10,7 |
1999 | 33,2 | 10,9 | 25,4 | 5,5 | 4,3 | 11,4 | 9,3 |
2000 | 35,5 | 13,6 | 25,2 | 4,7 | 2,6 | 10,8 | 7,5 |
2001 | 32,4 | 11,4 | 30,6 | 4,4 | 1,9 | 11,9 | 7,5 |
2002 | 33,4 | 12,3 | 27,5 | 4,6 | 2,1 | 11,6 | 8,5 |
2003 | 37,5 | 14,1 | 24,2 | 3,9 | 1,6 | 13,3 | 5,5 |
2004 | 39,93 | 14,5 | 22,5 | 1,4 | 3,6 | 10,9 | 7,2 |
Altersgruppe | Frauen | Männer | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
2004 | 1999 | 1994 | 2004 | 1999 | 1994 | |
25 bis unter 30 Jahre | 0,3 | 0,3 | 1,2 | 0,3 | 1,0 | 3,7 |
30 bis unter 35 Jahre | 0,6 | 0,6 | 2,4 | 1,0 | 1,7 | 9,4 |
35 bis unter 40 Jahre | 0,6 | 1,0 | 2,0 | 1,7 | 2,7 | 11,3 |
40 bis unter 45 Jahre | 0,6 | 0,5 | 0,9 | 2,2 | 2,8 | 11,4 |
45 bis unter 50 Jahre | 0,4 | 0,4 | 0,4 | 2,2 | 2,1 | 8,8 |