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Startseite > Krankheiten/ Gesundheitsprobleme > Infektionen/Meldepflichtige Krankheiten > Nosokomiale Infektionen > Text: Nosokomiale Infektionen [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, Juni 2002]

Nosokomiale Infektionen [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, Juni 2002]


[Heft 7: Chronische Schmerzen] [Heft 9: Alternative Methoden] [Abstrakt] [Inhaltsverzeichnis]

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Heft 8 - Nosokomiale Infektionen

aus der Reihe "Gesundheitsberichterstattung des Bundes"

 
 

Autoren: Dr. med. Christine Geffers
Prof. Dr. med. Henning Rüden
Institut für Hygiene
Universitätsklinikum Benjamin Franklin
Freie Universität Berlin und
ZB Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
Universitätsklinikum Charité
Humboldt-Universität zu Berlin
  Prof. Dr. med. Petra Gastmeier
Institut für Medizinische Mikrobiologie und
Krankenhaushygiene
Medizinische Hochschule Hannover
 


Redaktion: Robert Koch-Institut
Gesundheitsberichterstattung
Dr. Thomas Ziese (v.i.S.d.P.)
Seestraße 10
13353 Berlin
 


Herausgeber: Robert Koch-Institut
(Juni 2002)

 
 

 
 

 
 

Einleitung

Die Probleme, die mit nosokomialen Infektionen, d.h. in Einrichtungen des Gesundheitswesens erworbenen Infektionen zusammenhängen, existieren zweifellos bereits solange, wie Patienten in Krankenhäusern behandelt werden. Mit der Entwicklung der modernen Medizin werden allerdings immer häufiger invasive diagnostische und therapeutische Verfahren angewendet, um das Leben zu verlängern. Zudem werden die Patienten älter oder sie haben verminderte Abwehrmechanismen. Dadurch treten nosokomiale Infektionen immer mehr in den Vordergrund. Hinzu kommt die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen bei Staphylokokken, Enterokokken oder den gramnegativen Bakterien wie z.B. Pseudomonas aeruginosa, die häufige Erreger nosokomialer Infektionen sind.
      Gleichzeitig wurde natürlich auch vieles erreicht, was das Erkennen und Verstehen der Infektionsquellen, Reservoire und Übertragungswege der Erreger von Krankenhausinfektionen betrifft. Dieses Wissen wurde durch systematische epidemiologische Untersuchungen erworben sowie durch die Anwendung neuer Labormethoden. Dadurch war es möglich, wirksame Präventionsmaßnahmen zu empfehlen. Ihre ständige Optimierung und die konsequente Umsetzung der Empfehlungen sind eine kontinuierliche Herausforderung für die inzwischen etablierte Disziplin der Krankenhaushygiene.

Die Einstufung als nosokomiale Infektion oder Krankenhausinfektion bedeutet nicht automatisch, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der medizinischen Behandlung und dem Auftreten der Infektion existiert, es ist auch kein Synonym für ärztliches oder pflegerisches Verschulden.

 

Begriffsbestimmung

Eine Infektion wird als nosokomial bezeichnet, wenn sie bei Aufnahme in das Krankenhaus weder vorhanden noch in der Inkubationsphase 1 war. Nach dem Infektionsschutzgesetz ist eine nosokomiale Infektion eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand.
      Damit versucht die Formulierung im Infektionsschutzgesetz zu berücksichtigen, dass natürlich auch im Zusammenhang mit der Behandlung in anderen medizinischen Einrichtungen, wie z.B. Rehabilitationskliniken oder in ambulanten medizinischen Einrichtungen (z.B. Arztpraxen), es zu entsprechenden Infektionen kommen kann, die durch den aus dem Griechischen stammenden Begriff »nosokomial« im engeren Sinne nicht erfasst sind.
      Der Bezug zum zeitlichen Zusammenhang -»wenn sie bei Aufnahme in das Krankenhaus weder vorhanden noch in der Inkubationsphase war«- macht deutlich, dass es nicht möglich ist, ein festes Zeitintervall anzugeben, ab welchem Tag eines Krankenhausaufenthaltes beim Auftreten von Infektionszeichen von einer nosokomialen Infektion gesprochen werden kann. Unter Umständen -bei sehr kurzer Inkubationszeit- können bereits am ersten Behandlungstag auftretende Infektionen als nosokomial einzustufen sein, im Falle von Krankheiten mit sehr langen Inkubationszeiten, wie z.B. Hepatitis B, können die Zeitintervalle auch entsprechend groß sein.
      Der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhanges ist nur in den seltensten Fällen sicher zu demonstrieren und erfordert weit über die Routinediagnostik hinausgehende zusätzliche Anstrengungen. Vor allem die Genotypisierung der Erreger spielt hier eine wichtige Rolle, aber selbst dieses Verfahren kann keine absolute Sicherheit bieten. Wenn z.B. mittels Genotypisierung die Identität der Erreger aus der Wunde eines Patienten mit denen von der Haut des Personals nachgewiesen wird, z.B. Staphylokokkus aureus, bleibt meistens immer noch unklar, ob dieser Erreger vom Personal zum Patienten gelangt ist oder ob umgekehrt der Arzt oder die Schwester sich während der Behandlung oder Pflege des Patienten selbst mit diesem Erreger kontaminiert haben.
      Da es sich bei der Entwicklung von nosokomialen Infektionen darüber hinaus in der Regel um ein multifaktoriell bedingtes Geschehen handelt, könnte eine Definition im Sinne eines kausalen Zusammenhanges zwischen der medizinischen Behandlung und der Infektion -so wie sie früher üblich war- im Hinblick auf eine sachliche und zielgerichtete Infektionsaufklärung und Prävention weiterer Fälle eher hinderlich sein. Als »nosokomial« werden Infektionen also unabhängig davon klassifiziert, ob sie vermeidbar sind oder nicht.
      Um nationale und internationale Vergleiche zur Häufigkeit und Verteilung nosokomialer Infektionen zu ermöglichen und Trends zu beobachten, existieren über diese allgemeinen Festlegungen hinaus detaillierte Definitionen für die verschiedenen Arten nosokomialer Infektionen, wie z.B. für die Sepsis (durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze und deren Toxine hervorgerufene Blutvergiftung), die Pneumonie (Lungenentzündung), die postoperativen Wundinfektionen, die Harnweginfektionen und andere nosokomiale Infektionen. Sie wurden von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA bereits in den 70er Jahren niedergelegt und kontinuierlich weiterentwickelt. Inzwischen sind sie die international verbreitetsten Definitionen ihrer Art und werden weltweit in den meisten Erfassungs-Systemen für nosokomiale Infektionen benutzt. Auch in Studien zur Häufigkeit nosokomialer Infektionen in deutschen Krankenhäusern wurden sie verwendet und selbstverständlich auch durch das deutsche Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS), in dem kontinuierlich bundesweit seit 1997 Daten zur Häufigkeit nosokomialer Infektionen erfasst werden.
      Nach den CDC-Definitionen basieren die Informationen, die benutzt werden, um das Vorliegen einer Krankenhausinfektion zu bestimmen, auf verschiedenen Kombinationen von klinischen Befunden, Ergebnissen von Laboruntersuchungen und anderen diagnostischen Maßnahmen. Die klinischen Befunde werden aus der direkten Untersuchung des Patienten bezogen oder aus den Patientenunterlagen. Für bestimmte Infektionsarten -wie postoperative Wundinfektionen- ist auch die Diagnose des Arztes, die er aus der direkten Beobachtung während der Operation, endoskopischer Untersuchungen oder anderer diagnostischer Tätigkeiten ableitet oder seine klinische Beurteilung ein akzeptables Kriterium für die Klassifikation als nosokomiale Infektion 2 . 

