Schuppenflechte [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, November 2002]
[Heft 10: Gesundheit im Alter] [Heft 12: Dekubitus] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]
Heft 11 - Schuppenflechte
aus der Reihe "Gesundheitsberichterstattung des Bundes"
Autoren: |
Prof. Dr. med. Heiko Traupe
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten Universitätsklinikum Münster |
Prof. Dr. med. Bernt-Peter Robra, MPH
Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie Otto-von-Guericke Universität Magdeburg |
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Redaktion: |
Robert Koch-Institut
Gesundheitsberichterstattung Dr. Hannelore Neuhauser Dr. Thomas Ziese Seestraße 10 13353 Berlin |
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Herausgeber: |
Robert Koch-Institut
(November 2002) |
Einleitung
Typisch für das Erscheinungsbild sind scharf begrenzte, schuppende Rötungen der Haut, die bevorzugt an Ellenbogen, Kniestreckseiten und behaartem Kopf auftreten und zum Teil jucken. Darauf weist auch der aus dem Griechischen stammende medizinische Name der Erkrankung hin, der sich von »psao« (ich kratze) ableitet. Neben der Haut betrifft die Psoriasis bei 5 bis 10% der Erkrankten auch die Gelenke (Psoriasis-Arthritis), sowie bei ca. 50% die Nägel.
Die Anlage für die Psoriasis wird vererbt, ohne dass die Erkrankung immer zum Ausbruch kommt. Es sind verschiedene Faktoren bekannt, die zu einem Ausbruch der Erkrankung beitragen können. Obwohl sich das Hautbild durch Behandlung oder auch spontan bessern kann, ist ein schubförmiger Verlauf typisch und eine ursächliche Heilung nicht möglich. Ausdehnung, Schweregrad und Lokalisation können individuell sehr unterschiedlich sein. Neben den erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität durch Hautentzündung, Schuppung und Juckreiz - sowie bei der Sonderform der Gelenk-Psoriasis durch Schmerzen und Funktionseinbuße von Gelenken - stellt insbesondere die Reaktion der anderen Menschen auf die »Andersartigkeit« der Psoriasiskranken ein schwerwiegendes Problem dar. Zudem erfordert die Psoriasis aufgrund des chronischen Verlaufes kontinuierliche Pflege und bei schwer erkrankten Menschen häufig mehrwöchige stationäre Behandlungen, die erhebliche Kosten für die Sozialleistungsträger, die Volkswirtschaft und für die Betroffenen selbst verursachen.
Krankheitsbild und Hauptformen
Tabelle 1
Typ | Hauptsymptome | Lokalisation |
---|---|---|
Psoriasis vulgaris | Rote, schuppende Herde | Kopf, Ellenbogen, Kniescheiben |
- Plaque-Typ der Psoriasis vulgaris |
Schwere Verlaufsform der Psoriasis vulgaris, heilt meist nur unvollständig |
Großflächiger Befall, auch von Brust und Rücken, Armen und Beinen |
- Guttata-Typ der Psoriasis vulgaris |
Plötzliches Auftreten von pfenniggroßen Herden |
Gesicht, Brust und Rücken |
Psoriasis-Arthritis | Rötung, Schwellung von Gelenken, Schmerzen, evtl. auch Haut betroffen |
Häufig Finger-, Hand-, Sprunggelenke, Knie, Ellenbogen, z.T. Wirbelsäule |
Psoriasis pustulosa | Rötung und Eiterbläschen, z.T. wunde Stellen |
Oft Handteller und Fußsohlen, selten ganzer Körper |
Psoriasis vulgaris
Psoriasis pustulosa
Psoriasis-Arthritis
Krankheitsentstehung:
Zusammenspiel von Immunsystem
und Vererbung
Etwa 30 bis 40% der Menschen mit Psoriasis geben an, dass auch Verwandte betroffen sind. Untersuchungen zur Häufigkeit der Vererbung der Erkrankung ergaben deutliche Hinweise auf einen stärker über den Vater vermittelten Vererbungseffekt. Darüber hinaus legen jüngste Untersuchungen aus Deutschland nahe, dass es nicht nur krankheitsfördernde sondern auch vor der Erkrankung schützende Gene gibt. Bislang konnten eine Reihe von relevanten Genorten auf den Chromosomen 1, 3, 6 und 19 gefunden werden, die eigentlichen Gensequenzen sind aber noch nicht bekannt.
