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Startseite > Gesundheitsverhalten und -gefährdungen > Life-Style > Alkohol > Text: Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, Mai 2008]

Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, Mai 2008]


[Heft 39: Harninkontinenz] [Heft 41: Psychotherapeutische Versorgung] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]

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Heft 40 - Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen

aus der Reihe "Gesundheitsberichterstattung des Bundes"

 
 

Autorinnen: Prof. Dr. Kim Bloomfield
Unit for Health Promotion Research
University of Southern Denmark

PD Dr. Ludwig Kraus
IFT- Institut für Therapieforschung, München
Prof. Dr. Michael Soyka
Privatklinik Meiringen, Schweiz
 


Redaktion: Robert Koch-Institut
Gesundheitsberichterstattung
Dr. Eckardt Bergmann, Dr. Thomas Ziese
Seestraße 10
13353 Berlin
 


Herausgeber: Robert Koch-Institut
(Mai 2008)

 
 

 
 

 
 

Inhaltsverzeichnis

1    Einleitung
 
2   Entwicklung des Pro-Kopf-Konsums
 
3   Konsumenten und Konsummengen in der Bevölkerung
3.1   Erfassung der individuellen Konsummenge
3.2   Abstinenz
3.3   Konsummuster
 
4   Abhängigkeit und Missbrauch
4.1   Erfassung von Alkoholabhängigkeit und -missbrauch
4.2   Indikatoren für Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit
 
5   Alkoholbezogene Störungen und Krankheiten
5.1   Morbiditätsstatistik alkoholbezogener Krankheiten
5.2   Unfälle
5.3   Gewalt und Kriminalität
 
6   Alkoholbezogene Mortalität
 
7   Ökonomische Auswirkungen alkoholbezogener Krankheiten
 
8   Therapie der Alkoholabhängigkeit und alkoholbezogener Krankheiten
8.1   Versorgungsstrukturen
8.2   Stationäre Entwöhnungsbehandlungen
8.3   Ambulante Entwöhnungstherapien
8.4   Defizite der Versorgung
8.5   Therapieergebnisse bei Alkoholabhängigkeit
 
9   Konsumempfehlungen und präventive Maßnahmen
9.1   Trinkempfehlungen
9.2   Präventionsaktivitäten
 
10   Forschungsperspektiven
 
11   Ansprechpartner
 
12 Literatur

 

 

 

1 Einleitung

 

Die epidemiologische Forschung weist Alkohol als einen bedeutenden Risikofaktor für Morbidität und Mortalität aus [1 , 2] . Die Global Burden of Disease Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommt zu dem Ergebnis, dass in industrialisierten Ländern Alkohol nach Tabak und Bluthochdruck die dritthäufigste Ursache für verlorene Lebensjahre darstellt [3] . Es wird geschätzt, dass weltweit 1,5 % aller Todesfälle, 2,1 % der durch vorzeitigen Tod verlorenen Lebensjahre, 6,0 % der durch körperliche und psychische Einschränkungen verlorenen Lebensjahre und 3,5 % der nach Einschränkungen adjustierten Lebensjahre (DALYs) auf die Wirkung von Alkohol zurückzuführen sind. Neben den gesundheitlichen Folgen werden auch soziale Probleme wie Gewalt oder familiäre Probleme in Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum gebracht [4] .

Die negativen Folgen des Alkoholkonsums sind dabei weniger mit dem Durchschnittskonsum als mit der Variabilität des Trinkverhaltens assoziiert [4 , 5] . Bei konstanter wöchentlicher Konsummenge ist eine tägliche moderate Konsumaufnahme im Vergleich zum unregelmäßigen Konsum größerer Mengen mit einem geringeren Mortalitätsrisiko [6 , 7] sowie mit einem geringeren Risiko für soziale Probleme verbunden [8] . Da die Mehrheit der Konsumenten, die selten viel Alkohol trinken, bezogen auf ihren Durchschnittskonsum moderate Trinker sind, ergibt sich aus der rein quantitativen Mehrheit moderater im Vergleich zu exzessiven Alkoholkonsumenten [9 , 10] die Situation, dass die Mehrheit der in der Bevölkerung beobachteten alkoholbedingten Probleme von Personen mit einem moderaten Alkoholkonsum verursacht werden [1 , 11] .

Nach dem gegenwärtigen Wissensstand werden die Folgen des Alkoholkonsums weitgehend über biochemische Effekte, den Zustand des Rausches oder der Intoxikation und die psychische Störung der Abhängigkeit vermittelt [12 , 13] . Trinkmuster, die neben der Trinkhäufigkeit und der durchschnittlich konsumierten Menge zeitliche Schwankungen des Konsums bestimmter Trinkmengen berücksichtigen, haben in diesem Vermittlungsprozess einen wesentlichen Einfluss. In Abhängigkeit der Trinkmuster lassen sich nämlich verschiedene Folgen des Alkoholkonsums beobachten. Bei einem starken Konsum über einen längeren Zeitraum spielen weniger die Effekte der Berauschung eine Rolle als die toxischen Wirkungen, die zu Schädigungen des Gewebes und der Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit führen können. Die kumulative Wirkung täglichen Alkoholkonsums kann bereits bei geringen Mengen zu Schädigungen beispielsweise der Leber führen. Auf der anderen Seite kann ein seltener Konsum großer Mengen Alkohols durch den Zustand der Berauschung gesundheitliche und soziale Probleme wie Verletzungen durch Unfälle oder Gewalt, aber auch akute Gewebeschäden zur Folge haben.

In jüngster Zeit scheint auch in Deutschland das Bewusstsein gewachsen zu sein, dass Alkoholkonsum nicht nur zu Abhängigkeit führen, sondern auch eine Reihe von gesundheitlichen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen mit sich bringen kann. Dieser Erkenntnisgewinn hat mit verbesserten Verfahren der Datenerhebung und mit internationalen Vergleichsuntersuchungen nach einheitlichen Standards zu tun, die in Übersichtsarbeiten wie die von Edwards et al. [1] oder Babor et al. [12] den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und einer Vielzahl von negativen Konsequenzen zeigen.

Trotz eines langsam abnehmenden Alkoholkonsums über die letzten drei Jahrzehnte liegt Deutschland im internationalen Vergleich des Pro-Kopf-Konsums von Alkohol nach wie vor mit an der Spitze. Der Trend des Alkoholkonsums wird zwar durch Surveydaten in der erwachsenen Bevölkerung bestätigt [14] , Beobachtungen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen deuten jedoch in jüngster Zeit auf eine Umkehrung dieses Trends hin [15 , 16] . Die Ergebnisse des bundesweiten repräsentativen Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) zeigen, dass schon im Alter von elf Jahren knapp 20 % der Jungen und 12 % der Mädchen Alkohol getrunken haben; 45 % der Kinder im Alter von 13 Jahren haben nach Selbstangaben Erfahrungen mit Alkoholkonsum. Regelmäßig, d.h. mindestens einmal pro Woche, trinken 18 % der männlichen Jugendlichen im Alter von 14 Jahren Alkohol. Diese Quote steigt mit dem Alter kontinuierlich bis auf 67 % der 17-jährigen jungen Männer. Mädchen berichten seltener einen regelmäßigen Alkoholkonsum mit 9 % (14 Jahre) bis 40 % (17 Jahre). Eltern unterschätzen den Alkoholkonsum ihrer Kinder [17] .

Auf die aktuelle Entwicklung der Folgen des Alkoholkonsums bei Kindern und Jugendlichen, kann hier nicht ausführlich eingegangen werden. Das Statistische Bundesamt teilt im Juni 2007 mit, dass im Jahr 2000 immerhin 9.500 junge Menschen im Alter zwischen zehn und 19 Jahren mit akuter Alkoholintoxikation im Krankenhaus behandelt werden mussten. Im Jahr 2005 wurden bereits mehr als doppelt so viel Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (19.400 Fälle) wegen Alkoholvergiftung stationär behandelt. Reaktionen auf die dynamische Entwicklung des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen mit ihren spezifischen Trinkmustern sind notwendig und auch erfolgt. Weitere Informationen sind z.B. bei der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zu erhalten ( Adressen am Schluss des Heftes 1 ).

Der vorliegende Beitrag will einen Überblick geben über Alkoholkonsum, Konsummuster, alkoholbezogene Störungen, alkoholbezogene Mortalität und ökonomische Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs in Deutschland. Darüber hinaus werden Therapiemöglichkeiten und deren Effektivität behandelt sowie Konsumentenempfehlungen diskutiert und präventive Maßnahmen vorgestellt. Schließlich werden einige Forschungsperspektiven aufgezeigt. Von diesen Darstellungen soll der Leser profitieren und ein aktuelles Bild über den Alkoholkonsum und seine Folgen erhalten.

 

 

2 Entwicklung des Pro-Kopf-Konsums

 

Eine leicht zu ermittelnde Kenngröße für den internationalen Vergleich ist der Pro-Kopf-Konsum eines Landes. Der für die Berechnung dieser Kennzahl nötige Gesamtverbrauch errechnet sich als Gesamtmenge des produzierten Alkohols zuzüglich des importierten und abzüglich des exportierten Alkohols. Verzerrungen, die durch nicht erfasste Mengen aus Schmuggel, Grenzverkehr, zollfreien Verkäufen, Touristenkonsum, Schwarzmarkt, Schwarzbrennerei und Hausproduktion entstehen und je nach Land unterschiedlich ausfallen können, werden nicht berücksichtigt. Die Validität des Pro-Kopf-Konsums in Reinalkohol hängt dabei von der Aktualität der Faktoren zur Bestimmung des durchschnittlichen Ethanolgehalts aus den Gesamtmengen des Verbrauchs von Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen ab. Vor allem bei Ländervergleichen haben sich Studien zum Pro- Kopf-Konsum vorteilhafter erwiesen gegenüber solchen, die Individualdaten vergleichen. Man kommt schnell und günstig an aggregierte Daten vieler Länder, außerdem sind oft Daten zu mehreren Jahren erhältlich, was wiederum einen Trendvergleich erlaubt. Darüber hinaus können Daten zum Pro-Kopf-Konsum eher eine realistische Schätzung des Gesamtkonsums liefern als Umfragen, die üblicherweise niedrigere Schätzungen des Gesamtkonsums einer Population ergeben [18] .

Angaben über die produzierten Mengen alkoholischer Getränke finden sich sowohl in der amtlichen Statistik des Statistischen Bundesamtes (z.B. Fachserie 14: Finanzen und Steuern) als auch in den Veröffentlichungen des Deutschen Brauer- Bundes, des Deutschen Weinbauverbandes sowie des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen- Industrie und -Importeure e.V. (BSI). Die um Imund Exporte bereinigten Produktionsmengen sind jedoch für die Betrachtung von durchschnittlichen Trinkmengen nur eingeschränkt brauchbar, entscheidend ist hier einzig der Konsum.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über den Verbrauch je Einwohner an Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen in Litern zwischen 1900 und 2005. Wie sich zeigt ging seit 1970 der Konsum an Bier deutlich und der von Spirituosen leicht zurück, während der Pro-Kopf-Verbrauch pro Einwohner an Wein und Schaumwein in dieser Zeit gestiegen ist.

Tabelle 1 

Verbrauch je Einwohner an Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen in Liter zwischen 1900 und 2005
Quelle: Meyer CJ, John U (2007) Alkohol - Zahlen und Fakten zum Konsum. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg) Jahrbuch Sucht 2007, Neuland Geesthacht, Seite 23 bis 50
 
Jahr Bier Wein * Schaumwein * Spirituosen **
 1900 125,1  —  —   
 1929/30 90,0  —  —  — 
 1938/39 69,9  —  —  — 
 1950 35,6  4,7  —  2,5 
 1960 94,7  10,8  1,9  4,9 
 1970 141,1  15,3  1,9  6,8 
 1975 147,8  20,5  2,6  8,0 
 1980 145,9  21,4  4,4  8,0 
 1985 145,8  21,2  4,2  6,1 
 1990 142,7  21,9  5,1  6,2 
 1994 138,0  18,0  5,1  6,7 
 1995 135,9  17,4  4,9  6,5 
 1996 131,9  18,3  4,8  6,3 
 1997 131,2  18,1  4,9  6,1 
 1998 127,5  18,1  4,7  6,0 
 1999 127,5  18,0  4,9  5,9 
 2000 125,5  19,0  4,1  5,8 
 2001 122,4  19,8  4,2  5,8 
 2002 121,5  20,3  3,9  5,9 
 2003 117,5  19,8  3,8  5,9 
 2004 b) 115,9  20,1  3,8  5,8 
 2005 a) 115,2  19,9  3,8  5,7 
* Weinkonsum einschl. Wermut- und Kräuterwein, jeweils für das Weinwirtschaftsjahr (01.09. bis 31.08.); bis 1960 einschließlich Schaumwein
** Angaben beinhalten ab 2002 Spirituosen-Mischgetränke umgerechnet auf einen durchschnittlichen Alkoholgehalt von 33 Vol %
b) revidierte Schätzung
a) vorläufige Schätzung

 

Die Entwicklung des Gesamtverbrauchs an Alkohol in Litern Reinalkohol seit 1900 ist in Tabelle 2 dargestellt. Beobachtungen über einen Zeitraum von über 30 Jahren lassen erkennen, dass der Pro-Kopf-Verbrauch in den letzten Jahren zwar leicht abgenommen hat, ein Trend, der auch in einigen westeuropäischen Ländern zu beobachten ist, aber insgesamt zwischen 1970 und 2005 nur geringfügig gefallen ist [19] . Im internationalen Vergleich nahm Deutschland mit 10,2 l Reinalkohol pro Kopf 2003 Platz 5 in der Rangreihe ein, und weist damit im Vergleich der EU Staaten einen relativ hohen Pro-Kopf-Verbrauch auf [20] .

