Hepatitis C [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, Juli 2016]
[Heft 55: Gastritis] [Heft Bli: Blindheit und Sehbehinderung] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]
GESUNDHEITSBERICHTERSTATTUNG DES BUNDES
GEMEINSAM GETRAGEN VON RKI UND DESTATIS
GBE-Themenheft Hepatitis C
Inhaltsverzeichnis
1 | Einleitung |
---|---|
2 | Krankheitsbilder |
2.1 | Erreger der Virushepatitis C |
2.2 | Krankheitsbild und -verlauf |
3 | Diagnostik |
4 | Therapie |
5 | Verbreitung |
5.1 | Häufigkeit |
5.2 | Erstdiagnosen |
5.3 | Sterblichkeit |
6 | Übertragungswege und Risikofaktoren |
6.1 | Blutprodukte und Transplantate |
6.2 | Injizierender Drogengebrauch |
6.3 | Sexuelle Kontakte |
6.4 | Medizinischer Bereich |
6.5 | Mutter-Kind-Übertragung |
6.6 | Andere Übertragungswege |
7 | Prävention |
8 | Versorgung |
9 | Kosten |
10 | Aktivitäten und Ausblick |
11 | Literatur |
12 | Glossar |
Impressum | |
Tabellen mit Werten aus den Abbildungen 2 bis 6 |
1 Einleitung
Die Hepatitis C ist eine Entzündung der Leber, die durch ein auf dem Blutweg übertragenes Virus verursacht wird. Meist nimmt die Infektion einen chronischen Verlauf, der mit schweren Folgeerkrankungen und einer deutlich erhöhten Sterblichkeit einhergeht. Da die Erkrankung häufig erst erkannt wird, wenn Langzeitfolgen aufgetreten sind, werden Betroffene oft nicht frühzeitig adäquat therapiert. Weltweit und auch in Deutschland hat Hepatitis C eine große medizinische, epidemiologische und gesundheitsökonomische Bedeutung.
Die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) verläuft in bis zu 85% der Fälle chronisch. Menschen mit einer chronischen Hepatitis C leben meist über viele Jahre weitgehend beschwerdefrei oder leiden an unspezifischen Symptomen wie Leistungsminderung oder Müdigkeit. Deshalb bleibt die Erkrankung oft lange unentdeckt. Im Lauf der Jahre kann es zu einer Schädigung der Leber bis hin zur Leberzirrhose kommen. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko, dass sich eine Krebserkrankung der Leber (Leberzellkarzinom) entwickelt. Die chronische HCV-Infektion zählt in Deutschland zu den wichtigsten Ursachen für chronische Lebererkrankungen und stellt einen häufigen Grund für Lebertransplantationen dar.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit 130 bis 150 Millionen und in der WHO-Region Europa etwa 15 Millionen Menschen chronisch mit HCV infiziert. Hepatitis C und ihre Folgeerkrankungen werden weltweit für 350.000 bis 500.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich gemacht [1, 2]. Während nach Schätzungen der WHO rund 2% der Weltbevölkerung chronisch mit HCV infiziert sind, liegt der Anteil in der deutschen Allgemeinbevölkerung bei etwa 0,2 bis 0,3% [3 bis 6]. Damit zählt Deutschland zu den Ländern mit einem niedrigen Anteil chronisch Infizierter in der Allgemeinbevölkerung (Niedrigprävalenzland).
Bestimmte Bevölkerungsgruppen sind jedoch in Deutschland besonders stark von einer HCV-Infektion betroffen. Dabei handelt es sich insbesondere um Personen mit injizierendem Drogengebrauch, aber auch um HIV-positive Personen. Anders als in Ländern mit einer größeren Häufigkeit (Prävalenz) in der Allgemeinbevölkerung sind in Deutschland heute Virusübertragungen durch medizinische Eingriffe (beispielsweise kontaminierte Injektionen) wie auch durch kontaminierte Blutprodukte äußerst seltene Ausnahmefälle. In früheren Jahren haben kontaminierte Blutprodukte neben anderen Übertragungswegen zu Infektionen mit HCV beigetragen. Die routinemäßige Spenderuntersuchung und Präventionsmaßnahmen, wie der Ausschluss HCV-infizierter Blutspenderinnen und Blutspender, haben seit Anfang der 1990er-Jahre zu einem Rückgang der Neuinfektionen (Inzidenz) über diesen Weg geführt.
Die medikamentöse Behandlung der chronischen Hepatitis C befindet sich seit einigen Jahren in einem rasanten Umbruch. Die Heilungschancen haben sich mit neuen Wirkstoffen und Kombinationstherapien erheblich verbessert. Damit gewinnen die frühzeitige Erkennung und adäquate Behandlung von Infektionen zunehmend an Bedeutung. Eine effektive antivirale Therapie verhindert oder reduziert die Entwicklung einer Leberzirrhose und eines Leberzellkarzinoms. Darüber hinaus wird die Möglichkeit der Übertragung auf andere Personen unterbunden.