Verbreitung
Im Rahmen eines Pilotprojektes wurden 1994/1995 in Dresden 665 Personen aus zufällig ausgesuchten Haushalten befragt und von einem Hautarzt untersucht. Dabei wurde bei 2,7% der Untersuchten eine manifeste Psoriasis festgestellt - eine ähnliche Größenordnung wie in Nordeuropa.
Die Dresdener Studie ist zu klein, um aussagekräftige Ergebnisse bezüglich des Geschlechterverhältnisses zu liefern, aus internationalen Studien konturiert sich allerdings kein sicherer Unterschied für die Prävalenz der Psoriasis bei Männern und Frauen.
Grundsätzlich kann die Psoriasis in jedem Alter auftreten, jedoch erlauben Untersuchungen die Unterscheidung von zwei Typen. Bei dem Frühtyp, dem sogenannten Typ-1, dem ca. 70% der Betroffenen angehören, tritt die Psoriasis in der Regel vor dem 30. Lebensjahr auf. Eine Untersuchung aus Kiel an 3.700 Patienten mit Psoriasis zeigte für diesen Typ einen Ersterkrankungsgipfel im 16. Lebensjahr bei Frauen und im 21. Lebensjahr bei Männern. Dagegen tritt die seltenere sogenannte Typ-2 Psoriasis in der Regel nach dem 40. Lebensjahr auf, in der Kieler Untersuchung mit einem Erkrankungsgipfel von 60 Jahren bei Frauen und 57 Jahren bei Männern. Es gibt jedoch noch weitere Unterschiede: Der Frühtyp geht häufiger mit einem schweren Verlauf einher, zeigt eine wesentlich höhere familiäre Belastung - genetische Faktoren spielen beim Typ-1 eine besondere Rolle - und ist im Gegensatz zur Typ-2 Psoriasis charakteristischerweise mit bestimmten Zelloberflächenmerkmalen, sogenannten HLA Antigenen, assoziiert.
Risikofaktoren
Die Datenlage zur Rolle der Ernährung für die Psoriasis ist aus wissenschaftlicher Sicht unbefriedigend. Ein hohes Körpergewicht, gemessen als sogenannter Body-Mass-Index (BMI), ist mit einem erhöhten Risiko für Psoriasis verknüpft. Eine Studie zeigte, dass eine Ernährung, die durch einen hohen Verzehr von Karotten, Tomaten und frischen Früchten gekennzeichnet ist, mit einem gewissen Schutz vor Psoriasis einhergeht. Viele Betroffene geben an, dass der Genuss von Wein und von bestimmten Gewürzen mit einer unmittelbaren Verschlechterung ihres Hautbildes einhergeht, ohne dass dies bislang als wissenschaftlich gesichert gelten kann.
Wesentlich besser belegt ist, dass zahlreiche Medikamente auf ungünstige Weise mit der Psoriasis interagieren. Eine medikamentenbedingte Verschlechterung einer bereits bestehenden Psoriasis ist unter anderem belegt für bestimmte Herz-Kreislauf-Medikamente wie z.B. Betablocker, bestimmte Psychopharmaka wie Lithiumsalze, Immuntherapeutika wie Interferone, Malariamittel wie Chloroquin und für manche nichtsteroidale Antirheumatika wie z.B. Indomethazin. Erkrankungsschübe werden gehäuft im Herbst und im Frühling festgestellt und können durch Infekte, z.B. Halsentzündungen mit bestimmten Bakterien (beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A) ausgelöst werden.
