Kapitel 2.11.1 Angststörungen [Gesundheit in Deutschland, 2015]
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INFOBOX 2.11.2
ANGSTSTÖRUNGEN
Angststörungen zeichnen sich durch eine quälende, überdauernde Angst aus oder durch unangemessene Verhaltensweisen, welche die Angst reduzieren sollen [16]. Dabei kann es sich um unspezifische, generalisierte Ängste und Panikstörungen oder um objekt- sowie situationsbezogene Ängste handeln. Diese konkreten Angststörungen werden als Phobien bezeichnet, wie etwa die Agoraphobie (Platzangst). Häufig gehen die Angstzustände mit körperlichen Symptomen wie Schwindel, Kreislaufbeschwerden und Übelkeit einher. Angststörungen, Panikattacken und phobische Störungen werden in der ICD-10 (International Classification of Diseases; in der zehnten Überarbeitung) im Kapitel F40 bis F48 klassifiziert (Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen). Es wird vermutet, dass genetische, neurobiologische und psychosoziale Faktoren die Entstehung von Angststörungen beeinflussen.
Umfassende Informationen zum Thema finden sich im Heft 21 Angststörungen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (www.rki.de/gbe-hefte).
[16] | Hoyer J, Beesdo-Baum K (2011) Generalisierte Angststörung. In: Wittchen HU, Hoyer J (Hrsg) Klinische Psychologie & Psychotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg, S. 937 bis 952 |
2.11.1
ANGSTSTÖRUNGEN
Angststörungen sind weit verbreitet, können in schweren Fällen das alltägliche Leben der Betroffenen beeinträchtigen und zu Arbeitsunfähigkeit führen [17] (siehe Infobox 2.11.2). Nach Daten der Modulstudie zur psychischen Gesundheit ( DEGS1-MH) des Robert Koch-Instituts liegt die Prävalenz für Angststörungen in der 18- bis 79-jährigen Bevölkerung bei 15,3% [13]. Für Frauen liegt sie mit 21,3% höher als bei Männern mit 9,3%. Bei der Interpretation dieser hohen Prävalenzen muss berücksichtigt werden, dass es sich bei ungefähr der Hälfte der Angststörungen um spezifische Phobien handelt (10,3%). Dazu zählen Tierphobien, Höhenangst, Flugangst oder Spritzenphobien, welche die betroffenen Personen im Alltag selten schwer beeinträchtigen. Im Bundes-Gesundheitssurvey 1999 (BGS98) lag die Prävalenz der Angststörung mit 14,2% ähnlich hoch (Frauen: 19,8%, Männer 9,2%) [17].
Angststörungen, die zu größeren Beeinträchtigungen führen, sind weniger verbreitet. Aktuell liegt bei 2,0% der Bevölkerung eine Panikstörung, bei 4,0% eine Agoraphobie (Angst vor bestimmten Orten oder großen Plätzen), bei 2,7% eine soziale Phobie und bei 2,2% eine Generalisierte Angststörung vor (Tab. 2.11.1) [18]. Häufig treten solche Störungen gleichzeitig (komorbid) mit Depression und Substanzabhängigkeit (etwa von Alkohol oder Drogen) auf [16, 19].
Tabelle 2.11.1
STÖRUNG (ICD-10-CODE) | FRAUEN IN % |
MÄNNER IN % | ANZAHL BETROFFENER IN MIO. |
---|---|---|---|
Angststörung (F40, F41) | 21,4 | 9,3 | 9,8 |
Panikstörung* | 2,8 | 1,2 | 1,3 |
Agoraphobie | 5,6 | 2,3 | 2,6 |
Soziale Phobie | 3,6 | 1,9 | 1,7 |
Generalisierte Angststörung | 3,0 | 1,5 | 1,4 |
Spezifische Phobie** | 15,4 | 5,1 | 6,6 |
* | Mit und ohne Agoraphobie |
---|---|
** | Tierphobien, Phobien vor Naturereignissen, situationale Phobien, Blut-/Spritzen-/Verletzungsphobien |
[18] | Jacobi F, Höfler M, Siegert J et al. (2014) Twelve-month prevalence, comorbidity and correlates of mental disorders in Germany: the Mental Health Module of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1-MH). Int J Methods Psychiatr Res 2014 |
Literatur
13 | Jacobi F, Höfler M, Strehle J et al. (2014) Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul Psychische Gesundheit (DEGS1-MH). Nervenarzt 85(1):77 bis 87 |
16 | Hoyer J, Beesdo-Baum K (2011) Generalisierte Angststörung. In: Wittchen HU, Hoyer J (Hrsg) Klinische Psychologie & Psychotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg, S. 937 bis 952 |
17 | Robert Koch-Institut (Hrsg) (2004) Angststörungen. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 21. RKI, Berlin |
18 | Jacobi F, Höfler M, Siegert J et al. (2014) Twelve-month prevalence, comorbidity and correlates of mental disorders in Germany: the Mental Health Module of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1-MH). Int J Methods Psychiatr Res 2014 |
19 | In-Albon T, Margraf J (2011) Panik und Agoraphobie. In: Wittchen HU, Hoyer J (Hrsg) Klinische Psychologie und Psychotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg, S. 915 bis 935 |
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes 17.04.2021