Eine Schutzimpfung gegen Hepatitis C ist, im Gegensatz zu Hepatitis A oder B, derzeit nicht verfügbar. Präventionsstrategien müssen daher auf eine weitere Verringerung der Übertragungsrisiken zielen. Wirksame, zielgruppengerichtete Prävention ist neben der Diagnostik und Fallfindung bei entsprechender Risikokonstellation und der qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung chronisch infizierter Patientinnen und Patienten von größter Bedeutung.
2 Krankheitsbild
Eine Entzündung der Leber wird als Hepatitis bezeichnet. Verschiedene Ursachen können dafür verantwortlich sein. Am häufigsten sind durch toxische Substanzen wie Alkohol, weitere (illegale) Drogen oder Arzneimittel sowie durch Infektionen verursachte Schädigungen der Leberzellen. Infektiöse Erkrankungen der Leber können durch verschiedene Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten ausgelöst werden. Die Virushepatitis im engeren Sinne wird durch fünf bekannte Hepatitisviren (Hepatitisvirus A, B, C, D und E) verursacht. Die Bedeutung weiterer kürzlich entdeckter Viren, wie GB-Virus C und TT-Virus, als Ursache einer Hepatitis bleibt umstritten.
2.1 Erreger der Virushepatitis C
Die Hepatitisviren A (HAV) und B (HBV) wurden erstmals in den 1970er-Jahren beschrieben. Nach der routinemäßigen Testung aller Blutspenderinnen und -spender auf HBV blieb jedoch die Ursache vieler nach einer Bluttransfusion aufgetretenen Hepatitisinfektionen ungeklärt. Mit dem Hepatitis- C-Virus konnte im Jahr 1988 einer der wichtigsten Erreger dieser durch Blut übertragbaren Infektion identifiziert werden, die zuvor als Non-A-Non-BHepatitis bezeichnet worden war.
Das Hepatitis-C-Virus kommt in einer Reihe von Varianten mit unterschiedlicher genetischer Ausstattung (Genotypen, GT) vor. Neben den HCV-Genotypen 1 bis 7 gibt es über 60 bestätigte Subtypen. Weltweit ist GT 1 der häufigste Genotyp (46%), gefolgt von GT 3 (30%). GT 2, 4 und 6 sind verantwortlich für insgesamt 23% der Fälle. GT 5 spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle (< 1%) [7, 8]. In den meisten europäischen Ländern, Nordamerika und Australien ist GT 1 am weitesten verbreitet [9].
2.2 Krankheitsbild und -verlauf
Zumeist wird die frische (akute) Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus von den Betroffenen nicht bemerkt. Nur bei einem kleineren Teil der Infizierten kommt es zu klinischen Symptomen, die Anlass zu entsprechenden Laboruntersuchungen geben. Eine Gelbsucht entwickeln im akuten Stadium weniger als ein Viertel der Infizierten [10, 11]. Die Symptome sind oft unspezifisch, wie zum Beispiel grippeähnliche Beschwerden, Müdigkeit, Übelkeit oder Druckgefühl im Oberbauch. In seltenen Fällen tritt eine schwere Leberentzündung auf mit Gelbfärbung der Haut, Übelkeit, Erbrechen und einer Leberfunktionseinschränkung bis hin zum drohenden Leberversagen [12].
Bei einem Teil der Infizierten wird das Virus von der Immunabwehr des Körpers besiegt und die Infektion heilt aus. Das Virus selbst ist dann nicht mehr im Körper nachweisbar. Antikörper gegen das Virus, die als Reaktion des Immunsystems gebildet werden, zirkulieren aber weiterhin im Blut. Bei 50 bis 85% der Infizierten geht die akute Infektion in einen chronischen Verlauf über (Infobox 1) [12]. Ein chronischer Verlauf ist dann anzunehmen, wenn Virusbestandteile länger als sechs Monate im Blut nachweisbar sind. Bei der chronischen Hepatitis C finden sich typischerweise nur leicht erhöhte Leberwerte (Transaminasen) im Blut. Die meisten Betroffenen sind lange beschwerdefrei oder haben unspezifische Krankheitszeichen, wie zum Beispiel Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Da die Symptome zunächst zu keiner starken gesundheitlichen Beeinträchtigung führen, bleibt die chronische HCV-Infektion bei vielen Betroffenen unbemerkt.
Infobox 1
Definitionen der akuten und chronischen Hepatitis C
Akute Hepatitis C
Vor weniger als sechs Monaten erworbene Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus. Sie kann mit einer Erhöhung bestimmter Leberwerte (Transaminasen) einhergehen und zu einer Leberfunktionseinschränkung führen.