Tabelle 2 

Verbrauch je Einwohner an reinem Alkohol
Quelle: Meyer CJ, John U (2007) Alkohol - Zahlen und Fakten zum Konsum. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg) Jahrbuch Sucht 2007, Neuland Geesthacht, Seite 23 bis 50
 
Jahr Liter 
 1900 10,1 
 1913 7,5 
 1929 5,2 
 1950 3,2 
 1960 7,8 
 1970 11,2 
 1975 12,7 
 1980 12,9 
 1985 12,1 
 1990 12,1 
 1995 11,1 
 1996 11,0 
 1997 10,8 
 1998 10,6 
 1999 10,6 
 2000 10,5 
 2001 10,4 
 2002 10,4 
 2003 10,2 
 2004 10,1 
 2005 10,0 

 

Während diese Daten zwar einen Anhaltspunkt für Gesamtalkoholmengen liefern, sagen sie nichts über Trinkmuster aus, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu alkoholbezogenen Problemen führen [4] . Hierfür braucht man Bevölkerungsbefragungen, mit deren Hilfe sich genauer ermitteln lässt, wie der Konsum nach unterschiedlichen Trinkgewohnheiten und nach bestimmten soziodemographischen Merkmalen in der Bevölkerung verteilt ist.

 

 

3 Konsumenten und Konsummengen in der Bevölkerung


3.1 Erfassung der individuellen Konsummenge

In den vergangenen Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von Methoden zur Erfassung des Alkoholkonsums entwickelt. Eines der gebräuchlichsten Verfahren geht auf Straus und Bacon [21] zurück. Dieser Index erfordert von den Befragten die Reduktion des vergangenen Verhaltens auf die Dimensionen »Häufigkeit des Alkoholkonsums« und »durchschnittliche Menge pro Trinkgelegenheit«. Dieser Frequenz-Menge-Index (FM) wurde in zahlreichen Variationen verwendet. Cahalan, Cisin und Crossley [22] erweiterten den Frequenz- Menge-Index um die Dimension der Variabilität des Trinkverhaltens (Häufigkeit verschiedener Trinkmengen). Neben diesen Verfahren der Durchschnittsbildung lässt sich auch die tatsächliche Frequenz und Menge des in der jüngsten Vergangenheit bei verschiedenen Gelegenheiten konsumierten Alkohols erfassen [23] .

Da diese Konzepte auf den Angaben der Personen zu ihrem eigenen Verhalten beruhen, sind Fehler auf Seiten des Individuums zu erwarten. Die Befragten vergessen möglicherweise einen Teil der Trinkanlässe und/oder die bei diesen Gelegenheiten konsumierten Mengen oder geben nur einen Teil ihres Alkoholkonsums zu. Validitätsstudien auf der Grundlage von prospektiven Tagebuchaufzeichnungen (Protokoll-Methode) kommen zu keiner übereinstimmenden Einschätzung [24 , 25 , 26 , 27 , 28] . Midanik [29] weist in diesem Zusammenhang kritisch darauf hin, dass Tagebuchaufzeichnungen auf Selbstbeobachtungen beruhen, die das Verhalten selbst wieder beeinflussen können.

Als Außenkriterium zur Abschätzung der Validität der verschiedenen Schätzverfahren werden Verkaufs- bzw. Produktionszahlen verwendet [24] . Die in Bevölkerungssurveys ermittelten Anteile des Durchschnittskonsums am Pro-Kopf- Verbrauch der Schätzungen aus den Produktionszahlen schwanken zwischen 40 % und 60 % [30] . Lemmens, Tan und Knibbe [31] ermitteln für die Tagebuchmethode einen Anteil von 67 %, während die Raten aus retrospektiven Verfahren mit unter 60 % ähnliche Werte aufweisen. Ein weiterer Einflussfaktor geht von den Umrechnungswerten der konsumierten Mengen alkoholhaltiger Getränke in Gramm Reinalkohol aus. Der Alkoholgehalt in Vol % in den verschiedenen Ländern schwankt bei Bier zwischen 4 % und 5 %. Bei Wein liegen die Werte zwischen 10 % und 13 Vol % und bei Spirituosen zwischen 34 % und 40 Vol %. Bei Vergleichen ist die Gültigkeit der verwendeten Umrechnungsfaktoren zu prüfen.

Bühringer und Kollegen [32] legen 2000 in ihrer Reanalyse verschiedener epidemiologischer Studien zum Alkoholkonsum für Bier, Wein/Sekt und Spirituosen jeweils 4,8 Vol %, 11,0 Vol % und 33,0 Vol % zu Grunde, was einer Alkoholmenge von 38,1 g, 87,3 g und 262,0 g Reinalkohol pro Liter entspricht.

 

3.2 Abstinenz

In einer Übersicht zu Alkoholkonsum und alkoholbezogenen Störungen in Deutschland berichten Bühringer et al. [32] die Prävalenzwerte für Lebenszeit- und 12-Monats-Abstinenz. Insgesamt zeigt sich, dass mehr Frauen als Männer lebenszeitabstinent bzw. 12-Monats-abstinent sind. Dies gilt mit wenigen Ausnahmen für alle Studien und alle Altersgruppen. Erwartungsgemäß nimmt der Anteil der Lebenszeitabstinenten mit steigendem Alter tendenziell ab, während der Anteil der 12-Monats-Abstinenten eher zunimmt. Aus den Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys aus dem Jahre 2003 [14] geht hervor, dass bundesweit lediglich 2,7 % der Befragten 18- bis 59-jährigen Erwachsenen lebenslang abstinent bleiben. In den letzten zwölf Monaten und den letzten 30 Tagen tranken weitere 5,2 % bzw. 9,0 % keinen Alkohol. Insgesamt lag der Anteil der Alkoholabstinenz bezogen auf die letzten 30 Tage damit bei 16,8 %. Trendvergleiche seit 1995 weisen auf einen leichten Rückgang der 30-Tage-Abstinenz hin. Dieser Rückgang ist auf das Konsumverhalten der Frauen zurückzuführen. Während der Anteil der 30-Tage- Abstinenz bei den Männern konstant blieb, nahm er bei den Frauen deutlich ab.

Angaben zum Alkoholkonsumverhalten von Kindern und Jugendlichen liefert beispielsweise der Jugendgesundheitssurvey im Rahmen der Studie » Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) « [16] . Gefragt nach ihrem Alkoholkonsum in der letzten Zeit berichteten von den 11- bis 12-Jährigen 79 % der Jungen und 89 % Mädchen, von den 13- bis 14-Jährigen 54 % der Jungen und 56 % der Mädchen und von den 15- bis 16-Jährigen 21 % der Jungen und 22 % der Mädchen über keinen Alkoholkonsum. Weitere Prävalenzwerte zur Abstinenz werden aus der Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD) berichtet [33] . Während von den 15- bis 16-Jährigen 16 % der Jungen und 17 % der Mädchen in den letzten 30 Tagen keinen Alkohol konsumierten, waren bezogen auf die letzten zwölf Monate lediglich 6 % der Jungen und 5 % der Mädchen abstinent. Aus der KiGGS-Studie ist bekannt, dass 80 % der 11-jährigen Jungen und 88 % der 11-jährigen Mädchen bisher keinen Alkohol konsumiert haben. Die Quote der abstinenten Kinder und Jugendlichen fällt mit dem Alter auf 5 % der 17-Jährigen [17] .

Die Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys lassen kein klares Muster bezüglich der Verteilung der Abstinenzquoten der einzelnen Bundesländer erkennen. Es zeigten sich weder eindeutige Ost-West-Unterschiede noch Nord- Süd-Differenzen, die aufgrund der angrenzenden Trinkkulturen - die skandinavische im Norden und die mediterrane im Süden Deutschlands - zu erwarten gewesen wären. Unterschiede zwischen Stadtstaaten und Flächenstaaten traten ebenfalls nicht auf. Von den drei Stadtstaaten nimmt Bremen in der Rangreihe der Abstinenzquoten eine niedrige Position, Hamburg eine mittlere Position und Berlin eine hohe Position ein [32] .

 

3.3 Konsummuster

Als Indikator riskanten Alkoholkonsums werden Konsumgrenzen pro Tag verwendet, oberhalb derer auf Dauer physische, psychische und soziale Folgeschäden zu erwarten sind. Ab welcher Grenze Alkoholkonsum zu gesundheitlichen Schäden führt, wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert (vgl. [1] ). Dies führte in verschiedenen Ländern zur Festsetzung unterschiedlicher »Gefährdungsgrenzen« in Gramm Reinalkohol, ab der jeweils ein höheres Gesundheitsrisiko zu erwarten ist. In der Stellungnahme der British Medical Association [34] wurden Empfehlungen für risikoarmen Alkoholgebrauch von weniger als 21 Getränkeeinheiten ( Units ) pro Woche für Männer und 14 Getränkeeinheiten für Frauen gegeben. Dies entspricht in etwa maximal 30 g pro Tag für Männer und 20 g pro Tag für Frauen.

Die Diskussion um Grammgrenzen wird auch vor dem Hintergrund empirischer Ergebnisse geführt, die berichten, dass mäßiger Alkoholkonsum ein niedriges, wogegen Abstinenz ein geringfügig höheres Risiko für koronare Herzerkrankungen bedeutet [1] . Der bivariate Zusammenhang zwischen Alkohol und koronaren Herzerkrankungen vernachlässigt allerdings andere Risiken, die mit Alkohol im Zusammenhang stehen. Wie sich zeigt, lassen sich beispielsweise für durch Alkohol bedingte Unfälle oder soziale Probleme keine klaren Grenzen für ein verringertes Risiko feststellen [35 , 36] . Bei der Diskussion über Grenzwerte sollte berücksichtigt werden, dass ein Konsum unterhalb dieser Grammgrenzen keine »Sicherheit« bedeutet [34] . Insofern besteht international weitgehend Konsens, die Trinkmenge bis zur Grenze von 20 g bzw. 30 g pro Tag als risikoarm und nicht als risikolos oder harmlos zu bezeichnen.

Bühringer et al. [32] definieren Konsumentengruppen über die Menge des täglich konsumierten Alkohols und schlagen eine Einteilung des Alkoholkonsums in den letzten zwölf Monaten in Abstinenz, risikoarmen Konsum (Männer: > 0 bis 30 g, Frauen: > 0 bis 20 g), riskanten Konsum (Männer: > 30 bis 60 g, Frauen: > 20 bis 40 g), gefährlichen Konsum (Männer: > 60 bis 120 g, Frauen: > 40 bis 80 g) und Hochkonsum (Männer: > 120 g, Frauen: > 80 g) vor.

Die Mehrheit der 18- bis 59-jährigen Befragten des Epidemiologischen Suchtsurveys 2003 [14] liegt nach dieser Definition innerhalb der Grenzen für risikoarmen Konsum (gesamt: 71 %; 71 % der Männer und 72 % der Frauen). In allen anderen Kategorien sind prozentual die Männer stärker vertreten als die Frauen: Riskanten Konsum (insgesamt 9 %) weisen 12 % der Männer, aber nur 6 % der Frauen auf. Beim gefährlichen Konsum (insgesamt 2,5 %) stehen 3,7 % bei den Männern 1,2 % bei den Frauen gegenüber; in der Kategorie Hochkonsum (insgesamt 0,3 %) finden sich 0,4 % Männer und 0,1 % Frauen. Trendanalysen zwischen 1995 und 2003 lassen bei beiden Geschlechtern eine Verschiebung von stärkerem zu moderaterem Konsum erkennen. Zeitvergleiche des Bundes-Gesundheitssurveys zwischen 1991/92 und 1998 zeigen darüber hinaus eine Angleichung der Konsummuster von Männern und Frauen [37] .