 
 

Entstehung von nosokomialen Infektionen

Man kann endogene und exogene Krankenhausinfektionen unterscheiden.
      Exogene Infektionen sind das direkte Ergebnis der Aufnahme der Infektionserreger aus der Umgebung. Sie können über den direkten Kontakt mit Personen (z.B. Hände des Personals), die diese Infektionserreger tragen, durch kontaminierte Gegenstände, die Luft oder das Wasser übertragen werden. Auch die Aufnahme über kontaminierte Nahrung oder Injektionen und Infusionen ist möglich.
      Endogene Infektionen können in primäre und sekundäre unterschieden werden. Um primär endogene nosokomiale Infektionen handelt es sich dann, wenn die Erreger zur normalen Flora 3 des Patienten gehören. Diese Infektionen treten vor allem dann auf, wenn im Laufe der medizinischen Behandlung das Immunsystem des Patienten eingeschränkt wird. Von sekundär endogenen Krankenhausinfektionen spricht man, wenn die Erreger erst im Laufe des Krankenhausaufenthaltes Teil der patienteneigenen Flora werden und sich dann später auf dieser Basis endogene Infektionen entwickeln.
      Dementsprechend haben nosokomiale Infektionen im wesentlichen vier verschiedene Ursachen:

  • Patientenfaktoren
    Aufgrund von krankheitsbedingten Vorschädigungen der Patienten steigt ihr Risiko zur Entwicklung von Krankenhausinfektionen.
  • Umwelt
    Die Krankenhausumgebung fördert die Ausbreitung von nosokomialen Infektionserregern, z.B. schaffen die Nähe zu anderen Patienten, die Kontamination von Geräten, die Exposition zu kontaminiertem Wasser, Bau- und Renovierungsarbeiten und nicht desinfizierte Hände des medizinischen Personals günstige Bedingungen für die Übertragung.
  • Technologie
    Fortschritte der Medizintechnik, die bessere Methoden des Monitorings und der Pflege der Patienten ermöglichen, bedingen gleichzeitig neue Eintrittspforten für Infektionserreger.
  • Menschliche Faktoren
    Medizinisches Personal ist im allgemeinen heute mehr in Anspruch genommen als früher, dadurch besteht die Gefahr, dass mangels Zeit einfache Hygienemaßnahmen nicht ausreichend beachtet werden.

 
 

Risikofaktoren

Krankenhauspatienten sind ganz allgemein einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. Dies ist durch ihre Grundkrankheiten bedingt (z.B. Immunsuppression bei Tumorleiden oder Diabetes mellitus), Verletzungen, Verbrennungen, Umweltfaktoren, therapeutische oder diagnostische Interventionen (z.B. Operationen, Gefäßkatheter, Harnwegkatheter, Beatmung) und pflegerische Maßnahmen. Für die verschiedenen Arten von nosokomialen Infektionen ist eine Reihe von wichtigen Risikofaktoren bekannt. Die folgenden Faktoren sind für die meisten Krankenhausinfektionen zutreffend:

  • Patientenfaktoren
    Dazu gehören hohes Alter, die Schwere der Grundkrankheiten, Einschränkungen der Immunabwehr, Mangelernährung, genetische Faktoren und Verlust der normalen Schutzmechanismen des Körpers (z.B. bei Defekten der Körperoberfläche). Leider sind diese Risikofaktoren häufig nicht bzw. kaum zu beeinflussen. Außerdem ist es sehr schwierig, die Schwere der Grundkrankheiten objektiv vergleichend zu messen. Deshalb sollte man vorsichtig sein, nosokomiale Infektionsraten als Indikatoren für die Qualität der Krankenpflege zu benutzen.
  • Umweltfaktoren
    Zu nennen sind hier Luft, Wasser und Oberflächen in der Umgebung des Patienten.
  • Mikrobiologische Faktoren
    Dazu gehören die Virulenz der Erreger, ihre Überlebensfähigkeit in der Krankenhausumgebung und die Resistenzeigenschaften. So sind z.B. S. aureus und P. aeruginosa sehr virulente Erreger, aber auch Erreger mit geringer Virulenz können bei Patienten mit eingeschränkter Immunabwehr oder Schädigung der Haut- oder Schleimhautintegrität Infektionen hervorrufen. Enterokokken und Acinetobacter baumannii sind für ihre lange Überlebensfähigkeit in der Umwelt bekannt.
  • Behandlungsfaktoren
    Dazu gehören invasive Maßnahmen wie Operationen, invasive Diagnostik und Therapie (z.B. Katheter, Beatmung, Dialyse), die die Eintrittsmöglichkeiten von Erregern in den Körper vergrößern oder das Immunsystem beeinflussende Behandlungen.

 
 

Auftreten nosokomialer Infektionen

Als Problem werden nosokomiale Infektionen in Krankenhäusern in der Regel erst wahrgenommen, wenn sie durch eine zeitliche Häufung auffällig werden. Aber nur etwa 2 bis 10% aller Krankenhausinfektionen treten als »Ausbrüche« oder »epidemisch« 4 auf. Dabei versteht man unter einem Ausbruch das Auftreten von mehr Fällen nosokomialer Infektionen, als zeitlich und räumlich zu erwarten wären. Nach Literaturangaben werden die meisten Ausbrüche durch Bakterien hervorgerufen (71%), ca. 21% sind Virus-Infektionen, 5% werden durch Pilze bedingt und 4% durch Parasiten. Zur Anzahl von Ausbrüchen nosokomialer Infektionen pro Jahr in Deutschland gibt es keine Daten. Die überwiegende Anzahl nosokomialer Infektionen -also mehr als 90%- entwickelt sich außerhalb eines Ausbruchgeschehens.

 
 

Häufigkeit nosokomialer Infektionen

Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, einen Überblick zur Häufigkeit des Auftretens von nosokomialen Infektionen zu erhalten: Die Durchführung von Querschnittsstudien, um die Prävalenz zu bestimmen und die Durchführung von Kohortenstudien (Längsschnittuntersuchungen), um die Inzidenz zu ermitteln.
      Querschnittsstudien, in denen in der Regel sämtliche Patienten einer Abteilung oder eines Krankenhauses an einem bestimmten Tag erfasst und hinsichtlich des Vorliegens einer nosokomialen Infektion eingeschätzt werden, sind damit relativ schnell und kostengünstig durchzuführen. Sie haben aber den Nachteil, dass der Einfluss verschiedener Risikofaktoren kaum beurteilt werden kann. Da in Querschnittsstudien die Anwesenheit von nosokomialen Infektionen und von Risikofaktoren simultan aufgezeichnet wird, kann nur eine Assoziation zwischen den Infektionen und den Risikofaktoren ermittelt werden, jedoch kein kausaler Zusammenhang. Zu diesem Zweck müssen zeitaufwendigere Längsschnittuntersuchungen durchgeführt werden. Daten zur Prävalenz und Inzidenz von nosokomialen Infektionen dürfen nicht miteinander verglichen werden, da länger andauernde Infektionen eine höhere Chance haben, im Rahmen von Querschnittsuntersuchungen erfasst zu werden.
      Bei der Beschreibung der Häufigkeit nosokomialer Infektionen beziehen sich üblicherweise Inzidenzdaten auf die Anzahl der neuauftretenden nosokomialen Infektionen in der beobachteten Patientengruppe über einen gewissen Zeitraum, wobei ein Patient natürlich auch mehrere Krankenhausinfektionen entwickeln kann. Die Prävalenzdaten erfassen dagegen meistens die nosokomial infizierten Patienten zu einem bestimmten Zeitpunkt, unabhängig davon, ob nur eine oder mehrere Infektionen vorhanden sind. Für Prävalenzuntersuchungen ist es auch wichtig zu definieren, wie lange eine Infektion als prävalent angesehen wird. In den meisten nationalen Prävalenzstudien wurde festgelegt, eine nosokomiale Infektion solange als prävalent zu betrachten, wie Infektionssymptome vorhanden sind oder der Patient noch entsprechende antimikrobielle Therapie erhält.