Chronische Hepatitis C
Länger als sechs Monate fortbestehende Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (nachgewiesen durch Viruserbgut (Ribonukleinsäure, RNA)). Diese kann zu einer klinisch-chemisch und/oder in einer Gewebeprobe (histologisch) nachweisbaren Leberschädigung unterschiedlichen Ausmaßes und Krankheitsmanifestationen außerhalb der Leber führen.
Quelle: nach [12]
Über 20% [13] der Personen mit chronischer Hepatitis C entwickeln nach 20 Jahren als Spätfolge eine Zirrhose mit zunehmendem Funktionsverlust der Leber. Häufig fällt erst durch spät auftretende Symptome auf, dass eine Lebererkrankung besteht. Ein durch die Leberschädigung bedingter Pfortaderhochdruck kann beispielsweise zur Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum (Aszites) und zu Blutungen aus erweiterten Gefäßen der Speiseröhre (Ösophagusvarizenblutung) führen. Bei eingeschränkter Stoffwechselleistung der Leber kommt es auch zu Wassereinlagerungen (Ödemen) durch Bluteiweißmangel und zu einer verlängerten Blutungszeit. Ein Leberschaden bei chronischer Hepatitis C entwickelt sich schneller bei Infektion im höheren Alter und bei gleichzeitig bestehender HIV-Infektion oder chronischer Hepatitis B. Durch die feingewebliche Untersuchung der Leber (Leberbiopsie) oder durch eine spezielle, sehr hoch auflösende Ultraschalluntersuchung (Fibroscan) kann bestimmt werden, wie stark die Leber bereits durch Einlagerung von Bindegewebe umgebaut ist und ob das Risiko der Entwicklung einer Zirrhose besteht.
Krankheitslast und Sterblichkeit einer chronischen Hepatitis C werden im Wesentlichen durch das Vorliegen einer Leberzirrhose beziehungsweise eines Leberzellkarzinoms bestimmt. Die Wahrscheinlichkeit, die nächsten fünf Jahre zu überleben (5-Jahres-Überlebensrate), liegt für Patientinnen und Patienten mit einer Leberzirrhose abhängig von Ausmaß und Schweregrad bei 37 bis 55% [14, 15]. Personen mit HCV-bedingter Leberzirrhose weisen ein erhöhtes Risiko auf, ein Leberzellkarzinom zu entwickeln. Die Leberzellkarzinom-Rate unter diesen Patientinnen und Patienten liegt pro Jahr bei circa 2 bis 4% [14]. Ein begleitender Alkoholkonsum bei chronischer Hepatitis C erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Leberzellkarzinoms überproportional. Die Überlebenszeit nach der Erstdiagnose eines Leberzellkarzinoms liegt meist nur im Bereich von Monaten bis wenigen Jahren, abhängig vom Tumorstadium und der gewählten Therapieform. Eine Heilung kann nur bei vollständiger Tumorentfernung oder -zerstörung erzielt werden. Dies erfordert eine Diagnose im Frühstadium, die nur selten gegeben ist.
Schätzungen zufolge lassen sich in Industrieländern etwa 20% der akuten Leberentzündungen, mehr als 40% aller Leberzirrhosen, 70 bis 85% der chronischen Leberentzündungen und 60% der Leberzelltumoren auf chronische Hepatitis C zurückführen. Eine HCV-Infektion ist in 63% der Fälle die aufgeführte Indikation für eine Lebertransplantation in Europa [16].
Bei chronischer Hepatitis C können auch Krankheitsmanifestationen außerhalb der Leber (extrahepatische Manifestationen) auftreten. Bei etwa einem Drittel aller chronisch HCV-Infizierten lässt sich eine bestimmte Form der Gefäßentzündung (gemischte Kryoglobulinämie) nachweisen, die mit Schäden an Blutgefäßen und Nerven verbunden sein kann. Ferner wird in epidemiologischen Studien ein Zusammenhang mit bestimmten Nierenund Hauterkrankungen sowie mit Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- und Krebserkrankungen des lymphatischen Systems beschrieben [17 bis 21].
3 Diagnostik
Wenn Infektionsrisiken bekannt sind, sollte den klinischen Leitlinien entsprechend eine gezielte HCV-Diagnostik durchgeführt werden, um eine Infektion möglichst frühzeitig zu erkennen (Infobox 2) [12].
Infobox 2
Definitionen der akuten und chronischen Hepatitis C
Empfehlungen zur Durchführung einer Hepatitis-CVirus-Diagnostik
Eine HCV-Diagnostik sollte erfolgen bei:
Darüber hinaus sollte eine HCV-Diagnostik einschließlich adäquater Beratung jeder Person gewährt werden, die eine entsprechende Untersuchung explizit wünscht.