Bei einem Teil der Probanden des Bundes- Gesundheitssurveys 1998 wurde das Ernährungsverhalten in den letzten vier Wochen mittels des computergestützten Ernährungserhebungsinstrument DISHES 98 erhoben. Für diese Teilnehmer des Ernährungssurveys wurde über den Bundeslebensmittelschlüssel der durchschnittliche tägliche Alkoholkonsum berechnet. Nach Burger und Mensink [38] trinken 31 % der Männer täglich mehr als 20 g Alkohol und 16 % der Frauen mehr als 10 g. Diese strengeren Grenzwerte basieren auf den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Deutlich wird in Abbildung 1, dass im mittleren Lebensalter um 50 sowohl für Frauen als auch für Männer der Alkoholkonsum am höchsten ist.

 

zur Tabelle mit Werten

  Abbildung 1 
Die folgende Abbildung stellt den Anteil der Alkoholkonsumenten oberhalb der Grenzwerte von 20 Gramm pro Tag für Männer und 10 Gramm pro Tag für Frauen nach Altersgruppen in zwei nebeneinander liegenden Säulendiagrammen dar. Quelle ist der Ernährungssurvey im Bundesgesundheitssurvey Neunzehnhundertachtundneunzig. Ein Diagramm steht für die Werte der Männer, das andere für die Werte der Frauen. Auf der Y Achse werden in Fünferschritten die Anzahl in Prozent von 0 bis 35 gezeigt. Auf der X Achse werden folgende Altersgruppen dargestellt: 18 bis 24, 25 bis 34. 35 bis 44, 45 bis 54, 55 bis 64, 65 bis 79. In der Altersgruppe der 35 bis 44 jährigen Männer lag der Anteil bei 34 Komma 1 Prozent und bei den Frauen bei 18 Komma 0 Prozent. In der Altersgruppe der 45 bis 54 jährigen Männer lag der Anteil bei 38 Komma 8 Prozent und bei den Frauen bei 22 Komma 3 Prozent. Somit wird deutlich, dass in diesen Altersgruppen der Alkoholkonsum sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen am höchsten ist. Die Informationen aus dieser Abbildung werden gegebenenfalls auch im Text erläutert. Hinweis, falls Sie die Abbildung als Einzelfundstelle aus der Trefferliste gewählt haben: Sie stammt aus dem Themenheft 40 Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, den Sie über den Link Verwandte, mit separater Stichwortsuche (Alt-Taste + Taste S) oder mit Hilfe des Links unterhalb der Abbildung erreichen können. Wenn der Fokus auf der Grafik steht, kann zudem mit der Eingabe-Taste eine Tabelle mit den Werten, die der Grafik zugrunde liegen, geöffnet werden. Hierzu wird ein neues Browser-Fenster geöffnet. Ende der Abbildungsbeschreibung.

Durch Überstreichen der Grafik mit der Maus erhalten Sie zusätzliche Informationen.
Durch Klick auf die Grafik mit der linken Maustaste (bzw. Return-Taste bei Fokus auf der Grafik) erhalten Sie eine Tabelle mit den Werten der Grafik.

 

Neben der Durchschnittmenge hat die Häufigkeit von Anlässen, in denen von einer Alkoholintoxikation auszugehen ist, einen wesentliche Einfluss auf das Risiko für negative alkoholbezogene Folgen. Ein Indikator für Intoxikation ist der Konsum von fünf oder mehr Gläsern Alkohol (exzessiver Trinkanlass), was ungefähr einer Menge von > 70 g Ethanol entspricht. Aus den Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys geht hervor, dass 31,5 % der Erwachsenen mindestens einmal pro Monat exzessiv Alkohol trinken, ein exzessiver Konsum von mindestens einmal pro Woche wird von 13 % berichtet [14] .

Epidemiologische Daten zu durchschnittlichen Konsummengen und zur Häufigkeit exzessiver Trinkanlässe für Kinder und Jugendliche werden regelmäßig in der Drogenaffinitätsstudie (DAS) der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erhoben. Im Survey des Jahres 2004 berichten 5 % der 12- bis 15-Jährigen und 24 % der 16- bis 19-Jährigen einen wöchentlichen Konsum von 120 g Ethanol oder mehr. Interessanter Weise finden sich aber bezogen auf die letzten 30 Tage vor der Befragung bei 12 % der 12- bis 15-Jährigen und bei fast der Hälfte (46 %) der 16- bis 19-Jährigen mindestens ein exzessiver Trinkanlass. Von 1 % der 12- bis 15-Jährigen und von 6 % der 16- bis 19-Jährigen wurden in den letzten 30 Tagen sechs oder mehr exzessiver Trinkanlässe angegeben [15] .

Konsumtrends für Kinder und Jugendliche zwischen 1993/94 und 2001/02 werden aus der HBSC Studie in Nordrhein-Westfalen berichtet [16] . Während die Anteile regelmäßiger Konsumenten bei den 11-Jährigen bei Jungen und Mädchen auf niedrigem Niveau leicht zurückgegangen sind, stiegen sie bei den 13-jährigen Jungen von 5 % auf 11 % und bei den 13-jährigen Mädchen von 4 % auf 9 %. Zunahmen der Prävalenz regelmäßigen Konsums finden sich auch bei den 15-Jährigen. Die Anteile regelmäßiger Konsumenten nahmen bei den Jungen von 25 % auf 37 % und bei den Mädchen von 18 % auf 25 % zu. Weiterhin weisen die Indikatoren problematischen Konsumverhaltens darauf hin, dass die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die ihre ersten Rauscherfahrungen in jungen Jahren machen, steigt. Während die Anteile der 11-Jährigen mit Rauscherfahrung im Zeitvergleich nur leicht zunahmen, stiegen diese Anteile bei den 13-jährigen Jungen von 7 % auf 13 % und bei den 13-jährigen Mädchen von 7 % auf 10 %. Bei den 15-Jährigen zeigt sich bei den Jungen ein Zuwachs von 34 % auf 44 % und bei den Mädchen von 26 % auf 34 %.

 

 

4 Abhängigkeit und Missbrauch

 

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nur wenige Studien, die sich mit der Epidemiologie von Alkoholabhängigkeit und -missbrauch in der Bevölkerung befassen. Häufig genannt wird die Schätzung von 2,5 Mio. Alkoholabhängigen in Deutschland. Die Basis für diesen epidemiologischen Schätzwert bildet eine Studie aus dem Jahre 1974 [39] . Die Daten dieser Studie sowie einer Erhebung in Bremen [40] führten zu der Einschätzung, dass etwa 3 % der Bevölkerung ein Alkoholproblem aufweisen. Hieraus entstand der Schätzwert von 1,8 Mio. Alkoholabhängigen in den alten Bundesländern, was unter Hinzunahme der neuen Bundesländer einem Wert von 2,5 Mio. entspricht. Gestützt wurde diese Schätzung durch die Ergebnisse der Oberbayern-Studie, bei der mit differenzierterer Diagnostik 2,1 % der Befragten innerhalb der letzten sieben Tage einen behandlungsbedürftigen Alkoholismus aufwiesen und weitere 2,3 % einen Alkoholismus mit geringerer Ausprägung der Schwere [41] .

 

4.1 Erfassung von Alkoholabhängigkeit und -missbrauch

Jüngere Studien [42 , 43 , 44 , 45] verwendeten für die Erfassung von Alkoholabhängigkeit und -missbrauch das internationale Diagnosesystem DSM-IV, das die Störungen Alkoholabhängigkeit und -missbrauch unterscheidet (vgl. [46] ). Für persönliche Interviews liegt mit dem M-CIDI [47] eine validierte Operationalisierung der DSM-IV und ICD-10-Kriterien vor, die in den regionalen Studien in München [42] und Lübeck [45] eingesetzt wurde.

Weniger aufwändig als die Durchführung von diagnostischen Interviews ist der Einsatz von Screening-Verfahren. Weit verbreitet sind der Michigan Alcoholism Screening-Test (MAST [48] ) oder der Kurzfragebogen CAGE [49] . Mit dem Lübecker Alkoholabhängigkeits und -missbrauchs- Screening-Test , das die Items des MAST und CAGE kombiniert, steht im deutschen Sprachraum eine sensitive Diagnostik von Alkoholabhängigkeit und -missbrauch zur Verfügung (LAST [50] ). Andere Entwicklungen wie der Alcohol Use Disorders Identification Test (AUDIT) zielen eher auf die Identifikation von Personen mit riskantem oder schädlichem Alkoholkonsum ab [51 , 52] .

Im 1997 durchgeführten Epidemiologischen Suchtsurvey [44] erhielten bezogen auf die letzten zwölf Monate 3,0 % der befragten 18- bis 59-Jährigen die Diagnose Alkoholabhängigkeit und 5,0 % die Diagnose Alkoholmissbrauch. Mit dem Kurzfragebogen CAGE wurde für denselben Zeitraum ein Anteil von 8,7 % mit Anzeichen von Missbrauch und Abhängigkeit identifiziert. Unter Verwendung eines Schwellenwerts von acht Punkten [52] wurde bezogen auf die letzten zwölf Monate bei 21,7 % der Stichprobe ein riskanter und schädlicher Alkoholkonsum festgestellt. Bei Männern war der Anteil mit 34,7 % ungefähr viermal so hoch wie bei Frauen (8,5 %). Im Vergleich dazu kamen bezogen auf die Lebenszeit die beiden Screening -Verfahren CAGE und LAST auf einen Anteil von 15 % bis 16 % von Personen, die einmal im Leben die Kriterien von Missbrauch und/oder Abhängigkeit erfüllten.

Meyer und Kollegen [45] diagnostizierten in ihrer Lübecker Studie nach den Kriterien von DSM-IV im Lebensverlauf bei 3,8 % der befragten 18- bis 64-Jährigen eine Alkoholabhängigkeit. Weitere 4,5 % hatten irgendwann in ihrem Leben einen Alkoholmissbrauch, erfüllten jedoch nie die Diagnose der Abhängigkeit. In den letzten zwölf Monaten lag bei 1,4 % der Befragten eine Alkoholabhängigkeit und bei 1,1 % ein Alkoholmissbrauch vor. Auf der Grundlage des AUDIT zeigte sich bei 6,1 % der Stichprobe ein riskanter oder schädlicher Alkoholkonsum. Im Lübecker Alkoholabhängigkeits und -missbrauchs- Screening -Test (LAST [50] ) erreichten 7,6 % der Stichprobe den Schwellenwert von zwei Punkten.

Von den im Münchner Raum befragten 14- bis 24-Jährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen [53] wiesen 9,7 % die Diagnose eines Alkoholmissbrauchs nach DSM-IV auf, weitere 6,2 % die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit. Wesentlich mehr Jungen als Mädchen erfüllten die Kriterien für Missbrauch (15,1 % vs. 4,5 %) und für Abhängigkeit (10 % vs. 2,5 %). Ein Vergleich der Daten der Lübecker Studie mit denen der Münchner Studie weist auf regionale Unterschiede in der Prävalenz von Störungen durch Alkohol hin. In der Überschneidungsgruppe der 18- bis 24-Jährigen, fanden sich in der Münchner Studie etwa dreifach höhere Prävalenzen für Alkoholabhängigkeit und -missbrauch.

Bühringer et al. [32] nahmen für das Jahr 1997 eine Hochrechnung auf die Wohnbevölkerung ab 18 Jahren vor (66,0 Mio. Personen) und ermittelten eine aktuelle Alkoholabhängigkeit bei 1,6 Mio. Deutschen (2,4 %) und eine remittierte Alkoholabhängigkeit bei 3,2 Mio. (4,9 %), so dass insgesamt 4,8 Mio. Personen irgendwann im Verlauf des Lebens eine Alkoholabhängigkeit hatten. Da davon auszugehen ist, dass in epidemiologischen Studien ein Teil der schweren Alkoholkonsumenten die Teilnahme verweigert oder nicht erreicht wird, dürfte es sich bei diesem Wert um eine konservative Schätzung handeln [54] .