 

    zur Tabelle mit Werten

Die folgende Abbildung stellt die Prävalenz in Prozenten der nosokomialen und nicht nosokomialen Infektionen Klammer auf bereits bei Aufnahme auf die Station vorliegende Infektionen Klammer zu in verschiedenen Fachrichtungen dar. Die Grafik wird als Säulendiagramm dargestellt. Es gibt je eine Säule die die nosokomialen und eine die die nicht nosokomialen Infektionen darstellt und das jeweils für vier Fachrichtungen. Fachrichtung 1: Innere Medizin. Fachrichtung 2: Chirurgie. Fachrichtung 3: Gynäkologie schräg Geburtshilfe. Fachrichtung 4: Intensivmedizin. Die Säulen der Grafik zeigen, dass ein besonders hohes Infektionsrisiko für Intensivpatienten besteht, nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Vorschädigung der Patienten. Die Informationen aus dieser Abbildung werden gegebenenfalls auch im Text erläutert. Hinweis falls Sie die Abbildung als Einzelfundstelle aus der Trefferliste gewählt haben: Sie stammt aus dem Themenheft 8 Nosokomiale Informationen in der Medizin der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, den Sie über den Link Verwandte, mit separater Stichwortsuche (Alt-Taste + Taste S) oder mit Hilfe des Links unterhalb der Abbildung erreichen können. Wenn der Fokus auf der Grafik steht, kann zudem mit der Eingabe-Taste eine Tabelle mit den Werten, die der Grafik zugrunde liegen, geöffnet werden. Hierzu wird ein neues Browser-Fenster geöffnet. Ende der Abbildungsbeschreibung.

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(zurück zum Text)

 

International existieren inzwischen aus zahlreichen europäischen und außereuropäischen Ländern Daten zur Häufigkeit nosokomialer Infektionen. Für landesweite Untersuchungen wurden bzw. werden hierfür überwiegend Prävalenzstudien durchgeführt, z.B. in Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und Italien. In einigen Ländern wie Spanien und Norwegen ist es sogar üblich, jährlich bzw. regelmäßig nationale Prävalenzuntersuchungen durchzuführen, um Trends zu erkennen.
      Auch die WHO initiierte 1983 ein Programm zur Ermittlung der Häufigkeit nosokomialer Infektionen in verschiedenen Ländern und führte eigene Prävalenzuntersuchungen durch. In den Jahren 1983 bis 1985 wurden in 47 Krankenhäusern in 14 Ländern (Ägypten, Australien, China, Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Kuwait, Malaysia, Nepal, Niederlande, Singapur, Spanien, Thailand und Tschechoslowakei) Untersuchungen zur Prävalenz von nosokomialen Infektionen durchgeführt. Der Median betrug 8,4%. In einzelnen europäischen Ländern wurden bei verschiedenen zwischen 1980 und 1994 durchgeführten Untersuchungen Prävalenzraten von 6,1% bis max. 9,3% ermittelt.
      1994 wurde eine erste repräsentative bundesweite Studie zur Prävalenz nosokomialer Infektionen in Deutschland durchgeführt (NIDEP 1 -Nosokomiale Infektionen in Deutschland- Erfassung und Prävention). Für diese Studie wurden alle Patienten aus 72 zufällig ausgewählten Krankenhäusern, die zum Zeitpunkt der Studie stationär in den Fachrichtungen Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Intensivpflege behandelt wurden, auf das Vorhandensein nosokomialer Infektionen hin untersucht. 14.966 Patienten wurden in diese Studie einbezogen. Die ermittelte Prävalenz betrug 3,0% in der Gruppe der internistischen Patienten, 3,8% bei den chirurgischen Patienten, 1,5% bei den gynäkologisch-geburtshilflichen und 15,3% bei den Intensivpatienten (nosokomial infizierte Patienten pro 100 Patienten). Aufgrund verschiedener methodischer Festlegungen dieser Untersuchung, die ausschließen sollten, dass Patienten fälschlicherweise als nosokomial infiziert eingestuft werden, sind diese Prävalenzraten im Sinne von minimalen Infektionsraten anzusehen.
      Die häufigsten nosokomialen Infektionen waren in dieser nationalen Untersuchung die Harnweginfektionen (40%), die Infektionen der unteren Atemwege (20%) und die postoperativen Wundinfektionen (15%), gefolgt von der primären Sepsis (8%).
      Da während dieser Studie auch die bereits bei der Aufnahme in das Krankenhaus vorliegenden Infektionen erfasst wurden, war es möglich, die Häufigkeit von diesen Infektionen und den Krankenhausinfektionen bei Patienten in den verschiedenen Fachrichtungen zu vergleichen  (Abb.1).  
      Auch wurden in Deutschland vereinzelte Inzidenzuntersuchungen durchgeführt und teilweise publiziert. Die erste große nationale Studie, mit der versucht wurde, die Dimension des Problems der nosokomialen Infektionen in Deutschland repräsentativ zu beurteilen, ist die retrospektiv durchgeführte Studie der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft (DKG) aus dem Jahr 1990. Dabei erfolgte die Ermittlung und Analyse der nosokomialen Infektionen auf der Basis der Daten des Diagnose- und Therapie-Indexes (DTI) des Jahres 1987. Der DTI ist ein spezielles Informationssystem, mit dem für eine repräsentative Auswahl von Krankenhauspatienten alle wesentlichen Daten des Krankenhausaufenthaltes erfasst werden. Auf dieser Basis wurden retrospektiv 5.561 Patienten hinsichtlich des Auftretens nosokomialer Infektionen während des gesamten Krankenhausaufenthaltes beurteilt. Hierbei wurden solche Infektionen, die frühestens am zweiten Krankenhaustag auftraten, als nosokomiale Infektion definiert (keine CDC-Definitionen) und eine Inzidenz von 6,3% ermittelt. Aufgrund dieses Ergebnisses und der Zahl vollstationär behandelter Patienten in deutschen Akutkrankenhäusern von 11,2 Mio. im Jahr 1987 wurde die Gesamtzahl der Patienten mit nosokomialen Infektionen auf 706.000 hochgerechnet. In diese Untersuchung waren nur Krankenhäuser der alten Bundesländer eingeschlossen.
      Eine weitere umfangreiche Untersuchung wurde in den Jahren 1995 bis 1998 auf Intensivstationen und in chirurgischen Abteilungen von acht mittelgroßen Krankenhäusern im Raum Freiburg und Berlin durchgeführt (NIDEP 2). Prospektiv wurden mehr als 11.000 Patienten im Hinblick auf die Entwicklung von Krankenhausinfektionen verfolgt, und es wurde eine Inzidenzrate von 6,9% (nosokomiale Infektionen auf 100 Patienten) ermittelt.