Quelle: nach [12]
Patientinnen und Patienten sollten auch dann auf Hepatitis C untersucht werden, wenn eine nur geringe und unspezifische Beschwerdesymptomatik oder nur leicht erhöhte Leberwerte im Blut vorliegen. Wegen der häufig fehlenden charakteristischen Krankheitssymptome erfolgt die Diagnose der HCV-Infektion oft erst viele Jahre nach der Ansteckung, wenn beispielsweise bei einer medizinischen Routineuntersuchung erhöhte Leberwerte festgestellt werden. Für den Labornachweis einer HCV-Infektion stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die in der Regel in einer bestimmten Reihenfolge angewandt werden (Abbildung 1). Man unterscheidet dabei zwischen indirekten Tests mit Nachweis von virusspezifischen Antikörpern und direkten Tests, bei denen Virusbestandteile nachgewiesen werden (Infobox 3).
Infobox 3
Labordiagnostische Verfahren zum Nachweis einer Hepatitis C
Indirekte Tests identifizieren spezifische Antikörper gegen das Hepatitis-C-Virus im Serum. Bei direkten Tests erfolgt der Nachweis des Hepatitis-C-Virus durch Virusbestandteile im Serum.
Für den Nachweis von Antikörpern gegen verschiedene Proteine des Hepatitis-C-Virus stehen verschiedene Immunassays (englisch: enzyme immunoassay, EIA) zur Verfügung, die über eine hohe Sensitivität und Spezifität verfügen. Während die Sensitivität die Wahrscheinlichkeit misst, mit der Erkrankte durch ein diagnostisches Testverfahren tatsächlich als erkrankt erkannt werden, zeigt die Spezifität die Wahrscheinlichkeit an, mit der Gesunde tatsächlich als gesund erkannt werden. Zur Bestätigung positiver und nicht eindeutiger Ergebnisse werden als weitere indirekte Tests aufwendigere immunologische Verfahren (Immunoblotassays) eingesetzt.
Beim direkten Testverfahren wird beispielsweise das Erbgut des Virus in Form von Nukleinsäure (Ribonukleinsäure, RNA) nachgewiesen. Für die Testung auf HCV-RNA stehen sehr empfindliche Verfahren zur Verfügung, die die gesuchten Nukleinsäuren vor dem eigentlichen Nachweis vermehren. Zu diesen sogenannten Nukleinsäureamplifikationstechniken (NAT) gehört zum Beispiel die Polymerasekettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR). Der direkte Nachweis des Virus kann auch über die Bestimmung des Kern-Antigens (HCV-Core-Antigen) erfolgen.
Der Zeitraum zwischen der Infektion und der Bildung von Antikörpern wird Serokonversionszeit genannt. Den Zeitabschnitt zwischen Infektion und Nachweisbarkeit mittels Testverfahren bezeichnet man als diagnostisches Fenster. Das diagnostische Fenster ist bei den verschiedenen Testverfahren unterschiedlich groß. Direkte Testverfahren liefern bereits nach ein bis zwei Wochen Ergebnisse. Bei den gegenwärtig eingesetzten Immuntests (Immunassays) zum Nachweis von HCV-Antikörpern beträgt das diagnostische Fenster durchschnittlich sieben bis acht Wochen nach Infektion [12].
Die Basisdiagnostik bei Personen mit Verdacht auf Hepatitis C besteht im Nachweis spezifischer Antikörper gegen HCV mit einem Immunassay (Infobox 3). Werden HCV-Antikörper nachgewiesen, folgt anschließend ein Test zum Nachweis von Virus-RNA, beispielsweise mittels Polymerasekettenreaktion (PCR). Dies ist notwendig, weil der alleinige Nachweis von Antikörpern keine Unterscheidung zwischen einer ausgeheilten/nicht mehr infektiösen und einer aktiven/infektiösen HCV-Erkrankung ermöglicht. Ein PCR-Test ist ebenfalls erforderlich, wenn eine kurz zurückliegende Infektion vorliegen könnte, weil dann möglicherweise noch keine Antikörper gebildet wurden. Fallen Immunassay und PCR-Test positiv aus, liegt eine akute oder chronische Hepatitis-C-Infektion vor. Wurden im Immunassay HCV-Antikörper nachgewiesen, der PCR-Test fällt aber negativ aus, liegt vermutlich eine abgelaufene beziehungsweise ausgeheilte HCV-Infektion vor. Dies sollte mit einem Immunoblotassay bestätigt werden. Im Falle eines positiven Ergebnisses des Immunoblotassays wird von einem bestätigten Nachweis von anti-HCV-Antikörpern gesprochen.
Ist eine Infektion mit Hepatitis C labordiagnostisch gesichert, sollten der HCV-Genotyp und die Viruslast (Konzentration der HCV-RNA) bestimmt werden. Diese Informationen dienen der Planung und Überwachung einer antiviralen Therapie.