Auch das Klima insgesamt spielt in Deutschland eine gewisse Rolle. Eine Reihe weiterer Faktoren werden als Auslöser der Psoriasis diskutiert, sind aber nicht hinreichend untersucht.
Behandlungsmöglichkeiten
Grundsätzlich ist eine ursächliche Heilung bis heute nicht möglich, vielmehr erfordert die Haut eines Psoriasis-Kranken auch bei weitgehender Erscheinungsfreiheit eine dauerhafte Pflege. Zu täglichen Pflege gehören Salben, die Teer, Harnstoff oder hornhautlösende Mittel enthalten.
Krankheitsschübe werden häufig mit Wirkstoffen wie Anthralin, Vitamin-D-Präparaten, bestimmten Vitamin-A-Abkömmlingen (sogenannten topischen Retinoiden) und Kortisonpräparaten in Salbenform behandelt. Besonders bei schwereren Formen ist auch eine Behandlung mit Vitamin- A-Abkömmlingen möglich, die in den Verhornungsprozess (epidermale Differenzierung) eingreifen oder sogar eine immunsuppressive Therapie, z.B. mit Methotrexat, Ciclosporin oder Fumarsäureester.
Menschen mit Psoriasis fahren seit vielen Jahren in Eigeninitiative ans Tote Meer und berichten von einer Besserung der Haut durch die Kombination von Bädern mit einem Solegehalt von mehr als 30% und der dort kontinuierlich scheinenden Sonne. Das zugrundeliegende Therapieprinzip der sogenannten Foto-Solebehandlung wird seit 20 Jahren in Rehabilitationskliniken angewandt. Parallel dazu wurde an Universitätskliniken Anfang der 80er Jahre die orale Fotochemotherapie (orale PUVA-Behandlung) und die sogenannte Bade-PUVA-Therapie etabliert. Dabei wird durch einen Wirkstoff, der in Tablettenform bzw. als Badezusatz als Lichtsensibilisator wirkt, die Wirkung des UV-Lichtes massiv verstärkt, so dass eine deutlich geringere UV-Dosis verwendet werden kann. Dies ist im Kontext der Diskussion um die mögliche hautkrebserregende Wirkung bestimmter Wellenbereiche des UV-Lichtes von besonderer Bedeutung. Die Foto-Solebehandlung ist das vorherrschende Therapieverfahren in den deutschen Rehabilitationsfachkliniken, während die Bade-PUVA-Therapie nur in Akutkliniken, oftmals Universitätskliniken durchgeführt wird. Beide Therapieverfahren, die zur sogenannten Balneophototherapie gehören, können zurzeit zu Lasten der GKV nicht ambulant angeboten werden, da sie aufgrund eines Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, der dies 1994 und 1999 geprüft hat, von der vertragsärztlichen (also ambulanten) Versorgung ausgeschlossen sind. Hier besteht die Notwendigkeit, die Wirksamkeit durch weitere Studien zu belegen, deren Durchführung noch einige Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen wird.
In der klinischen Prüfung sind gegenwärtig neuartige Therapieansätze, bei denen z.T. mithilfe von Antikörpern Schlüsseleiweiße der Hautentzündung blockiert werden. Deshalb kann in den nächsten Jahren eine deutliche Erweiterung des therapeutischen Arsenals erwartet werden, was insbesondere den Kranken mit einer »Problempsoriasis« zugute kommen dürfte.
Prävention und Schulung
Selbsthilfe, Verbände und Gesellschaften
Der DPB wird von einem wissenschaftlichen Beirat, dem Vertreter der Fachgesellschaften und Krankenkassenvertreter angehören, beraten. Neben den Mitgliedern nutzen auch Nichtmitglieder häufig die Internetseiten des DPB sowie das Beratungsangebot. Beispiele für die Aktivitäten des DPB als Interessenverband sind die Stellungnahme im Anhörungsverfahren zum Entwurf einer »Positivliste«, angefordert vom Institut für die Arzneimittelverordnung in der Gesetzlichen Krankenversicherung, oder die Formulierung eines Vorschlags für Begutachtungskriterien der Psoriasis für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen.