 

4.2 Indikatoren für Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit

Eine Reihe klinisch-chemischer Parameter können die Diagnose Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit unterstützen, haben für sich aber noch keine Beweiskraft. Dazu gehören in erster Linie die so genannten Leberwerte, speziell die Gamma-Glutamyltranspeptitase (Gamma-GT). Erhöhte Gamma- GT-Spiegel sind bei Alkoholismus sehr häufig und Primärausdruck einer Enzyminduktion in der Leber, nicht einer Leberzellschädigung. Bei stärkerer Alkoholbelastung können auch andere Leberwerte wie GOT und GPT oder GLDH ansteigen. Die diagnostische Sensitivität für die Gamma-GT ist relativ gut, die Spezifität aber nicht befriedigend, da eine Vielzahl anderer Erkrankungen (z.B. nicht alkoholische Lebererkrankung, aber auch zahlreiche Medikamente) ebenfalls zu Gamma- GT-Erhöhungen führen können. Nach Entzug normalisiert sich die Gamma-GT in der Regel innerhalb von zwei bis fünf Wochen. Häufig finden sich bei Alkoholkranken auch Erhöhungen des mittleren corpusculären Erythrozytenvolumens (MCV) als Ausdruck einer alkoholtoxischen Knochenmarksschädigung. Erhöhungen von MCV sind bei Alkoholkonsumenten deutlich seltener als Erhöhungen der so genannten Leberwerte. Wegen der langen Überlebensdauer der Erythrozyten tritt aber eine Normalisierung erst nach zwei bis drei Monaten ein. In der Alkoholismusdiagnostik hat darüber hinaus der Nachweis eines bestimmten Eiweißes, des so genannten Carbohydrate-Deficient- Transferrins (CDT) in den letzen Jahren starke Bedeutung erlangt (Übersicht in [5 , 56 , 57] ). Die Spezifität von CD-Transferrin-Erhöhungen ist insbesondere bei Männern gut, weniger gut dagegen die Sensitivität. Nicht-alkoholische Leberschädigungen können im Einzelfall auch zu CDT-Erhöhungen führen. Die Halbwertzeit von CDT beträgt etwa 14 Tage, entsprechend rasch normalisieren sich pathologische Befunde. Allgemein gilt, dass bei der Frage eines Nachweises oder Ausschluss einer Alkoholbelastung weniger Einzelwerterhebungen denn Verlaufsuntersuchungen Aussagekraft haben.

Nur für spezielle forensische Begleitfragestellungen hat im Übrigen der chemisch-toxikologische Nachweis von begleitenden Inhaltsstoffen alkoholischer Getränke, wie z.B. Fuselalkohole (Methanol, Isopropanol, Aceton etc.) Bedeutung. Im Gegensatz zu den oben genannten klinischchemischen Parametern ist die Begleitstoffanalytik speziellen Labors vorbehalten.

In den letzten Jahren sind aussichtsreiche Versuche erkennbar, die genetischen Grundlagen der Alkoholkrankheit näher einzugrenzen. Es ist davon auszugehen, dass Alkoholismus eine starke genetische Komponente besitzt und nicht eine mono- sondern polygenetische Erkrankung ist. Trotz einiger positiver Befunde [58] konnten bislang keine sicheren prädisponierenden Genorte für Alkoholismus ausreichend gesichert und repliziert werden. Besonders fokussiert werden im Moment Gene, die für die Wirkung der Neurotransmitter GABA, Dopamin sowie für die glutamaterge Neurotransmission von Bedeutung sind [59] .

 

 

5 Alkoholbezogene Störungen und Krankheiten

 

Es wurde mehrfach nachgewiesen, dass exzessiver Alkoholkonsum verschiedenste Formen und Abstufungen gesundheitlicher und sozialer Probleme verursacht. Zu den gesundheitlichen Problemen gehören diverse Krebsarten, neurologische und psychische Störungen, kardiovaskuläre und Magen- Darm-Krankheiten, perinatale Erkrankungen, Alkoholvergiftungen, Unfälle, Suizide und durch Gewalt verursachte Todesfälle [60] . Die sozialen Folgen, die durch Alkoholkonsum verursacht werden, sind Gewalt, Vandalismus, öffentliche Ruhestörung, familiäre und finanzielle Probleme sowie Probleme und Unfälle am Arbeitsplatz [60] . Auf eine nähere Erläuterung aller dieser Problembereiche soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. In den nachfolgenden Abschnitten gehen wir ein auf ausgewählte alkoholbezogene Erkrankungen und auf die Verbindung zwischen Alkoholmissbrauch und Unfälle beziehungsweise Gewalt und Verbrechen.

 

5.1 Morbiditätsstatistik alkoholbezogener Krankheiten

Bei den meisten oben genannten Erkrankungen ist Alkohol als Risikofaktor anzusehen. Einige Erkrankungen sind dagegen ausschließlich alkoholbedingt. Bei Krankheiten, die einen Zusammenhang mit Alkohol aufweisen, muss der Anteil der Fälle geschätzt werden, der auf Alkohol zurückzuführen ist (Alkoholattributable Fraktion, AAF). Mit Ausnahme von chronischer Leberkrankheit und -zirrhose werden in diesem Beitrag nur alkoholassoziierte Krankheiten aufgeführt, deren Entstehung vollständig auf Alkohol zurückzuführen ist (AAF=1). Unter »chronischer Leberkrankheit und -zirrhose« sind u.a. alkoholische Fettleber, akute alkoholische Hepatitis, alkoholische Leberzirrhose und der nicht näher bezeichnete alkoholische Leberschaden (alle mit einer AAF=1) subsumiert.

Laut »Krankenhausstatistik - Diagnosedaten der Krankenhauspatienten«, bei der es sich um eine Totalerhebung aller Fälle (incl. Stundenfälle) an allen Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen handelt, wurden im Jahr 2005 300.000 Patienten wegen psychischer und Verhaltensstörungen durch Alkohol (ICD-10: F10) behandelt. Seit Einführung des ICD-10 im Jahr 2000 ist eine leichte Steigerung der Behandlungsfälle im Krankenhaus wegen psychischer und Verhaltensstörung durch Alkohol zu beobachten. Für Männer liegen die altersstandardisierten Fallzahlen mehr als 3-mal so hoch wie für Frauen. Für 45- bis 64-Jährige ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, im Krankenhaus wegen dieser Erkrankung behandelt zu werden. Ebenfalls ist in dieser mittleren Altersgruppe die größte Steigerung der Fallzahlen in den Jahren 2000 bis 2005 zu beobachten.

Im Jahr 1999 wurden 178.058 Frauen und Männer im Alter über 15 Jahren stationär wegen Alkoholabhängigkeit und 46.179 wegen Alkoholpsychosen behandelt. Dies ist eine leichte Steigerung gegenüber 1995 (177.613 bzw. 32.709 Fälle). Dagegen ist die Zahl der Personen mit chronischer Leberkrankheit und -zirrhose von 1995 auf 1999 von 67.680 auf 66.201 zurückgegangen. Während 1995 noch 14.536 Fälle mit toxischer Wirkung durch Alkohol festgestellt wurden, waren es 1999 12.106. Da alkoholbezogene Krankheiten stigmatisiert sind, ist jedoch davon auszugehen, dass die tatsächliche Anzahl der Krankheitsfälle höher ist als die hier angegebenen Zahlen. Zahlen aus Alkoholentzugskliniken dürften im Allgemeinen zuverlässiger sein als Daten aus anderen Einrichtungen [32] .

 

5.2 Unfälle

Alkoholgenuss mindert die akute physische und kognitive Leistungsfähigkeit. Insbesondere motorische Geschicklichkeit, Koordination und Reaktionsvermögen sind gegenüber dem nüchternen Zustand reduziert. Während der größte Teil der Alkoholkonsumenten sich in seinem Verhalten darauf einstellt, in dem sie etwa das Auto zu Hause lassen oder Alkohol erst nach der Arbeit zu sich nehmen, sind Unfälle unter Einfluss von Alkohol dennoch häufig. Besonders stark betroffen sind dabei Personen mit regelmäßig hohen Konsummengen (vgl. [60] ), da Regelmäßigkeit und Ausmaß ihres Alkoholkonsums in Verbindung mit dem häufig reduzierten Kontrollvermögen den »sicheren« Umgang mit Alkohol erschwert oder unmöglich macht. Unfälle betreffen dabei insbesondere die Bereiche Arbeit, Verkehr und Haushalt.

So bekannt die kritische Rolle von Alkohol bei Unfällen am Arbeitsplatz und auch im häuslichen Bereich aus Einzelstudien und aus der Alltagserfahrung ist, so unzureichend ist die vorhandene Datenlage für eine Abschätzung ihres Umfangs. Mit Hilfe der Statistik der Verkehrsunfälle [61] bzw. der Verurteilungen [62] ist jedoch eine Abschätzung alkoholbedingter Unfälle möglich. Soweit Personenschäden auftreten oder als Unfallursache eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr vorliegt - dies betrifft auch Unfälle mit Alkoholeinwirkung - ist eine polizeiliche Erfassung der Unfälle vorgeschrieben. Nicht in allen Fällen werden Blutproben von Unfallbeteiligten genommen, sondern nur bei Vorliegen von Verdachtsmomenten. In der Praxis betrifft dies etwa jeden vierten Unfallbeteiligten. Allerdings wird eine große Zahl von Trunkenheitsfällen nicht erkannt [63] , sodass die Daten aus offiziellen Statistiken zu Unfällen unter Alkoholeinfluss vermutlich beträchtlich unter den tatsächlichen Zahlen liegen.

Von 336.619 Verkehrsunfällen mit Personenschäden, die sich 2005 in Deutschland ereignet haben, ereigneten sich nach offiziellen Angaben 6,5 % unter Alkoholeinfluss. Im Gebiet der alten Bundesrepublik wurden 2005 6,3 % der Unfälle mit Personenschäden unter Alkoholeinfluss registriert, in den neuen Bundesländern 7,7 %. Während in den alten Bundesländern die Zahl der Straßenverkehrsunfälle mit Personenschäden unter Alkoholeinfluss in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist, nahmen diese nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern zunächst bis auf 16,8 % im Jahr 1993 deutlich zu. In den letzten Jahren hat sich die Entwicklung jedoch dem rückläufigen Trend des früheren Bundesgebietes angeglichen.

Von 109.736 Führerscheinentzügen im Jahr 2004 wurden rund 90 % (n= 99.346) wegen Trunkenheit im Straßenverkehr entzogen. Trotz dieses hohen Anteils sind die Absolutzahlen seit Mitte der 1990er Jahre rückläufig. Der Anteil der Alkoholdelikte bei tödlichen Unfällen im Straßenverkehr lag 2005 bei 11,2 % (n= 603). Die Absolutzahl der Verurteilungen wegen Straftaten im Straßenverkehr im Zusammenhang mit Trunkenheit belief sich 2005 auf 103.727. Trunkenheit spielte bei rund 55 % aller Verurteilungen wegen im Straßenverkehr begangener Straftaten eine Rolle. Gut ein Viertel der Verurteilungen wegen fahrlässiger Körperverletzungen im Straßenverkehr hing mit Trunkenheit zusammen. Bei den Verurteilungen wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr entfielen 17 % der 2005 registrierten Fälle auf Trunkenheit.

Der Anteil der Männer an den Trunkenheitsdelikten lag je nach Schwere des Delikts zwischen 88 % (alle Trunkenheitsdelikte) und 91 % (fahrlässige Tötung).

 

5.3 Gewalt und Kriminalität

Alkohol wirkt akut enthemmend, in manchen Fällen auch aggressionsfördernd. Personen, die immer wieder wegen Delikten mit dem Gesetz in Konflikt kommen, die sie vor allem oder sogar ausschließlich unter Alkoholeinfluss verüben, sind im Bereich der Justiz keine Ausnahme. Ohne die Frage hier vertieft behandeln zu können, ob Alkohol Ursache, (Mit-) Verursacher oder Mediator bei Gewalthandlungen ist, ist doch ein enger Zusammenhang zwischen Alkohol und Gewalt klar festzustellen. Roizen [64] fasste die Ergebnisse für den amerikanischen Raum zusammen und stellte Alkoholeinfluss beim Tatzeitpunkt bei 86 % der Totschlagsdelikte und 60 % der Sexualdelikte fest. Pernanen [65] geht von einem Gesamtwert von 42 % aller Gewaltdelikte aus, die mit Alkohol in Zusammenhang stehen. Martin [66] gibt eine Übersicht über verschiedene Bereiche, in denen Alkohol und interpersonelle Gewalt verknüpft sind. McCord [67] weist auf die Schwierigkeiten bei der Frage nach einer ursächlichen Verknüpfung hin und führt unter anderem aus, dass Alkohol als Teil des Lebensstils eines Gewalttäters, als akuter Auslöser einer nicht intendierten Gewalttat, aber auch als Mittel zur geplanten Durchführung einer solchen wirksam sein kann. Insbesondere das Konzept der selektiven Enthemmung wird von Parker und Rebhun [68] in diesem Zusammenhang ausführlich diskutiert.