Abbildung 1

4 Therapie
In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten der medikamentösen Therapie einer chronischen Hepatitis C rasant entwickelt. Die frühere Standardtherapie bestand in einer Kombination aus verzögert freisetzendem (pegyliertem) Interferon alfa zur Stimulation des Immunsystems, welches gespritzt (injiziert) werden muss, und Ribavirin, einem Wirkstoff (Nukleosid-Analogon) mit Aktivität gegen verschiedene Viren. Die Heilungsrate lag bei Infektion mit dem in Deutschland am häufigsten vorkommenden Genotyp 1 bei 40 bis 50% [22]. In den letzten Jahren wurden neue hochwirksame Substanzen aus verschiedenen Klassen zugelassen, die als spezifische pharmakologische Hemmstoffe (Inhibitoren) direkt antiviral wirken, die sogenannten "directly acting antivirals" (DAA). Hierzu gehören unter anderem die Wirkstoffe Sofosbuvir, Simeprevir, Daclatasvir, Ledipasvir, Ombitasvir und Paritaprevir. In den nächsten Jahren wird mit weiteren Zulassungen gerechnet.
Neue Therapiekonzepte, bei denen verschiedene Wirkstoffe kombiniert werden, haben die Heilungsaussichten der chronischen Hepatitis C erheblich verbessert. Im Vergleich zur früheren Standardtherapie konnte die Therapiedauer deutlich verkürzt, die Anwendung vereinfacht und die Verträglichkeit verbessert werden. Die Heilungschancen liegen inzwischen bei 80 bis über 90% [23]. Deshalb ist es wichtig, möglichst viele Patientinnen und Patienten mit chronischer Hepatitis C durch gezielte Labordiagnostik zu identifizieren und zu behandeln [24, 25]. Neben der Verhinderung von Spätfolgen einer Infektion sind die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit chronischer Infektion und die Beseitigung des Infektionsrisikos wichtige Therapieziele. Auf Bevölkerungsebene können durch die Therapie Krankheitslast und Sterblichkeit der Hepatitis C vermindert werden (Infobox 4) [12].
Infobox 4
Ziel der Therapie der chronischen Hepatitis C
Das Ziel der Therapie der chronischen Hepatitis C ist die Entfernung (Elimination) des Hepatitis-C-Virus aus dem Körper. Als Ersatzmarker der erfolgreichen Elimination dient die dauerhaft fehlende Nachweisbarkeit von Viruserbgut (HCV-RNA) im Blut bei Untersuchung mit einem hochempfindlichen Labortest.
Durch die Viruselimination können das Fortschreiten der Lebererkrankung und mögliche Krankheitsmanifestationen außerhalb der Leber verhindert, das Risiko eines Leberzellkarzinoms vermindert, die Lebensqualität verbessert und das Infektionsrisiko aufgehoben werden. Auf Bevölkerungsebene führt die Therapie von Menschen mit chronischer Hepatitis C zu einer Senkung der Krankheitslast und Sterblichkeit der HCV-Infektion.
Quelle: nach [12]
Durch die Zulassung neuer Wirkstoffe ändern sich auch die Empfehlungen zur Therapie der Hepatitis C. Ein Expertengremium der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungsund Stoffwechselkrankheiten (DGVS) aktualisiert die Therapieempfehlungen laufend [26]. Eine neue Fassung der HCV-Leitlinie zur evidenzbasierten und rationalen Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Infektion wird derzeit von der DGVS erstellt (Stand: 01.07.2016).
Das Ansprechen auf die Therapie wird über den Nachweis von Virus-RNA im Blut beurteilt. Als Therapieerfolg ist definiert, dass das HCV sechs Monate nach Therapieende nicht im Blut nachweisbar ist (sustained virological response, SVR) [12]. Hierbei kann man mit sehr hoher Sicherheit davon ausgehen, dass der Therapieerfolg anhaltend ist. Allerdings kann man sich nach einer spontanen Ausheilung oder einer erfolgreich therapierten HCV-Infektion erneut mit dem Virus infizieren.
Bei Patientinnen und Patienten mit chronischer Hepatitis C wird generell eine Impfung gegen Hepatitis A und B empfohlen, sofern noch keine spezifischen Antikörper gegen HAV und/ oder HBV vorhanden sind. Um weitere Belastungen der Leber zu verringern, wird außerdem der Verzicht auf Alkohol und andere leberschädigende Substanzen empfohlen [12, 27].
Ein Teil der Patientinnen und Patienten mit Leberzirrhose oder Leberzellkarzinom im Frühstadium kommt für eine Lebertransplantation in Frage. Die Indikation hierfür muss durch entsprechende Zentren gestellt werden. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Lebertransplantation bei Hepatitis C liegt zwischen 60 und 80% [28 bis 30].