Auf ärztlicher Seite kümmern sich die Deutsche Dermatologische Gesellschaft und die mit ihr verbundene Arbeitsgemeinschaft für Dermatologische Forschung sowie der Berufsverband Deutscher Dermatologen um die Psoriasis. Die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention e.V. engagiert sich insbesonders auf dem Felde der Rehabilitation und ist wie auch der Deutsche Psoriasis Bund an der Entwicklung von Schulungsprogrammen beteiligt.
Ressourcen der Gesundheitsversorgung
Im Jahr 2000 waren in Deutschland 3.461 Dermatologen als niedergelassene Fachärzte tätig 1 . Darüberhinaus waren 800 Dermatologen im Krankenhaus und 73 in Vorsoge- und Rehabilitationseinrichtungen tätig 2 . Die Betreuung von Patienten mit einer Psoriasis-Arthritis wird von Rheumatologen bzw. Internisten zu etwa gleichen Anteilen gewährleistet. Wichtige Leistungen bei der Behandlung der Psoriasis werden auch von nichtärztlichen Heilberufen wie medizinischen Bademeistern erbracht, bei der Psoriasis-Arthritis auch von Krankengymnasten, Ergotherapeuten und Masseuren.
Die Forschung zur Psoriasis findet ganz überwiegend in der Dermatologie sowie, zum Teil im Rahmen von interdisziplinären Forschungsverbünden, in der Humangenetik und Immunologie statt. An solchen Verbünden sind auch Rehabilitationskliniken und weitere Disziplinen wie die Psychosomatik und Rheumatologie beteiligt.
Deutsche Forscher haben wichtige Impulse in der Grundlagenforschung gesetzt. So wurde beispielsweise von einer Forschergruppe aus Münster, Berlin und Bonn ein neuer Genort für ein Krankheits-Suszeptibilität auf dem Chromosom 19 entdeckt und eine Arbeitsgruppe aus Kiel hat mit dem Nachweis von Eiweißen, die der Mensch in der Haut bildet und die wie Antibiotika Bakterien abtöten können (sogenannte humane Beta- Defensine), ein völlig neuartiges System der angeborenen Immunabwehr aufgezeigt, dessen Bedeutung weit über die Psoriasis hinausreicht. Von der molekulargenetischen Forschung erhofft man sich zudem, schützende Gene für die Psoriasis zu identifizieren und dieses Wissen langfristig therapeutisch nutzbar zu machen.
Leistungen und Inanspruchnahme
Stationäre Versorgung
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Ambulante Versorgung
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Bei Berücksichtigung von Neuerkrankungen, aber auch von möglichen Überlappungen der Gruppen von allgemeinärztlich behandelten und von fachärztlich behandelten Patienten ergibt sich, dass in Deutschland jedes Jahr über eine halbe Million, möglicherweise sogar eine Million Menschen mit Psoriasis ambulant versorgt werden. Patienten, die bei anderen Ärzten, z.B. Kinderärzten, betreut wurden, sind hier nicht mit einbezogen, dürften die Zahlen aber auch nur unwesentlich beeinflussen. Die ambulanten und stationären Behandlungsfälle von Psoriasis stehen demnach etwa im Verhältnis 50 zu 1.
Folgen für Gesundheit, Lebensqualität
und Arbeitsleben
Für Menschen mit Psoriasis ist die empfundene Stigmatisierung die schwerwiegendste Krankheitsfolge. So äußerten bei einer Befragung zur Lebensqualität Patienten mit Psoriasis, die zusätzlich Diabetes, Asthma bronchiale oder Bronchitis hatten, dass sie diese Erkrankungen im Vergleich zur Psoriasis als deutlich weniger belastend empfinden. Insbesondere junge Menschen mit Psoriasis befürchten bei den ersten Hautveränderungen, von ihren Freunden und Bekannten plötzlich wie Aussätzige behandelt zu werden, obwohl, wie zu betonen ist, die Krankheit nicht ansteckend ist. Ob eine Erkrankung von den Betroffenen selbst als schwerwiegend eingestuft wird, hängt nicht nur von der jeweiligen Ausdehnung und Schwere des Befundes ab. Entscheidend ist oft, ob »sensible Regionen« wie das Gesicht oder die Genitalregion betroffen sind und wie lange die Erkrankung insgesamt schon besteht. Auch Juckreiz kann ein erhebliches Problem sein.