Wie aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes (http://www.bka.de/pks/) hervorgeht, lag der Anteil aller im Jahr 2006 aufgeklärten, unter Alkoholeinfluss begangenen Straftaten bei 10 %. Insgesamt handelt es sich dabei um rund 350.000 Fälle [69] . Dieser Anteil der unter Alkoholeinfluss begangenen und aufgeklärten Straftaten an allen aufgeklärten Straftaten ist seit Mitte der 1990er Jahre gestiegen (1996 7,6 %, 2005 9,7 %). Fast jedes dritte Gewaltdelikt geschah 2006 unter Alkoholeinfluss und schwere Delikte, insbesondere Tötungsdelikte, waren in noch höherem Ausmaße mit dem Einfluss von Alkohol verbunden. Etwa 40 % der Totschlagsfälle erfolgten unter Alkoholeinfluss, während Morde in gut 25 % unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Etwa vier von zehn Raubmorden erfolgten unter Alkoholeinfluss und bei Sexualmorden variiert der Anteil der unter Alkoholeinfluss verübten und aufgeklärten Fälle wegen geringer Fallzahlen zwischen ca. 20 % und 60 %.

Bei Körperverletzung war der Einfluss von Alkohol umso häufiger, je schwerer die Delikte waren. Bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung lag der Anteil im Jahr 2006 bei 33 %, bei Körperverletzung mit tödlichem Ausgang bei 38,5 % und bei Totschlag bei 40,5 %. Auch bei der alltäglichen Gewalt in Familien, von der nur ein relativ kleiner Teil bekannt und sichtbar wird, spielt Alkohol eine erhebliche Rolle. Hierüber lagen jedoch keine verlässlichen Angaben vor. Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass sich die polizeiliche Kriminalstatistik auf aufgeklärte Fälle bezieht und das Dunkelfeld empirisch schwer abzuschätzen ist.

 

 

6 Alkoholbezogene Mortalität

 

Bisher existieren nur wenige offizielle Statistiken zu den gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums, also zu den alkoholassoziierten Krankheiten. Die Mortalität gilt dabei als entscheidender Indikator für das Auftreten bzw. das Vorhandensein einer Krankheit und kann gegebenenfalls anstelle von Inzidenz und Prävalenz als Maß herangezogen werden, wenn andere Datenquellen nicht vorhanden sind. Sie ist darüber hinaus besonders für regionale und internationale Vergleiche geeignet, da sie in vielen Ländern eine übliche Statistik ist. Mittels geeigneter statistischer Verfahren lassen sich Trends erkennen und Einflussgrößen auf die Mortalitätsentwicklung bestimmen. Die amtliche Todesursachenstatistik der Bundesrepublik Deutschland beruht auf den Todesbescheinigungen, auf denen der ausstellende Arzt die Todesursache einträgt und die die Laienkodierer in den Statistischen Landesämtern aufgrund des vierstelligen International Code of Diseases, bis 1998 Version 9 (ICD-9), seit 1999 ICD-10, verschlüsseln. Obwohl die Leichenschau häufig kritisch beleuchtet wird, sind die Angaben über das Grundleiden, das zum Tod geführt hat, mit die zuverlässigsten, die im Gesundheitswesen überhaupt erhältlich sind.

In der öffentlichen Diskussion werden verschiedene Größenordnungen der mit Alkohol in Verbindung stehenden Gesamtverstorbenen von 30.000 bis 100.000 pro Jahr genannt. Die deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) schätzte 1995 die Anzahl der Alkoholtoten auf 40.000 Personen pro Jahr [70] bzw. neuerdings auf mehr als 73.000. In einer Studie hat das Robert Koch- Institut (RKI) eine Schätzungen zur Mortalität, zum mittleren Sterbealter und zur Zahl verlorener Lebensjahre bei alkoholassoziierten Krankheiten vorgenommen [71] .

Da einige Todesursachen nur z.T. mit Alkohol assoziiert sind, würde eine einfache Übernahme der Zahlen eines ICD-Codes zu einer Überschätzung der tatsächlichen Fälle führen. Beschränkt man sich auf diejenigen Todesfälle, die allein auf Alkohol zurückzuführen sind, d.h. eine alkoholattributable Fraktion AAF=1 haben, wie z.B. alkoholische Leberzirrhose, Alkoholabhängigkeit, alkoholische Myokardiopathie, wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 1996 in Deutschland über 17.000 Fälle registriert [32] . Werden Annahmen über die ätiologischen Fraktionen der einzelnen Todesursachen, die nicht direkt im Zusammenhang mit Alkoholkonsum stehen, gemacht, ermitteln Bergmann und Horch einen Schätzwert von ca. 42.000 Verstorbenen pro Jahr [71] .

John und Hanke [72] schätzten in ihrer Untersuchung, dass im Jahre 1997 in Deutschland 73.717 alkoholbezogene Todesfälle in der Altersgruppe zwischen 35 und 64 Jahren auftraten. Da 73,5 % dieser Todesfälle eine Kombination aus nikotinund alkoholbezogenen Todesfällen darstellten, ist ungeklärt, welchen Anteil zum einen Alkohol und zum anderen Nikotin an diesen Todesfällen hatten [72] . Dennoch konnten die Autoren mithilfe ihrer Analyse für diese Altersgruppe bestimmen, dass 25 % der Gesamtsterblichkeit bei den Männern und 13 % der Gesamtsterblichkeit bei Frauen auf alkoholbezogene Krankheiten zurückgingen.

Beschränkt man sich auf die Todesursachen, die allein auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind (AAF=1), kann die Entwicklung der altersstandardisierten Mortalität von 1980 bis 2005 beobachtet werden [73] . Die altersstandardisierte Mortalitätsrate (SMR pro 100.000) eignet sich für einen Zeitvergleich, weil die Veränderung des Bevölkerungsaufbaus berücksichtigt wird. Für Männer lag Anfang der 1980er Jahre die SMR bei knapp 20, seit Mitte der 1980er Jahre steigt die SMR auf über 30 in der Mitte der 1990er Jahre und sinkt seitdem auf einen Wert von gut 25 im Jahr 2005 (siehe Abbildung 2). Männer haben ungefähr eine dreifach so hohe alkoholbedingte Sterblichkeit wie Frauen. Die Mortalitätsentwicklung für Frauen von 1980 bis 2005 steigt seit Anfang der 1980er Jahre mit einer SMR von gut fünf auf eine SMR von über zehn Mitte/Ende der 1990er Jahre und erreicht im Jahr 2005 einen Wert von neun.

 

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  Abbildung 2 
Die folgende Abbildung stellt die Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate für alkoholbedingte Erkrankungen von Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendfünf für Männer und Frauen in einem Liniendiagramm dar. Quelle ist die Erfassung alkoholbedingter Sterbefälle in der Todesursachenstatistik Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendfünf von Rübenach S P in Wirtschaft und Statistik Ausgabe 3 Zweitausendsieben Seite 278 bis 290. Standardisierte Mortalitätsrate auf 100.000. Auf der Y Achse wird in Fünferschritten die Mortalitätsrate von 0 bis 35 gezeigt. Auf der X Achse werden in Zweierschritten die Jahre von Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendvier dargestellt. Das Diagramm besteht aus zwei Linien. Linie 1: Männer, beginnt Neunzehnhundertachtzig bei 19 Komma 5, steigt bis Neunzehnhundertvierundneunzig auf 31 Komma 4 an, fällt bis Zweitausendfünf auf 25 Komma 6, Linie 2: Frauen, beginnt Neunzehnhundertachtzig bei 5 Komma 6, steigt bis Neunzehnhundertvierundneunzig auf 10 Komma 1, und fällt dann bis Zweitausendfünf auf 9 Komma 0. Für Männer lag Anfang der Neunzehnhundertachtziger Jahre die altersstandardisierte Mortalitätsrate bei knapp 20, seit Mitte der Neunzehnhundertachtziger Jahre steigt sie auf über 30 in der Mitte der Neunzehnhundertneunziger Jahre und sinkt seitdem auf einen Wert von gut 25 im Jahr Zweitausend. Männer haben ungefähr eine dreifach so hohe alkoholbedingte Sterblichkeit wie Frauen. Die Mortalitätsentwicklung für Frauen von Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendfünf steigt seit Anfang der Neunzehnhundertachtziger Jahre mit einer altersstandardisierten Mortalitätsrate von gut fünf auf eine von über zehn Mitte Ende der Neunzehnhundertneunziger Jahre und erreicht im Jahr Zweitausendfünf einen Wert von 9. Die Informationen aus dieser Abbildung werden gegebenenfalls auch im Text erläutert. Hinweis, falls Sie die Abbildung als Einzelfundstelle aus der Trefferliste gewählt haben: Sie stammt aus dem Themenheft 40 Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, den Sie über den Link Verwandte, mit separater Stichwortsuche (Alt-Taste + Taste S) oder mit Hilfe des Links unterhalb der Abbildung erreichen können. Wenn der Fokus auf der Grafik steht, kann zudem mit der Eingabe-Taste eine Tabelle mit den Werten, die der Grafik zugrunde liegen, geöffnet werden. Hierzu wird ein neues Browser-Fenster geöffnet. Ende der Abbildungsbeschreibung.

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Die alkoholbedingte Sterblichkeit ist regional stark unterschiedlich ausgeprägt. Im Jahr 2005 lag die SMR in Mecklenburg-Vorpommern mit 34,3 ca. doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt mit 17,6. Im Osten Deutschlands und in den Stadtstaaten liegt die Sterblichkeit an alkoholbedingten Erkrankungen immer höher als im Westen, wobei Bayern die niedrigste SMR von 13,2 aufweist.

Die größten Unterschiede zwischen Ost und West sind bei den alkoholbezogenen Lebererkrankungen und Alkoholpsychosen festzustellen: Es starben 1996 an alkoholbezogenen Lebererkrankungen Männer im Osten dreimal so häufig wie im Westen.

Wie sich zeigt, haben in Verbindung mit Alkoholkonsum Verstorbene im Mittel ein um ca. 20 Jahre niedrigeres Sterbealter als an anderen Todesursachen Verstorbene. 1996 lag das mittlere Sterbealter der an alkoholbezogenen Krankheiten Verstorbenen in Ostdeutschland bei 54,8 Jahren für Männer und 53,2 Jahren für Frauen, gegenüber 74,2 bzw. 76,9 Jahren für diejenigen, die an anderen Todesursachen verstarben. In Westdeutschland fällt dieser Unterschied mit 58 vs. 74,6 Jahren für Männer und 57 vs. 77 Jahren für Frauen etwas geringer aus.

Für die Trendbetrachtung des durchschnittlichen Sterbealters muss man sich wieder auf die alkoholbedingten Todesursachen (AAF=1) beschränken.

Die positive Entwicklung des mittleren Sterbealters bei Todesursachen alkoholbedingter Krankheiten um 5,3 Jahre widerspiegelt hauptsächlich den allgemeinen Trend zur höheren Lebenserwartung (siehe Abbildung 3). Insofern partizipieren auch durch Alkoholkonsum Schwersterkrankte am allgemeinen Trend zur Alterung der Gesellschaft. Darüber hinaus ist das mittlere Sterbealter bei alkoholbedingten Krankheiten im Zeitraum von 1980 bis 2005 um 0,7 Jahre stärker gestiegen als der Anstieg des mittleren Sterbealters bei allen Todesursachen erwarten lässt. Ob hierbei Einflüsse durch bessere Behandlungsmöglichkeiten Alkoholkranker eine Rolle spielen, oder ob Präventionsmaßnahmen einen stärkeren Erfolg zeigten bzw. Änderungen in Konsumgewohnheiten sich auswirkten, muss hier offen bleiben.