5 Verbreitung
Das Hepatitis-C-Virus kommt in allen Teilen der Welt vor und wurde bisher ausschließlich beim Menschen nachgewiesen. Jährlich infizieren sich weltweit drei bis vier Millionen Menschen mit dem Virus. Die WHO schätzt, dass derzeit 130 bis 150 Millionen Personen chronisch infiziert sind [1]. Weltweit und auch in Europa gibt es deutliche regionale Unterschiede bei der Prävalenz von HCV-Infektionen in der Allgemeinbevölkerung. Innerhalb Europas sind in den südlichen Ländern deutlich mehr Menschen mit HCV infiziert als in den nördlichen Ländern. Die Häufigkeit einer HCV-Infektion variiert von 0,3% in Schweden, Deutschland und den Niederlanden über 2 bis 3% in den Mittelmeerländern bis hin zu über 20% in einer Region im südlichen Italien [3 bis 5]. Untersuchungen belegen, dass in besonders stark betroffenen Gebieten in der Vergangenheit teilweise mit unsterilen medizinischen Instrumenten gearbeitet wurde.
5.1 Häufigkeit
Die Häufigkeit spezifischer (gegen das Hepatitis- C-Virus gerichteter) Antikörper in der Bevölkerung bezeichnet man als Antikörperprävalenz. Finden sich auch Virusbestandteile im Blut, liegt eine aktive (akute oder chronische) Infektion vor. Da der Anteil der Bevölkerung, der jemals infiziert war und HCV-Antikörper im Blut aufweist, höher liegt als der Anteil mit einer aktiven HCV-Infektion, ist die Prävalenz von HCV-Antikörpern in der Bevölkerung höher als die Prävalenz der aktiven Hepatitis C.
In der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1, 2008 bis 2011), einer bevölkerungsbezogenen Untersuchung des Robert Koch- Instituts, wurden Bluttests auf Antikörper gegen Hepatitis C durchgeführt. Die Häufigkeit von HCV-Antikörpern in der Bevölkerung von 18 bis 79 Jahren lag bei etwa 0,3% [6]. Zwischen Frauen und Männern gab es dabei keine Unterschiede. Antikörper gegen HCV zeigten sich ausschließlich in den Altersgruppen zwischen 40 und 79 Jahren. Durch Nachweis von Erbgut des Hepatitis-C-Virus im Blut (HCV-RNA) konnte belegt werden, dass zwei Drittel der Personen mit HCV-Antikörpern Virusträgerinnen bzw. Virusträger waren - bei ihnen lag also eine aktive Hepatitis C vor. Vermutlich liegen die tatsächlichen Zahlen höher, da Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Risiko, wie Drogengebrauchende, Haftinsassen oder Migrantinnen und Migranten aus Regionen mit höherer HCV-Prävalenz, in dieser Untersuchung unterrepräsentiert beziehungsweise nicht vertreten waren. Zusätzliche Studien sind in diesem Bereich dringend erforderlich.
Zur Anzahl der Personen mit einer aktiven Hepatitis C in Deutschland liegen unterschiedliche Schätzungen vor [31, 32]. Das Robert Koch-Institut arbeitet derzeit an einer Fallzahlschätzung auf der Grundlage aktueller epidemiologischer Daten.
5.2 Erstdiagnosen
In Deutschland bestehen für Hepatitis C gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) Meldepflichten für Ärztinnen und Ärzte sowie für Labore: Nach § 6 IfSG besteht für die feststellende Ärztin bzw. den feststellenden Arzt eine Meldepflicht bei Krankheitsverdacht, Erkrankung oder Tod an einer akuten Virushepatitis. Nach § 7 IfSG gilt eine Meldepflicht für Laborleiterinnen und Laborleiter bei allen Nachweisen einer Hepatitis C, soweit nicht bekannt ist, dass eine chronische Infektion vorliegt. Es werden demnach nicht nur die Neuinfektionen, sondern alle Erstdiagnosen einer chronischen Hepatitis C erfasst.
In den Publikationen des Robert Koch-Instituts werden die Fälle veröffentlicht, die der Referenzdefinition des Robert Koch-Instituts entsprechen. Bei Hepatitis C sind das alle labordiagnostisch bestätigten Fälle. Gemäß Falldefinition erfüllt seit 2015 nur der direkte Erregernachweis (HCV-RNA oder HCV-Core-Antigen) die Kriterien für den labordiagnostischen Nachweis, dementsprechend werden nur Fälle einer aktiven (infektiösen) Hepatitis C mit Nachweis des Erregers in den nationalen Statistiken publiziert [33, 34]. Bis Ende 2014 erfüllten auch Fälle mit serologischem Nachweis die Falldefinition. In den kommenden Jahren ist daher mit einem Abfall der berichteten Fallzahlen zu rechnen, weil ausgeheilte Erkrankungen nicht mehr berücksichtigt werden.