Das Ziel der Surveillance bei der Prävention von nosokomialen Infektionen ist die Erfassung von Infektionsdaten, die für Entscheidungen auf dem Gebiet der Infektionsprävention wichtig sind, um dadurch die Häufigkeit der Krankenhausinfektionen zu reduzieren und die Effektivität der Maßnahmen nachzuweisen.

Die zurzeit umfangreichsten Daten zur Inzidenz von nosokomialen Infektionen in Deutschland resultieren aus dem Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS). Dieses Surveillance-System wurde seit 1996 gemeinsam durch das Nationale Referenzzentrum für Krankenhaushygiene und das Robert Koch-Institut aufgebaut. Seine Zielsetzung ist es, für die kontinuierliche Überwachung von nosokomialen Infektionen einheitliche Methoden vorzugeben und mit Hilfe von ca. 200 freiwillig teilnehmenden Krankenhäusern Referenzdaten zu erzeugen. Diese Daten sind öffentlich und können auch von anderen Krankenhäusern als Orientierung für das igene interne Qualitätsmanagement genutzt werden.
      Damit ist bereits klar, dass es bei der Surveillance nicht darauf ankommt, sämtliche nosokomiale Infektionen in allen Bereichen des Krankenhauses zu erfassen, entscheidend ist vielmehr solche Daten zu erheben, die für entsprechende Interventionen von Bedeutung sind. Das ist vor allem wichtig, weil der Aufwand, der mit einer derartigen Beobachtung verbunden ist, in einem ausgewogenen Verhältnis zum dadurch zu erwartenden Vorteil stehen muss.
      Auch aus diesem Grunde konzentriert sich KISS derzeit auf postoperative Wundinfektionen bei ausgewählten Indikatoroperationen und auf sogenannte » device «-assoziierte Infektionen in Intensivstationen. Darunter versteht man zum Beispiel eine Sepsis in Assoziation mit der Anwendung von zentralen Venenkathetern (ZVK), Pneumonien bei beatmeten Patienten und Harnweginfektionen bei Patienten mit Harnwegkathetern. Dabei wird »assoziiert« als zeitlicher, nicht unbedingt als ursächlicher Zusammenhang definiert.
      Insgesamt sind durch KISS inzwischen Daten zu mehr als 330.000 Patienten aus 212 Intensivstationen und zu fast 150.000 Operationen in 217 operativen Fachabteilungen erhoben worden. Eine Auswahl der Daten wird bei den Ausführungen der verschiedenen nosokomialen Infektionen vorgestellt.
      Auf der Basis von Daten des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) und des Statistischen Bundesamtes 5 muss man davon ausgehen, dass in Deutschland allein auf den Intensivstationen jährlich mehr als 60.000 Krankenhausinfektionen auftreten, und es ist mit ca. 128.000 postoperativen Wundinfektionen pro Jahr zu rechnen. Insgesamt kann aufgrund von Hochrechnungen von etwa 500.000 bis 800.000 Fällen nosokomialer Infektionen im Jahr in Deutschland ausgegangen werden.

 
 

Verteilung nosokomialer Infektionen innerhalb eines Krankenhauses

Das Risiko, eine nosokomiale Infektion zu entwickeln, ist innerhalb eines Krankenhauses nicht gleich verteilt. Ein besonders hohes Infektionsrisiko besteht, nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Vorschädigung der Patienten, für Intensivpatienten. Die Daten der 1992 veröffentlichten EPIC-Studie ( European Prevalence of Infection in Intensive Care Study ), die u.a. die Infektionshäufigkeit auf 268 deutschen Intensivstationen untersuchte, ergab eine durchschnittliche Prävalenz von 20,6% für die beteiligten deutschen Intensivstationen.

 
 

Erreger von nosokomialen Infektionen

Die wichtigsten Erreger von nosokomialen Infektionen sind jeweils von der Infektionsart abhängig. Bei nosokomialen Pneumonien auf Intensivstationen dominieren Staphylokokkus aureus (18%), Pseudomonas aeruginosa (12%) und Klebsiella spp. (9%), bei den Fällen von katheter-assoziierter Sepsis sind es koagulasenegative Staphylokokken (29%), S. aureus (18%) und Enterokokken (11%), und nosokomiale Harnweginfektionen werden vor allem durch Escherichia coli (24%), Enterokokken (22%) und P. aeruginosa (11%) hervorgerufen. Bei den Wundinfektionen gibt es Unterschiede je nach Operationsgebiet. Insgesamt findet man vor allem S. aureus (31%), E. coli (14%) und Enterokokken (12%) (jeweils aktuelle Daten unter www.nrz-hygiene.de ).
      Von besonderer Bedeutung ist das zunehmende Auftreten von multiresistenten Erregern. Vor allem Methicillin resistente S. aureus (MRSA) und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) sind hier zu nennen. So sind in Deutschland zurzeit bereits 15% der klinischen S. aureus-Isolate MRSA.