Der Umgang mit der Krankheit nimmt sehr wahrscheinlich Einfluss auf den Verlauf. Eine depressiv- resignative Krankheitsverarbeitung (»ich kann nichts machen«) und ein »Abkapseln« sind häufig zu beobachtende Reaktionen auf die Erkrankung. Die Kontaktaufnahme zu anderen Kranken z.B. im Rahmen einer Selbsthilfeorganisation kann helfen, mit der Krankheit selbstbewusster (»ich bin hautkrank, aber deshalb nicht weniger wert als andere«) umzugehen.
Zu den Einschränkungen durch die Psoriasis gehört zudem, dass aufgrund des chronischen Verlaufes die Betroffenen Zeit für eine weit über das normale Maß hinausgehende Körperpflege, für Arztbesuche und Behandlungstermine (z.B. mehrfache Bestrahlungstermine pro Woche) etc. aufwenden müssen. So wurde in einer Schweizer Studie bei 465 Erkrankten der durchschnittliche krankheitsbedingter Mehraufwand für persönliche Hautpflege mit 172 Stunden pro Jahr und für medizinische Behandlung (Arztbesuche) mit durchschnittlich 16 Stunden pro Jahr ermittelt. Dabei entstehen für die Betroffenen auch erhebliche Kosten für Hautpflegemittel, Reinigung und erhöhte Kleidungsabnutzung sowie Fahrtkosten zu Behandlungen.
Das Arbeitsleben kann durch erkrankungsbedingte Ausfallzeiten beeinflusst werden. Von Bedeutung für die Betroffenen ist aber vor allem, dass Berufe, in denen die Haut einer besonderen Belastung ausgesetzt ist (beispielsweise Pflegeberufe, Berufe mit hoher Staubentwicklung in geschlossenen Räumen oder Arbeiten im nassen Milieu oder mit Chemikalien, z.B. Friseurberuf), oder Tätigkeiten, für die kosmetische Aspekte wichtig sind, nicht oder nicht mehr ausgeübt werden können. Auch mechanisch belastende Arbeiten können bei einer an den Händen lokalisierten Psoriasis nicht ausgeübt werden.
Volkswirtschaftliche Relevanz
Wie oben aufgeführt belief sich 1999 die Anzahl der Pflegetage in Akutkrankenhäusern für die Diagnose Psoriasis gemäß Krankenhausdiagnosestatistik auf ca. 222.000. Für die Zahl der Pflegetage in Rehabilitationseinrichtungen wird geschätzt, dass sie sich sowohl 1999 als auch 2000 in der Größenordnung von 280.000 Pflegetagen bewegt. Diese Schätzung beruht auf der Gesamtzahl der Pflegetage in Fachabteilungen für Hautund Geschlechtskrankheiten von Rehabilitationseinrichtungen 6 und einem, auf der Grundlage der Daten der gesetzlichen Rentenversicherung angenommenen Anteil von 50% für die Psoriasis. 7 Krankheitsspezifische Kosten für diese Pflegetage anzugeben ist nicht möglich, einen gewissen Anhalt liefert jedoch ein Durchschnittswert für stationäre Behandlungen einschließlich stationären Kurbehandlungen, der für 1998 mit 333 € pro Pflegetag angegeben wird 8 . Dies entspräche bei ca. 500.000 Pflegetagen über 160 Millionen €.
Genaue Daten zu den Behandlungskosten im ambulanten Bereich gibt es nicht. Erwähnenswert ist jedoch, dass das breitere Behandlungsspektrum der fachärztlichen im Vergleich zu den allgemeinärztlichen Praxen aufgrund der relativ preiswerten UV-Licht Behandlungen wahrscheinlich mit niedrigeren durchschnittlichen Behandlungskosten verbunden ist - trotz schwerer erkrankten Patienten.