Bei der Erfassung der Hepatitis C nach dem IfSG besteht aufgrund der Vermischung von akuten und erstmals diagnostizierten chronischen Fällen die Problematik, dass die Anzahl der neu aufgetretenen HCV-Infektionen möglicherweise überschätzt wird. Auch Mehrfachmeldungen sind nicht auszuschließen. Andererseits ist davon auszugehen, dass aufgrund des häufig unspezifischen klinischen Verlaufs nur ein Teil der Neuinfektionen diagnostiziert und nach IfSG gemeldet wird, da ein Labortest in der Regel nur im Verdachtsfall erfolgt. In Ermangelung anderer Datenquellen zur Inzidenz bieten die übermittelten Hepatitis-C-Erstdiagnosen derzeit die bestmögliche Einschätzung des aktuellen Infektionsgeschehens.
Seit dem Jahr 2005 ist in Deutschland ein abnehmender Trend bei den absoluten Fallzahlen gemeldeter erstdiagnostizierter Hepatitis C zu verzeichnen (Abbildung 2). Diese Entwicklung hat sich ab dem Jahr 2009 verlangsamt. Seit 2011 ist die Anzahl der Erstdiagnosen relativ stabil mit leichten Schwankungen. Der Anstieg im Jahr 2014 ist möglicherweise auf eine Zunahme der diagnostischen Testung seit Zulassung neuer antiviraler Medikamente gegen Hepatitis C zurückzuführen und wird Gegenstand weiterer Beobachtungen sein. Der Abfall der Inzidenz übermittelter Hepatitis-C-Erstdiagnosen im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr ist vermutlich durch die oben beschriebene Änderung der Falldefinition zum 01.01.2015 bedingt. Aufgrund dieser Änderung entfallen bisher übermittlungspflichtige Fälle mit indirektem Erregernachweis und nur noch Fälle mit direktem Erregernachweis gehen in die Statistiken ein. Aus den Meldedaten kann nicht auf den Anteil von neu diagnostizierten Infektionen, deren Infektionszeitpunkt bereits lange zurückliegt, geschlossen werden. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich in Deutschland jedes Jahr mehrere tausend Personen mit dem Hepatitis-C-Virus infizieren.
Abbildung 2

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Wie auch in den Vorjahren lag die Inzidenz 2015 bei Männern mit 8,2 Erstdiagnosen je 100.000 Einwohner deutlich höher als bei Frauen (3,9). Abbildung 3 zeigt die Verteilung der Erstdiagnoseraten für Frauen und Männer nach Alter. In der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen, in der die meisten Erstdiagnosen verzeichnet werden, waren Männer 2,8-fach häufiger betroffen als Frauen. Im Kindesalter (unter 15 Jahren) war die Inzidenz der Hepatitis-C-Erstdiagnosen mit 0,3 je 100.000 Einwohner (entsprechend 37 übermittelten Fällen) gering.
Weitere Informationen zum zeitlichen Verlauf sowie zur geografischen und demografischen Verteilung der Meldedaten in Deutschland können dem jährlich erscheinenden Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des Robert Koch-Instituts entnommen werden (www.rki.de/jahrbuch).
Abbildung 3

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5.3 Sterblichkeit
Personen mit chronischer Hepatitis C haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein signifikant erhöhtes Risiko, an einer leberbezogenen Erkrankung zu versterben [12]. Studien belegen auch ein erhöhtes Sterberisiko für nichtleberbezogene (extrahepatische) Ursachen, insbesondere bei Drogengebrauchenden [36 bis 38]. Eine Auswertung im Rahmen der Global Burden of Disease Studie (GBD) aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass Hepatitis C bei Berücksichtigung aller mit der Infektion zusammenhängenden Todesfälle weltweit an 25. Stelle der Todesursachen stehen würde [39].
Für Deutschland fehlen derzeit belastbare Daten zur Sterblichkeit aufgrund von Hepatitis-CInfektionen und ihren Folgeerkrankungen [40]. Es muss davon ausgegangen werden, dass die auf HCV zurückzuführende Sterblichkeit in der Todesursachenstatistik erheblich unterschätzt wird, da vermutlich überwiegend die Folgeerkrankungen als Todesursache angegeben werden und nicht die zugrundeliegende HCV-Infektion. Häufig dürfte die Infektion den Ärztinnen und Ärzten, die die Todesbescheinigung ausstellen, auch nicht bekannt sein [41]. Dies muss bei der Interpretation der im Folgenden dargestellten Daten der Todesursachenstatistik berücksichtigt werden.
Infobox 5
Klassifikation nach ICD-10
Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, ICD) ist ein international anerkanntes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Es wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben und liegt aktuell in der zehnten Revision vor (ICD-10).