 
 

Konsequenzen aus der Beobachtung und dem Auftreten von nosokomialen Infektionen

Krankenhausinfektionen können den Patienten erheblich belasten, die Verweildauer im Krankenhaus verlängern und unter Umständen sogar zum Tode führen. Sie stellen somit auch einen nicht unbeträchtlichen Kostenfaktor dar. Allerdings ist es im Einzelfall eines Patienten mit Krankenhausinfektion schwer zu entscheiden, ob er wegen der nosokomialen Infektion eine bestimmte Anzahl von Tagen länger im Krankenhaus bleiben muss, oder ob nicht - wegen besonders schwerwiegender Grunderkrankungen - ohnehin eine lange Verweildauer erforderlich war. Analog verhält es sich, wenn man die durch Krankenhausinfektionen bedingte Sterblichkeit bestimmen will.
      Wirklich präzise Aussagen zu diesen Fragestellungen resultieren nur aus Studien, in denen Patienten mit und ohne nosokomiale Infektionen nach den wesentlichen Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Grundkrankheiten, bisherige Aufenthaltszeit im Krankenhaus verglichen werden, d.h. jedem Fall-Patienten (mit nosokomialer Infektion) werden ein oder mehrere Patienten mit möglichst ähnlichen Risikofaktoren (aber ohne nosokomiale Infektion) gegenübergestellt und auf diese Weise die Unterschiede in der Verweildauer im Krankenhaus und in der Sterblichkeit berechnet (zusätzliche Verweildauer bzw. zusätzliche Sterblichkeit). Spezifische Daten sind in den folgenden Abschnitten zu den wichtigsten nosokomialen Infektionen zu finden. Ganz allgemein verdoppelt sich das Sterberisiko für chirurgische Patienten, wenn sie eine Krankenhausinfektion entwickeln.
      Neben der Beeinträchtigung für das Individuum ergeben sich aber auch für die Gesellschaft zum Teil weitreichende, insbesondere ökonomische Konsequenzen. Überwiegend sind dies zusätzlich aufzubringende direkte und indirekte Kosten. Aus Deutschland liegen dazu zurzeit leider keine aktuellen Berechnungen vor. Eine kürzlich erschienene britische Studie zu den sozioökonomischen Folgen nosokomialer Infektionen ermittelte eine Erhöhung der Krankenhauskosten auf das 2,8 fache. Insgesamt errechnen sich für Großbritannien zusätzliche Krankenhauskosten von 930 Mio. Pfund pro Jahr. Daneben existieren nur schwer zu bestimmende indirekte Kosten, die sich aus dem zeitlich begrenzten oder dauerhaften Verlust der Produktivität und damit auch durch ausbleibende Steuer- und Versicherungseinnahmen ergeben. Für die USA wurde 1992 die durch nosokomiale Infektionen bedingte ökonomische Gesamtlast auf 4,5 Milliarden US $ geschätzt.

 
 

Die wichtigsten nosokomialen Infektionen

Harnweginfektion

Sie sind die häufigsten nosokomialen Infektionen, überwiegend verlaufen sie allerdings asymptomatisch. Die meisten nosokomialen Harnweginfektionen sind mit der Anwendung von Harnwegkathetern assoziiert. Das Risiko einer Infektion steigt mit der Länge der Katheterisierungsdauer. Die Häufigkeit von Harnweginfektionen in Verbindung mit der Anwendung von Harnwegkathetern auf deutschen Intensivstationen ist Tabelle 1 zu entnehmen.

 

Tabelle 1

Harnwegkatheter-assoziierte Harnweginfektionsraten nach Art der Intensivstation (6/2001)
Quelle: Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ)
 
Intensivstationstyp Harnwegkatheter-Anwendungsrate (pro 100 Patiententage) Harnwegkatheter-assoziierte Harnweginfektionsrate (pro 1000 Harnwegkathetertage)
 
 interdisziplinär 80,7 2,6
 internistisch 58,8 3,7
 chirurgisch 88,6 4,6

 

 

Pneumonie (Lungenentzündung)

Untere Atemwegsinfektionen sind die zweithäufigsten nosokomialen Infektionen. Vor allem die Pneumonie ist hervorzuheben, weil sie in erheblichem Maße zur Verlängerung der Verweildauer auf Intensivstationen beiträgt und auch mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden ist. Tabelle 2 zeigt die Daten verschiedener Studien zu diesen Komplikationen von Intensivstationen. Beatmete Patienten tragen das höchste Infektionsrisiko. Tabelle 3 zeigt die Beatmungsassoziierten Pneumonieraten nach der Art der Intensivstation.

 

Tabelle 2

Zusätzliche Letalität und Verlängerung der Verweildauer wegen nosokomialer Pneumonie nach den Daten verschiedener Fall-Kontroll-Studien

 Studie Art der Intensivstation Zusätzliche Letalität
in Prozent
Zusätzliche Aufenthaltstage
wegen Pneumonie auf der
Intensivstation bei Überlebenden
 
 Craig et al.
 (Craig u. Connelly 1984)
interdisziplinär
 
11,8
 
8
 
 Leu et al.
 (Leu et al. 1989)
Keine Angabe
 
6,8
 
9,2
 
 Kappstein et al.
 (Kappstein et al. 1992)
chirurgisch
 
nicht untersucht
 
10
 
 Fagon et al.
 (Fagon et al. 1993)
internistisch
 
27
 
13
 
 Baker et al.
 (Baker et al. 1996)
traumatologisch
 
0
 
9
 
 Papazin et al.
 (Papazian et al. 1996)
interdisziplinär
 
1
 
8,8
 
 Aznar et al.
 (Aznar et al. 1996)
respiratorisch
 
6,7
 
25
 
 Heyland et al.
 (Heyland et al. 1999)
interdisziplinär
 
5,8
 
4,7
 

 

 

Tabelle 3

Beatmungsassoziierte Pneumonieraten nach Art der Intensivstation (6/2001)
Quelle: Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ)
 
 Intensivstationstyp Beatmungsrate
(pro 100 Patiententage)
Beatmungs-assoziierte Pneumonierate
(pro 1.000 Beatmungstage)
 
 interdisziplinär 43,6 8,4
 internistisch 32,4 8,5
 chirurgisch 46,5 11,6

 

 

Postoperative Wundinfektion

Die dritthäufigsten nosokomialen Infektionen sind die postoperativen Wundinfektionen. Auch sie verlängern die Krankenhausaufenthaltsdauer in erheblichem Maße und sind somit ein entscheidender Kostenfaktor (Tabelle 4).