 

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  Abbildung 3 
Die folgende Abbildung stellt die Entwicklung des durchschnittlichen Sterbealters von Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendfünf für Männer und Frauen mit alkoholbedingten Erkrankungen in einem Liniendiagramm dar. Quelle ist die Erfassung alkoholbedingter Sterbefälle in der Todesursachenstatistik Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendfünf von Rübenach S P in Wirtschaft und Statistik Ausgabe 3 Zweitausendsieben Seite 278 bis 290. Auf der Y Achse wird in Einerschritten das durchschnittliche Sterbealter von 53 bis 60 gezeigt. Auf der X Achse werden in Zweierschritten die Jahre von Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendvier dargestellt. Das Diagramm besteht aus drei Linien. Linie 1: Frauen, beginnt Neunzehnhundertachtzig bei 54 Komma 2 und steigt bis Zweitausendfünf auf 59 Komma 5 an, Linie 2: Insgesamt, beginnt Neunzehnhundertachtzig bei 53 Komma 1 und steigt bis Zweitausendfünf auf 58 Komma 4 an, Linie 3: Männer, beginnt Neunzehnhundertachtzig bei 52 Komma 7 und steigt auf 58 Komma 1 Zweitausendfünf an. Die positive Entwicklung des mittleren Sterbealters bei Todesursachen alkoholbedingter Krankheiten um 5 Komma 3 Jahre widerspiegelt hauptsächlich den allgemeinen Trend zur höheren Lebenserwartung. Insofern partizipieren auch durch Alkoholkonsum Schwersterkrankte am allgemeinen Trend zur Alterung der Gesellschaft. Darüber hinaus ist das mittlere Sterbealter bei alkoholbedingten Krankheiten im Zeitraum von Neunzehnhundertachtzig bis Zweitausendfünf um 0 Komma 7 Jahre stärker gestiegen als der Anstieg des mittleren Sterbealters bei allen Todesursachen erwarten lässt. Die Informationen aus dieser Abbildung werden gegebenenfalls auch im Text erläutert. Hinweis, falls Sie die Abbildung als Einzelfundstelle aus der Trefferliste gewählt haben: Sie stammt aus dem Themenheft 40 Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, den Sie über den Link Verwandte, mit separater Stichwortsuche (Alt-Taste + Taste S) oder mit Hilfe des Links unterhalb der Abbildung erreichen können. Wenn der Fokus auf der Grafik steht, kann zudem mit der Eingabe-Taste eine Tabelle mit den Werten, die der Grafik zugrunde liegen, geöffnet werden. Hierzu wird ein neues Browser-Fenster geöffnet. Ende der Abbildungsbeschreibung.

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7 Ökonomische Auswirkungen alkoholbezogener Krankheiten

 

Kostenschätzungen von Krankheiten spielen in der Gesundheitspolitik eine zunehmende Rolle. Sie sind ein geeignetes Maß, um die sozioökonomische Relevanz einer Krankheit oder einer Gruppe von Gesundheitsstörungen zu quantifizieren. Die mit der Alkoholabhängigkeit und anderen alkoholbedingten Problemen verbundenen gesellschaftlichen Kosten wurden in verschiedenen Ländern, insbesondere im angelsächsischen Sprachraum, eingehend analysiert. Eine bewertende Literaturübersicht über die Kostenstudien für einen Zeitraum von zehn Jahren wurde 1995 von Robson und Single [74] erstellt.

Eine Studie für Deutschland, die systematisch die Kosten für alkoholbezogene Krankheiten schätzt, wurde 2002 vom Robert Koch- Institut (RKI) vorgelegt [71] . Die Kostenangaben in der Literatur schwanken zwischen 5 und 40 Mrd. Euro. Die DHS ging 1995 von jährlichen Folgekosten des Alkoholkonsums von mehr als 15 Mrd. Euro aus [70] . Schätzungen von Fischer [75] zufolge betragen allein die Kosten für die rund 6.000 durch Alkohol geschädigten Kinder, die jedes Jahr geboren werden, 150 bis 200 Mio. Euro jährlich.

Das am RKI in Kooperation mit der kanadischen Addiction Research Foundation durchgeführte Projekt zur Schätzung der direkten und indirekten gesellschaftlichen Kosten alkoholassoziierter Krankheiten in Deutschland orientierte sich am cost-of-illness Ansatz (COI). Der in den USA von Rice [76] entwickelte COI-Ansatz hat zum Ziel, alle Opportunitätskosten zu berechnen, die durch Krankheit oder Tod entstehen. Dabei sind die durch den bisherigen Alkoholkonsum verursachten Kosten eines Jahres in direkte und indirekte Kosten aufzuteilen. So werden direkte Kosten, d.h. der volkswirtschaftliche Ressourcenverzehr zur Behandlung von Krankheiten, und indirekte Kosten, d.h. der bewertete Verlust an menschlicher Produktivität infolge von Krankheit, Invalidität und vorzeitigem Tod, berechnet. Intangible Kosten wie Leid und Schmerz von Betroffenen, die bei Suchtkrankheiten eine bedeutende Rolle spielen, können in den Kostenrechnungen nicht berücksichtigt werden.

Die Schätzung für das Jahr 1995 ergab 20 Mrd. Euro an Gesamtkosten für alkoholbezogene Krankheiten, davon 8 Mrd. Euro direkte und 12 Mrd. Euro indirekte Kosten [32] . Die Berechnung der direkten Kosten war dabei mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftet [77] . Über die verursachten Kosten für vorbeugende und betreuende Maßnahmen, Ausbildung und Forschung, Verwaltung und Investitionen, Krankentransporte sowie Arbeits- und Wegeunfälle waren keine krankheitsspezifischen Kostenangaben erhältlich, so dass diese pauschal geschätzt werden mussten.

In die Berechnung der indirekten Kosten, verursacht durch Mortalität, gingen die verlorenen Lebensjahre, die Erwerbstätigkeitsquote und die sich daraus ergebende Anzahl der Erwerbstätigkeitsjahre während der Restlebensdauer, das Einkommen sowie eine Diskontierung der in Zukunft zu erwartenden Einkommen ein. Darüber hinaus sind auch Nichtmarkttätigkeiten wie Hauswirtschaft, Handwerk, Ehrenamt und soziale Hilfeleistungen enthalten. Die Berechnung des Ressourcenverlustes durch alkoholbezogene Frühberentung erfolgte analog zur Berechnung des Ressourcenverlustes durch Mortalität, wobei nicht auf einem Markt gehandelte Tätigkeiten unberücksichtigt bleiben. Die indirekten Kosten der Arbeitsunfähigkeit wurden aus der Anzahl der Arbeitsunfähigkeits- Tage und dem entsprechenden durchschnittlichen Jahreseinkommen berechnet.

Eine Aufschlüsselung der indirekten Kosten nach West- und Ostdeutschland zeigt eine an der Einwohnerzahl gemessene höhere finanzielle Belastung durch übermäßigen Alkoholkonsum in Ostdeutschland. Lediglich für die Rehabilitation fallen in Westdeutschland erheblich höhere Kosten an als im Verhältnis zur Einwohnerzahl zu erwarten wäre. Der überwiegende Teil der indirekten Kosten wird durch Männer verursacht. Auffällige Geschlechtsunterschiede finden sich mit 6.167 Mio. Euro für die Männer gegenüber 850 Mio. Euro für die Frauen vor allem bei den Kosten der Mortalität [32] . Der Ressourcenverlust durch Arbeitsunfähigkeit wegen alkoholbezogener Krankheiten beträgt insgesamt 18.861 Mio. Tage, das sind 3,8 % aller Arbeitsunfähigkeits-Tage. Kurze Zeiten von Arbeitsunfähigkeit (weniger als drei Tage) sind dabei in der Regel nicht erfasst. Differenziert man nach Geschlecht und Region, so geht ein erhöhter Anteil der Kosten der Arbeitsunfähigkeit auf Frauen in Ostdeutschland zurück, der auch mit einer höheren Erwerbstätigkeitsquote der Frauen im Osten in Verbindung steht.

 

 

8 Therapie der Alkoholabhängigkeit und alkoholbezogener Störungen


8.1 Versorgungsstrukturen

Die Behandlung Alkoholkranker lässt sich nach Feuerlein, Küfner und Soyka [78] in die Kontaktphase, Entgiftungs- bzw. Entzugsphase, Entwöhnungsphase und Weiterbehandlungs- bzw. Nachsorgephase unterteilen. Die Kontaktphase dient im Wesentlichen der Diagnostik und Motivation des Patienten und soll das Trinkverhalten problematisieren, Krankheitseinsicht herstellen und Therapiebereitschaft fördern. Diese Aufgabe erweist sich häufig als langwierig und schwierig, sodass sie heute ein Hauptgegenstand der Entzugs- bzw. Entgiftungsphase ist. Diese vertiefte Motivationsbehandlung gemeinsam mit der Unterbrechung des Alkoholkonsums, der Diagnostik und Behandlung körperlicher und psychiatrischer Begleiterkrankungen sowie die Vorbereitung und Einleitung der möglicherweise nachfolgenden Entwöhnungsphase wird heute als »qualifizierte Entzugsbehandlung« bezeichnet [79 , 80] . Die medizinische Behandlung alkoholassoziierter Erkrankungen erfolgt in aller Regel durch den niedergelassenen Praktiker bzw. Facharzt oder stationär im Krankenhaus, während die Therapie der Grunderkrankung (Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit) nur teilweise in medizinisch oder psychologisch geführten Facheinrichtungen durchgeführt wird. Unter den stationären Einrichtungen kommt dabei Psychiatrischen Kliniken eine herausragende Rolle zu. Je nach Störungsbild und Motivation erfolgt die Beratung und Therapie auch durch Selbsthilfeeinrichtungen, Beratungsstellen oder anderen Einrichtungen (Übergangswohnheim, Maßregelvollzug, Gefängnis, Wohnheim etc.).

Eine deutsche Besonderheit ist die Regelung der zuständigen Kostenträger. Für ärztliche Therapien einschließlich Krankenhausbehandlungen in Form einer Entzugsbehandlung ist im Regelfall die Krankenversicherung, aushilfsweise der örtliche Träger der Sozialhilfe zuständig. Dagegen werden ambulante oder stationäre Entwöhnungsbehandlungen als Teil einer medizinischen Rehabilitation im Regelfall von den Rentenversicherungsträgern, nur im Ausnahmefall von der Krankenversicherung oder den örtlichen Trägern der Sozialhilfe finanziert. Letztere sind gegebenenfalls auch für andere Maßnahmen wie betreutes Wohnen, Maßnahmen der »niedrigschwelligen« sozialen Rehabilitation etc. verantwortlich. Diese Regelung mit mehreren Kostenträgern bei nicht immer klarer Zuständigkeit bedingt im klinischen Alltag häufig Unsicherheiten und einen erheblichen bürokratischen Aufwand.

Idealerweise ergänzen sich die einzelnen Behandlungseinrichtungen im Rahmen eines Netzwerks der Suchtkrankenhilfe. Deutschland verfügt über ein vergleichsweise differenziertes Betreuungs- und Behandlungsangebot Alkoholkranker. Derzeit existieren insgesamt 934 Beratungsstellen, 9.500 Therapieplätze für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit und 5.100 Plätze für qualifizierte Entgiftung [81] .

Den Schwerpunkt bei Therapien von Alkoholabhängigen stellt immer noch das Erreichen einer dauerhaften Abstinenz dar. Versuche, bei Alkoholabhängigen kontrolliertes Trinken als dauerhaften Trinkstil zu vermitteln, sind fast überall gescheitert, erleben allerdings alle paar Jahre eine Renaissance und wurden zuletzt z.T. von verhaltenstherapeutischer wie von neurobiologischer Seite (»Die Sucht verlernen«) wieder propagiert. Klinisch-empirische Ergebnisse dazu fehlen bislang weitgehend. Dagegen ist ein » Harm-Reduction «-Ansatz zur Verminderung der Trinkmenge als erster Therapieschritt prinzipiell denkbar, speziell bei nicht anders erreichbaren oder unmotivierten Patienten, bei denen eine Abstinenz (noch) nicht erreichbar erscheint.

Grundsätzlich ist eine individuelle Gestaltung der Therapie anzustreben, nach Möglichkeit frühe Intervention, ausreichende Ressourcenorientierung, Stärkung von Selbsthilfeanteilen, Primat der Basisversorgung und ambulanter Hilfen mit der Bevorzugung von wohnortnahen Maßnahmen (Übersicht in [78] ). Außerdem sind eine Kooperation der Hilfesysteme und eine mehrdimensionale Schadensminderung notwendig.

Die ca. 7.500 Selbsthilfegruppen in Deutschland bestehen aus etwa 120.000 Teilnehmern. Außerdem existieren 2.100 Therapieplätze für Suchtkranke im Regelvollzug [81] .

 

8.2 Stationäre Entwöhnungsbehandlungen

Der Schwerpunkt in der Therapie Alkoholkranker lag jahrzehntelang auf der Durchführung stationärer (Entwöhnungs-)Therapien in speziellen Fachkliniken, die zum Teil von den Rentenversicherungsträgern direkt, teilweise von anderen Trägern unterhalten werden. Der Schwerpunkt dieser Therapien liegt neben dem Erreichen der Abstinenz auch auf der sozialmedizinischen Rehabilitation im Sinne der Erwerbsfähigkeit.

Fast alle stationären Entwöhnungstherapien sind stark gruppentherapeutisch orientiert und versuchen verschiedene psycho- und soziotherapeutische Verfahren zu integrieren, insbesondere verhaltens- und tiefenpsychologische Verfahren, Entspannungstechniken, ggf. Gestalt- sowie Partner- und Familientherapie, aber auch systemische Ansätze. Dazu kommen Bewegungstherapie, Sport, Übungen zur Freizeitgestaltung und soziotherapeutische Maßnahmen im engeren Sinne.