Die Psoriasis verursacht auch Kosten durch Arbeitsunfähigkeit und Berentung. Auch hier lassen sich nur punktuell Angaben machen. So verzeichnete die AOK-West 1998 7,35 Arbeitsunfähigkeitsfälle (AU-Fälle) aufgrund von Psoriasis pro 10.000 männlichen Pflichtmitgliedern, bei weiblichen Pflichtmitgliedern 4,94 Fälle pro 10.000 (bei einer vergleichbaren durchschnittlichen Zahl von AU-Tagen von 28 bzw. 27 pro Fall). Dieses Überwiegen der Männer, das sich bereits bei der Inanspruchnahme ambulanter und stationärer Behandlungen gezeigt hatte, war bei den AU-Fällen auch bei den Pflichtmitgliedern der AOK-Ost erkennbar (bei Männern 9,77 AU-Fälle pro 10.000 und bei Frauen 7,93 pro 10.000). Die durchschnittliche Anzahl der AU-Tage pro Fall lag geringfügig niedriger als in der AOK-West (27 Tage bei Männern und 26 bei Frauen). Insgesamt waren bei den ca. 11 Millionen AOK Pflichtmitgliedern 1998 über 200.000 Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund einer Psoriasis zu verzeichnen. 9 Die Anzahl der Neuberentungen aufgrund einer Psoriasis beträgt jährlich ca. 250 bis 300.
Schlussbetrachtung
Bemerkenswerterweise bestehen im Bereich der epidemiologischen Forschung erhebliche Wissenslücken, so dass Erkenntnisse, die von den Betroffenen in ihrem täglichen Leben unmittelbar angewandt werden könnten, z.B. durch Änderungen ihrer Lebensweisen, oft nicht zur Verfügung stehen. Die von den Betroffenen gestellte Frage »Was kann ich selber für mich tun?« kann in der Regel nicht adäquat beantwortet werden. Es besteht ein erheblicher Nachhol- und Handlungsbedarf an Forschung auf dem Gebiet der Epidemiologie der Psoriasis z.B. zur Rolle der Ernährung oder zu Strategien der Krankheitsverarbeitung. Auch die gesundheitsökonomische Datenlage zu den direkten und indirekten Kosten der Psoriasis ist mangelhaft. Effektivitätsprofile verschiedener Therapiemodalitäten fehlen.
Die in Deutschland an Universitäten, Großforschungseinrichtungen und in der Pharmaindustrie betriebene Forschung zur Psoriasis ist im wesentlichen grundlagenorientiert und konzentriert sich auf die beteiligten Immunmechanismen und Aspekte der Entzündungsforschung sowie der Identifizierung der Krankheits-Suszeptibilitätsgene. Diese grundlagenorientierte Forschung hat das Wissen um die Erkrankung in den letzten Jahren erheblich erweitert, aber es ist immer noch ein langer Weg bis hin zu neuen Therapien.
Eine deutliche Stärkung der epidemiologischen Forschung auf dem Gebiet der Psoriasis wird empfohlen, um in der Zukunft neue Präventionsansätze zu ermöglichen.