 

Tabelle 4

Zusätzliche Letalität und Verlängerung der Verweildauer wegen postoperativen Wundinfektionen nach den Daten verschiedener Studien
 
 Studie Operationsarten
 
Zusätzliche Aufenthaltstage wegen Wundinfektion
 
 Coello et al. 1993 Abdominalchirurgie 9,5 bis 23,7
 Kappstein et al. 1992 Spezielle OP-Arten 11,4
 Poulsen et al. 1994 Chirurgie 5,7
 Kirkland et al. 1999 Chirurgie 6,5
 Merle et al. 2000 Abdominalchirurgie 7,2

 

Die Häufigkeit der postoperativen Wundinfektionen hängt von der Wundkontaminationsklasse ab, von der Operationsdauer und der Erkrankungsschwere des Patienten. Deshalb wird, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, im KISS jeder Operation jeweils ein Risikopunkt zugeordnet, wenn die Wundkontaminationsklasse kontaminiert oder septisch war, wenn die Operation länger gedauert hat als 75% der Operationen dieser Art dauern oder wenn die Anästhesisten dem Patienten aufgrund seiner Erkrankungsschwere einen ASA-Score 6 von 3 oder höher zuordnen. Dementsprechend können einer Operation 0,1,2 oder 3 Risikopunkte zugeordnet werden. Tabelle 5 zeigt die Wundinfektionsraten nach Anzahl der Risikopunkte für einige ausgewählte charakteristische Operationsarten.

 

Tabelle 5

Nach Anzahl der Risikopunkte stratifizierte postoperative Wundinfektionsraten für ausgewählte Operationsarten
Quelle: Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ)
 
 Indikatoroperationsart Postoperative Wundinfektionsraten pro 100
Operationen für unterschiedliche Mengen Risikopunkte
 
  -1* 0  1  2  3 
 Knieendoprothesen   1,0 1,1 1,7 0
 Hüftendoprothesen in der Orthopädie   0,9 1,6 2,8 3,6
 Oberschenkelhalsfrakturen   2,0 1,8 4,3 0
 Mastektomien (Brustamputationen)   0,7 2,4 8,4 33,3
 Strumektomien (Schilddrüsenentfernungen)   0,3 0,6 2,2 0
 Herniotomien (Bruchoperationen)   0,9 2,1 5,1 2,6
 Nephrektomien (Nierenentfernungen)   4,8 6,2 9,9 0
 Cholecystektomien (Gallenblasenentfernungen) 0,7 1,5 2,6 2,9 6,2
 Colorektale Operationen (Dick- und Mastdarmoperationen) 6,1 4,3 5,3 8,2 15,2
 Appendektomien (Blinddarmoperationen)   1,3 2,2 4,0 5,3
*laparoskopische Eingriffe (Bauchspiegelung) ohne Risikofaktoren

 

 

Sepsis (Blutvergiftung)

Die nosokomiale Sepsis tritt vergleichsweise weniger häufig auf, hat in der Regel aber erhebliche Konsequenzen. Ein wichtiger Risikofaktor ist die Anwendung von Gefäßkathetern, insbesondere von zentralen Gefäßkathetern. Tabelle 6 zeigt die Sepsis-Raten in Assoziation zur Anwendung von zentralen Gefäßkathetern in verschiedenen Arten von Intensivstationen.

 

Tabelle 6

ZVK-assoziierte Sepsisraten nach Art der Intensivstation (ZVK=zentrale Gefäßkatheter)
Quelle: Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ)
 
Intensivstationstyp ZVK-Anwendungsrate ZVK-assoziierte Sepsisrate
 
 interdisziplinär 73 1,7
 internistisch 51 1,9
 chirurgisch 82,6 1,8

 

 
 

Vermeidbarkeit nosokomialer Infektionen

Durch die zum Teil weitreichenden Konsequenzen, die sich für den Patienten, das Pflege- und ärztliche Personal, die Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen sowie die Allgemeinheit aus nosokomialen Infektionen ergeben, wird deutlich, dass ihre Vermeidung ein vorrangiges Ziel sein muss. Aus der in den USA durchgeführten SENIC-Studie geht hervor, dass bei Einsatz von ausreichend Hygienefachpersonal und Durchführung der Surveillance nosokomialer Infektionen ca. ein Drittel aller Krankenhausinfektionen vermeidbar sind. Die in den Jahren 1995 bis 1999 durchgeführte NIDEP 2-Studie konnte nachweisen, dass durch geeignete Maßnahmen des Qualitätsmanagements auch in deutschen Krankenhäusern eine Reduktion um ca. ein Viertel der nosokomialen Infektionen erreicht werden kann.