Die Zahl bewilligter stationarer Entwohnungsbehandlungen fur Suchtkranke ist trotz erheblichen Kostendrucks im Gesundheitswesen in den letzten Jahren nicht reduziert worden, in den neuen Bundeslandern sogar angestiegen. 2004 wurden von den Versicherungen 36.961 stationare Entwohnungsbehandlungen bewilligt, wobei etwa 1/5 der Bewilligungen auf Frauen entfielen [81] . Laut Jahresstatistik der stationaren Suchtkrankenhilfe waren Rentenversicherungstrager in ca. 77 % der dokumentierten Falle Kostentrager fur Rehabilitationsmasnahmen. Seit Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen ist die massive Verkurzung der stationaren Behandlungsdauer Alkoholabhangiger in den letzten Jahren von im Regelfall sechs Monaten auf nur zwolf bis 16 Wochen. Die Frage, ob langere stationare Behandlungen genauso effizient sind wie kurzere, ist in der wissenschaftlichen Diskussion und wohl auch vor dem Hintergrund verschiedener Therapiekonzepte nicht einheitlich beantwortbar. Meta-Analysen [82] sprechen dafur, dass kurzere Behandlungsdauern auch zum Teil auf Kosten des Therapie . erfolges gehen. Umgekehrt konnen durch verkurzte Therapiedauern mehr Patienten ins Behandlungssystem aufgenommen werden. Hieraus hat sich ein weithin akzeptierter Konsens entwickelt, wonach ein sehr ausdifferenziertes Therapiesystem angeboten werden sollte, welches je nach Schweregrad der Abhängigkeit des einzelnen Patienten modifiziert wird [83] .

 

8.3 Ambulante Entwöhnungstherapien

Ambulante Therapien für Alkoholabhängige sind in Deutschland lange vernachlässigt worden. Erst seit dem Abschluss der ersten Empfehlungsvereinbarung »Ambulante Rehabilitation Sucht« der Kranken- und Rentenversicherungsträger 1991 sind in Deutschland vermehrt Entwöhnungstherapien auf ambulanter Basis angeboten und durchgeführt worden.

Voraussetzung ist in der Regel ein relativ intaktes soziales Umfeld, die Fähigkeit und Bereitschaft zur Suchtmittelabstinenz sowie zur aktiven Mitarbeit und Einhaltung des Therapieplans, eine ausreichende berufliche Integration und eine stabile Wohnsituation (Übersicht in [84] ). Schließlich sollten auch keine schweren körperlichen oder psychischen Begleiterkrankungen, die eine stationäre Behandlung notwendig machen, vorliegen. Derzeit bieten etwa 350 Einrichtungen in Deutschland eine ambulante Rehabilitation nach der genannten Empfehlungsvereinbarung an (Therapiedauer variabel bis neun Monate). 2004 wurden immerhin schon 18.113 ambulante Therapien bewilligt (2002: 12.273) [81] .

Offenkundige Vorteile der ambulanten Entwöhnungstherapie sind: Wohnortnähe, geringere Kosten und die Möglichkeit einer alltags- und realitätsnahen Bearbeitung von sozialen Problemen und Konflikten sowie die Möglichkeit, berufs- und familienbegleitende Therapiemaßnahmen zu beginnen.

Nachteile sind unter anderem: Naturgemäß weniger intensive Kontrolle des Patienten, eine vergleichsweise weniger dichte »totale therapeutische Atmosphäre« und eine vergleichsweise geringere Strukturierung des Freizeitangebots während der Therapie.

 

8.4 Defizite der Versorgung

Trotz des im internationalen Vergleich differenzierten Therapieangebotes besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Anzahl der durchgeführten Entwöhnungsmaßnahmen einerseits und der Anzahl potenziell therapiebedürftiger Alkoholkranker andererseits. Maximal 2 % der theoretisch zu Erreichenden können pro Jahr in Entwöhnungseinrichtungen behandelt werden [85] . Außerdem ist für bestimmte Patientengruppen das Therapieangebot ausgesprochen gering. Zu nennen ist hier vor allem die Gruppe der älteren Alkoholkranken, die sich kaum oder gar nicht in stationäre oder ambulante Entwöhnungstherapien integrieren lassen.

Sinnvoll wären auch ein verbessertes Therapieangebot speziell für alkoholkranke Frauen (z.B. vermehrte Mutter-Kind-Therapien), außerdem mehr wohn- und gemeindenahe tagesklinische und andere teilstationäre Therapieangebote auch für Kranke mit gravierenden psychischen, körperlichen oder sozialen Folgeschäden im Sinne der »chronisch mehrfach geschädigten« Alkoholkranken, für die häufig nur eine so genannte Schadensminimierung (Harm-Reduction-Strategie, keine dauerhafte Abstinenz) möglich ist. Sie werden fast ausschließlich in psychiatrischen Kliniken behandelt. Schließlich sollten die psycho- und sozialtherapeutischen Möglichkeiten in der Postentwöhnungs- bzw. Stabilisierungsphase Alkoholkranker verbessert werden. Es ist bedauerlich, dass zahlreiche niedergelassene Ärzte und vor allem Psychotherapeuten die Behandlung suchtkranker Patienten ablehnen. Neuere pharmakotherapeutische Möglichkeiten der Rückfallprophylaxe von Alkoholkranken sind inzwischen empirisch gut belegt [86 , 87] . Trotz einer annähernden 87] Verdopplung der Abstinenzchancen werden diese Rückfallprophylaktika jedoch zu selten genutzt.

 

8.5 Therapieergebnisse bei Alkoholabhängigkeit

Therapieergebnisse stationärer Entwöhnungstherapien sind deutlich besser als allgemein häufig angenommen wird und liegen zum Teil deutlich über der Mitte der 1970er Jahre publizierten so genannten 1/3-Quote [88 , 89] . Eine 4-Jahres-Katamnese von Patienten, die an einer stationären Entwöhnungstherapie teilgenommen hatten (MEAT-Studie, [90] 1989), hatte eine Abstinenzrate von 46 % ergeben. Nach 18 Monaten betrug die Abstinenzrate sogar noch 53 %. Verschiedene Meta-Analysen und Übersichten fanden unter Berücksichtigung internationaler Studien z.T. deutlich schlechtere Behandlungsergebnisse mit Abstinenzraten von gut 30 %, im langfristigen Bereich sogar nur von 26 bis 28 % [91] , bzw. von etwa 33 % [92] . Eine Meta-Analyse [82] im Jahr 2000 ergab dagegen wesentlich bessere Abstinenzraten bei stationären Entwöhnungstherapien von im Mittel 53 % nach einem Jahr, bei allerdings hoher Schwankungsbreite (12 % bis 63 %). Dabei zeigte sich auch, dass längere Behandlungen im Mittel zu etwas besseren Ergebnissen führten. Die Forschungsbefunde von Sonntag und Künzel [82] deuten darauf hin, dass die oben angesprochene Kürzung der Therapiedauer stationärer Behandlungen bis zu einer kritischen Grenze von drei bis vier Monaten im Grundsatz ohne Verluste des Therapieerfolgs möglich sind, allerdings nur bei Patienten mit durchschnittlicher Störungsausprägung und nur dann, wenn die Kürzungen nicht einfach zeitanteilig erfolgen, sondern die verbleibende Therapiedauer konzeptionell umgestellt und in der Intensität verbessert wird.

Methodisch gute, internationale Untersuchungen berichten z.T. deutlich schlechtere Therapieergebnisse als deutsche Studien (siehe z.B. Project MATCH Research Group [93] ). Dabei konnte insbesondere die Überlegenheit des einen über das andere Therapieverfahren (z.B. kognitive Verhaltenstherapie, 12-Schritte-Programme, Konzept der Anonymen Alkoholiker etc.) nicht sicher nachgewiesen werden. Vergleichsweise effizient sind auch ambulante Entwöhnungstherapien (Abstinenzrate 46 % nach 19 Monaten [94] , bzw. 44 % nach drei Jahren in einer weiteren Katamnese [95] ). Die Effizienz von Selbsthilfegruppen ist klinisch offensichtlich, aber aus methodischen Gründen bislang kaum untersucht worden.

 

 

9 Konsumempfehlungen und präventive Maßnahmen


9.1 Trinkempfehlungen

Bühringer und Kollegen [32] haben sich auch mit dem Thema Konsumempfehlungen für alkoholische Getränke beschäftigt. Damit liegt ein Überblick über die historische Entwicklung von Trinkempfehlungen vor. In den Schlussfolgerungen für künftige Empfehlungen zum Alkoholkonsum wird auf zwei Aspekte hingewiesen: Empfehlungen sollten (1) maximale Trinkmengen pro Tag angeben und (2) auf einen vollständigen Konsumverzicht in bestimmten Situationen und Lebensphasen wie z.B. im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz oder während der Schwangerschaft hinweisen.

Das Forschungsprojekt »Alkoholkonsum und Krankheit«, das ebenfalls vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) initiiert wurde, untersuchte mit Hilfe von Meta-Analysen die gesundheitlichen Konsequenzen mäßigen Alkoholkonsums [96] . Auf der Grundlage der Ergebnisse über den Zusammenhang zwischen Konsum und dem Auftreten verschiedener alkoholbezogener Krankheiten, empfehlen die Autoren als tolerierbaren oberen Konsumgrenzwert eine Konsummenge von 10 bis 12 Gramm Reinalkohol pro Tag für erwachsene Frauen und von 20 bis 24 Gramm Reinalkohol pro Tag für erwachsene Männer. Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird empfohlen, ihren Alkoholkonsum insgesamt zu reduzieren. Die Autoren schlagen einen Trinkstil vor, bei dem Alkohol langsam und zu den Mahlzeiten konsumiert wird sowie einen Verzicht auf exzessives episodisches Trinken. In verschiedenen Situationen und Lebensphasen sollte dagegen vollständig auf Alkohol verzichtet werden.

 

9.2 Präventionsaktivitäten

Aus der Public Health -Perspektive spielen Präventionsmaßnahmen für die Krankheitsbekämpfung eine wesentliche Rolle. Aktivitäten der Primärprävention sind zu bevorzugen, da sie die Entstehung einer Krankheit von vornherein vermeiden helfen. Allerdings ist dieser Ansatz nicht immer erfolgreich, beispielsweise wenn es um Verhaltensänderungen geht, die auf einer allgemeinen Ebene schwer zu erreichen sind [97] . In diesen Fällen eignen sich Maßnahmen der Sekundärprävention, da die Adressaten leichter zu identifizieren sind und eventuell eine höhere Motivation besitzen, etwas gegen ihre Krankheit zu unternehmen. In Deutschland hatte die Primärprävention immer einen hohen Stellenwert. Zunehmend gewinnen zur Senkung des Umfangs von Alkoholabhängigkeit und -missbrauch sekundärpräventive Maßnahmen an Bedeutung.

Überregional leisten im Wesentlichen zwei Einrichtungen Aufklärungsarbeit zum Thema Alkohol, die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Seit zehn Jahren betreibt die DHS Alkoholprävention im Sinne des Public-Health-Ansatzes mit dem Schwerpunkt Schadensminimierung durch Reduzierung von Alkoholnachfrage und -angebot. Ihre Aktivitäten laufen in Anlehnung an verschiedene europäische und deutsche Aktionspläne zur Alkoholpolitik (z.B. den WHO Europäischen Aktionsplan Alkohol, die Europäische Charta Alkohol, die EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden, den Aktionsplan Alkohol der 70. Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Minister und Senatoren, die Erklärung über Jugend und Alkohol). Die DHS spricht mit verschiedenen Broschüren die Alkoholkonsumenten und -missbraucher an. Mit dem Deutschen Frauenbund für alkoholfreie Kultur wurde ein Informationsset »Alkoholfrei ist besser« zur Punktnüchternheit (kein Alkoholkonsum in bestimmten Situationen und Lebenslagen) entwickelt. Mit der Dachkampagne »Alkohol - Verantwortung setzt die Grenze« fördert die BZgA einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol (Sensibilisierung der Allgemeinbevölkerung, Trinkmengen und -grenzen, risikoarmer Konsum, Punktnüchternheit, Jugendschutz, Alkohol im Betrieb) in den Bundesländern und unterstützt auch eigene Präventionsaktivitäten der Bundesländer.