Fußnoten
1
Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 5 Berufe
des Gesundheitswesens 2000
2
Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 6.1 Grunddaten
der Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen 2000
3
Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 6.1 Grunddaten
der Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen 2000
4
VDR Statistik Rehabilitation 2000
5
KSonderauswertung Dr. H. Koch, ZI
6
Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 6.1 Grunddaten
der Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen 2000
7
VDR Statistik Rehabilitation 2000, Band 138
8
Statistisches Bundesamt, alte Gesundheitsausgabenrechnung
9 Krankheitsartenstatistik 1998, AOK Bundesverband
Weiterführende Literatur
Barker JNWN Genetic aspects of psoriasis (2001) Clin Exp Dermatol 26: 321 bis 325
Boehncke WH, Zollner TM, Dressel D, Kaufmann R (1997) Induction of psoriasiform inflammation by a bacterial superantigen in the SCID-hu xenogeneic transplantation model. J Cutan Pathol 24: 1 bis 7
Christophers E (2001) Psoriasis - epidemiology and clinical spectrum. Clin Exp Dermatol 26: 314 bis 320
Harder J, Bartels, Christophers E, Schröder JM (1997) A peptide antibiotic from human skin. Nature 387: 861 bis 862
Henseler T, Christophers E (1985) Psoriasis of early and late onset: characterization of two types of psoriasis vulgaris. J Am Acad Dermatol 13: 450 bis 456
Higgins E (2000) Alcohol, smoking and psoriasis. Clin Exp Dermatol 25: 107 bis 110
Lee YA, Rüschendorf F, Windemuth C, Schmitt- Egenolf M, Stadelmann A, Nürnberg G, Ständer M, Wienker TF, Reis A, Traupe H (2000) Genomewide scan in German families reveals evidence for a novel psoriais-susceptibility locus on chromosome 19p13. Am J Hum Genet 67: 1020 bis 1024
Naldi L, Parazzini F, Brevi A, Peserico A et al. (1992) Family history, smoking habits, alcohol consumption and risk of psoriasis. Brit J Dermatol 127: 212 bis 217
Naldi L, Parazzini F, Peli L, Chatenoud L, Cainelli Nevitt GJ, Hutchinson PE (1996) Psoriasis in the Schmid-Ott G, Jaeger B, Kuensebeck HW, Ott R, T (1996) Dietary factors and the risk of psoriasis. Results of an Italian case-control study. Br J Dermatol 134: 101 bis 106
Nevitt GJ, Hutchinson PE (1996) Psoriasis in the community: prevalence, severity and patients beliefs and attitudes towards the disease. Br J Dermatol 135: 533 bis 537
Schmid-Ott G, Jaeger B, Kuensebeck HW, Ott R, Lamprecht F (1996) Dimensions of stigmatization in patients with psoriasis in a »questionnaire on experience with skin complaints«. Dermatology 193: 304 bis 310
Tabellen mit Werten aus Abbildungen 1 und 2
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Altersgruppe | je 100.000 Einwohner
Männer Frauen |
|
---|---|---|
0 bis 4 | 0,8 | 0,8 |
5 bis 14 | 2,6 | 3,4 |
15 bis 24 | 6,6 | 7,7 |
25 bis 34 | 10,6 | 8,1 |
35 bis 44 | 19,7 | 11,3 |
45 bis 54 | 24,5 | 15,2 |
55 bis 64 | 22,1 | 15,3 |
65 bis 74 | 17,5 | 18,6 |
75 und älter | 17,6 | 16,8 |
alle Altersgruppen | 14,5 | 11,4 |
Altersgruppe | bei Hautärzten | bei Allgemeinärzten |
---|---|---|
Männer | ||
unter 10 | 1,68 | 0,25 |
10 bis 19 | 2,99 | 0,27 |
20 bis 29 | 5,61 | 0,45 |
30 bis 39 | 11,04 | 1,22 |
40 bis 49 | 14,94 | 1,54 |
50 bis 59 | 14,43 | 1,59 |
60 bis 69 | 11,84 | 1,87 |
70 bis 79 | 9,24 | 1,68 |
über 79 | 6,93 | 1,45 |
alle Altersgruppen | 9,37 | 1,25 |
Frauen | ||
unter 10 | 1,18 | 0,09 |
10 bis 19 | 3,32 | 0,42 |
20 bis 29 | 4,32 | 0,54 |
30 bis 39 | 6,05 | 0,82 |
40 bis 49 | 8,03 | 1,27 |
50 bis 59 | 9,20 | 1,39 |
60 bis 69 | 9,70 | 1,21 |
70 bis 79 | 9,91 | 1,23 |
über 79 | 7,27 | 0,82 |
alle Altersgruppen | 6,79 | 0,98 |