 
 

Prävention nosokomialer Infektionen

Die Prävention von Krankenhausinfektionen erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Dabei hat die Beschäftigung von gut ausgebildetem Hygienepersonal eine große Bedeutung. Die Surveillance von Krankenhausinfektionen zur Bestimmung nosokomialer Infektionsraten im Krankenhaus ist ein wichtiger Faktor, um die Infektionsprophylaxe zu intensivieren und ist bereits im §23 des neuen Infektionsschutzgesetzes (IfSG) berücksichtigt. Außerdem ist die Entwicklung und Umsetzung von guten, möglichst wissenschaftlich begründeten Standards und Leitlinien zur Infektionskontrolle entscheidend. Beispiele sind die Händedesinfektion, die Impfung des medizinischen Personals, die Isolierung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten, die Kontrolle der Antibiotika-Anwendung, die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Instrumenten, Geräten und der Umgebung der Patienten, die Einführung und Aufrechterhaltung von geeigneten Systemen zur Funktion der Wasser- und Luftversorgungssysteme im Krankenhaus. Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Institutes publiziert regelmäßig Präventionsempfehlungen zu wichtigen krankenhaushygienischen Fragen. 7  
      Die wichtigste Einzelmaßnahme bleibt die Händedesinfektion. In einer kürzlich publizierten deutschen Studie wurde gezeigt, dass beispielsweise nur bei 55,2% der Tätigkeiten, in denen eine hygienische Händedesinfektion erwartet wird, auch entsprechend reagiert wird. Damit ist hier noch ein deutliches Verbesserungspotential gegeben. Auch den Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von multiresistenten Erregern wird noch nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit beigemessen. Wesentlich für die Prävention nosokomialer Infektionen ist auch der restriktive Einsatz aller Maßnahmen, die mit einer Durchbrechung der Haut oder Schleimhaut verbunden sind, und der restriktive Einsatz von Therapieformen, die zu einer Beeinträchtigung der Immunabwehr des Patienten führen.

 
 

Perspektive und Zielsetzung

In der Zukunft wird die Häufigkeit von Krankenhausinfektionen wahrscheinlich noch zunehmen. Aufgrund des wachsenden Durchschnittsalters der Bevölkerung haben immer mehr Menschen Kontakt zu medizinischen Einrichtungen und können dadurch diese Infektionen erwerben. Darüber hinaus kann die zunehmende Antibiotika-Anwendung die Therapie komplizieren. Damit nimmt die Bedeutung präventiver Maßnahmen weiter zu. Das medizinische Personal, vor allem Hygieneärzte, Hygienefachschwestern und -pfleger müssen gemeinsam intelligente Strategien entwickeln, um dieser Herausforderung gewachsen zu sein.


 
 

Fußnoten

1  Zeit zwischen der Infektion mit einem Erreger und dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen

2  Robert Koch-Institut (2000) Definition nosokomialer Infektionen

3  Gesamtheit der Bakterien in einem Organ oder Körperbereich

4  als Epidemie auftretend (Epidemie -zeitlich begrenztes massenhaftes Auftreten einer Infektionskrankheit)

5  Statistisches Bundesamt: 6,5 Millionen Patiententage auf Intensivstationen (2000) und 6,4 Millionen Operationen (1999)

6  ASA: American Society of Anesthesiologists ASA-Score-Punktescala für die Beurteilung der Schwere der Erkrankung des Patienten

7  Robert Koch-Institut (2000) Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention.



 
 

Weiterführende Literatur

Gastmeier P, Mielke M, Nassauer A, Daschner F, Rüden H (2001) Ist die Surveillance von Krankenhausinfektionen sinnvoll und kosteneffektiv? Das Krankenhaus 93: 317 bis 32

Gastmeier P, Rüden H (2001) Epidemiologie und Surveillance nosokomialer Infektionen. In: Krankenhaus- und Praxishygiene, Hrsg. Kramer A, Heeg P, Botzenhardt K. Urban & Fischer München Jena. 17 bis 44

Gastmeier P, Geffers C, Koch J, Sohr D, Nassauer A, Daschner F, Rüden H (1999) Surveillance nosokomialer infektionen. Das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS). J Lab Med 23: 173 bis 178

Gastmeier P, Rüden H, Lode H, Ekkernkamp A, Seifert J (1998) Qualitätssicherung in der nosokomialen Infektiologie. Aesopus. Stuttgart

Geffers C, Koch J, Sohr D, Nassauer A, Daschner F, Rüden H, Gastmeier P (2000) Aufbau einer Referenzdatenbank für nosokomiale Infektionen auf Intensivstationen. Anaesthesist 49: 732 bis 737

Rüden H, Daschner F, Gastmeier P (2000) eds. Krankenhausinfektionen: Empfehlungen für das Qualitätsmanagement. Springer. Berlin

Steinbrecher E, Sohr D, Hansen S, Nassauer A, Daschner F, Rüden H, Gastmeier P (2002) Surveillance postoperativer Wundinfektionen: Referenzdaten des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS). Chirurg 73: 76 bis 82

 


 

Tabellen mit Werten aus Abbildungen

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Werte für Abbildung 1

Prävalenz nosokomialer Infektionen und nicht-nosokomialer Infektionen (bereits bei Aufnahme auf die Station vorliegende Infektionen) in verschiedenen Fachrichtungen
Prävalenz in Prozent
Quelle: Rüden H, Daschner F, Gastmeier P, Schumacher M
 
Fachrichtung Nosokomiale Infektionen Nicht nosokomiale Infektionen
 Innere Medizin 3,0  13,9 
 Chirurgie 3,8  7,0 
 Gynäkologie/Geburtshilfe 1,4  4,2 
 Intensivmedizin 15,3  14,2 

 

 

 

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

 
 

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