 

 

10 Forschungsperspektiven

 

Die biomedizinische und klinische Alkoholismusforschung hat in den letzten beiden Dekaden in Deutschland deutliche Fortschritte gemacht, ist aber insbesondere im Bereich der Neuro- und Psychowissenschaften vielerorts immer noch ein Stiefkind. So existiert in Deutschland derzeit nur ein Lehrstuhl für Suchtmedizin und die suchtmedizinische Forschung ist selbst in vielen psychiatrischen Universitätskliniken kaum oder gar nicht präsent. Überregionale Forschungseinrichtungen, die sich schwerpunktmäßig dem Bereich der Alkoholforschung und Therapie widmen könnten, wie z.B. in den USA das National Institute for Alcoholism and Alcohol Abuse (NIAAA) , fehlen völlig. Die Einrichtung weiterer universitärer oder außeruniversitärer Forschungsbereiche und Institute, die sich mit dem Problem Suchtmedizin, speziell Alkoholismus auseinander setzen, erscheint dringend notwendig. Es scheint naheliegend, dass zumindest ein Teil der erheblichen Einnahmen der Alkoholsteuer speziell hierauf verwandt werden sollte. Im Übrigen wäre ähnlich wie in Teilen der USA auch eine finanzielle Beteiligung der Getränkeindustrie im Bereich Prävention und Therapie von Alkoholismus wünschenswert.

Die Initiierung von Forschungsverbünden in der Suchtforschung durch das Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie (BMBF, siehe oben) ist ein weiterer Schritt. Hier konnten vier bundesweite Netzwerke eingerichtet werden, wobei allerdings nicht immer auch der Alkoholismusbereich ausreichend berücksichtigt wurde. Anzustreben ist im Bereich der Therapieforschung weiter ein verstärktes Engagement der Leistungsträger, insbesondere Krankenkassen und Rentenversicherungsträger, die einige Modellprojekte, z.B. zur ambulanten Entgiftung oder ambulanten Rehabilitation fördern. Die wissenschaftliche Erprobung und Überprüfung neuer Therapiemodelle scheint dringend notwendig.

Schließlich steht eine Verbesserung der Erforschung der neurobiologischen Grundlagen der Alkoholabhängigkeit noch aus. Nur vergleichsweise wenige Universitäten und Forschungseinrichtungen haben sich speziell dieser Fragestellung gewidmet, obwohl dieses Gebiet international mittlerweile als sehr aussichtsreich angesehen wird. Zu nennen wären hier die genetischen Grundlagen der Alkoholkrankheit, relevante zelluläre Mechanismen und die Entwicklung neuerer Medikamente vor allem zur Rückfallprophylaxe sowie zur Behandlung alkoholassoziierter Folgeschädigungen.

Durch die Einführung der Fachkunde »suchtmedizinische Grundversorgung« für Ärzte mit entsprechenden Weiterbildungscurricula der jeweiligen Landesärztekammern hat sich die Ausbildung in diesem Bereich verbessert. Dennoch sind weitere Anstrengungen nötig, um die Diagnostik und Therapie von Alkoholabhängigkeit zu verbessern.

Um den Zusammenhang zwischen Trinksituation und dem Auftreten negativer Konsequenzen (»social harm«, z.B. Verkehrsunfälle, Gewalt, Missbrauch) analysieren zu können, sind Kenntnisse über Trinksituationen erforderlich, die aus den Angaben zu Menge und Frequenz in Bevölkerungsumfragen nicht abgeleitet werden können. Forschungsergebnisse zeigen, dass ein Bedarf in diesem Forschungsbereich besteht (z.B. [10] ). Die Ergebnisse können dazu dienen, Situationen exzessiven Trinkens zu identifizieren und Präventionskampagnen zum Thema »Punktnüchternheit« zu präzisieren. Hinweise auf die Trinkgewohnheiten in Deutschland liefert der Epidemiologische Suchtsurvey [43] , aus dessen Ergebnissen sich zwei Tendenzen ablesen lassen: Alkohol wird zum einen hauptsächlich abends und zum anderen zumeist in geselliger Runde getrunken.

In zukünftigen epidemiologischen Studien sollten neuere Verfahren zum Screening von Alkoholmissbrauch bzw. -abhängigkeit wie das AUDADIS [98] im deutschsprachigen Raum erprobt werden. Wünschenswert wären Validitätsstudien, die die Güte von schriftlichen Erhebungen des M-CIDI-Moduls [47] zu Substanzstörungen ermitteln. Unzureichend ist auch noch die Befundlage bei Personen ab 60 Jahren.

 

 

11 Ansprechpartner 1

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung im Bundesministerium für Gesundheit
Friedrichstraße 108
10117 Berlin
Tel.: 0 30 18 / 4 41 - 14 52
Fax: 0 30 / 2 06 40 - 49 60
E-Mail: drogenbeauftragte@bmg.bund.de
www.drogenbeauftragte.de

 

Deutsche Hauptstelle für Suchfragen (DHS)
Westenwall 4
59065 Hamm
Tel.: 0 23 81 / 90 15 - 0
Fax: 0 23 81 / 90 15 30
E-Mail: info@dhs.de
www.dhs.de

 

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Ostmerheimer Str. 220
51109 Köln
oder
Postfach 910152
51071 Köln
nur für schriftliche Medienbestellungen:
51101 Köln (ohne Straße, ohne Postfach)
Tel.: 02 21 / 89 92 - 0
Fax: 02 21 / 89 92 - 3 00
E-Mail: poststelle@bzga.de (für Anfragen, Mitteilungen)
E-Mail: order@bzga.de (für Bestellungen)
www.bzga.de

 

 

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Tabellen mit Werten aus den Abbildungen 1 bis 3

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Anteil der Alkoholkonsumenten oberhalb der Grenzwerte von 20 g/Tag für Männer und 10 g/Tag für Frauen nach Altersgruppen
Quelle: Ernährungssurvey im Bundes-Gesundheitssurvey 1998
 
Altersgruppe Männer Frauen
 18 bis 24 Jahre 23,5%  11,0% 
 25 bis 34 Jahre 25,7%  13,6% 
 35 bis 44 Jahre 34,1%  18,0% 
 45 bis 54 Jahre 38,8%  22,3% 
 55 bis 64 Jahre 31,2%  17,3% 
 65 bis 79 Jahre 29,2%  10,5% 

 
 

 

 

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Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate für alkoholbedingte Erkrankungen von 1980 bis 2005 für Männer und Frauen
Standardisierte Mortalitätsrate auf 100.000
Quelle: Rübenach SP (2007) Die Erfassung alkoholbedingter Sterbefälle in der Todesursachenstatistik 1980 bis 2005. Wirtschaft und Statistik 3/2007:
278 bis 290
 
Jahr Männer Frauen Insgesamt
 1980 19,5  5,6  12,1 
 1981 20,1  5,6  12,4 
 1982 19,1  5,7  12,0 
 1983 19,0  5,5  11,8 
 1984 19,0  5,5  11,9 
 1985 19,5  5,7  12,2 
 1986 20,1  6,0  12,7 
 1987 21,0  6,4  13,4 
 1988 23,0  6,8  14,6 
 1989 24,0  7,3  15,4 
 1990 26,2  8,3  17,1 
 1991 29,8  9,4  19,4 
 1992 29,8  9,6  19,5 
 1993 30,7  9,9  20,2 
 1994 31,3  10,1  20,7 
 1995 31,1  10,1  20,6 
 1996 31,0  10,2  20,7 
 1997 30,7  10,2  20,5 
 1998 29,0  10,2  19,7 
 1999 28,1  9,7  19,1 
 2000 27,5  9,4  18,7 
 2001 26,7  9,4  18,3 
 2002 27,5  9,5  18,8 
 2003 27,2  9,5  18,6 
 2004 25,9  9,0  17,8 
 2005 25,6  9,0  17,6 

 
 

 

 

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Entwicklung des durchschnittlichen Sterbealters von 1980 bis 2005 für Männer und Frauen mit alkoholbedingten Erkrankungen
Quelle: Rübenach SP (2007) Die Erfassung alkoholbedingter Sterbefälle in der Todesursachenstatistik 1980 bis 2005. Wirtschaft und Statistik 3/2007: 278 bis 290
 
Jahr Männer Frauen Insgesamt
 1980 52,7  54,2  53,1 
 1981 53,0  53,6  53,1 
 1982 52,9  54,0  53,2 
 1983 53,2  54,7  53,6 
 1984 53,4  54,6  53,7 
 1985 53,7  55,2  54,1 
 1986 54,0  55,4  54,3 
 1987 53,9  55,4  54,3 
 1988 54,1  55,4  54,4 
 1989 54,2  55,3  54,5 
 1990 54,2  55,4  54,5 
 1991 53,9  55,5  54,3 
 1992 54,1  55,3  54,4 
 1993 54,2  55,8  54,6 
 1994 54,6  56,3  55,0 
 1995 55,0  56,3  55,3 
 1996 55,3  56,6  55,7 
 1997 55,8  57,2  56,2 
 1998 56,5  58,7  57,1 
 1999 56,6  58,7  57,1 
 2000 56,7  58,1  57,1 
 2001 57,3  58,7  57,7 
 2002 57,5  58,7  57,8 
 2003 57,7  59,2  58,1 
 2004 57,9  59,5  58,3 
 2005 58,1  59,5  58,4 

 
 

 
 

 
 

 

 

 

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

 
 

Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) liefert daten- und indikatorengestützte Beschreibungen und Analysen zu allen Bereichen des Gesundheitswesens.


Rahmenbedingungen
des Gesundheitswesens
 
Gesundheitliche Lage
  Doppelpfeil: vertikal
Gesundheits-
verhalten und
-gefährdungen
Doppelpfeil: horizontal
Gesundheits-
probleme,
Krankheiten
Doppelpfeil: vertikal   Doppelpfeil: vertikal
Leistungen und Inanspruchnahme
Doppelpfeil: vertikal   Doppelpfeil: vertikal
Ressourcen der
Gesundheits-
versorgung
Doppelpfeil: horizontal
Ausgaben,
Kosten und
Finanzierung

 

Als dynamisches und in ständiger Aktualisierung begriffenes System bietet die Gesundheitsberichterstattung des Bundes die Informationen zu den Themenfeldern in Form sich ergänzender und aufeinander beziehender Produkte an:

 

  • Themenhefte der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
  • In den Themenheften werden spezifische Informationen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung und zum Gesundheitssystem handlungsorientiert und übersichtlich präsentiert. Jedes Themenheft lässt sich einem der GBE-Themenfelder zuordnen; der innere Aufbau folgt ebenfalls der Struktur der Themenfelder. Somit bieten die Themenfelder der GBE sowohl den Rahmen als auch die Gliederung für die Einzelhefte. Inhaltlich zusammengehörende Themen können gebündelt und gemeinsam herausgegeben werden. Die fortlaufende Erscheinungsweise gewährleistet Aktualität. Die Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Expertinnen und Experten aus dem jeweiligen Bereich.
    www.rki.de

 

  • Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
  • Das Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes liefert als Online- Datenbank schnell, kompakt und transparent gesundheitsrelevante Informationen zu allen Themenfeldern der Gesundheitsberichterstattung. Die Informationen werden in Form von individuell gestaltbaren Tabellen, übersichtlichen Grafiken, verständlichen Texten und präzisen Definitionen bereitgestellt und können heruntergeladen werden. Das System wird ständig ausgebaut. Derzeit sind aktuelle Informationen aus über 100 Datenquellen abrufbar. Zusätzlich können über dieses System die GBE-Themenhefte sowie weitere GBE-Publikationen abgerufen werden.
    www.gbe-bund.de

 

  • GBE kompakt
  • Die Online-Publikationsreihe GBE kompakt präsentiert in knapper Form Daten und Fakten zu aktuellen gesundheitlichen Themen und Fragestellungen. Die vierteljährliche Veröffentlichung erfolgt ausschließlich in elektronischer Form.
    www.rki.de/gbe-kompakt

 

Die Aussagen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes beziehen sich auf die nationale, bundesweite Ebene und haben eine Referenzfunktion für die Gesundheitsberichterstattung der Länder. Auf diese Weise stellt die GBE des Bundes eine fachliche Grundlage für politische Entscheidungen bereit und bietet allen Interessierten eine datengestützte Informationsgrundlage. Darüber hinaus dient sie der Erfolgskontrolle durchgeführter Maßnahmen und trägt zur Entwicklung und Evaluierung von Gesundheitszielen bei.
      Der Leser- und Nutzerkreis der GBE-Produkte ist breit gefächert: Angesprochen sind Gesundheitspolitikerinnen und -politiker, Expertinnen und Experten in wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen und die Fachöffentlichkeit. Zur Zielgruppe gehören auch Bürgerinnen und Bürger, Patientinnen und Patienten, Verbraucherinnen und Verbraucher und ihre jeweiligen Verbände.

 

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Die Hefte der Gesundheitsberichterstattung des Bundes können kostenlos beim Robert Koch-Institut (RKI) bestellt werden:


Auf dem Postwege:

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Gesundheitsberichterstattung
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Gesundheit
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[Heft 39: Harninkontinenz] [Heft 41: Psychotherapeutische Versorgung] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]


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