B15 bis B19 | Virushepatitis |
B17 | Sonstige akute Virushepatitis |
B17.1 | Akute Virushepatitis C |
B18 | Chronische Virushepatitis |
B18.2 | Chronische Virushepatitis C |
Laut Todesursachenstatistik verstarben im Jahr 2014 in Deutschland insgesamt 5 Frauen und 3 Männer an einer akuten Hepatitis C (ICD-10: B17.1, Infobox 5). An einer chronischen Hepatitis C (ICD-10: B18.2) verstarben 305 Frauen und 323 Männer [42]. Dies entspricht einer Sterberate der chronischen Hepatitis C von 0,7 Sterbefällen bei Frauen und 0,8 bei Männern je 100.000 Einwohner. Bei der chronischen Hepatitis C bestanden laut Todesursachenstatistik 2014 deutliche Geschlechterunterschiede im durchschnittlichen Sterbealter zuungunsten der Männer. Frauen verstarben durchschnittlich im Alter von 73,4 Jahren und Männer im Alter von 62,4 Jahren [43].
Eine internationale Schätzung geht für Deutschland von einer deutlich höheren leberbezogenen Sterblichkeit aus als in der Todesursachenstatistik unter den Diagnosen akute und chronische Hepatitis C verzeichnet. In der Studie wird ein mathematisches Modell zum Fortschreiten der Erkrankung auf Prävalenzschätzungen der Hepatitis C ab dem Jahr 1950 angewendet. Für 2013 werden mit diesem Modell 1.300 leberbezogene Sterbefälle bei Personen mit HCV-Infektion und eine Zunahme um 10% von 2013 bis 2030 geschätzt. Die Modellrechnungen der Studie weisen außerdem in Richtung eines Anstiegs der geschätzten Anzahl der Folgeerkrankungen Leberzirrhose und Leberzellkarzinom durch chronische HCV-Infektionen in den kommenden Jahren [44].
6 Übertragungswege und Risikofaktoren
In den allermeisten Fällen erfolgt die HCV-Übertragung durch das Eindringen von virushaltigem Blut in die Blutbahn oder das Gewebe des Empfängers. Kleinste Mengen können ausreichend sein. Das Hepatitis-C-Virus ist im Blut von infizierten Personen zuverlässig nachweisbar. Mittels hochempfindlicher Methoden kann Erbmaterial des HCV auch in anderen Körperflüssigkeiten (Speichel, Schweiß, Tränen, Sperma und Muttermilch) nachgewiesen werden. Dennoch ist der bloße Nachweis von HCV-RNA dort nicht notwendigerweise mit Infektiösität gleichzusetzen. Eine Infektion über diese Körperflüssigkeiten wird als äußerst unwahrscheinlich angesehen [12].
Aufgrund des meist unbekannten Infektionszeitpunkts ist die Identifizierung von Übertragungswegen oft schwierig. Aus dem Jahr 2015 liegen für ungefähr ein Viertel der gemäß Referenzdefinition übermittelten Erstdiagnosen belastbare Angaben zum Übertragungsweg vor. Diese Angaben stammen in der Regel von behandelnden Ärztinnen und Ärzten oder von den Betroffenen selbst (Abbildung 4). Demnach sind 81,0% der Infektionen bei Männern und 62,0% bei Frauen am wahrscheinlichsten durch injizierenden Drogengebrauch übertragen worden [35]. An zweiter Stelle steht die Übertragung in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben. Der Erhalt von Blutprodukten vor der Einführung der diagnostischen Testung von Blut und Blutprodukten im Jahr 1991 wurde am dritthäufigsten als wahrscheinlichster Übertragungsweg aufgeführt. Darüber hinaus wurden heterosexueller Kontakt mit Hepatitis-C-infizierter Partnerin oder Hepatitis-C-infiziertem Partner, Dialyse und die Übertragung während der Geburt (perinatal) als wahrscheinlichster Übertragungsweg angegeben.
Abbildung 4

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Die Übertragbarkeit des Hepatitis-C-Virus auf dem Blutweg spiegelt sich in der unterschiedlich hohen Antikörperprävalenz in verschiedenen Bevölkerungsgruppen wider. Angaben zum Herkunftsland von Asylsuchenden mit einer neu diagnostizierten HCV-Infektion werden im Rahmen der gesetzlichen Meldepflicht erst seit September 2015 übermittelt. Dabei ist zu beachten, dass die Zahl der übermittelten Fälle unter anderem von Bestimmungen für systematische Untersuchungen (Screening) in den jeweiligen Bundesländern abhängt. Aussagen über die Höhe des Anteils von Infektionen bei Personen, die aus Ländern mit einer hohen HCV-Prävalenz stammen, sind aus den Meldedaten nicht ableitbar. Um die Antikörperprävalenz in verschiedenen Bevölkerungsgruppen darstellen zu können, werden daher weitere Studien und Erhebungen benötigt. Tabelle 1 zeigt die aus verschiedenen Untersuchungen zusammengefassten Daten für Deutschland und andere europäische Industrieländer. Die Antikörperprävalenz bei Organtransplantierten und Dialysepatientinnen und -patienten erklärt sich im Wesentlichen aus den relativ hohen Infektionsrisiken durch Organ- beziehungsweise Blutspenden vor Einführung der routinemäßigen HCV-Testung der entsprechenden Spenderinnen und Spender.
Tabelle 1